Protokoll der Sitzung vom 15.09.2004

Antrag der Fraktionen der SPD und PDS: Erziehungsfunktion von Schule stärken – Drucksache 4/1182 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Wissenschaft und Kultur – Drucksache 4/1324 –

Das Wort zur Berichterstattung wird nicht gewünscht. Wortmeldungen aus den Fraktionen liegen auch nicht vor, also ist keine Aussprache gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Bildungsausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/1182 entsprechend der Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1324 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses auf Drucksache 4/1324 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/1234, hierzu Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses, Drucksache 4/1322.

Antrag der Fraktion der CDU: Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/1234 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Sozialausschusses – Drucksache 4/1322 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Abgeordnete Herr Koplin von der PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landtag hat den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1234 in seiner 41. Sitzung

am 24. Juni 2004 beraten und federführend an den Sozialausschuss überwiesen. Bereits heute in der 42. Sitzung des Landtages beraten wir über die vorliegende Beschlussempfehlung und den Bericht. In diesem Zusammenhang herzlichen Dank für die konstruktive Mitarbeit an die Mitglieder des Sozialausschusses und die Kollegen des Sozialministeriums.

Der vorliegenden Beschlussempfehlung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Landtag hat während seiner 13. Sitzung am 10. April 2003 im Rahmen der Zweiten Lesung zum Haushaltsrechtsanpassungsgesetz des Jahres 2003 Kriterien für eine neue Richtlinie zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern beschlossen. Die neue Richtlinie sollte am 1. Januar 2004 in Kraft treten.

Die Fraktion der CDU hat dem Landtag am 9. Juni 2004 einen Antrag „Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern“ vorgelegt. Dieser Antrag sieht vor, die Landesregierung aufzufordern, die derzeitige Situation der Schuldner- u n d Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in MecklenburgVorpommern insbesondere vor dem Hintergrund der derzeitigen Förderung durch das Land darzustellen. Ferner soll die Landesregierung berichten, inwieweit der Beschluss des Landtages vom 10. April 2003 zur Erarbeitung einer neuen Förderrichtlinie durch die Landesregierung umgesetzt wurde und wann die neue Förderrichtlinie, die gemäß dem Beschluss des Landtages zum 1. Januar 2004 in Kraft treten sollte, Rechtskraft erlangt. Darüber hinaus soll der Landtag in diesem Zusammenhang ausdrücklich das Verhalten der Landesregierung, einem Beschluss des Landtages und damit dem Willen der Volksvertretung nicht Folge zu leisten und ihn nicht umzusetzen, missbilligen.

Mit Schreiben vom 22. Juni dieses Jahres hat die Sozialministerin dem Landtag mitgeteilt, dass die Festlegung eines veränderten Schlüssels, so, wie vom Landtag gefordert, nicht möglich ist.

Mit Schreiben vom 19. Juli dieses Jahres hat die Sozialministerin dem Sozialausschuss den Entwurf einer neuen Richtlinie zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern zugeleitet und darauf hingewiesen, dass das Finanzministerium diesem Entwurf unter der Voraussetzung zugestimmt hat, dass die Richtlinie erst dann erlassen wird, wenn die inhaltlichen Unterschiede zu der vom Landtag verabschiedeten Entschließung auf Drucksache 4/360 ausgeräumt worden seien. Von Seiten des Sozialministeriums wurde dem Sozialausschuss mitgeteilt, dass auf Grundlage der Vorgaben des Landtages mehrere Varianten einer Richtlinie erarbeitet worden sind. Im Anhörungsverfahren sind diese jedoch von den Beteiligten mehrheitlich abgelehnt worden. Ein Zusammenhang zwischen bestimmten sozialen Indikatoren wie Langzeitarbeitslosigkeit und Sozialhilfe sowie einem Flächenfaktor und dem Beratungsbedarf konnte auch durch Statistiken der vergangenen Jahre nicht belegt werden.

Vor dem Hintergrund, dass circa 76 Prozent der Ratsuchenden im Jahr 2003 Leistungsempfänger gewesen sind und die Einkommenssituation von überschuldeten Arbeitnehmerhaushalten sich nach dem Bericht der Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung MecklenburgVorpommern für das Jahr 2003 immer mehr der von Arbeitslosen angeglichen hat, erscheint es fachlich nicht vertretbar, die Risiken des täglichen Lebens für die Betrof

fenen durch eine Klientengebühr weiter zu erhöhen. Zudem verhindert eine Verbindung von wirtschaftlichem Eigeninteresse und Hilfeangebot der Beratungsstelle einen ganzheitlichen Beratungsansatz. Die Festlegung eines veränderten Schlüssels wäre aus zwei Gründen nicht möglich: Zum einen hätte die Schlüsselerhöhung Beratungsstellen zu Einwohnerzahlen angesichts der steigenden Überschuldung eine Unterversorgung zur Folge gehabt. Zum anderen wäre eine Herabsetzung des Förderschlüssels nicht finanzierbar gewesen.

Die Fraktion der CDU vertrat in der Ausschussberatung die Auffassung, dass insbesondere die Ziffer II des Antrages aufrechterhalten werden muss, die Sozialministerin habe erst reagiert, als die Fraktion der CDU ihren Antrag eingebracht hatte. Hierzu vertraten die Mitglieder der Koalitionsfraktionen die Meinung, dass die Sozialministerin sehr wohl versuchte, die Vorgaben umzusetzen, und dazu verschiedene Aktivitäten in die Wege geleitet hat. Die Umsetzung der Vorgaben habe sich dabei nach intensiven Bemühungen als unmöglich herausgestellt. Darüber hat die Sozialministerin den Landtag in einem Schreiben unterrichtet. In diesem Schreiben sind auch die Gründe dafür benannt worden. Dies ist kein zu missbilligender Sachverhalt, so die Koalitionsfraktionen.

Vor diesem Hintergrund hat der Sozialausschuss auf Antrag der Fraktionen der PDS und SPD mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion der CDU beschlossen, dem Landtag zu empfehlen, von der Vorgabe von Kriterien für die Erarbeitung einer Richtlinie zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern abzusehen und den Antrag der Fraktion der CDU abzulehnen. Ich bitte Sie um Zustimmung zur vorliegenden Beschlussempfehlung des Sozialausschusses und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Gabriele Schulz, PDS, und Birgit Schwebs, PDS)

Vielen Dank, Herr Koplin.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von zehn Minuten für jede Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort gebeten hat zunächst die Sozialministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau Dr. Linke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem vorliegenden Antrag der CDU werden Tatsachen verdreht. Die Betroffenen sollen verunsichert werden. Ich wiederhole deshalb noch einmal klar und deutlich, was ich bereits in der Beratung im Vorsommer sagte: Es gibt in Mecklenburg-Vorpommern ein erfolgreiches, ein leistungsfähiges Netz der Schuldnerberatung.

Für die Landesregierung hat die Gewährleistung eines flächendeckenden Angebotes an Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatung in M-V einen unverändert hohen Stellenwert. Seit 1992 ist der schrittweise Auf- und Ausbau dieses Beratungsangebotes durch das Zusammenwirken von Trägern, von Kommunen und von der Landesregierung erfolgt. In den ersten Jahren wurde das Beratungspersonal – das ist bekannt – überwiegend noch durch Arbeitsförderungsmaßnahmen finanziert. Mit dem Auslaufen dieser geförderten Stellen wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Festanstellung übernommen.

Von 1992 bis zum Jahr 2004 stellte das Land für die Sicherung der Strukturen der Schuldnerberatung etwa 10,9 Millionen zur Verfügung. Nach den Angaben der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung gab es zum 31. Dezember 2003 32 Einzel- und Kooperationsstellen in der Schuldner- und Insolvenzberatung in MecklenburgVorpommern. Die Arbeit dieser fachkundigen Beratung wurde von 88 Beraterinnen und Beratern ausgeführt. Von diesen befanden sich 84 Personen in Festanstellung, 4 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren im Rahmen von ABM beziehungsweise SAM eingestellt.

In diesem Haushaltsjahr fördert die Landesregierung die Schuldnerberatungsstellen mit 1,53 Millionen Euro. Ein zentrales Anliegen war und ist es für mich, die Förderung über einen längeren Zeitraum stabil zu gestalten und damit Planungssicherheit für die Kommunen, aber eben auch für die Träger und für diejenigen, die die Beratungsstellen nutzen, zu schaffen.

Mit dem Haushaltsgesetz 2004/2005 wurden die haushaltsrechtlichen Grundlagen zur mittelfristigen Sicherung der Finanzierung von Schuldnerberatungsstellen geschaffen und Verpflichtungsermächtigungen bis zum Haushaltsjahr 2006 in Höhe von jeweils 1,6 Millionen Euro beschlossen. Über Finanzierungsvereinbarungen zwischen dem Land, den Landkreisen beziehungsweise kreisfreien Städten sollen die kommunalen Kofinanzierungen schrittweise zunächst über einen Zeitraum von drei Jahren festgeschrieben und die Fördermittelvergabe sowie die Nachweiskontrolle vereinfacht werden. Damit wird für die Träger von Schuldnerberatungsstellen die Planungssicherheit erreicht, die von allen gewünscht wird. Der Verwaltungsaufwand kann auf diese Weise reduziert werden. Außerdem wird so auf angemessene Weise auf die aktuellen Veränderungen in der Sozialgesetzgebung reagiert. Damit ist die Schuldner- und Insolvenzberatung in MecklenburgVorpommern auf hohem Niveau sichergestellt. Der Versorgungsschlüssel von einem Berater auf 25.000 Einwohner bleibt unverändert. Die Landesregierung trägt somit dazu bei, dass die Beratungstätigkeit auf einer verlässlichen, auf einer flächendeckenden Ebene fortgesetzt werden kann.

An dieser Stelle ist es mir wichtig, nochmals hervorzuheben, dass die Landesregierung die Intention des Landtagsbeschlusses 4/360 vom 10. April 2003 ernsthaft verfolgt hat. Herr Koplin als Sozialausschussvorsitzender ist darauf eingegangen. Wir haben die hier vorgegebenen Parameter geprüft und auch die dabei gewonnenen Erkenntnisse mehrfach dem Sozialausschuss vorgetragen.

Dem Auftrag zur Änderung der Richtlinie nach Maßgabe des genannten Landtagsbeschlusses konnte nach allgemeiner Auffassung aus fachlicher Sicht nicht entsprochen werden. Das wurde hier an dieser Stelle von mir bereits ausführlich dargestellt und begründet. Es ist deshalb von mir hier festzuhalten: Bei Rücknahme des Landtagsbeschlusses vom 10. April 2003, Drucksache 4/360, wird es eine aktuelle, den sachgerechten Erfordernissen angepasste Richtlinie zur Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in MecklenburgVorpommern geben

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Schön!)

und diese kann umgehend in Kraft gesetzt werden,

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Toll! Wunderbar!)

sofern diese Landtagsdrucksache zurückgenommen ist.

Herr Glawe, genau so ist der Rechtsweg.

Sowohl das Finanzministerium als auch der Landesrechnungshof haben entsprechend zugestimmt,

(Harry Glawe, CDU: So macht man das.)

sind in das Verfahren einbezogen und die erforderlichen Maßnahmen zum erfolgreichen Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen könnten, wie gesagt, damit eingeleitet werden. Es sei erwähnt, Herr Glawe, wir haben darüber ausführlich in der letzten Sitzung des Sozialausschusses als Sozialministerium beraten.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Das habe ich Ihnen doch prophezeit! Da wollten Sie doch nicht drauf antworten!)

Es ist wichtig, dass sich eine klare Entscheidung heute hier abzeichnet, dass Sie eine klare Entscheidung treffen. Und ich denke, es wird auch allerhöchste Zeit, dass Sie, meine verehrten Damen und Herren von der CDU, zur Einsicht gelangen und dieses Verfahren im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes, Herr Glawe, nicht länger blockieren.

(Harry Glawe, CDU: Was?)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Schuldnerberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern leisten einen unerlässlichen Beitrag für Menschen in sozialer Not und Verschuldung. Sie, verehrte Abgeordnete, öffnen ihnen mit Ihrem Beschluss den Weg, dass hier in diesem Sinne weitergearbeitet werden kann. Die Schuldnerberatungsstellen sind eine wichtige Hilfe, eine wichtige Unterstützung, sie geben vielen Menschen eine neue Perspektive. Dafür gebührt ihnen an dieser Stelle mein persönlicher Dank, dafür gebührt ihnen der Dank der Landesregierung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Torsten Koplin, PDS, und Birgit Schwebs, PDS)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Glawe von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen!

(Torsten Koplin, PDS: Und Kolleginnen!)

Und Kolleginnen, genau.

Die Förderung von Schuldner- und Verbraucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern ist eine wichtige Angelegenheit. Diese hat sich der Landtag im Jahr 2003 schon zu Eigen gemacht und hat die Frau Ministerin aufgefordert, eine Richtlinie vorzubereiten.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Auch schon in den Jahren davor, Herr Glawe!)

Die CDU-Fraktion hat sich die Freiheit erlaubt, nach einem Jahr einen Antrag in den Landtag einzubringen und zu fragen: Was ist denn mit der Richtlinie? Wenn Sie sich einmal an die Dinge erinnern wollen, die in besonderer Weise auch durch die Koalitionäre diskutiert worden sind, da ist die Frage nach der Beschäftigungsförderung 1:25.000 oder 1:30.000, also eine Stelle auf 30.000 oder auf 25.000 Einwohner. Die wurde in besonderer Weise durch die Koalitionäre in die Debatte eingespielt.