Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 44. Sitzung des Landtages. Die Fraktionen der SPD und PDS haben gemäß Paragraph 72 Absatz 4 unserer Geschäftsordnung diese Dringlichkeitssitzung beantragt. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet. Die vorläufige Tagesordnung der 44. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 44. Sitzung gemäß Paragraph 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.
Meine Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich dem Ministerpräsidenten Herrn Dr. Harald Ringstorff nachträglich ganz herzlich zu seinem 65. Geburtstag gratulieren.
Ich rufe auf den einzigen Punkt der Tagesordnung: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der PDS und SPD – Entwurf eines Gesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, Drucksache 4/1313, hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Bauausschusses auf Drucksache 4/1351.
Gesetzentwurf der Fraktionen der PDS und SPD: Entwurf eines Gesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Landesausführungsgesetz SGB II – AG-SGB II) (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 4/1313 –
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bau, Arbeit und Landesentwicklung – Drucksache 4/1351 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Durch die gemeinsame Anstrengung von Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung, Innenministerium, Finanzministerium sowie der Kolleginnen und Kollegen aus dem Innen-, Finanz-, Wirtschafts-, Bau- und Sozialausschuss ist es gelungen, den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf kurzfristig in Zweiter Lesung vor Ihnen darzustellen. Deshalb als Erstes mein Dank an alle Beteiligten aus Ministerien, Landtag und Landtagsverwaltung.
In zusätzlichen Ausschusssitzungen wurde dazu beigetragen, dass das Sozialgesetzbuch II in Mecklenburg-Vorpommern fristgerecht umgesetzt werden kann. Hier darf ich auch einmal das Lob des Städte- und Gemeindetages für die Landespolitik für unsere raschen Entscheidungen erwähnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist eines der ersten Bundesländer, die einen entsprechenden Entwurf eines Ausführungsgesetzes dem Landtag vorgelegt haben. Somit
hat das Land Mecklenburg-Vorpommern sichergestellt, dass das Sozialgesetzbuch II in einem geordneten Verfahren fristgerecht umgesetzt wird und die Betroffenen zum 1. Januar 2005 ihre Leistungen erhalten.
Es freut mich, trotz aller unterschiedlichen Auffassungen zum SGB II (Hartz IV) das erforderliche Landesausführungsgesetz in vertrauensvoller Zusammenarbeit auf den Weg gebracht zu haben. Dank der guten Vorarbeit durch das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung und der erarbeiteten Formulierungshilfe konnten die Koalitionsfraktionen kurzfristig dem Landtag einen Gesetzentwurf zur Ersten Lesung vorlegen. Dieser Entwurf bietet den Kreisen und Kommunen Spielraum bei der Gestaltung der kommunalen Selbstverwaltung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von der Ersten Lesung am 15. September 2004 bis zur Zweiten Lesung am 30. September 2004 waren es gerade mal 15 Tage, die für die parlamentarische Behandlung des Gesetzentwurfes zur Verfügung standen. Aber wir haben es geschafft, auch wenn einige manchmal meinen, in Mecklenburg-Vorpommern würde alles immer etwas länger dauern.
Der Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung hat gemeinsam mit den mitberatenden Ausschüssen am 17. September 2004 eine Anhörung zum Gesetzentwurf durchgeführt. Ich darf dabei betonen, dass alle Ausschussvorsitzenden anwesend waren, was auch der Bedeutung dieser Anhörung gerecht geworden ist. Im Anschluss daran haben Innen- und Finanzausschuss ihre Beratungen durchgeführt. Der mitberatende Wirtschaftsausschuss und der mitberatende Sozialausschuss haben am 21. und 22. September 2004 ihre Beratungen abgeschlossen. Somit konnte der federführende Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung am 23. September 2004 seine Beschlussempfehlung und seinen Bericht erarbeiten und Ihnen auf der Drucksache 4/1351 vorlegen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nun, so glaube ich zumindest, sind wir heute kurzfristig zusammengekommen, um das Zusammenwirken aller Beteiligten durch die Annahme des vorliegenden Gesetzentwurfes anzuerkennen. Noch einmal allen Beteiligten Dank. – Gleichzeitig danke ich Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 15 Minuten je Fraktion vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Landesausführungsgesetz zum SGB II werden die dringend notwendigen Voraussetzungen für eine landesrechtliche Umsetzung von Hartz IV geschaffen. Deshalb stehen wir dem Gesetzgebungsverfahren grundsätzlich positiv gegenüber, so, wie wir auch einer Reform des Arbeitsmarktes und des Rechtes der Arbeitsförderung positiv gegenüberstehen. Gleichzeitig möchte ich aber betonen, dass die derzeitigen Reformen, die unter den Begriffen Hartz I bis Hartz IV zusammenge
fasst werden, aus unserer Sicht viel zu kurz gegriffen sind und die wesentlichen Ursachen für die vorherrschende Massenarbeitslosigkeit nur ansatzweise einer Lösung zuführen.
Verehrte Frau Kollegin Gramkow, bevor ich weiterrede, wissen Sie, Schweigen ist auch eine Art, sich am Leben zu beteiligen.
Es ist daher ein Schritt in die richtige Richtung und nur diesem Schritt müssen auch weitere folgen. Die Union hat daher dem Hartz-IV-Gesetz zugestimmt. Für uns ist die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe vernünftig und setzt unsere Forderungen aus dem Wahlkampf 2002 um. Falsch ist es aber, diese Aufgaben einer Zentralinstanz wie der Bundesagentur für Arbeit zu übertragen, die, wie der Vermittlungsskandal Anfang 2002 gezeigt hatte, bereits heute mit den bestehenden Aufgaben längst überfordert ist. Um das neue Arbeitslosengeld II r e chtzeitig zum 1. Januar 2005 auszahlen zu können, will die Bundesagentur für Arbeit nun weitere 2.000 bis 3.000 Mitarbeiter befristet einstellen. Die weitere Aufstockung sei gemäß den Angaben der Bundesagentur für Arbeit notwendig, um zeitliche Verzögerungen bei der Vorbereitung um zwei bis drei Wochen wieder aufzuholen. Insgesamt 40.950 Mitarbeiter sollen sich künftig bei der Bundesanstalt um 3,25 Millionen erwerbsfähige Hilfebedürftige kümmern. Im Bundeshaushalt sind in diesem Bereich für Mitarbeiter und Verwaltung allein 3,3 Milliarden Euro vorgesehen, heißt es in einer Vorlage des Bundesfinanzministeriums an den Haushaltsausschuss des Bundestages. Kurz und knapp zusammengefasst bedeutet das neue Gesetz höhere Kosten und mehr Bürokratie, mehr Verwaltungsaufwand. Die Frage ist, ob sich damit jetzt auch die Vermittlung verbessert und die Arbeitslosigkeit im Lande sinkt. Dies gilt es abzuwarten.
Gleichzeitig hat die Union aber parallel zur Diskussion um Hartz IV beziehungsweise dessen Novellierung ein eigenes Konzept zur Reform vorgelegt,
2. eine Klarstellung im Tarifvertragsgesetz, wodurch eine maximale zehnprozentige untertarifliche Entlohnung von Langzeitarbeitslosen während der Probezeit möglich wird,
3. eine Abschaffung des Kündigungsschutzes für Neueinstellungen in Unternehmen mit weniger als 20 Beschäftigten,
gleichzeitig die Einführung einer klaren gesetzlichen Optionsregelung, wonach Beschäftigte bei der Einstellung gegen Zusicherung einer Abfindung auf ihr Kündigungsschutzklagerecht verzichten können.
... 20 Beschäftigten von statistischen Auskunftspflichten, es sei denn, die Daten werden in automatisierten Verfahren erhoben und abgerufen.
5. Es gehört auch dazu eine Reduzierung, Vereinfachung und Vereinheitlichung sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Berechnungs-, Aufzeichnungs- und Meldepflichten, umfassende Entlastung von Kleinunternehmen vom Verwaltungsaufwand bei der Abführung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungsbeiträge.
6. Es gehört auch dazu eine Modernisierung des Jugendarbeitsschutzgesetzes, um die Anreize zur Einstellung von Jugendlichen und den Aufbau von Lehrstellen zu verbessern,
7. eine endgültige Absage, meine Damen und Herren, an alle Pläne zur Erhebung einer Ausbildungsplatzabgabe, zur massiven Erhöhung der Erbschaftssteuer und zur Wiederbelebung der Vermögenssteuer.
(Torsten Koplin, PDS: Jaja, alles klar. Das schafft Arbeitsplätze. – Angelika Gramkow, PDS: Das ist das, was uns unterscheidet.)
8. Meine Damen und Herren, wir fordern, und das ist auch etwas, was zum Thema gehört, den Aufbau eines Niedriglohnsektors,
der auch so genannte einfache Tätigkeiten wieder finanziell für Arbeitgeber wie Beschäftigte attraktiv macht.