Protokoll der Sitzung vom 14.10.2004

An und für sich ist dem Gesagten gar nichts weiter hinzuzufügen,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

sondern einfach nur eine Entschuldigung vor diesem Parlament nötig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Regierung hat uns leider in den letzten Monaten aber immer wieder Gelegenheit gegeben, Kritik zu üben, was in der Frage Umgang zwischen Parlament und Landesregierung erfolgt. Es erschreckt mich zu erfahren, dass 15 Jahre nach der Wende Menschen in der Regierung unseres Bundeslandes Entscheidungen treffen, die auch nach so langer Zeit offensichtlich noch nicht verstanden haben, wie Demokratie funktioniert, noch dazu, wenn, und das betrübt mich besonders, Einzelne davon auch Opposition waren, sogar Ausschussvorsitzende gewesen sind, sogar dem Finanzausschuss vorgestanden haben und genau gewusst haben, worüber wir reden. Also das kann hier keiner in Abrede stellen.

Ich möchte an dieser Stelle den Artikel 20 Absatz 1 der Verfassung auch noch mal zitieren: „Der Landtag ist die gewählte Vertretung des Volkes. Er ist Stätte der politischen Willensbildung. Er wählt den Ministerpräsidenten, übt die gesetzgebende Gewalt aus und kontrolliert die Tätigkeit der Landesregierung und der Landesverwaltung. Er behandelt öffentliche Angelegenheiten.“ Wenn aber die Abgeordneten die Vertreter ihres Landes sind, wie soll ich denn dann verstehen, dass sie zu einem „Tag der offenen Tür“, der vor knapp 14 Tagen in Berlin in der Vertretung des Landes Mecklenburg-Vorpommern beim Bund stattfand, gar nicht erst eingeladen werden. Und von dieser Veranstaltung, die im Übrigen das löbliche Vorhaben

hatte, für den Tourismus zu werben, das ist ja schon mal positiv, aber ich frage mich, wer denn da geworben hat, wenn die Abgeordneten eben lediglich von der Veranstaltung aus der Zeitung erfahren.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Auf Anfrage von mir im Ältestenrat und einem sofort danach erfolgten Rückruf von Herrn Freund bekam ich doch die Antwort, dass er der Auffassung sei, er sei Vertreter der Landesregierung und es wäre nicht notwendig, uns über solche Veranstaltungen zu informieren.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Das ist der übliche Stil. Das heißt Landesvertretung und nicht Landesregierungsvertretung. – Angelika Gramkow, PDS: Er hat Recht.)

Dass sich dieses offensichtlich geändert hat, begrüße ich schon mal. Insofern können Sie den Antrag ablehnen, aber das eine oder andere hat er schon erreicht, denn mich erreichte gestern ein Fax. Das Fax erreichte auch meine Kollegin Gabi Schulz und das Fax erreichte auch meinen Kollegen Reinhard Dankert. Ich darf zitieren: „Sehr geehrte Geschäftsführerin, sehr geehrte Herren Geschäftsführer, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sehr geehrte Herren Abgeordnete!“

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Ich bin auch Abgeordneter als Geschäftsführer, das hätte man mal weglassen können, aber okay.

„Zum dritten Mal beteiligt sich die Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern an der Veranstaltung ‚Jazz in den Ministergärten‘, die am Freitag, dem 22. Oktober“ – sehr langfristig planbarer Termin – „ab 20 Uhr in allen sieben Landesvertretungen in den Ministergärten stattfindet. Einzelheiten zu dem Festival wurden heute bei einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt.“ Also dieses Mal haben wir es eher erfahren und nicht aus der Zeitung.

(Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

„Die Unterlagen werden Ihnen demnächst auf dem Postweg zugehen. Ich würde mich freuen, wenn Sie an dem Jazz-Abend ,Sieben Länder – ein Festival‘ teilnehmen können. Weitere Karten erhalten Sie im Vorverkauf“ und so weiter, und so weiter.

(Angelika Gramkow, PDS: Komm, du musst die Freikarte noch erwähnen!)

Jawohl. Er ist sogar so großzügig, Gabi, du hast das richtig gelesen.

(Heiterkeit bei Angelika Gramkow, PDS, und Gabriele Schulz, PDS)

„Die Unterlagen und jeweils eine VIP-Karte erhalten Sie auf dem Postwege.“ Also ich sage, der Antrag hat doch schon was erreicht. Besserung ist in Sicht.

(Unruhe bei Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: Eine VIP-Karte!)

Vielleicht sind demnächst auch 71 VIP-Karten dabei, aber das weiß ich nicht.

Meine Damen und Herren, aber die Missachtung des Parlaments durch die Regierung zeigt sich eben nicht nur in diesen Verfahrensweisen, sondern noch viel gravierender in der mangelnden Anwesenheit einzelner Minister in den Ausschusssitzungen. Ich rede nicht vom Landtag,

denn da gibt es Absprachen, ich rede von den Ausschüssen.

(Wolfgang Riemann, CDU: Also wenn die Minis- terin nicht da ist, entschuldigt Sie sich. Da kann ich ihr ordnungsgemäßes Verhalten bescheinigen.)

Herr Riemann, Sie können gerne noch reden.

(Heike Polzin, SPD: Der Bildungsminister ist auch immer da.)

Wenn ein Minister wiederholt nicht an den Haushaltsberatungen im Fachausschuss teilnimmt,

(Zuruf von Angelika Peters, SPD)

obwohl darum im Vorfeld entsprechend Artikel 38 Absatz 1 der Verfassung ausdrücklich gebeten wurde, dann ist das sicherlich nicht nur ein Zeichen von schlechtem Stil und schlechter Kinderstube, sondern vor allem auch von mangelndem Demokratieverständnis.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

Ich denke, aus diesem Grunde ist es wichtig und ist es richtig, diese Missstände einmal öffentlich aufzuzeigen, um einer drohenden Verwässerung der verfassungsrechtlichen Grundlagen unserer Demokratie entgegenzuwirken. Und hier, meine Damen und Herren Abgeordnete von den Regierungsfraktionen, bitte ich Sie noch mal darum – ich habe eben den Artikel 20 zitiert, der nicht regelt, dass nur die Abgeordneten der Opposition die Kontrolle über die Tätigkeit der Regierung ausüben und die Abgeordneten der Regierungsfraktionen lediglich Erfüllungsgehilfen sind –, ich fordere uns alle deshalb auf, nehmen wir unsere Verantwortung als Volksvertreter wahr!

In diesem Zusammenhang gestatten Sie mir, abschließend noch einmal auf das Thema „Sitz des Landtages – das Schloss Schwerin“ einzugehen. Dieser Landtag hat 1990 in namentlicher Abstimmung, und zwar mehrheitlich beschlossen, dass das Schloss Schwerin Sitz des Landtages sein soll. Mit dieser Entscheidung haben die Abgeordneten der 1. Wahlperiode, der auch viele Kollegen, die heute noch im Landtag sitzen, angehörten, eine außerordentlich große Verantwortung übernommen. Die Abgeordneten sind sich dieser Tatsache aus meiner Sicht sehr wohl bewusst und versuchen nach bestem Wissen, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Ich meine damit eben nicht, dass wir auf jeder Toilette goldene Wasserhähne einbauen sollen. Ich meine auch nicht – ich spreche jetzt für mich als Abgeordneter –, dass ich es für sehr sinnvoll hielte, Autorennen rings um das Schlossgelände durchzuführen.

(Minister Dr. Wolfgang Methling: Sehr gut!)

Ich meine damit aber, dass wir versuchen sollten, das Schloss in seiner Schönheit zu erhalten und nicht dem Verfall preiszugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wie wichtig dies ist, haben alle hier im Schloss tätigen Abgeordneten und auch Mitarbeiter im Frühjahr dieses Jahres gesehen, als mehrmals Teile des Stucks in den Innenhof beziehungsweise in den Vorhof stürzten. Zum Glück kamen dabei keine Personen zu Schaden. Es kann deshalb nicht sein, dass die Vertreter des Finanzministeriums jede Baubesprechung, an der jeweils ein Abgeord

neter zugegen ist, zu einem elenden Tauziehen verkommen lassen, was mich sehr an einen orientalischen Basar erinnert.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Hier haben wir 1990 eine Verpflichtung übernommen und diese Verpflichtung haben wir umzusetzen. Und wenn die Abgeordneten aller Fraktionen sich nicht stark gemacht hätten, dann hätten wir heute keine Orangerie, in die jeder hier aus diesem Hause gerne geht. Das muss an dieser Stelle auch mal gesagt werden können.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig. Genau so sieht es aus.)

Und wenn ich über die Essensversorgung dieses Landtages nachdenke, was dort seit zehn Jahren für ein Tauziehen um den Umzug einer vernünftigen Kantine dem Schloss entsprechend stattfindet, so ist das für alle Abgeordneten nicht zumutbar. Auch das ist ein schlechtes Aushängeschild für das Land Mecklenburg-Vorpommern.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete von SPD und PDS, ich habe hier nur einige wenige Beispiele genannt,

(Rainer Prachtl, CDU: Du kannst dir ja ‘nen Schnaps von der Präsidentin geben lassen. – Heiterkeit bei Renate Holznagel, CDU, und Eckhardt Rehberg, CDU)

um Ihnen deutlich zu machen, wie wichtig auch für Sie die Unterstützung unseres Antrages ist, denn auch Sie sind frei gewählte Abgeordnete des Landtages von Mecklenburg-Vorpommern, frei gewählte und berufene Bürger.

(Angelika Peters, SPD: Eben, deswegen entscheiden wir ja.)

Ich gehe natürlich davon aus, dass dieser Antrag wie üblich abgelehnt werden wird. Aber ich habe eingangs schon darauf hingewiesen: Erstens, die eine oder andere Verbesserung ist zu bemerken, und zweitens, als ein sehr alter Dienstabgeordneter hat man sehr große Horchlöffel und große Teller links und rechts anmontiert bekommen und weiß, dass es in beiden Fraktionen erhebliche Diskussionen zu diesem Antrag gegeben hat und es vielen Abgeordneten sehr schwer fallen wird, unserem Antrag nicht zuzustimmen. Dafür habe ich Verständnis, das ist Regierungsfraktion. – Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit bei Eckhardt Rehberg, CDU)

Vielen Dank, Herr Caffier.

Das Wort hat jetzt die Fraktionsvorsitzende der PDSFraktion Frau Gramkow.