Protokoll der Sitzung vom 18.11.2004

Danke schön, Frau Voland.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS der Abgeordnete Herr Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Gesundheitsgefährdungen, und zwar insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, im täglichen Leben nehmen auch bei uns im Land zu. Die Bandbreite der Gefährdungen wird immer vielfältiger. Ehemals haben wir über das Rauchen und das Trinken als Schwerpunkt gesprochen, aber heute kommen sehr oft ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut und neben dem Alkohol auch andere Drogen in einer großen Vielfalt hinzu. Beim Alkohol selbst kommen die Modedrogen, Alkopops, wie sie richtig heißen, hinzu, die uns nicht erst seit dem heutigen Tage im Landtag beschäftigen. Die immer rasantere Entwicklung bei den Modedrogen erschwert natürlich den offensiven Umgang mit dem Thema. Deswegen brauchen wir Lösungen, die realistische Zielvorgaben machen und auch die Spezifik unseres Landes widerspiegeln.

Rauchen an den Schulen ist ein ernsthaftes Problem, dem sich keiner verschließen darf und dem auch wir uns nicht verschließen wollen. Allerdings setzen wir zunächst auf Prävention. Zur Prävention ist heute schon einiges gesagt worden. Prävention heißt für uns auch, dass wir zunächst einmal – ich betone, zunächst einmal – auf den Weg der Freiwilligkeit setzen. In den Schulen würde ein striktes Rauchverbot von oben, ohne dass es von den Betroffenen selbst mitgetragen wird, im wahrsten Sinne des Wortes verpuffen. Der Weg über Freiwilligkeitsvereinbarungen sollte zumindest über einen begrenzten zeitlichen Korridor favorisiert werden. Erfahrungen anderer Bundesländer belegen das. Das Einführen eines Erlasses

in Berlin hat zum Beispiel zu einer strikten Ablehnung an den Schulen geführt und teilweise sogar ein Ignorieren des Erlasses mit sich gebracht, während an bayerischen Schulen eine befristete Freiwilligkeitsphase den Effekt mit sich brachte, dass sich dort 30 Schulen freiwillig in so ein Projekt begeben haben. Deshalb setzen wir auch auf Freiwilligkeit bei uns im Land. Die Freiwilligkeit kann mit einer Frist untersetzt werden, um dem Ansatz Nachdruck zu verleihen.

Ich möchte hier auch ganz deutlich sagen, der Konflikt der CDU wurde heute wieder deutlich. Sie plädieren mit dem heutigen Antrag auf ein staatlich verordnetes Rauchverbot und haben noch vor wenigen Minuten hier im Landtag propagiert, dass staatliche Verordnungen nichts bringen. Beim Antifaschismus war das der Fall. Sie müssen sich hier schon entscheiden, welchen Weg Sie wollen, den Weg der Freiwilligkeit oder den Weg der Verordnungen.

(Karin Strenz, CDU: Ihr Niveau ist nicht zu unterbieten!)

Übereilt ist der CDU-Antrag leider auch in einer anderen Hinsicht, denn ein Mangel ist das Abschreiben der Quotenziele vom bayerischen Gesetzentwurf, und zwar mit den 25 Prozent. Ja, aber das Abschreiben ist nicht weiter schlimm, das ist in Ordnung.

(Heiterkeit bei Alexa Wien, PDS)

Allerdings, Herr Renz und Herr Schubert, müssten Sie uns hier noch einmal eine Ableitung zum Besten geben, die diese 25-prozentige Quote konkret für unser Land Mecklenburg-Vorpommern untersetzt, wie Sie hier ganz konkret, und zwar mit Fakten untersetzt, diese Quote um 25 Prozent senken wollen.

Zu dem Problembewusstsein in der Thematik von Gesundheitsgefährdungen an den Schulen gehört sicherlich auch der Alkoholkonsum. Gerade in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern ist der Alkoholkonsum ein immer stärker werdendes Problem. Egal, ob wir es jetzt unter den Modebegriffen Koma-, Kampftrinken oder Rauschtrinken bezeichnen, wir wissen, dass auch diese Form des exzessiven Genusses von Alkohol eine immense Herausforderung darstellt.

Allerdings werden wir hier nicht mit einseitigen Deklarierungen im kritischen Raum Wirkungen erzielen. Wir brauchen eine Allianz aller Verantwortlichen bei uns im Land und dazu gehören nicht nur die Schulen. Sie sind sicherlich wichtig, aber neben den Schulen, glaube ich, brauchen wir, gerade was den Lebensraum von Kindern und Jugendlichen angeht, Ansätze, die weit darüber hinausgehen. Wenn wir das ganz konkret fassen, dann gehören Jugendeinrichtungen, öffentliche Einrichtungen, gastronomische Einrichtungen und auch Einrichtungen im Freizeitbereich dazu. Und wenn wir zum Beispiel bei der Großraumdisco keinen Ansatz finden, nützt uns das Agieren im Schulbereich nichts.

(Beifall Alexa Wien, PDS)

Und wir brauchen natürlich auch eines, und zwar müssen wir viel, viel mehr auf das Zusammenarbeiten mit den Elternhäusern hinwirken. Solange die Einbahnstraße im schulischen oder auch im Freizeitbereich gefahren wird und wir den Elternbereich nicht mit einbeziehen, sind die Ansätze an der Stelle nicht konsequent.

Noch einmal mit einem Blick auf den Verbotsansatz der CDU muss ich Ihnen ganz ehrlich aus jahrelanger eigener

Erfahrung in der freien Jugendarbeit sagen, in der freien Jugendarbeit, in der Jugendverbandsarbeit und in der Arbeit im Bereich der Ferienfreizeiten kann ich Ihnen garantieren, dass Verbote alleine die Probleme nicht nachhaltig lösen. Sie bekämpfen vielleicht die aktuellen Erscheinungsformen, aber das Problem selbst wird damit nicht gelöst. Sie verschieben Konsumenten viel eher in die Illegalität beziehungsweise kriminalisieren den Konsum und verbauen mit der Kriminalisierung den Zugang zu den Betroffenen selbst, der aber wichtig ist, wenn wir die Probleme wirklich lösen wollen. Als Pädagoge wird mir Herr Renz sicherlich zustimmen, nur mit den Betroffenen selbst können wir das Problem lösen, nicht gegen sie.

(Torsten Koplin, PDS: Herr Renz will eine staatliche Verordnung.)

Noch einmal zum Thema Alkohol. Hier, glaube ich, brauchen wir ein absolut neues Problembewusstsein in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn wir hier nicht mit der Vorbildwirkung der Eltern vorangehen, dann werden wir gar nichts lösen in unserem Land Mecklenburg-Vorpommern. Mecklenburg-Vorpommern ist das Land mit der höchsten Quote der Alkoholabhängigen beziehungsweise der Menschen, die latent von der Abhängigkeit gefährdet sind. Man spricht mittlerweile von bis zum einem Drittel bei uns im Land. Wenn wir das Problem nicht aus dem Elternhaus heraus angehen, werden die Verordnungsansätze gar nichts bringen.

Ich möchte noch kurz etwas zur Übergewichtigkeit sagen, denn auch sie wird ein zunehmendes Problem in unserer Gesellschaft. Die Schule allein wird es beispielsweise über das Versorgungsangebot, welches dort gegeben wird, nicht lösen können. Wir wissen, die Fast-FoodAngebote nehmen in der heutigen Gesellschaft ständig und permanent zu und zur falschen Ernährung kommt auch noch die Bewegungsarmut hinzu. Wir müssten uns an der Stelle auf das besinnen, was eigentlich Konsens ist: Mehr Bewegung im täglichen Leben, mehr Bewegung im schulischen Bereich und mehr Bewegung im persönlichen Bereich wäre hier die beste Möglichkeit, den Gesundheitsgefährdungen entgegenzuwirken.

Weil der CDU-Antrag – Frau Voland hat das eben schon einmal ganz kurz angerissen – noch einmal den Bereich des Drogen- und des Alkoholkonsums trennt, möchte ich eins ganz deutlich sagen: Die größte, gefährlichste und auch härteste Droge in Mecklenburg-Vorpommern ist der Alkohol. In diesem Sinne müssen wir auch eine gesellschaftliche Diskussion wagen, die sich damit beschäftigt, warum denn diese härteste und gefährlichste Droge aller Drogen in Deutschland gesellschaftlich akzeptiert, toleriert und teilweise sogar im Gebrauch verniedlicht wird, während andere weichere Drogen zu den illegalen Drogen gehören und aus einer rein politischen Motivation in diese Kategorie gesteckt wurden. Ein Umdenken ist hier, wenn wir das Thema wirklich offensiv angehen wollen, nötig.

Einiges, was im Land begonnen wurde, hat Herr Minister Backhaus vorhin schon dargestellt, geht in die richtige Richtung. Wir hatten beispielsweise letztes Jahr die Kindergesundheitskonferenz 2003 hier bei uns im Land. Angebote von LAKOST werden offeriert und Kampagnen zum Nichtrauchen. Ich selbst habe beispielsweise in meinem Wahlkreisbüro in Ueckermünde im Frühjahr eine Kampagne zum Nichtrauen angeboten. Allerdings, und das sage ich auch ganz offen, war die Resonanz im öffentlichen Raum eher gering. An der Stelle müssen wir uns

also darüber verständigen, auf welche Pferde wir setzen, damit sie auch effektiver arbeiten.

Ich gebe der CDU Recht, wenn sie davon ausgeht, dass vieles bei uns im Land nötig ist, aber man sollte dann auch deutlich sagen, mit welchen Ansätzen wir dieses umsetzen wollen. An der Stelle sage ich auch noch einmal ganz deutlich, dass beispielsweise das Aufzeigen des Rauschtrinkens oder des Komatrinkens als Problematik alleine nicht ausreicht, wenn ich das nicht mit Maßnahmen untersetze, wie ich diesem Komatrinken als Modebewegung entgegentreten möchte. Ich bedauere sehr die mangelnde Kooperationsbereitschaft der CDU. Ich habe gestern und auch heute früh noch einmal sehr intensiv versucht, über den Weg des Entschließungsantrages hier im Landtag eine Lösung zu finden, wo wir interfraktionell zeigen können, dass uns dieses Thema sehr wichtig ist. Aber der CDU-Antrag hat einen riesengroßen Mangel, er benennt Problemfelder, zeigt aber viel zu wenig Lösungsansätze auf und ist deshalb an der Stelle auch viel zu kurz gedacht. Aus diesem Grunde bleibt für uns nur die Ablehnung des CDU-Antrages.

(Lorenz Caffier, CDU: Dann überweisen Sie doch den Antrag! Dann überweisen Sie doch den Antrag!)

Ich möchte Sie auch noch einmal bitten, Herr Renz wird sicherlich noch darüber sprechen, gleichzeitig noch den redaktionellen Fehler Ihres Antrages auf Seite 3 zu korrigieren. Sie haben den zweiten Absatz zweimal drin, der ist gedoppelt in der Drucksache. Ich bitte Sie, dass Sie an der Stelle wenigstens die Drucksache noch auf den aktuellen Stand bringen. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Walther.

Es hat jetzt noch einmal für die Fraktion der CDU das Wort der Abgeordnete Herr Schubert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte auf einen Redebeitrag zurückkommen, und zwar auf den Beitrag von Frau Voland. Ich denke, wenn man den Antrag richtig gelesen hat, dann steht auch darin: Nikotin, Alkohol und illegale Drogen. Wir haben also alle Probleme aufgeführt. Wir sehen es genauso, dass Alkohol auch eine Droge ist. Das haben wir nicht abgestritten. Das zeugt davon, dass man den Antrag vielleicht gar nicht richtig gelesen hat.

Ein weiterer Punkt. Natürlich kann man das per Gesetz machen, aber es gibt auch die Möglichkeit, per Rechtsverordnung zu regeln. Diese Möglichkeit, dass man eine Verordnung erlassen kann, die hat der Minister heute schon. Uns ist auch bekannt, dass in einigen Schulen Schulordnungen ein Rauchverbot aussprechen. Aber nach unserer Meinung und nach Recherchen haben wir herausbekommen, dass dieses nicht gefasst und nicht gefruchtet hat. Wollen Sie, dass es rauchfreie Schulen gibt und im gleichen Zuge wieder Raucherschulen, an denen geraucht werden darf? Das wollten wir im Antrag flächendeckend regeln. Wie es geregelt wird, ist eine ganz andere Sache.

Wenn Sie meinen, unser Antrag geht nicht weit genug, dann lassen Sie uns doch diesen Antrag in die Ausschüsse überweisen, damit wir darüber diskutieren können!

Lehnen Sie ihn nicht einfach ab, dann sehen wir Ihre Bereitschaft! Wir können ja Ergänzungen vornehmen und gemeinsam an diesem Antrag arbeiten. Ihn hier heute aber einfach abzulehnen, das ist gerade bei den Schülern nach außen kein gutes Zeichen, denn viele Schüler sitzen hier, damit wir dem die Zustimmung geben.

(Gerd Walther, PDS: Ich kann den Schülern gerne die Entschließung geben.)

Die Entschließung, die Sie uns vorgelegt haben, die entspricht nicht einmal unserem Antrag. Deswegen habe ich gesagt, wir bieten Ihnen an,

(Heiterkeit bei Karin Schmidt, PDS – Peter Ritter, PDS: Deswegen haben wir ja eine Entschließung gemacht.)

Ihnen die Möglichkeit zu geben, dass wir gemeinsam diesen Antrag in die Ausschüsse überweisen, um darüber noch einmal zu diskutieren

(Heiterkeit bei Reinhard Dankert, SPD: Sie kennen das Lied von den Königskindern?!)

und dann können wir ihn vielleicht noch einmal erneut einbringen.

Sie sollten aber daran denken, es gibt ein Jugendschutzgesetz, wenn Sie sagen, dass Verbote nicht helfen. Wollen wir jetzt sagen, wir brauchen dieses Jugendschutzgesetz auch nicht, weil Verbote nicht helfen? Ich glaube, diese Argumentation stimmt irgendwie nicht. Als Erwachsene haben wir die Pflicht, wir haben Schutzbefohlene, denn es sind Kinder, die an den Schulen sind.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und die Vorbildwirkung unserer Lehrer, die sollten wir eigentlich so ausstatten, dass wir ihnen die Möglichkeit geben, auch wenn es dort Raucher gibt, dass wir sagen, nein, rauchen an Schulen grundsätzlich nein. Das nur noch einmal zu den Dingen, die vorher angesprochen wurden. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Schubert.

Es hat das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Renz. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Mathias Brodkorb, SPD: Sagen Sie mal laut, was Sie eben gesagt haben!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als Erstes sollten wir sicherlich unseren Antrag in dem genannten Sinne reparieren, denn der Absatz, den Herr Walther angesprochen hat, ist hier tatsächlich doppelt in die Begründung hineingekommen. Wenn das der Beweggrund für die Ablehnung ist, dann hätten wir das hiermit repariert. Wir werden dann in diesem Fall sicherlich Zustimmung, zumindest bei der Fraktion der PDS, erwarten.

(Gerd Walther, PDS: Das ist eine falsche Deutung meiner Worte.)

Es hat mich natürlich gefreut, dass Herr Dr. Backhaus hier signalisiert hat, dass er schon aktiv war, und zwar dass er mit dem Rauchen aufgehört hat. Diese Vorbildwirkung ist eigentlich das, wo wir hinwollen. Leider ist er nun kein Lehrer. Er betont es ja immer wieder, dass andere Lehrer sind. Langsam gewinnt man den Eindruck, dass

ihn das etwas bedrückt, weil er es vielleicht auch gerne gewesen wäre.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der PDS – Minister Dr. Till Backhaus: Mein Großvater war Lehrer.)

Ich möchte an dieser Stelle einfach einmal anregen, Herr Dr. Backhaus, dass Sie vielleicht darüber nachdenken sollten, in diesem Fall nicht rauchfreie Schulen, sondern vielleicht ein rauchfreies Kabinett einzuführen.