Wenn aber nach dem Bergrecht die Regional- und Landesplanung zu einem wesentlichen Instrument der Rohstoffsicherung wird und eine bedarfsgerechte und möglichst verbrauchernahe Rohstoffversorgung der Wirtschaft des Landes gesichert werden soll, damit dann aber gleichzeitig Raumnutzungskonflikte im Bereich des Tourismus, der Umwelt und des Naturschutzes entstehen,
dann ist es doch wohl mehr als gerechtfertigt, meine Damen und Herren, dass wir uns heute hiermit an dieser Stelle beschäftigen. Ich persönlich möchte es ganz intensiv tun, auch im Auftrag vieler Rüganerinnen und Rüganer, natürlich auch Rügener und Rügenerinnen –
das sind also die Zugezogenen und die Gäste, die dort auf der Insel leben –, auch der Gäste oder Touristen, die nicht deswegen kommen oder nicht alleine deswegen kommen oder nicht zuletzt deswegen kommen, weil es hier neben den Bäderhochburgen an der Küste eben doch noch ein Stückchen unverbrauchte Natur gibt. Und das soll, meine Damen und Herren, auch so bleiben, denn genau der Bereich, über den wir hier sprechen, der gehört dazu.
Nun wurde hier von meinen Vorrednern auch der verloren gegangene Verwaltungsrechtsstreit angesprochen. Richtig ist, dass die genannten Klagen jeweils wegen mangelnder Klagebefugnis beziehungsweise fehlender Verletzung eigener Rechte der Klägerin abgewiesen wurden. Kommt es jetzt aber zur endgültigen Betriebsgenehmigung, meine Damen und Herren, dann ist spätestens jetzt der Landkreis berechtigt – in eigenen Rechten betroffen – und hat die Möglichkeit, das wird er dann hoffentlich auch in Anspruch nehmen, dass er mit allen Chancen und mit Aussicht auf Erfolg gegen diese Genehmigung klagen wird. Er ist der Straßenbaulastträger der K 5 und damit direkt betroffen. Das hat der Landkreis auch bereits im Verwaltungsverfahren deutlich gemacht. Ich erinnere an ein Schreiben des Landkreises vom 11. Dezember 1998, da sollten wir vielleicht einmal reingucken, und ich erinnere auch an Kreistagsbeschlüsse. Herr Timm, Sie mögen vielleicht bei der Mehrheit nicht dabei gewesen sein, aber die Kreistagsbeschlüsse kennen Sie alle. Ich hätte eigentlich erwartet, dass Sie diese auch einmal angeführt hätten. Es ist zwar, wie gesagt, keine rechtliche Grundlage, aber doch eine Willensbekundung von der Insel.
In den gerichtlichen Entscheidungen ist über diese Frage der Verkehrsproblematik, und die ist nun einmal Grundbedingung für alle Betriebsgenehmigungen, nicht entschieden worden. Das ist also nicht Inhalt der Entscheidung gewesen. Es ist auch deswegen nicht entschieden worden, weil sich in diesem Planfeststellungsbeschluss genau hierzu das Bergamt nicht entscheiden konnte beziehungsweise diesen Fakt außen vor gelassen hat.
Die Erschließung, ich sagte es schon, steht aber im Mittelpunkt einer Betriebsgenehmigung. Und diese muss auch gesichert sein, und zwar für die gesamte Betriebslaufzeit, also für über zwanzig Jahre. Es ist also mit einem Provisorium wie zum Beispiel einer Baustraße oder wie auch immer nicht getan. Und aufgrund der Selbstverwaltungsangelegenheit besteht auch für den Landkreis kein Zwang, meine Damen und Herren, wie immer suggeriert werden soll, die K 5 zu erneuern. Dagegen sprechen die erwähnten Bedenken des Landkreises und dagegen spricht auch die aktuelle defizitäre Haushaltslage, die dafür überhaupt kein bisschen Spielraum mehr frei hat.
In diesem Zusammenhang darf ich auch an die Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 22.06.1998, seit dieser Zeit beschäftigen wir uns also schon damit, erinnern beziehungsweise darauf verweisen. Dort wird ausgeführt, dass
„für den Neubau und die Verbreiterung des Abschnittes der Kreisstraße 5“ – das habe ich zitiert – eine Gesamtinvestition, wie gesagt, das war 1998, von 4,6 Millionen DM und damit ein Fördermittelbedarf von circa 3 bis 3,5 Millionen DM ermittelt wurde. Will das Land, auch wenn sich die jetzigen Zahlen in Euro umgerechnet nicht so groß anhören, das mit übernehmen? Der Landkreis Rügen kann den Eigenanteil schon gar nicht erbringen. Auch die Bedenken in Richtung Umwelt- und Naturschutz, ebenfalls durch die Landkreisvertreter im Verwaltungsverfahren vorgetragen, lassen dies nicht zu. Es handelt sich hier, wie es meine Vorredner schon erwähnten, auch um eine Alleenstraße.
Ich baue hier auf den heutigen Wirtschaftsminister, der sich für den Erhalt der Alleen stark macht und der bei Sanierungsmaßnahmen um jeden erhaltungswürdigen Baum kämpft. Herr Minister, ich erinnere an die Hafensanierung in Putbus, da gestalten wir sehr schön um einen herrlichen großen Baum herum, der wird nicht weggenommen. Ich hoffe, dass der Wirtschaftsminister auch hier seinem Image treu bleiben wird.
(Heiterkeit bei Birgit Schwebs, PDS – Torsten Koplin, PDS: Na, wenn das mal überall so wäre. – Zurufe von Norbert Baunach, SPD, und Rainer Prachtl, CDU)
Wenn ich einige meiner Vorredner richtig verstanden habe, ist für sie Dreh- und Angelpunkt der ordnungsgemäße Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes vom November 1998. Lassen Sie mich auf diesen eingehen und das Zustandekommen nur einiger Aussagen dieses Beschlusses näher beleuchten:
Erstens. Immer wieder wird dem Leser deutlich gemacht, dass die Abwägung nur zugunsten des öffentlichen Interesses an der Rohstoffgewinnung gegenüber den angeführten Bedenken Vorrang hat. Wer vertritt eigentlich das öffentliche Interesse, meine Damen und Herren, wenn in der Anhörung die überwiegende Mehrheit der Anzuhörenden dagegen votiert, wenn Kreistagsbeschlüsse vom 12.05.1998 und vom 07.12.1999 mehrheitlich dagegen votieren, wenn 1.118 Unterschriften dagegen in Verbindung mit einer Petition der in dieser Region Lebenden dem Landtag vorliegen, wenn der Tourismusverband der Insel das Vorhaben eindeutig ablehnt? Wer, meine Damen und Herren, verkörpert also das öffentliche Interesse?
Zweitens. Es wird weiter eine Umwandlungsgenehmigung von circa – alles im Planfeststellungsbeschluss nachzulesen – elf Hektar Wald zugunsten des öffentlichen Interesses erteilt, obwohl der Wald nach Einschätzung der beteiligten Forstbehörde als ökologisch wertvoll eingestuft wurde. Da helfen, meine Damen und Herren, auch die Auflagen der Wiederaufforstung an anderer Stelle im Verhältnis 1:2 überhaupt nicht. Denken Sie einmal daran, wenn Sie einen Baum wegnehmen wollen, was Sie da für Auflagen bekommen – und hier ein Verhältnis 1:2! Vierzig Meter Hecke müssen Sie pflanzen, wenn Sie eine Kiefer aus Ihrem Garten entfernen müssen.
Drittens. Die Stellungnahme des Amtes für Raumordnung und Landesplanung sagt aus, dass die geplante Rohstoffgewinnung nach raumordnerischer Abwägung aller relevanten Belange derzeit nicht mit den Erfordernis
sen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ist. Richtig. Daraufhin wurde durch das damalige Wirtschaftsministerium eine Bedarfsanalyse in Auftrag gegeben, aber darauf komme ich an anderer Stelle noch einmal genau zurück. Anschließend werden die Einwendungen als erledigt erklärt. Das ist auf Seite 53 des Planfeststellungsbeschlusses nachzulesen.
Viertens. Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Vorpommern stellt weiterhin fest – siehe Seite 55 –, dass das Vorhaben nicht nur im Vorsorgegebiet Rohstoffsicherung, sondern auch im Vorsorgegebiet Naturschutz und Landschaftspflege sowie in einem Raum mit besonderer natürlicher Eignung für Fremdenverkehr und Erholung liegt. Die Abwägung im Rahmen der Planfeststellung führte allerdings zu dem Ergebnis einer bergbaurechtlichen Priorität. Die Einwendungen waren somit erledigt. Ich verweise in diesem Zusammenhang wiederum auf die Antwort auf meine bereits erwähnte Kleine Anfrage, wie viel Fördermittel für den Bau von Ferienunterkünften, Existenzgründungen, touristischen Infrastrukturmaßnahmen bis dahin – bis 1998 – in diese Tourismusentwicklungsregion bereits ausgereicht wurden? Da heißt es in der Antwort: „In der Region...“, und das ist eine ziemlich kleine Region, „wurden insgesamt“ – bis 1998 – „6 Vorhaben mit einer Gesamtinvestition in Höhe von 44,9 Mio. DM durch einen Zuschuß von 8,3 Mio. DM gefördert. Damit konnten 114 Dauerarbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert und 398 Betten errichtet werden.“
Inzwischen sind sechs Jahre vergangen und die Entwicklung ist nicht stehen geblieben, inzwischen ist mehr Geld dorthin geflossen. Und ob da ein künftiges Kiesabbaugebiet und die damit verbundene Beeinträchtigung durch den Lastverkehr für den sanften Tourismus oder für diesen Bereich hilfreich sind, das wage sicher nicht nur ich zu bezweifeln. Gerade erst am Mittwoch der vergangenen Woche, meine Damen und Herren, sind bei einer Besprechung vor Ort zur Planung des Ausbaus des Hafendorfes Vieregge – unmittelbar betroffen – durch die endlich gefundenen Investoren ebenfalls Bedenken geäußert worden, und zwar zu Recht, denn schließlich müssen diese Investoren die Wohnungen beziehungsweise Häuser auch vermieten und verkaufen können.
Fünftens. Das StAUN erteilte keine Zustimmung, weil der Kiesabbau aus naturschutzfachlicher Sicht als nicht umweltverträglich eingestuft werden muss. Die Einwendungen werden dennoch zurückgewiesen. Eine für die bergrechtliche Planfeststellung bindende Wirkung ergibt sich aus den Einwendungen nicht – erledigt. Außerdem sind die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten und die Wiedernutzbarmachung des Abbaugebietes beziehungsweise die Neugestaltung des Landschaftsbildes ist zu garantieren.
Ja, meine Damen und Herren, wie sieht denn die Eingriffsausgleichsregulierung aus? Und, Herr Timm, einen künstlichen Baggersee, und zwar hundert Meter entfernt von natürlichen Gewässern, das halte auch nicht nur ich für einen Witz. Aber ich mache Ihnen einen anderen Vorschlag: Wir können die Rodelbahn aus Rugard in Bergen herausnehmen und können dort wahrscheinlich einen künstlichen Berg schaffen, wie auch immer, denn einen See brauchen wir da sicher nicht. Oder wenn Sie Zierkow angesprochen haben, wie sieht denn die Renaturierung in Zierkow aus? Das ist eine eingezäunte Kraterlandschaft. Ist das eine natürliche Wiederherstellung? Das wagen wohl auch mehr zu bezweifeln als nur ich.
Meine Damen und Herren, ich könnte weitere Punkte nennen, wie sorglos die Einwendungen für erledigt oder für nicht begründet erklärt wurden. Und trotz all dieser Bedenken kommt das Bergamt zu dem Schluss, dass die raumordnerische Beurteilung ohnehin keine strikte Verbindlichkeit, sondern lediglich eine Abwägungsrelevanz im Zulassungsverfahren darstellt. Das Bergamt als die Planfeststellungsbehörde kann also jederzeit vom Ergebnis der Raumordnung abweichen. Das empfinde ich angesichts der vielen Stellungnahmen, der Ablehnung der Beteiligten und Betroffenen geradezu als zynisch.
Der Bedarf vor sechs Jahren war sicher ein anderer als heute. Der Bedarf ist insgesamt zurückgegangen. Eine Million Tonnen wurden damals für den Eigenbedarf geschätzt und 4,4 Millionen Tonnen sollten abgebaut werden, meine Damen und Herren. Das Argument, den Kies über den Rügendamm nach Rügen raufzukarren, das mag damals gestimmt haben, den Überschuss jetzt aber von Rügen runterzukarren, ich weiß nicht, wer das bitte schön rechtfertigen soll.
Und ein letztes Wort noch. Es geht um das Studium der Unterlagen, Herr Timm. Was steht eigentlich im Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes und was steht in der Bedarfsanalyse?
Sie müssten den Satz wirklich zu Ende führen, Frau Peters! Da ich weiß, dass der Minister noch einmal spricht, haben Sie ja noch einmal ein Viertel Ihrer Redezeit.
Es hat noch einmal ums Wort gebeten der Minister für Umwelt Herr Professor Dr. Methling. Bitte schön, Herr Minister.
Liebe Frau Peters, ich weiß nicht, ob die Zeit, die ich jetzt aufwende, Ihnen ausreicht, um noch einmal zu reagieren. Aber ich möchte doch noch einmal kurz reagieren, weil hier in den Raum gestellt wurde, dass es mir vielleicht an politischem Willen fehlen würde. Ich denke, dass durch die Anfrage von Herrn Kokert und durch die Antwort von Frau Schwebs dieses deutlich geworden ist: Daran fehlt es mir nicht!
Ich möchte aber hervorheben, dass politischer Wille nicht die Rechtsstaatlichkeit ersetzen kann. Ich habe mich an geltendes Recht zu halten und darauf habe ich geachtet. Deswegen hat es etwas länger gedauert, die Verordnung auszuarbeiten. Sie liegt vor, darüber habe ich berichtet. Ich möchte aber deutlich sagen, dass ich zwischen dem, was ich politisch will, und dem, was rechtmäßig möglich ist, unterscheiden kann. – Danke schön.