Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

Meine Damen und Herren, seit dem 6. Dezember 2000 besteht für alle über 24 Monate alten Rinder in Deutschland die BSE-Testpflicht. Angenommen wird, dass die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit mit der Aufnahme der BSE-Erreger über die Nahrung natürlich im Zusammenhang steht. Das wissen wir. Vorherrschende Theorie ist, dass durch die Aufnahme von Tiermehl durch Wiederkäuer eine Übertragung beziehungsweise eine Veränderung der Prionen stattfindet, so dass es zu diesen nekrotisierenden Veränderungen im Gehirn kommt und diese Erkrankung zum Tode führt. Hier ist noch Forschungsarbeit zu leisten.

Und, Herr Minister, ich bin genauso froh wie Sie, dass wir in Riems die Bundesforschungsanstalt haben. Ich möchte daran erinnern, dass wir in diesem Hohen Hause wirklich dafür eingetreten sind, die Forschungsleistungen in Riems zu verbessern. Ich denke, das ist eine Sache, die uns hier in diesem Haus gelungen ist, und das möchte ich noch einmal unterstreichen.

Es ist wichtig, mit weitreichenden Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und auch in der Europäischen Union umzugehen, diese einzuleiten und durchzusetzen. Ich betone hier den Begriff „weitreichende Maßnahmen“. Zu dem Maßnahmenkatalog auf wissenschaftlicher Basis gehört das Verbot der Tiermehlverfütterung an Wiederkäuer, die Entfernung und Vernichtung von spezifiziertem Risikomaterial aus der Nahrungsmittelkette und die Pflicht, alle Rinder über 24 Monate, die für den menschlichen Verzehr vorgesehen sind, auf BSE zu testen. Das ist ein Teil dieses Pakets, das möchte ich noch einmal deutlich sagen. Diese 24 Monate sind in fast allen anderen EU-Ländern schon verändert worden.

Bis zum 6. Dezember 2004 wurden in Deutschland insgesamt 352 BSE-Fälle entdeckt. In allen Fällen waren die Rinder über 30 Monate alt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Inkubationszeit des Erregers deutlich über 24 Monaten liegt. Das ist der Knackpunkt, meine Damen und Herren. In der Regel tritt BSE bei Rindern in einem Lebensalter von vier bis fünf Jahren auf und führt innerhalb von wenigen Wochen zum Tod des betroffenen Tieres. Die Inkubationszeit ist der Knackpunkt, die vier bis fünf Jahre.

(Hannelore Monegel, SPD: Aber Erreger sind drin!)

Aufgrund der langen Inkubationszeit sind BSE-Tests von 30 Monaten als nicht sicher zu bezeichnen. Wissenschaftler tun sich sehr schwer damit. Einige sprechen sogar von Verbrauchertäuschung. Sicherheiten kann ich bei dieser Inkubationszeit ab 24 Monaten eben nicht haben, und das ist der Punkt, und das macht es ja so schwierig, Herr Minister.

(Minister Dr. Till Backhaus: Das erzählen Sie mal den Verbrauchern!)

Das kann doch dem Verbraucher nicht vorgemacht werden. Das mache ich jetzt wirklich noch einmal deutlich. Das ist eine ganz wichtige Aussage. Ich kann dem Verbraucher mit einem Test, den ich ab 24 Monaten oder noch früher mache, nicht deutlich sagen: Jetzt bist du auf der sicheren Seite, der ist negativ. Das ist eben nicht so. Die Inkubationszeit läuft noch und trotz dieses Tests kann die Krankheit ausbrechen.

(Unruhe bei Hannelore Monegel, SPD, und Ute Schildt, SPD)

Das ist die Crux dabei. Deswegen ist es auch eine ganz wichtige Geschichte, deutlich zu machen, dass es nicht nur um diesen Test geht.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Das ist nur ein Punkt. Man kann den Verbraucher damit in einer Sicherheit wiegen, die nicht gegeben ist. Das ist eindeutig in der Bundesforschungsanstalt in Riems zum Ausdruck gekommen und auch in den Gutachten nachzulesen. Deswegen, liebe Kollegen, ist es wichtig, darüber nachzudenken. Und deswegen, das sage ich noch einmal ganz eindringlich, hat auch der Landtag in Brandenburg sehr sachlich darüber diskutiert. Auch deswegen ist in den anderen Ländern nur die 30-Monate-Regelung eingeführt worden und man ist von den 24 Monaten weggekommen. Deswegen, denke ich, sollten wir uns darüber unterhalten, ob diese Alleingänge, die wir jetzt hier in Deutschland machen, richtig sind. Zum einen sind sie natürlich wettbewerbsverzerrend, also zum Nachteil der deutschen Landwirtschaft. Da werden sicherlich auch 500.000 oder 1 Million herauskommen, die das zusätzlich bedeutet. Aber dieser verstärkte Schutz der Verbraucher ist, das muss man wirklich deutlich machen, hier zu unterstreichen, den dürfen wir an diese 24 Monate nicht anhängen. Deswegen, denke ich, ist es auch richtig, in dieser Art und Weise zu diskutieren. Laut Aussagen der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen auf der Insel Riems würde die Heraufsetzung des Mindestalters für BSE-Untersuchungen das Verbraucherschutzniveau nicht senken. Eine Gefährdung der Bevölkerung sei dadurch nicht zu erwarten und deswegen haben andere Länder hier auch reagiert.

Wenn wir das jetzt so wörtlich nehmen, Herr Minister, wie Sie es hier ausgesagt haben, dann kann man natürlich auch fragen: Warum lassen wir das Fleisch aus anderen Ländern noch zu,

(Eckhardt Rehberg, CDU: Richtig.)

was jetzt eben nicht unter 30 Monaten getestet ist?

(Hannelore Monegel, SPD: Das würde ja Handelsembargo sein.)

(Hannelore Monegel, SPD: Wie wollen Sie das durchsetzen?)

Und deswegen ist es doch für einen Verbraucher eigentlich sehr wichtig, wenn wir dieses Kriterium so herausstellen, dass er dann wirklich fragen muss: Esse ich jetzt Fleisch aus Frankreich, das ab 30 Monaten getestet ist, oder esse ich jetzt Fleisch aus Belgien? Deswegen möchte ich das wirklich noch einmal deutlich machen. Die 30 Monate wären eigentlich für den Verbraucher, für die Gleichbehandlung und auch für die Fleischqualität wichtig. Und wenn Frau Kühnel sagt, wir haben nur noch nicht

den richtigen Zeitpunkt abgepasst, dann habe ich da auch noch Hoffnung.

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

Meine Damen und Herren, für den Erhalt dieser Maßnahmen im Komplex, das betone ich hier nochmals namens meiner Fraktion, stehen wir auch heute. Trotzdem sollte ein generelles Fütterungsverbot von Tiermehl an Schweine, Hühner und Fische auf wissenschaftlicher Basis neu bewertet werden. Ich denke, da waren wir auch nicht weit voneinander entfernt, denn Fleisch ist nicht gleich Fleisch. Und, meine Damen und Herren, die Fleischqualität hängt auch von dem ab, was ich verfüttere. Deswegen ist Tiermehl, ich sage es hier noch einmal, für Schweine, Hühner und Fische auch eine besondere Fütterung, die die Qualitäten verbessert. Wir wollen natürlich gute Fleischqualitäten haben in unserem Tourismusland Mecklenburg-Vorpommern.

Meine Damen und Herren, ich habe hier noch etliche Ausführungen,

(Hannelore Monegel, SPD: Ach, nicht noch mehr! Das reicht.)

aber ich wäre sehr zufrieden, wenn wir uns damit im Landwirtschaftsausschuss ganz intensiv noch einmal beschäftigen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das ist gut, ja!)

Ich denke, die Überweisung dieses Antrages in den Landwirtschaftsausschuss ist der richtige Weg. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Alexa Wien, PDS)

Danke schön, Frau Holznagel.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der PDS die Abgeordnete Frau Wien. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition! Ich gehe mal ganz einfach davon aus, dass dieser Antrag nicht Gegenstand politischer Profilierung sein sollte.

(Renate Holznagel, CDU: Richtig. – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es. – Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Und ich gehe auch ganz einfach einmal davon aus, dass dieser Antrag von Ihnen nicht gestellt wurde, weil er jetzt gerade erst in einem anderen Bundesland wortwörtlich genauso gestellt wurde –

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr gut. Wir machen das nicht so wie Sie. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)

also diese beiden Sachen –, sondern wirklich aus Verantwortung.

(Zuruf von der CDU: Wie immer!)

Letztendlich ist dieses ganze Thema ernst genug und es ist, worüber wir uns ja auch einig sind, noch lange nicht umfassend erforscht. Wir sind dabei. Wir sind auf gutem Wege. Das haben wir gerade vom Minister gehört. Und im Sommer dieses Jahres werden uns dann schon Ergebnisse vorliegen. Es ist natürlich auch ein ökonomisch bedeutsames Thema. Wir haben bereits darüber gesprochen.

Versuchen wir jetzt von den aktuellen Fakten auszugehen. Am Wochenende erreichte uns alle die Mitteilung, dass in unserem Land ein neuer BSE-Fall aufgetreten ist. Hier ist dieses Tier älter als fünf Jahre. Wir wissen aber alle, dass das Thema auch relativ gefährlich ist und BSE vielleicht sogar unsere Gesundheit bedroht. Auf jeden Fall bedroht BSE unsere Rinderherden, letztendlich auch unsere Landwirte und unsere Wirtschaft.

Aus den Informationen des zuständigen Bundesinstitutes für Risikobewertung können wir entnehmen, dass es bisher noch keinen BSE-Fall bei Rindern unter 30 Monaten gegeben hat. Das ist korrekt. Aber gleichzeitig weist dasselbe Institut nicht ohne Stolz darauf hin, das in Deutschland die Regelung gilt, dass eine Überprüfung der Schlachttiere ab 24 Monate erfolgt. Nun könnte man annehmen, dass wir bei inzwischen über neun Millionen Schlachtungen und noch keinem einzigen BSE-Fall in dieser Altersgruppe hier etwas übertreiben, denn die europäische Regelung sagt, ab 30 Monate braucht erst geprüft zu werden. Aber BSE hat doch schon einige Überraschungen für uns bereitgehalten.

Führen wir uns doch einfach vor Augen, wie diese 24-Monate-Regelung überhaupt entstanden ist. War sie vielleicht einfach nur eine Reaktion auf die Medienhysterie? Ich stelle das einfach mal so in den Raum. Oder ist vielleicht diese 24-Monate-Regelung auch ein Ausdruck übertriebenen Ehrgeizes, immer die besten und sichersten Standards in Deutschland zu haben, was ja auf der anderen Seite auch immer wieder ein Standortvorteil für Deutschland ist? Und mit Sicherheit ist die 30-MonateRegelung, wie sie in der EU vorgeschrieben ist, bedeutend ökonomischer und sie erhöht natürlich auch die Wettbewerbsfähigkeit. Im umgekehrten Falle, also bei uns mit unseren 24 Monaten, verringert sie die Wettbewerbsfähigkeit.

Da wir, wie wir gerade gehört haben, im Sommer dieses Jahres Untersuchungsergebnisse dann wirklich vorliegen haben werden, plädieren...

(Minister Dr. Till Backhaus: Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, es wird ein Kongress stattfinden. – Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Eckhardt Rehberg, CDU: Oooh!)

Ein Kongress wird stattfinden. Aber ich gehe jetzt einfach davon aus, dass der Untersuchungszeitraum dann so lang gewesen ist, dass wir uns sicher sein können, dass die Wissenschaft es dann weiß, so dass wir letztendlich aus diesem Grunde diesen Antrag in den Ausschuss überweisen

(Beifall Wolfgang Riemann, CDU)

und diese Ergebnisse letztendlich abwarten. Wir können sicherlich davon ausgehen, dass wir verantwortungsvoll im Sommer darüber entscheiden können, wenn uns die Ergebnisse dieses Kongresses vorliegen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Ute Schildt, SPD: Das machen wir.)

Danke schön, Frau Wien.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Einbringung ist vorgeschlagen worden, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1554

zur Beratung an den Landwirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei einer Gegenstimme durch eine Abgeordnete der SPD-Fraktion und ansonsten Zustimmung angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Zukunftssicherung für das Land Mecklenburg-Vorpommern durch Bildung, Drucksache 4/1560. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag des fraktionslosen Abgeordneten Dr. Bartels auf Drucksache 4/1591 vor.