Protokoll der Sitzung vom 09.03.2005

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das müsste Sie doch schon langsam schwindelig machen.)

Und als der Rechtslotse dann zu dem Ergebnis kommt, keinen Widerspruch, nicht einmal eine signifikante Differenz erkennen zu können, hat der Ausschuss diesem Spuk kurzerhand ein Ende bereitet. Auf Vorschlag unseres Vorsitzenden Herrn Müller haben alle Fraktionen dem Gesetzentwurf eine Kurskorrektur gegeben, damit er der Grundkonzeption entsprechen kann.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sehr richtig!)

Meine Damen und Herren, im Falle eines schlingernden, nicht immer ganz sattelfesten Rechtslotsen kann sich die Landesregierung immer noch darauf verlassen, dass der Landtag gewillt und in der Lage ist, eigene Beschlüsse auch authentisch zu interpretieren. Und wenn Herr von Mutius in seiner Stellungnahme wortgewaltig von einem totalen Neubau der öffentlichen Verwaltung in Mecklenburg-Vorpommern spricht, dann muss ich sagen, dass ich unsere Beratungen dagegen eher bescheiden empfunden habe, dafür aber umso sachlicher.

(Beifall Dr. Armin Jäger, CDU, und Torsten Koplin, PDS)

Viertens schließlich zeigt der Gesetzgebungsprozess des Landesorganisationsgesetzes auch, dass es der Ver

waltungsreform insgesamt gut tut, wenn sich insbesondere beide Koalitionsfraktionen frühzeitig und intensiv mit der Materie beschäftigen und dies auch zum Ausdruck bringen. So lassen sich mögliche Irritationen auf Seiten der Landesregierung vermeiden. Hier haben wir noch Reserven.

So weit einige Anmerkungen, die meines Erachtens über das Landesorganisationsgesetz hinaus für den Reformprozess von Bedeutung sein könnten.

Lassen Sie mich abschließend noch kurz auf die Regelungen des Paragraphen 8 eingehen, da hierzu im Sonderausschuss keine einvernehmliche Regelung gefunden wurde. Der Gesetzentwurf der Landesregierung hatte hier, so ist unter Punkt „2. Lösung“ nachzulesen, eine Verordnungsermächtigung zugunsten der Landesregierung zur Errichtung, Auflösung und Verlegung von Behörden vorgesehen. Eine derart weitgehende Ermächtigung war der Ausschuss fraktionsübergreifend nicht gewillt zu erteilen. Die CDU, wir haben es eben noch einmal gehört, hatte vorgeschlagen, dass die Errichtung, Auflösung und Verlegung von Landesbehörden ausschließlich durch Gesetz zu erfolgen hätte.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das richtig!)

Kollege Ringguth, diesen Vorschlag halte ich nicht nur praktisch für wenig sinnvoll,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

nach meinem Verständnis würde diese Regelung der Kompetenzverteilung in Artikel 70 unserer Landesverfassung nicht gerecht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Falsch!)

Aus dem Prinzip der Gewaltenteilung, hier konkret also der grundsätzlichen Kompetenzverteilung zwischen Parlament und Regierung, ergibt sich meines Erachtens kein voller Parlamentsvorbehalt, wie ihn Ihr Vorschlag aber voraussetzen würde. Die Koalitionsfraktionen haben sich daher entschieden, die Errichtung neuer Landesbehörden dem Gesetz, also ganz klar dem Landtag vorzubehalten. Landesbehörden aber, die nicht durch Gesetz errichtet wurden, soll die Landesregierung im Interesse zügiger Vewaltungsmodernisierung zusammenfassen, umgestalten oder auflösen können. Wir haben auch da als Gesetzgeber die Möglichkeit, wenn wir einen Prozess nicht nachvollziehen können, das hier in das Parlament zu holen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das können wir nicht!)

Gutsherrenart, Herr Ringguth, kann ich also an dieser Stelle nicht im Ansatz erkennen. Vielmehr scheint mir, dass die Opposition bei der Verwaltungsreform der Mut ein bisschen verlässt, sobald es ein wenig konkret zu werden droht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nö, nö!)

Hier sollten Sie aber den Schulterschluss mit den Koalitionsfraktionen suchen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Danke, Frau Schulz.

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Dr. Bartels.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verzichte auf ein antikes Zitat mit Hinweis auf meine knappe Redezeit.

(Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Schöne Ausrede, ne?!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Lassen Sie mich zuerst eine Anmerkung machen. Wir haben es nicht oft, dass in der Ersten Lesung fraktionsübergreifend kritische Äußerungen getan werden und sich dann am Ende in der Zweiten Lesung tatsächlich etwas bewegt hat. Ich halte das für positiv. Ich will das nicht wiederholen. Es ist gesagt worden, was sich bewegt hat. Ich will das ausdrücklich positiv bewerten, auch wenn bei der Übertragung in den eigenen Wirkungskreis natürlich ein kleines Hintertürchen offen geblieben ist.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

Wer entscheidet denn eigentlich, was geeignete Fälle sind?

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Minister Dr. Gottfried Timm: Der Landtag.)

Da werden wir in der Praxis halt hingucken müssen.

Frau Schulz ist eben schon eingegangen auf die Anhörung im Sonderausschuss. Ich finde es gar nicht so seltsam, dass dort viele Dinge angesprochen wurden, die vordergründig mit dem Landesorganisationsgesetz gar nichts zu tun haben. Der Kommunale Arbeitgeberverband hat es so bezeichnet, das ist in der Beschlussempfehlung im Bericht des Vorsitzenden nachzulesen: Der Gesetzentwurf „sei aber nur eine Hülle, da er auf viele grundlegende Probleme keine Antwort gebe“. Das ist sicher so. Und trotzdem frage ich, weil ja auch heute wieder die Diskussion war: Ist es nur sinnvoll oder schadet es nicht oder wie ist es nun eigentlich? Mit den einbezogenen Veränderungen kann es sich durchaus als sinnvoll erweisen. Das würde ich zumindest hoffen.

Eine zweite Anmerkung zu der Anhörung. Der DGB hat nachdrücklich die Vorlage von Verwaltungsmodernisierungsgesetz und Personalüberleitungsgesetz zeitgleich gefordert. Soweit ich die Stellungnahmen der Kreise, kreisfreien Städte und der anderen Gemeinden zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz verfolgen konnte, ist gerade das fehlende Personalüberleitungsgesetz als ein ganz wesentlicher Kritikpunkt überall genannt worden, und zwar völlig zu Recht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Völlig zu Recht.

Und, Herr Innenminister, ich frage Sie: Wo ist denn der Musterstellenplan für eine Regionalkreisverwaltung? Ich frage das auch, weil ich mir denken könnte, dass dann beim DGB die Begeisterung für die Großkreise ebenso schnell verschwinden könnte, wie das inzwischen bei anderen geschah.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das denke ich auch.)

Und eine dritte Feststellung aus der Anhörung will ich hier noch anführen, weil sie wichtig ist. Der DGB wies ausdrücklich darauf hin, dass eine pauschale Aussage über einen generellen Personalüberhang in der öffentlichen

Verwaltung wenig hilfreich sei. Ich werde darauf morgen bei einem anderen Tagesordnungspunkt noch einmal zurückkommen. Auch dem werde ich ausdrücklich zustimmen. Solche Pauschalisierungen nützen niemandem. Deshalb will ich vom Fazit her sagen, es liegt nun eine Hülle vor, die zu vielen Problemen nichts sagt und wo an vielen Stellen noch sehr unklar ist, womit diese Hülle richtigerweise zu füllen sein wird. Ich glaube, da müssen noch viele Reformhausaufgaben definiert und dann gelöst werden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Dr. Bartels.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe in Bezug auf die Diskussion zu den Ämtergrößen eine etwas andere Erinnerung als Sie, Herr Kollege Ringguth, und da Sie Ihre Position hier dargelegt haben, möchte ich dies gern dem entgegenstellen. Wir haben in diesem Hause im Mai des vorigen Jahres eine Grundkonzeption für die Verwaltungsreform diskutiert und mehrheitlich beschlossen. Wir haben drei Prüfaufträge formuliert. Einer dieser Prüfaufträge bezieht sich auf die Größe der Ämter. Er lautete – ich habe den Text jetzt nicht da – sinngemäß: Halten wir gesetzgeberische Maßnahmen über das hinaus, was an gesetzgeberischen Maßnahmen vorliegt, für notwendig? Das, was vorliegt, ist die Änderung der Kommunalverfassung und die basiert inhaltlich absolut identisch – wir haben es ja einstimmig beschlossen – auf den Empfehlungen der Enquetekommission.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig!)

Diesem Prüfauftrag folgend haben wir uns im Sonderausschuss mit dieser Frage auseinander gesetzt – Sie werden sich erinnern – und wir waren ebenfalls unisono der Meinung, dass es einer solchen weiteren Veränderung der Vorgaben in der Kommunalverfassung nicht bedarf.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Genau, richtig!)

Dieses ist der Diskussionsstand und er wird über alle drei Fraktionen getragen. Und deswegen konnte ich überhaupt nicht nachvollziehen, was Sie hier vorhin dargelegt haben, dass hier sozusagen, ich darf das mal so salopp formulieren, das Fass wieder aufgemacht werden sollte, was die Ämtergrößen angeht.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Der Versuch war doch da!)

Ich glaube, niemand will ernsthaft – zumindest niemand aus diesem Landtag – dieses Fass neu aufmachen, sondern dieses Fass, so, wie es jetzt dasteht, ist sehr vernünftig. Das, was wir in der Enquetekommission beschlossen haben, was wir gemeinsam in die Kommunalverfassung geschrieben haben und was sich jetzt in der Wirklichkeit umgesetzt hat mit einer durchschnittlichen Ämtergröße, die oberhalb der 11.000 liegt, das sind sehr vernünftige, das sind sehr schlagkräftige Verwaltungen und das ist gut so! Nicht so gut ist, wenn man hier immer wieder so eine Geschichte auftischt, als solle dieses nun erneut zum Gegenstand der Beratungen gemacht werden. Das ist nicht so! Ich sage es hier ausdrücklich!

Und jetzt erlauben Sie mir eine etwas schärfere Bemerkung. Heute Morgen waren wir ja fast an einer Kandidatur

für den Friedensnobelpreis, aber heute Nachmittag sieht es vielleicht ein bisschen anders aus. Es ist wenig hilfreich, den Beruf des Geisterjägers ergreifen zu wollen und dazu vorher die Geister, die man dafür braucht, selbst zu erfinden.