Protokoll der Sitzung vom 25.05.2005

(Ute Schildt, SPD: Dass Sie dort diese Meinung vertreten, das glaube ich.)

Ich habe dazu gar nichts gesagt, ich habe nur zugehört, was im Gegensatz wohl die Vertreter der Landesregierung nicht getan haben,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von Dr. Till Backhaus, SPD)

denn sonst hätten sie ja sicherlich auch einige Argumente, die durchaus logisch und nachvollziehbar waren, aufgenommen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Gerade die Ausweisungen der Vorranggebiete für Landwirtschaft sind auf Unverständnis gestoßen bei der ländlichen Bevölkerung und auch beim Bauernverband. Und der Bauernverband ist ja wohl bekanntermaßen keine Unterorganisation der CDU in Mecklenburg-Vorpommern.

(Reinhard Dankert, SPD: Gott sei Dank!)

Aber ich dachte, wir sind hier nicht in München.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Ja.)

Wir wollen, wenn wir in der Aktuellen Stunde sind, doch nicht über München reden.

(Heinz Müller, SPD: Außerdem regiert da auch die CSU.)

In Mecklenburg-Vorpommern ist die Landwirtschaft überproportional an Wertschöpfung beteiligt.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Die Kulturlandschaft in Mecklenburg-Vorpommern ist geprägt durch eine flächendeckende landwirtschaftliche Nutzung.

(Zuruf von Ute Schildt, SPD)

Gerade hier befürchtet der Bauernverband, dass das zukünftig nicht mehr möglich ist. Auch, wie dargestellt, Nutzung und Schutz der Landschaft bedingen einander, sie schließen sich nicht aus. Die Landwirtschaft bedingt die touristische Attraktivität des Landes. Auch die Wortwahl „behutsame Nutzung“ disqualifiziert insbesondere aus Sicht des Bauernverbandes die bisherige Nutzung durch Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft als nicht behutsam. Die Differenzierung in konventionellen und ökologischen Landbau ist aus raumspezifischer Sicht nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig nachvollziehbar sind die Kriterien zur Abgrenzung der Landwirtschaftsräume. Dazu können Sie ja dann auch etwas sagen.

(Dr. Till Backhaus, SPD: Das mach ich auch.)

Ein Kriterium ist die Bodengüte. Unsere Landwirte fragen sich zu Recht, warum gehören Bereiche mit gut wirtschaftenden Landwirtschaftsbetrieben mit einer Ertragsmesszahl unter 40 Bodenpunkten nicht mehr zum Landwirtschaftsraum. Der Anteil der in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft Beschäftigten am Anteil der Gesamtbeschäftigten – in Anbetracht des Kostendrucks und des technischen Fortschritts ist es unlogisch und auch unwirtschaftlich und nach außen nicht vermittelbar, ein solches Kriterium anzusetzen, zumal wir – ich gehe wieder auf meinen Bereich ein – noch ein bisschen Bundesgrenzschutz und ein Krankenhaus haben. Dann ist für uns dieses Kriterium auch nicht einzuhalten. Durchschnittlicher Viehbesatz größer als 60 Großvieheinheiten je 100 Hektar landwirtschaftliche Fläche – wollen wir keine extensive Tierhaltung? Und was ist mit den Flächen der reinen Marktfruchtbetriebe? Sollen die dann auch nicht mehr als Landwirtschaftsraum betrachtet werden und, wenn nicht, als was sind sie dann zu betrachten? Und selbst, wenn nur ein Kriterium zutreffen muss, sind diese Kriterien oder selbst ein einzelnes Kriterium nur schwer zu erfüllen. Besonders betroffen sind die strukturschwachen Regionen. Ohne Landwirtschaft haben diese Regionen keine Perspektive, denn alternative Arbeitsplätze sind nicht vorhanden und auch nicht in Aussicht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Die vermittelt Holter nach Finnland.)

Gerade auf ertragsschwachen Standorten ist es erforderlich, alle Möglichkeiten zu nutzen, alternative Einkommensquellen zu erschließen. Dazu bedarf es einer besonderen Unterstützung der Landesregierung. Ob diese besondere Unterstützung gegeben ist, wenn wir nicht mehr Landwirtschaftsraum sind, das bezweifle ich.

Ich habe schon angesprochen, dass ich mir auch die Anhörung in Pasewalk angehört habe. Und mein Eindruck von der Anhörung war, die Landesregierung hat etwas gesagt, die Bevölkerung, die Betroffenen haben etwas gesagt, aber miteinander geredet hat man nicht.

(Wolfgang Riemann, CDU: Es muss nur demo- kratisch aussehen, hat schon Ulbricht gesagt. – Heiterkeit bei Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU)

Es spiegelt sich ja auch wider, denn wie gesagt, marginale Veränderungen kann ich im Raumentwicklungsprogramm entdecken, aber dass Sachargumente Berücksichtigung gefunden hätten, die nun wirklich nachvollziehbar sind, kann ich so nicht feststellen. Was heißt Bestandsschutz? Ich habe nachgefragt, schon bei der Vorstellung des Programms: Was wird denn aus den Landwirtschaftsbetrieben, die nicht im Vorranggebiet liegen? Die haben Bestandsschutz, ja. Aber wie schnell verändern sich die Bedingungen in der Landwirtschaft? Wie schnell ändern sich die Rahmenbedingungen? Die Landwirte müssen schnell und flexibel reagieren. Ich glaube nicht, dass sie in der Lage sind, das immer alles aus eigener Kraft zu bringen. Dort muss Unterstützung der Landesregierung her. Wir erwarten ganz einfach, dass sich das im Landesraumentwicklungsprogramm widerspiegelt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Es ist der allgemeine Eindruck entstanden, die Anhörungen waren ein formaler Akt. Ich weiß nicht, wenn wir weiterhin so umgehen, wie oft wir noch Anhörungen machen wollen, wer sich dann überhaupt noch die Mühe macht, wirklich Sachargumente zusammenzusuchen, wenn er sowieso von vornherein davon ausgehen kann, dass sie keine Berücksichtigung finden.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Wiederholung, die fünfte.)

Möchten Sie, dass ich das das nächste Mal bei Ihnen auch mache? Dann kann ich gerne mitzählen.

Unverständnis ist im Uecker-Randow-Kreis auch gegeben, weil die Leistungen der Landwirte ja wohl unbestritten sind. Wir haben viele Betriebe mit hervorragender Milchleistung. Auch in diesem Jahr wurden einige vielfach prämiert. Wir haben einen Betrieb in Polzow, der seit Jahren Schulklassen betreut, um Kinder für die Landwirtschaft zu begeistern. Wir haben einen Betrieb in Glashütte, der Vorreiter bei der deutsch-polnischen Zusammenarbeit ist und seit Jahren polnische Praktikanten beschäftigt. Wir haben einen Betrieb in Ferdinandshof, der der größte Bullenmäster des Landes ist. Und wir haben in Ramin eine Agrar GmbH, die sich als Versuchsgebiet für den Anbau von genoptimiertem Mais zur Verfügung gestellt hat, auch mit dem Versuch, alternative Landwirtschaft in unserem Bereich zu sichern. Alle diese Betriebe fühlen sich durch das Landesraumentwicklungsprogramm im Stich gelassen.

Nicht zu vergessen sind die Leistungen für die Gemeinschaft. Ein Landwirtschaftsbetrieb prägt das ganze öffentliche Leben. Vielfach gruppiert sich das Dorfleben um diesen Landwirtschaftsbetrieb herum. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Landesregierung diese und auch andere strukturschwache Regionen aufgegeben hat und nicht an deren Entwicklungspotentiale glaubt.

Die Frage, die ich abschließend stellen möchte, und ich weiß, Sie wollen etwas dazu sagen: Sollen wir schon das Material für einen Zaun bestellen oder hat die Landesregierung doch noch andere Ideen, was für den UeckerRandow-Kreis in Zukunft möglich ist?

(Torsten Koplin, PDS: Das ist doch hohl! – Heinz Müller, SPD: Das ist doch platt! – Zuruf von Andreas Bluhm, PDS)

Und Sie sprachen, ich hoffe, dass ich die Zeit noch habe, auch an, was haben wir denn für eigene Vorstellungen. Ich zitiere: „Durch die regionalen Raumordnungsprogramme kann von denen in der Abbildung 8 aufgelisteten Kriterien mit dem Ziel der Schaffung eines Zentralen Ortes abgewichen werden, wenn ein Gebiet mit Verwaltungssitz keinen Zentralen Ort – mindestens Grundzentrum – aufweist. Dann ist am Verwaltungssitz ein Zentraler Ort zwingend und unabhängig von den Zentrale-Orte-Kriterien einzurichten.“ Das ist ein Vorschlag.

Was wir noch kritisieren, habe ich angeführt. Und nicht nur wir kritisieren, sondern auch der Bauernverband kritisiert zum Beispiel die Einstufung der Landwirtschaftsräume. Von daher ist das keine platte Frage, sondern es ist eine Angst, die uns im Uecker-Randow-Kreis umtreibt. Und eine vernünftige Antwort habe ich da noch nicht gehört.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Ute Schildt, SPD: Mit solchen Darstellungen verbreiten Sie unbegründete Angst.)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schlupp.

Das Wort hat jetzt der Minister für Arbeit Herr Holter.

Ist diese Regierung wahnsinnig,

(Wolfgang Riemann, CDU: Ja.)

könnte die Opposition in Mecklenburg-Vorpommern fragen. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich sage, nein, wir sind nicht wahnsinnig, sondern wir gestalten die Zukunft des Landes,

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Harry Glawe, CDU)

indem wir das Zentral-Orte-System in MecklenburgVorpommern straffen, indem wir Vorbehaltsgebiete für die Landwirtschaft ausweisen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Wenn wir das fragen, kriegen wir einen Ordnungsruf.)

Denn die Opposition, Herr Born, leitet aus dem Landesraumentwicklungsprogramm ab, im ländlichen Raum geht gar nichts mehr. Damit sagen Sie, in MecklenburgVorpommern geht gar nichts mehr. Ja, es gibt Gebiete mit Restriktionen, es gibt Gebiete ohne Restriktionen. In den ersteren gilt, einiges ist gewollt, nicht alles ist möglich. In den zweiteren, in den Gebieten ohne Restriktionen, das trifft übrigens auf Penkun und andere Gebiete zu, gilt das Motto eines japanischen Autokonzerns: „Nichts ist unmöglich“.

(Beifall bei Abgeordneten der PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Und das steht genau in diesem Raumentwicklungsprogramm. Das sollte man daraus ableiten.

Die Debatte, und dafür bin ich Ihnen dankbar, über den ländlichen Raum und über die Zukunft des ländlichen Raumes ist natürlich eine Debatte über die Zukunft Mecklenburg-Vorpommerns, denn faktisch ist MecklenburgVorpommern ländlicher Raum –

(Heinz Müller, SPD: Außer Rostock!)

selbstverständlich außer Rostock – und diese Debatte ist eine Frage, die alle angeht.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Frau Schlupp, Anhörung, 1.500 Stellungnahmen – Frau Gramkow ist darauf eingegangen –, wir haben das sehr wohl berücksichtigt. Wir haben zwei Jahre lang diskutiert, auch mit Bürgermeistern und Landräten der CDU, und sehr wohl sind die Hinweise und Kritiken aufgenommen und berücksichtigt worden. Nicht zuletzt haben wir in den Leitlinien eine besondere Leitlinie aufgenommen, die über die Stärkung der Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes spricht.

Vor welchen Fragen stehen wir? Wir müssen doch, meine Damen und Herren, mit diesem Raumentwicklungsprogramm Antworten geben auf bisherige Entwicklungen und auf zukünftige Entwicklung. Wir haben uns ganz bewusst von dem Begriff „Ordnung“ verabschiedet, um nicht einen statistischen Zustand zu beschreiben, sondern wir wollten mit dem Begriff „Entwicklung“ tatsächlich Perspektiven aufzeigen und darauf reagieren, wie die Bevölkerungsentwicklung sich vollzogen hat, wie das Wanderungsverhalten innerhalb des Landes stattgefunden hat, wie sich die Stadt-Umland-Problematik entwickelt und wie selbstverständlich auch die finanzielle Leistungskraft des Landes, aber auch der Kommunen sich widerspiegeln muss.