Protokoll der Sitzung vom 08.06.2005

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Oh, welche meinen Sie denn jetzt? Die Eingeladenen?)

Herr Dr. Jäger, Sie waren nicht da und Sie wissen offenbar nicht, wovon Sie reden. Es waren die Landkreise …

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sie waren aber da. Sie haben doch gar kein Mandat dort.)

Ja, ich war da.

… aus Vorpommern eingeladen und diese haben überwiegend gesagt, wir äußern uns zu dieser Frage nicht, denn das ist ja sowieso alles rechtswidrig.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Die Kreistags- präsidenten, waren die da?)

Und damit, meine Damen und Herren, kommen wir nicht weiter, wenn wir sagen, wir entziehen uns der politischen Diskussion, wie denn die Zukunft unseres Landes gestaltet wird, und ziehen uns darauf zurück, dass einzelne Juristen sagen, das geht doch alles nicht. Das, meine Damen und Herren, ist keine konstruktive Haltung und ich hoffe, dass diese nicht die Arbeit im Sonderausschuss prägen wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen, meine Damen und Herren, unser Land reformieren – Herr Ministerpräsident hat auf einige der grundlegenden Fakten hingewiesen, der Innenminister hat ergänzt –,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

unser Land grundlegend reformieren. Wir brauchen eine grundlegende Verwaltungsreform und es hilft uns nicht weiter, die Hände ganz furchtbar tief bis zu den Ellbogen in die Hosentasche zu schieben und zu sagen, mein Jurist schützt mich schon.

(Beifall und Heiterkeit bei Frank Ronald Lohse, SPD)

Wir brauchen eine solche Reform und, jawohl, Herr Rehberg, die Verantwortung liegt bei den Abgeordneten. Sie liegt bei uns im Sonderausschuss, sie liegt in diesem Parlament. Wir wollen an eine solche Reform herangehen, das ist ein großer Schritt. Aber wir müssen ihn tun und dazu fordere ich alle auf, daran teilzunehmen, daran mitzuarbeiten, weil unser Land es braucht. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion der PDS.

(Egbert Liskow, CDU: Da muss der Chef persönlich in den Ring.)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie schon so aufmerksam sind, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

Sehr geehrter Herr Rehberg, vorab, Lautstärke ersetzt nicht immer überzeugende Argumente,

(Heinz Müller, SPD: Sehr richtig.)

aber zuhören sollte man wenigstens.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS – Ministerin Sigrid Keler: Ja.)

Wenn Sie zugehört hätten, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, dann hätten Sie bemerkt, dass der Umweltminister hier deutlich Zahlen benannt hat, wie er nach Aufgabenkritik Behörden und Personal in seinem Verantwortungsbereich reduziert hat.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und PDS)

Zweitens möchte ich vorausschicken im Hinblick auf die Arbeit eines Kreistagsabgeordneten, dass ich mich schon jetzt nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger in meinem Wahlbereich verantwortlich fühle,

(Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

sondern für alle Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Demmin.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Dass bei einer Kreisgebietsreform diese Aufgabe unwahrscheinlich größer wird, ist mir klar, und deswegen haben wir auch hier eine konkrete Erwartungshaltung, zu der ich noch etwas sagen werde.

Und drittens – die Frage ist vorhin hier gestellt worden – würde mich schon interessieren, welche offizielle Meinung die CDU-Fraktion zu den Bemerkungen der ChristlichDemokratischen Arbeitnehmerschaft zu den Stellenabbauplänen hat.

(Angelika Gramkow, PDS: Sehr richtig.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Landesvorstand der PDS Mecklenburg-Vorpommern hat sich auf seiner Klausur am 27. und 28. Mai zum wiederholten Male mit dem Gesetzentwurf zur Modernisierung der Verwaltung unseres Landes beschäftigt. Im Ergebnis dessen stellte der Vorstand fest, ich darf an dieser Stelle zitieren, dass er „… im Voranschreiten des Prozesses der Verwaltungsmodernisierung in der Einheit von Funktional- und Kreisstrukturreform eine wichtige Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Landes …“ sieht. Ich stelle das hier bewusst an den Anfang meiner Ausführungen, um von vornherein vermeiden zu wollen, dass heute im Parlament wie auch in den Medien wiederum der Eindruck entstehen soll, die PDS stünde bei der Verwaltungsmodernisierung auf irgendwelchen Bremsen.

Besagter Beschluss, meine sehr verehrten Damen und Herren, sagt aber auch, dass, ich zitiere wiederum, „… die kritische Begleitung des Gesetzgebungsvorhabens durch die Gremien des PDS-Landesverbandes eine wichtige Voraussetzung für die Qualifizierung des gesamten Prozesses war und bleibt.“

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der PDS)

Die Landtagsfraktion wird daher der Überweisung des Gesetzentwurfes in die Ausschüsse des Landtages zustimmen, um dort für eine Qualifizierung des Reformvorhabens zu streiten, denn einiges, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist im Gesetzentwurf der Landesregierung nach deren Anhörung überarbeitet. So ist zum Beispiel der ominöse Einrichtungsbeauftragte mit seinen ungeheuren Einflussmöglichkeiten verschwunden.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Aber noch längst entspricht nicht alles unseren Vorstellungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Vorfeld der heutigen Debatte habe ich auch einmal versucht, in öffentlich zugänglichen Dokumenten anderer Parteivorstände zu ergründen, wie man sich dort mit der für unser Land wichtigen Frage auseinander gesetzt hat. Im Rechenschaftsbericht des SPD-Landesvorstandes für den Zeitraum von 2003 bis 2005 findet man einen Vorstandsbeschluss vom 20.02.2004, der unter anderem aussagt, ich zitiere: „Für die SPD ist … die Bildung von vier Kreisen die optimale Lösung. Fünf Kreise jedoch wären ein akzeptabler Kompromiss.“

(Torsten Koplin, PDS: Hört, hört!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch ein akzeptables Angebot, mit dem sich arbeiten lässt, genauso wie mit den weiter formulierten Zielstellungen, die im Beschluss lauten, ich zitiere: „Schaffung einer bürgernahen und leistungsfähigen Verwaltung auf allen Ebenen, Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, Abbau von Bürokratie und Einsparung von Verwaltungskosten“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns also den Gesetzentwurf an diesen, an Ihren Zielstellungen bewerten und vervollkommnen, eine Erwartungshaltung, die ich übrigens auch an die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion richte, vor allem im Hinblick auf vergleichbare Bestrebungen der CDU-geführten Landesregierung in SachsenAnhalt.

(Beifall und Heiterkeit bei Dr. Martina Bunge, PDS)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin mir hier im Land noch nicht sicher, welche politische Linie bei der CDU verfolgt wird. So hat zum Beispiel der Landrat des Landkreises Demmin vor Jahresfrist bei einem Gespräch mit der Vorsitzenden meiner Fraktion sinngemäß erklärt, dass bei einer Kreisgebietsreform die Vierer- oder die Fünfervariante die sinnvollste wäre und man den Reformzug jetzt nicht bremsen dürfe, da sonst die Leistungsfähigkeit der Verwaltung gefährdet sei.

(Torsten Koplin, PDS: Nanu!)

Das können Sie haben, das ist offiziell abgedruckt in der örtlichen Presse im Landkreis Demmin, Herr Dr. Jäger.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und als der Landrat meines Heimatkreises dann vor wenigen Wochen gemeinsam mit seinen Amtskollegen aus dem Müritzkreis, aus Mecklenburg-Strelitz und der kreisfreien Stadt Neubrandenburg eine Studie zur Verwaltungsmodernisierung vorstellte, wollte er über die Zukunft seines Landkreises nachdenken. Es waren Gedanken über die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis Demmin. 1994 hatten wir noch rund 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner, in wenigen Jahren werden es nur noch rund 68.000 sein. Dass sich ein Landrat darüber Sorgen macht, ist nachvollziehbar. Der Landrat des Müritzkreises aber, damals noch nicht Spitzenkandidat seiner Partei,

(Torsten Koplin, PDS: Ist er jetzt auch noch nicht. – Heiterkeit bei Gabriele Meˇsˇt’an, PDS: Wer weiß, wer weiß?)

fiel seinem Kollegen ins Wort, so nachzulesen im „Nordkurier“, und meinte, das gehört nicht hierhin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn das der demokratische Umgang zwischen Parteifreunden in der CDU ist, kann mir das herzlich egal sein. Egal sein kann uns aber nicht, wie wir mit den Herausforderungen der demographischen Entwicklung in unserem Land umgehen, einst ein Steckenpferd vom Kollegen Rehberg.

Um Zukunftsfähigkeit des Landes gestalten zu können, sind also mutige Schritte bei der Funktional-, Verwaltungs- und kommunalen Strukturreform notwendig.