Ich will nur eine nennen, die mit dem Einigungsvertrag eingesetzte Kommission von Bundestag und Bundesrat mit dem ausdrücklichen Auftrag, in eine Revision des Grundgesetzes auch die Reform des Föderalismus einzubeziehen. Bekanntlich war das Ergebnis sehr mitleiderregend und nicht mehr als ein mittleres Hornberger Schießen. Über viele weitere Kommissionen und viele gute Vorschläge ist hier heute schon gesprochen worden. Es liegt an uns, auch im Zusammenwirken mit anderen Landtagen, aus diesen vielen Vorschlägen wirklich eine neue Struktur des Föderalismus in der Bundesrepublik zu zimmern.
Nun haben wir aber inzwischen Gott sei Dank das berühmte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11. September 1999, wonach die acht Damen und Herren aus Karlsruhe im Prinzip die Modernisierung des Föderalismus anordnen. Wir haben ein Urteil, das im Prinzip eine Reform verordnet, freilich ohne so genau zu sagen, wie das geschehen soll. Das müssen wir schon selber tun.
Aber wir lesen immerhin in dem Urteil unter anderem die frohe Kunde, dass hinsichtlich der Finanzverfassung die „Balance zwischen Eigenstaatlichkeit der Länder und bundesstaatlicher Solidargemeinschaft“ sicherzustellen sei. Also, um eine Neuordnung des horizontalen Finanzausgleichs und letztlich der gesamten Finanzverfassung wird man kaum herumkommen, hat doch heute kein einziges Land der Bundesrepublik noch wirkliche Einnahmeautonomie. Anonyme Verteilungsverhandlungen und -mechanismen entscheiden darüber, was für die Länder übrig bleibt. Das Grundgesetz allerdings weiß von alledem nichts und der staunende Bürger Otto Normalverbraucher auch nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Debatte um die Ausgestaltung des Föderalismus hat eine ganze Reihe von Facetten, die – aus meiner Sicht – wir auch in den zurückliegenden Jahren selbst zu wenig berücksichtigt haben. Ich denke, dass es diesem Landtag gut ansteht, sich auch öfter einmal mit sich selbst zu befassen, nicht nur mit Skandalen und Skandälchen, sondern auch mit dem hausgemachten, ureigensten Ansatz, nämlich mit dem, was wir für die Entwicklung des Gemeinwesens an Verantwortung haben, was wir wahrnehmen wollen und was wir wahrnehmen müssen.
Im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf die heutige Debatte fiel mir ein Text in die Hände – immerhin 150 Jahre alt – von dem alten russischen Dichter Iwan Krylow. Da diese Fabel kurz ist, möchte ich sie vortragen:
„Ein Schwan, ein Krebs und auch ein Hecht spazierten einmal recht und schlecht und doch gemeinsam übers Land. Am Wege eine Karre stand. Weil man sie schön und nützlich fand, hat man sich gleich davor gespannt und wollte sie vom Platze ziehen – indes, umsonst blieb das Bemühen. Die Karre ließ sich nicht bewegen, denn alle strebten sich entgegen. Die Flügel wollt der Schwan ausbreiten, der Krebs war für das Rückwärtsschreiten, dem Hecht lag anderes im Sinn, ihn zog es nach dem Wasser hin. Weil nichts im Einklang hier geschah, steht heute noch die Karre da.“
Man mag nun den Russen Krylow mögen oder nicht, meine Damen und Herren, aber die Fabel passt, so meine ich, zu dem, was in der deutschen Politik in der Vergangenheit mit dem Föderalismus passiert ist und weiter passiert.
Es fehlt an der politischen Gestaltungsfähigkeit. Dass wir sie zurückerreichen, daran sollten wir heftig arbeiten. – Danke schön.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und PDS auf Drucksache 4/47 zur Beratung an den Rechts- und Europaausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 12: Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Auswirkungen der anstehenden Arbeitsmarktreform für Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 4/50.
Antrag der Fraktion der CDU: Auswirkungen der anstehenden Arbeitsmarktreform für Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 4/50 –
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ik bün hüt ok dat ierste Mal hier, awer süssen is dat nicks Niechs för mi.
Die durch die Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwürfe zur Reform des Arbeitsmarktes werden massive Auswirkungen auch auf Mecklenburg-Vorpommern haben. Doch schon in der vorliegenden Antragsbegründung mussten wir feststellen, dass die vorgegebene Zielstellung eine völlig falsche ist. Die Vorschläge sind unausgegoren und unbürokratisch obendrein.
Ein primärer Ansatz soll in der möglichst schnellen Wiederbesetzung offener Stellen liegen. Aber entsprechende Arbeitsplätze müssen auch vorhanden sein. Schon heute ist klar, dass die Vorschläge der Bundesregierung zur Umsetzung des Hartz-Konzeptes in den neuen Ländern und insbesondere in Mecklenburg-Vorpommern keinen einzigen neuen Arbeitsplatz schaffen.
Dem entgegen ist die Grundlage einer Politik für mehr Arbeitsplätze vielmehr eine wachstumsorientierte Wirtschaftsbeschäftigungspolitik mit niedrigen Steuern und Abgaben sowie marktorientierten Leistungsanreizen.
Konkrete Vorschläge zur Sozial- und Arbeitslosenhilfereform, ebenso für die Tarif- und Steuerpolitik, zur Arbeitsmarktordnung und zur Senkung der Lohnnebenkosten müssen die Rahmenbedingungen zugunsten der mittelständischen Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern verbessern.
Daher fordere ich die Landesregierung auf, den Landtag über ihre Haltung zu den anstehenden Reformbestrebungen auf Bundesebene zu unterrichten. Ein Ansteigen der Arbeitslosenquote von 17,5 Prozent im November 2001 auf 18,7 Prozent beziehungsweise 170.500 Erwerbslose in Mecklenburg-Vorpommern zeigt die dramatische Entwicklung. Und es ist erkennbar, dass die Vorschläge der Hartz-Kommission viel zu kurz greifen.
In Mecklenburg-Vorpommern müssen vordringlich Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffen werden, denn erst dann kann man darangehen, Arbeitslose zu vermitteln.
In diesem Zusammenhang bin ich gespannt auf Ihre Vorstellungen, Herr Minister Holter, was die geplante Kommission zur Reform des Arbeitsmarktes bewirken soll.
Die 1:1-Übernahme des Hartz-Konzeptes mag in wirtschaftlichen Ballungsräumen der alten Länder durchaus richtig sein. Daher ist das hier angesprochene Vorhaben unsererseits kritisch zu hinterfragen.
Meine Damen und Herren, es ist richtig, dass eine der wichtigsten politischen Aufgaben der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist. Doch das Hartz-Konzept bleibt weit hinter den Möglichkeiten notwendiger grundlegender Reformen zurück. Ziel muss es vielmehr sein, die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung in Mecklenburg-Vorpommern zu schaffen. Reformen zum Abbau von Bürokratie und Überregulierung sind längst überfällig.
Daher fordere ich abschließend die Landesregierung auf, das Abstimmungsverhalten des Landes im Bundesrat zu den Gesetzesvorhaben zur Reform des Arbeitsmarktes darzulegen. Denn hier geht es um die Interessen unseres Bundeslandes. Ein Zuwachs an staatlichen Interventionen und Regulierungen bringen die Lage des Arbeitsmarktes in unserem Land nicht weiter voran.
Zu nennen sind hier beispielsweise die einzurichtenden PersonalServiceAgenturen. Eine gewachsene Struktur im Umfeld der am Markt etablierten Zeitarbeitsunternehmen wird durch zusätzliche staatliche Einmischung und mehr Bürokratie zerstört. Die hier angestrebte vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung von in MecklenburgVorpommern 1.000 bis circa. 1.500 Arbeitslosen wird zum Abbau der jetzigen Zeitarbeitsstellen führen. Durch diese Substitution wird die Zahl der Erwerbstätigen in Mecklenburg-Vorpommern nicht ansteigen. Des Weiteren wird es durch die einseitige Unterstützung der PSA zwangsläufig zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Markt der Zeitarbeit kommen und eine faire Auseinandersetzung wird verhindert. Von den PersonalServiceAgenturen wird vor allem die Statistik profitieren. Denn alle von Arbeitsämtern überwiesenen Arbeitslosen fallen sofort aus dem Bestand heraus. Und der eigentliche Kritikpunkt liegt auf der Hand. Wohin soll vermittelt werden? Denn das Grundproblem in Mecklenburg-Vorpommern sind die fehlenden Arbeitsplätze. – Danke schön.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Timm! Meine Damen und Herren! Ihnen ist sicherlich bekannt, dass ich einer der ersten Politiker in Deutschland war, der sich kritisch zu den Hartz-Vorschlägen geäußert hat.
Damals hatte sich Lothar Späth als designierter Superminister noch so geäußert, dass er die Hartz-Vorschläge als durchaus revolutionär bezeichnen könne. Das wurde dann einige Wochen später im Wahlkampf durch die CDU verteufelt.