Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

(Wolfgang Riemann, CDU: Das nimmt Ihnen doch keiner ab.)

Deshalb werden Gesamtschulen im neuen Schulgesetz bei der Bildung von Eingangsklassen und der Sicherung des gymnasialen Angebotes in der Fläche besonders gestärkt.

(Wolfgang Riemann, CDU: Vor allem des Kultusministeriums.)

Vierter Baustein: Einführung von Instrumenten des Qualitätsmanagements

Dazu gehört zum Beispiel die Ausrichtung des Unterrichts in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch auf die in der KMK vereinbarten Bildungsstandards. Dieser Prozess muss begleitet werden durch Maßnahmen der internen und externen Qualitätsüberprüfung, zum Beispiel der Einrichtung einer Schulinspektion und der weiteren Durchführung von Vergleichsarbeiten, die länderübergreifend organisiert werden und die wir im Rahmen von Schulversuchen in Mecklenburg-Vorpommern mit anderen Bundesländern schon erproben.

Im Rahmen der externen Evaluation legen die Schulen ihr Schulprogramm, Klassenbücher, Berichte, Arbeitsergebnisse zur Bildungs- und Erziehungsarbeit vor. In Interviews werden die Mitglieder der Schulleitung, die Schüler, die Eltern befragt. Die Dokumente der Schule, die vorliegenden Unterlagen zum Unterricht werden eingesehen. Im Dezernat für Qualitätssicherung des L.I.S.A. werden die Ergebnisse analysiert und ausgewertet und gehen dann direkt ein in die Betreuung dieser Schulen bei der Entwicklung von Unterricht, von Bildung und Erziehung. Vorgesehen sind mehrtätige Schulbesuche in regelmäßigen Abständen. Es ist jeweils an drei Jahre gedacht. Das Gesetz schafft hierfür die gesetzlichen Grundlagen.

Fünfter Baustein: die neue Abiturprüfungsverordnung

In den Hochschulen wird seit langem die unzureichende Studierfähigkeit der Abiturientinnen und Abiturienten beklagt. Diese wird zurückgeführt auf eine zu früh einsetzende Spezialbildung. Der Wissenschaftsrat hat seit Jahren, und zuletzt wieder in seinem Bericht der Enquetekommission im Januar dieses Jahres, eine Reform des Hochschulzuganges in den Ländern angemahnt. Mit der Schulgesetznovelle wird bei uns in Mecklenburg-Vorpommern – und da sind wir tatsächlich die Ersten – wieder das Abitur zum Ausweis einer breiten Allgemeinbildung auf hohem Niveau. Hauptfächer bezeichnen den Kernbestand unserer Bildung. Zu den Hauptfächern gehören Deutsch, eine Weltsprache, in der Regel Englisch, gehört Mathematik, gehört eine Naturwissenschaft, gehört eine Geschichts- und Gesellschaftswissenschaft. Alle diese Fächer werden in Zukunft in der gymnasialen Oberstufe auf Leistungskursniveau unterrichtet und sie sind auf diesem Niveau auch nicht abwählbar. Sie sind verbindliche Prüfungsfächer im Abitur. Dieses verstärkte Abitur soll im Schuljahr 2007/2008 erstmalig abgelegt werden. Es wird zum Ausweis einer allgemeinen Hochschulreife.

Sechster Baustein: ausreichende Größe einer Schule

(Torsten Renz, CDU: Wer hat die zugelassen?)

Im Zusammenhang mit den drastisch abnehmenden Schülerzahlen sind in den letzten zehn Jahren in unserem Land immer mehr kleine und kleinste Schulen entstanden.

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

Diese Schulen haben organisatorische Schwierigkeiten. Aus ihrem kleinen Kollegium heraus fällt es ihnen häufig genug schwer, alle Unterrichtsfächer abzudecken. Es fällt ihnen schwer, Vertretungsunterricht zu organisieren und damit Unterrichtsausfall zu vermeiden. Es fällt ihnen schwer, Lehrertourismus zu vermeiden.

(Torsten Renz, CDU: Haben Sie dafür einen statistischen Nachweis?)

Im ländlichen Raum muss der Grundsatz „Kurze Wege für kurze Beine“ auch in Zukunft für die kleinen Grundschulen gelten. Aber für die weiterführenden Schulen müssen wir Qualität auch – ich habe viele Bausteine genannt, aber diesen dürfen wir nicht auslassen – über förderliche Größen von Schülerzahlen und Klassen erreichen. Zweizügigkeit muss die Regel für die Mindestgröße dieser Schulen, zum Beispiel bei den Regionalschulen, sein.

Alle diese Bausteine helfen uns bei der Entwicklung guter Schule in Mecklenburg-Vorpommern. Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird, ist das ein guter Tag für Mecklenburg-Vorpommern. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS – Karin Strenz, CDU: Das ist kein Baustein, das ist eine Baustelle! Das ist eine Baustelle!)

Danke, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Fiedler-Wilhelm von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Die Einführung einer ,Schule für alle‘ bedeutet weit mehr als nur Veränderungen in der Schulorganisation. Sie setzt einen breiten gesellschaftlichen Konsens, eine veränderte Lehrerausbildung, einen veränderten Unterricht sowie ein anderes öffentliches Bewusstsein über die Bedeutung von Bildung als gesellschaftliche Schlüsselressource voraus.“

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Wolfgang Riemann, CDU: So ist es.)

„Unser Ziel, Leistung und Gerechtigkeit für eine Verbesserung der schulischen Bildung zu verbinden, können wir nur mit motivierten Beteiligten sowie guten Rahmenbedingungen erreichen. Diese sollen vor allem die Einzelförderung ermöglichen.“

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies sind zwei Zitate aus Ihrer SPD-„Informationsbroschüre“ zum Neunten Schulgesetzentwurf. Das erklärte Ziel mag man Ihnen abnehmen, vom breiten gesellschaftlichen Konsens sind Sie nach meiner Wahrnehmung jedoch weit entfernt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Heike Polzin, SPD: Genau das ist Quatsch. – Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Unzählige Protestbriefe, Petitionen und auch die heute nicht zum ersten Mal stattgefundene Demo vor dem Landtag kann man nicht als Zustimmung interpretieren.

(Heike Polzin, SPD: Das ist richtig.)

Die Voraussetzung einer veränderten Lehrerausbildung beispielsweise wird bestenfalls in ein paar Jahren mit den dann entsprechend ausgebildeten Absolventen geschaffen sein. Ein guter Tag für gute Schule, Herr Minister? Allein diese beiden Punkte zeigen, dass Sie hier ein Vorhaben durchsetzen wollen, das eine gute und gründliche Vorbereitung und die Mitnahme der Menschen, die Sie für die Umsetzung brauchen, vermissen lässt.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl.)

Anspruch und Wirklichkeit klaffen beim gesamten Gesetzgebungsverfahren weit auseinander.

Als im vergangenen Herbst der Gesetzentwurf zur Neunten Novelle des Schulgesetzes von den Koalitionsfraktionen eingebracht wurde, wurde schon die Kabinettsanhörung umgangen. Der Entwurf mit Regelungen neuer Parameter für die Schulentwicklungsplanung war Gegenstand der zweitägigen Anhörung im Bildungsausschuss, die im Januar stattfand. Dieser Entwurf war aber zu diesem Zeitpunkt bereits überholt, da die Koalitionsfraktionen die Änderung der Novelle zur Einführung des so genannten längeren gemeinsamen Lernens schon vorher ankündigten – so genannt, weil wirklich nur so genannt, es ist nicht länger gemeinsam. Diese Ankündigung wurde schließlich mit einem umfangreichen Änderungsantrag umgesetzt und zum Gegenstand einer zweiten Anhörung gemacht.

Obgleich auch positive Ansätze zur Verbesserung der Qualität der Arbeit in der Schule gesehen wurden, waren sich die Experten einig, dass für eine umfangreiche und systemverändernde Bildungsreform die Eiligkeit, mit der sie hier betrieben werden soll, unnötig und sogar kontraproduktiv ist. Die Forderung nach einer belastbaren IstAnalyse der Stärken und Schwächen unserer Schulausbildung wurde laut.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)

Schnellschüssen und bildungspolitischem Aktionismus erteilten alle Experten eine klare Absage.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Vor dem Hintergrund dieser schwerwiegenden Kritik ist es unverständlich, dass sowohl der Bildungsminister als auch die Bildungspolitiker von SPD und PDS meinen, sie hätten mit zwei Anhörungen und einigen Änderungen ihrer Pflicht Genüge getan nach dem Motto: „Wir reden nicht mehr, wir diskutieren nicht mehr, jetzt wird gehandelt.“ Dabei werden die anzuhörenden Experten mal eben von Frau Polzin als bloße Interessenvertreter hingestellt,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ziemlich herbe.)

die natürlich nicht gesamtgesellschaftlich, sondern eigennützig denken.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das war eine böse Entgleisung.)

Das ist eine Unterstellung, die der akribischen Auseinandersetzung mit dem Gesetz

(Volker Schlotmann, SPD: Die sind fehlorientiert. Das müssten Sie doch kennen. Haben Sie keine Ahnung? – Zuruf von Heike Polzin, SPD)

durch die Anzuhörenden nicht gerecht wird.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Wir werden auch künftig die Experten aus den Schulen brauchen, meine Damen und Herren,

(Volker Schlotmann, SPD: Wir auch.)

um Bildungsreformen im Land umzusetzen. Ohne sie geht es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Volker Schlotmann, SPD: Richtig. Stimmt.)

Ihre Reaktion auf die Kritik des Landeselternrates oder auch anderer Verbände ist ein grundlegender Fehler dieses Gesetzgebungsprozesses und wird in Zukunft die Akzeptanz von Bildungsreformen ungemein erschweren, für Sie, aber auch für uns. Leider wird bei dieser Herangehensweise ebenfalls völlig außer Acht gelassen, dass die Anzuhörenden den gleichen Fragenkatalog beantwortet haben und die Schnittmengen der Antworten zu den einzelnen Fragen sehr groß waren. Ich glaube, ich habe das in der letzten Debatte schon einmal gesagt. Aber man muss solche Anhörungen natürlich ernst nehmen wollen

(Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

und nicht als Alibiveranstaltungen verstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Ja.)