Meine Damen und Herren, wie nicht anders von dieser Landesregierung erwartet, wurden Deregulierung und Entbürokratisierung auf die lange Bank geschoben. Seit November 2002 wäre es Aufgabe dieser Landesregierung gewesen, ihren Beitrag zur Gestaltung der Rechtseinheit im Bauordnungsrecht zu leisten. Andere Bundesländer haben bereits Zug um Zug ihre Landesbauordnung dem Leitbild der Musterbauordnung angepasst. Darunter unter anderem die Bundesländer Hessen, Bremen, das Saarland, Sachsen und auch Thüringen.
Meine Damen und Herren, ich möchte den Bauminister einmal zitieren, und zwar aus der 35. Sitzung im März des letzten Jahres. Dort sagte er wörtlich: „... wir werden Anfang 2005 diese Landesbauordnung hier dem Landtag vorlegen.“ Ich hoffe, dass die verspätete Vorlage uns alle anregt, nun einen Gang zuzulegen, damit wir die versäumte Frist wieder einholen.
Ja, meine Damen und Herren, bereits im März 2004 hatte die CDU-Fraktion dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt. Auch wenn wir seinerzeit inhaltlich über die Notwendigkeit des Grundsatzes der Rechtseinheit im Bauordnungsrecht in Deutschland im Konsens waren, konnten oder wollten Sie unserem Anliegen nicht beitreten. Herr Kollege Baunach, ich zitiere weiter: „Anfang 2005 soll der Regierungsentwurf den Landtag erreichen. Ich sage aber auch, dieser Zeitpunkt sollte dann auch so realisiert werden.“ Recht hat er gehabt, der Kollege Baunach.
(Heiterkeit bei Norbert Baunach, SPD – Reinhard Dankert, SPD: Der hat oft Recht, der Kollege Baunach.)
(Lorenz Caffier, CDU: Lobe ihn mal nicht zu oft, sonst kriegt er einen schlechten Listenplatz! – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und CDU)
Inhaltlich sind und waren wir nicht auseinander, aber dass Oktober 2005 nicht Anfang 2005 ist, da müssen Sie mir doch nun auch zustimmen. Mit einem gehörigen Zeitverzug liegt uns nun endlich das Ablösegesetz vor und ein Weniger an Bürokratie für Bauherren und Investoren kann in Mecklenburg-Vorpommern Wirklichkeit werden. Das ist das Entscheidende.
Deregulierung und Bürokratieabbau hat für mich stets zwei Zielrichtungen, zum einen die Reduzierung von Verwaltung und zum anderen die von Normen. Daher ist es ein richtiger Schritt, im materiellen Baurecht den Umfang der Regelungen zu reduzieren und alle Verfahrenserleichterungen zu begrüßen. Das tun wir ausdrücklich.
Meine Damen und Herren, bei der Umsetzung der Musterbauordnung in Landesrecht müssen diverse Module abgewogen werden und es sind eine Reihe von Entscheidungen zu treffen. Dabei muss aber an funktionierenden Systemen festgehalten werden. Insbesondere möchte ich hier die Prüfung und Überwachung der bautechnischen Anforderungen ansprechen. Das hörten wir bereits. Der uns vorliegende Entwurf berücksichtigt das Modell der hoheitlichen Prüfung durch die Bauaufsichtsbehörde und durch in deren Auftrag tätige Prüfingenieure als beliehene Unternehmer. Dieses System hat sich in Mecklenburg-Vorpommern bewährt. Auch ich habe in meiner beruflichen Tätigkeit gute Erfahrungen damit gemacht. Nicht unerheblich spricht für dieses Modell der hoheitlichen Prüfung, dass die Prüfleistung durch hier ansässige Ingenieure erbracht wird und damit die Wertschöpfung in Mecklenburg-Vorpommern bleibt.
Ansonsten ist die weitgehende Übernahme der Musterbauordnung eine gute Grundlage, insbesondere meine ich die zentralen Bestimmungen des baulichen Brandschutzes. Gerade bei diesen Vorschriften ist eine bundeseinheitliche Regelung sehr hilfreich. Anders stellt sich der Verzicht auf die Definition des personellen Mindeststandards in den Bauaufsichtsbehörden dar. Gerade hier sollte nicht von der Musterbauordnung abgewichen werden. So ist es kein Wunder, dass auch die Ingenieurkammer an dieser Stelle massive Kritik übt. Sie erwarten in den Behörden Partner auf gleicher Augenhöhe für anerkannte Sachentscheidungen und technische Problemberatungen.
Debattiert werden muss ebenfall noch einmal der Punkt der verfahrensfreien Bauvorhaben. Es ist an einigen Stellen nicht erkennbar, warum von der Musterbauordnung abgewichen wurde. Andererseits werden ohne Not Größenstandards, welche in unserem Land über Jahre gut praktiziert wurden, aufgegeben. Ich spreche hier von Gebäuden beziehungsweise Lager- und Abstellplätzen land- oder forstwirtschaftlicher Betriebe, von Flutlichtmasten, von Stellplätzen oder auch von Fahrradabstellanlagen. Es bleibt, meine Damen und Herren, also noch einiges zu tun.
Im Petitionsausschuss wurde mir durch das Bauministerium zugesagt, das Urteil des Verwaltungsgerichtes Greifswald, Aktenzeichen sowieso, bei der Überarbeitung des Paragraphen 63 Absatz 7 (alte Fassung) zu berücksichtigen, um der Genehmigungsfiktion wieder volle Entfaltungskraft zu geben, denn nach dem ursprünglichen Willen des Gesetzes handelt es sich nicht um eine Entscheidungsfrist, sondern um eine Bekanntgabe beziehungsweise Zustellfrist. Nachteilige Wirkungen aus der Vergangenheit sind belegbar. Mindestens 15 bis 20 Petitionen haben sich damit unnötig beschäftigt. Ob die jetzt angebotene Lösung auch von juristisch nicht gebildeten Antragstellern verstanden wird, bleibt fraglich.
Neben der Landesbauordnung werden ebenfalls andere Gesetze geändert. Zum einen ist es zu begrüßen, dass das aufgedrängte Recht zurückgeführt wird. Baurechtsfremdes Fachrecht wird in Zukunft nicht mehr automatisch geprüft. Zum anderen wird eine Konzentrationswir
kung des Baugenehmigungsverfahrens dadurch erreicht, dass für ausdrücklich durch das Fachrecht angeordnete Prüfungen die Baugenehmigung das Trägerverfahren ist.
Auf die finale Baugenehmigung hatten wir uns schon in der Sitzung am 31. März 2004 verständigt. Künftig sollen mit der Baugenehmigung auch andere für das Vorhaben erforderliche anlagenbezogene Genehmigungen und sonstige Zulassungen aus einer Hand erteilt werden. Ein Bauherr braucht künftig für sein Vorhaben zur Baugenehmigung grundsätzlich keine weiteren Genehmigungen einzuholen. Das ist toll, dass wir das zustande kriegen, Herr Minister. Dafür ausdrücklich mein Dankeschön!
Diese Finalgenehmigung bedeutet eine große Erleichterung für den Bauherrn, wenn er sich neben der Baugenehmigung nicht noch separat um beispielsweise die erforderliche Naturschutzgenehmigung bemühen muss oder am Waldabstand nachträglich scheitert wie bei einem Bauantrag eines Behinderten für einen Carport auf dem Darß. Dieser Zustand ist nach wie vor außerordentlich bedauerlich. Die Finalgenehmigung ist Deregulierung im wahrsten Sinne des Wortes.
Meine Damen und Herren, es ist unbedingt erforderlich, auch in der neuen zukünftigen Landesbauordnung dem Stand der Qualitätssicherung und dem Verbraucherschutz eine gebührende Beachtung zu schenken. Die grundlegende ordnungspolitische Entscheidung für mehr Eigenverantwortung für alle Einzelnen und am Bau Beteiligten und zur Staatsentlastung durch Entbürokratisierung stellt keine Gegensätzlichkeit dazu dar.
Ich wünsche mir zügige Beratungen in den Ausschüssen. Und, Herr Minister Holter, wir werden uns sicherlich nicht Jahre Zeit nehmen, aber der Umfang und die Thematik im Allgemeinen machen intensive Anhörungen im Bauausschuss notwendig. Wir werden uns mit diesem Entwurf nicht überstürzt in der nächsten oder übernächsten Plenarsitzung wiedersehen.
Ich habe noch einen Wunsch, der den Petitionsausschuss in Zukunft entlasten würde, denn insbesondere im Paragraphen 61 „Verfahrensfreie Bauvorhaben“ diskriminieren Sie in nicht unerheblichem Maße den Außenbereich. Akzeptieren Sie doch endlich unsere offene Siedlungsstruktur in Mecklenburg-Vorpommern und ganz besonders in Vorpommern! Die Strangulierung des typischen Außenbereiches und im Besonderen der pommerschen offenen Siedlungsstruktur durch europäische Ansätze und der gehorsamen deutschen Verwirklichung führt zu einer weiteren Ausräumung und Entvölkerung unserer Landschaft. Wir verlieren ein Stück Baukultur und wir verlieren Siedlungsstruktur im ländlichen Raum. Es ist für mich nicht einsehbar, warum der Mensch, der nun zufällig im Außenbereich wohnt, seine Garage nicht verfahrensfrei errichten darf. Warum benachteiligen Sie die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern, die in kleinen Dörfern oder in Randgebieten von Kleinstädten im Außenbereich leben? Auch das Schwimmbecken bleibt dasselbe, wenn es im Außenbereich errichtet wird, der Erholungsbedarf unserer Menschen im Außenbereich bleibt auch der gleiche.
Als Letztes möchte ich noch einen Satz zur Begründung in der Drucksache 4/1810 sagen. Dem geneigten Leser werden diverse kleine Unstimmigkeiten aufgefallen
sein. So wird wiederholt auf bestimmte einzelne Sätze abgehoben. Schaut man aber in die bestimmenden Paragraphen, dann fällt es auf, dass sie nur einen Satz haben. Oder in der Begründung steht geschrieben, dass eine Verlängerungsmöglichkeit von Fristen nicht mehr vorgesehen ist, aber im eigentlichen Text des Gesetzentwurfes hat entgegen dem Anhörungsentwurf doch wieder eine Fristverlängerung um einen Monat Einzug gehalten.
Meine Damen und Herren, die Quantität der Bearbeitungszeit durch das Bauministerium steht mit der Qualität nicht immer zwangsläufig auf der gleichen Stufe. Ich bin aber trotzdem zuversichtlich, dass wir mit den Anhörungen und Beratungen, die wir noch zu führen haben, zu einer fortschrittlichen Landesbauordnung in Mecklenburg-Vorpommern kommen, die sich positiv auf all das, was wir gemeinsam wollen, auswirken wird. Ich beantrage aufgrund der Änderung des Artikels 3 des Denkmalschutzgesetzes zusätzlich die Überweisung des Gesetzes in den Bildungsausschuss. – Danke schön, dass Sie mir zugehört haben.
Unsere Finanzministerin kam eben so freudig in den Saal, sie hat zwar keine Millionen gefunden, sondern es ist etwas viel Schöneres passiert. Sie ist zum dritten Mal Großmutter geworden. Herzlichen Glückwunsch! Ihnen und dem Kind alles Gute!
Meine Damen und Herren, als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Baunach von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur zur Klarstellung: Gegenwärtig leben wir in unserem Land mit der Landesbauordnung in der Fassung von 1998, diese wurde zuletzt durch das Gesetz vom Jahre 2001 geändert. Es ist noch nicht lange her und sie ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern also noch gar nicht so alt.
Mit unserer zurzeit noch gültigen Landesbauordnung konnten wir im Vergleich zu anderen Bundesländern vorzeigbar leben.
Herr Timm ist darauf in seiner Rede bereits eingegangen. Lieber Kollege Timm, da stimmen wir sicherlich überein.
Es gibt aber bekanntermaßen nichts, was nicht noch verbesserungswürdig und verbesserungsfähig ist. Es gab mehrere Novellierungen der Landesbauordnung, in deren Ergebnissen immer eine Qualitätsverbesserung auf verschiedenen Ebenen lag. Ich denke zum Beispiel an das schon mehrfach angesprochene Problem des barrierefreien Bauens. Das wird uns, denke ich, nachher noch einmal während der Befassung in den Ausschüssen über den Weg laufen,
denn es werden sicherlich noch einige Damen und Herren aus den entsprechenden Verbänden bei uns vorstellig werden und entsprechende Wünsche vortragen wollen. Wir sind ja nicht nur der federführende Ausschuss, ein offener Ausschuss, sondern, ich denke, die mitberatenden Ausschüsse sind dieses auch.
Meine Damen und Herren, nun gilt es, die schon Ende 2002 von der Bauminsterkonferenz seinerzeit einstimmig beschlossene Musterbauordnung in Landesrecht umzusetzen und einen Beitrag zur Rechtseinheit im Bauordnungsrecht in Deutschland zu leisten. Auch hier sind wir im Vergleich zu den anderen Bundesländern nicht schlechter, Herr Minister Holter ist schon darauf eingegangen, denn erst vier Bundesländer haben dies fertig gebracht. Das Ziel muss es allerdings sein, die neue Bauordnung des Landes nicht nur schlechthin der Musterbauordnung des Bundes anzupassen, sondern sie sollte mit weniger Regeln und einer Vereinfachung notwendiger Regeln möglichst bürgerfreundlich sein. Alle Verfahrenserleichterungen für Bauherren bei entsprechender Fachrechtsgestaltung begrüße ich ausdrücklich. Natürlich sind die besonderen Interessenlagen, Kollege Timm hat einige erwähnt, des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit einzubringen.
Meine Damen und Herren, jeder, der schon selbst Bauherr war, sei es nur, um einen Carport aufzustellen, weiß, wie nervenaufreibend Behördengänge sein können, auch ohne dass die Behörden immer etwas dafür können. Künftig werden mit der Erteilung der Baugenehmigung alle anderen für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen aus einer Hand erteilt. Deshalb ist bei der Neugestaltung der Landesbauordnung die Änderung einiger Landesgesetze erforderlich, und zwar das Vermessungsund Katastergesetz, das Denkmalschutzgesetz, das Wassergesetz sowie das Naturschutzgesetz. Auch damit wird man sich intensiv beschäftigen müssen.
Es ist im Einzelnen vom Kollegen Timm und natürlich auch vom Minister Holter schon vieles zu den einzelnen Paragraphen und den wichtigen Punkten gesagt worden, aber einige Dinge möchte ich aufgrund der Wichtigkeit trotzdem noch einmal anführen. Die Neugestaltung der Landesbauordnung betrifft insbesondere eine Vereinfachung der Vorschriften über notwendige Abstände von Gebäuden zu Grundstücksgrenzen. Herr Holter hat es zwar schon gesagt, aber ich sage es noch einmal. Wir haben die Landesbauordnung noch nicht beschlossen, das ist ja hier die Erste Lesung, darauf möchte ich noch einmal hinweisen. Es geht jetzt in die Ausschüsse und bekannterweise gehen die Dinge nie so raus, wie sie reinkommen, und umgekehrt, wenn ich das jetzt auf die Erste und Zweite Lesung beziehe. Also noch einmal: Die Abstandsflächen brauchen nur so tief zu sein wie das 0,4-Fache der Wandhöhe, also mindestens drei Meter.
Überarbeitet wurden die Brandschutzvorschriften. Damit wird reiner Holzbau künftig für Wohngebäude mit bis zu fünf Geschossen ermöglicht. Ich muss ehrlich gestehen, das habe ich mir in der Praxis nicht so richtig vorstellen können. Aber von Finnland lernen, Stichwort PISA, heißt auch, im Holzbau lernen. Wir waren ja mit dem Ausschuss für Bau, Arbeit und Landesentwicklung seinerzeit in Finnland und haben dort Gebäude aus Holz gesehen.
Da ist mir und einigen anderen aus dem Ausschuss erst einmal richtig klar geworden, was man mit dem Rohstoff Holz eigentlich alles machen kann.
Wer hätte eigentlich gedacht, jedenfalls ich nicht, einige andere, die mit dabei waren, auch nicht, dass man so ein tolles 5-geschossiges Gebäude aus Holz errichten kann. Natürlich müssen wir fairerweise sagen, die haben dort super Holzarten und Holzsorten, die sie entsprechend jeder Besonderheit verarbeitet haben.