Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Unterdessen, meine Damen und Herren, hat der BBL in Rostock im Rahmen der Organleihe im Auftrag des Bundes Planungsarbeiten durchgeführt, die mittlerweile auch fast abgeschlossen waren. Ich darf vielleicht ein paar technische Daten hier einmal nennen: Die Gesamtkosten für diese Grenzabfertigungsanlage in Hintersee sollten 1,9 Millionen Euro betragen. Geplant waren bei einer Containerbauweise auf 470 Quadratmetern: Verwahrzelle, Duschen, Kontrollraum nach DIN-Norm, Kleinkläranlage, Funkmast, elektrische Leitungen, Datenkabel, mit den anderen Erdarbeiten beträgt das übrigens fast 70 Prozent der gesamten Kosten, fünf Busparkspuren, Parkplätze für Pkw, Rasen, Baumfällarbeiten und Ersatzbepflanzung, obwohl mitten im Wald – deutsche Gründlichkeit eben.

Dem vorausgegangen war Ende 2003 die erste deutschpolnische Besprechung zwecks Raumanforderung. 2004 wurde eine entsprechende Entscheidungsunterlage für den Bau erarbeitet, also von der BBL erarbeitet und dem Bund vorgelegt. Im März 2005 gab es dann die haushaltsmäßige Anerkennung für die Planungsausführung. Darunter versteht man die baufachliche Genehmigung und Feststellung der Kostenobergrenze und die Erteilung des Planungsauftrages. Neuer Fertigstellungstermin, er ist Ihnen bereits bekannt, ist der 30. September 2006.

Frau Gramkow, Sie winken ab, völlig zu Recht.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich habe nicht abgewunken.)

Ich komme noch dazu. Nein, Sie haben völlig Recht mit Ihrem Abwinken.

Zwischenzeitlich waren also, ich erwähnte es schon, die Planungen fast abgeschlossen und sogar der erste Auftrag für die Stromverlegung ausgelöst. Irgendwie lief es also doch. Zumindest hatten wir den Eindruck, wenn auch leider immer noch nicht für den Pkw-Verkehr, aber immerhin. Dann neigte sich der Sommer dem Ende entgegen und es mehrten sich die Anzeichen, dass es wieder nichts werden würde.

Am 2. September fand in Pasewalk in unserem schönen Lokschuppen ein Unternehmerforum statt. Der werte Herr Wirtschaftsminister war zugegen. Er hat sich auch noch einmal hinter den Grenzübergang Hintersee gestellt, obwohl er eigentlich viel mehr zur Verkehrssituation auf Usedom gesprochen hat, aber das will ich jetzt beiseite lassen. Ich habe das, denke ich, auch entsprechend gewürdigt. Meine Verwirrung war natürlich groß, weil Hintersee ursprünglich schicksalhaft an die Öffnung mit Garz gebunden war und beide Grenzübergänge eben zu diesem genannten Termin geöffnet werden sollten. Noch am Abend, als ich meine Verwirrung dann leicht verdaut hatte, erreichten mich Informationen über einen Stopp aller Maßnahmen in Verbindung mit der Grenzabfertigungsstelle Hintersee. Als Erstes wurde natürlich die erste Ausführungsmaßnahme zurückgenommen.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich wollte es eigentlich gar nicht glauben. Der Wirtschaftsminister hatte am selben Tag noch kein Wort dazu verloren. Ich vermute mal, Sie haben es auch nicht gewusst, deshalb will ich Ihnen auch nichts Böses unterstellen. Daraus machte auch der BBL keinen Hehl. Der Termin 30. September 2006 – darum war Ihr Abwinken völlig richtig –

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ich habe nicht abgewunken!)

war natürlich wieder einmal hinfällig und der BBL machte daraus auch keinen Hehl, dass bei einem längeren Stopp und wenn dieser Stopp nicht aufgehoben werden würde, dieser Termin unmöglich gehalten werden könnte.

Was, meine Damen und Herren, war also passiert? Das Bundesprüfungsamt hatte mit Blick auf den Beitritt Polens zum Schengener Abkommen, also dem Wegfall von Personenkontrollen im Grenzverkehr, eine sehr kritische Prüfung angemahnt und die Sinnhaftigkeit des Grenzüberganges Hintersee angesichts des in 2007 avisierten Beitritts in Frage gestellt. Darauf hat das Polizeipräsidium Nord des Bundesinnenministeriums in Bad Bramstedt schon Ende August diesen Baustopp verhängt. Hatten wir also wieder einmal ausgeträumt?

Am 22. September fand die Sitzung des Rechts- und Europaausschusses statt. Den anwesenden Vertreter des Innenministeriums habe ich zu diesem Baustopp befragt, wie gesagt, drei Wochen nachdem ich selbst Kenntnis davon bekommen habe, weil auch inzwischen einschlägige Presseberichte darüber zu lesen waren. Das ist – und das finde ich eigentlich nicht in Ordnung und möchte ich auch einmal kritisch anmelden – als Zeitungsente abgetan worden. Ich denke, diese Kritik ist angebracht. Wenn ich mich immer wieder hinstelle und sage, wir sind in engem Kontakt, muss mich doch als Verwaltung so eine Nachricht zumindest verwundern und nachdenklich machen und dann hake ich nach, ob da etwas dran ist oder nicht, und werde das nicht einfach im Ausschuss als Zeitungsente abtun, wenn es schon im parlamentarischen Geschehen eine Rolle spielt.

Also der Aufforderung, sich hier bitte schön einmal kundig zu machen, kam dann der Mitarbeiter des Innenministeriums auch nach und hat die entsprechende Stellungnahme am 27. September bestätigt und einen Teil dessen, was wir ohnehin schon wussten, in diese Bestätigung hineingeschrieben. Der Rechts- und Europaausschuss hatte sich zum Grenzübergang in seiner Stellungnahme bekannt und auch noch einmal auf die Resolution – das war, glaube ich, auf Anregung von Herrn Ritter, wenn ich mich richtig erinnere – des III. Parlamentsforums Südliche Ostsee hingewiesen, wonach den Grenzübergängen größere Bedeutung beizumessen sei. Am 15.10. fand unterdessen ein großes Grenzfest in Hintersee statt, wo die Menschen der Region noch einmal darauf aufmerksam gemacht haben, wie wichtig uns dieser Grenzübergang ist, und ich denke, dass uns das auch eine gewisse Rückendeckung gab für unsere parlamentarische Initiative. Weit über 1.000 Besucher über den Tag verteilt, denke ich, können sich sehen lassen.

Am 2. November gab es die nächste Innenausschusssitzung. Die CDU hat wunschgemäß den Antrag überarbeitet und natürlich auch den neuen Gegebenheiten angepasst. Wir haben den Willen ausgesprochen, den Baustopp doch noch aufheben zu können, da es über die baldige Ausdehnung des Schengener Abkommens auf Polen und auf die baltischen Staaten bis dato immer noch keine Gewissheit gab. Wenn – und das habe ich in diesem Ausschuss auch deutlich gesagt – monetäre Beweggründe für das Bundespolizeipräsidium Nord und für das Bundesprüfungsamt in Magdeburg ein Grund sind, hier einen Baustopp zu verhängen und diesen Grenzübergang nun doch nicht mehr möglich zu machen, obwohl natürlich schon eine Menge Planungsleistung stattgefunden hat, dann könnte man dem Wunsch vielleicht dahingehend entgegenkommen, dass eventuell doch Kosten gespart würden und es vielleicht eine Nummer kleiner zu versuchen.

Ich habe aus diesem Grunde auch noch einmal die einzelnen technischen Daten dieser Grenzabfertigungsanlage hier vorgelesen, um Ihnen klar zu machen, es geht vielleicht doch eine ganze Nummer kleiner, um die Intention zu verdeutlichen, dass wir die Möglichkeit ausloten wollen, die strengen Standards aufzuweichen, weil es eben eine kurze Frist ist. Ich freue mich, dass der Innenausschuss dieser Anregung gefolgt ist und wir sie hier in der Beschlussfassung heute vorfinden. Ich habe noch einmal die persönliche Bitte, dass die Abgeordneten – denn, Entschuldigung, der Innenminister wird auch mit einem konkreten Auftrag versehen – in den Ausschüssen über den Erfolg seiner Unternehmungen zeitnah unterrichtet werden. Wenn man es nicht direkt auf die Tagesordnung setzen will, dann vielleicht auf Anfrage. Vielleicht können Sie da ganz flexibel reagieren, Herr Minister. Ich denke, das ist zu machen.

Zum Schengener Abkommen darf ich noch eine letzte Sache loswerden. Natürlich ist unsere Spekulation eine Orakelei über den Zeitpunkt. Das ist auch keine Frage. Wir wissen, dass nicht wir, auch nicht der Bund, sondern der Ministerrat der EU über den Beitritt Polens und der anderen baltischen Staaten entscheiden wird. Eines der wichtigsten Entscheidungskriterien für den Beitritt wird das so genannte SIS, also das Schengener Informationssystem, sein, was natürlich voraussetzt, dass man die Grenzabfertigungsanlagen in den Ländern an den Ostgrenzen, also hin nach Russland, begutachtet und prüft, ob dieses SIS

dann auch wirklich vorhanden ist. Diese Begutachtung ist nach meinen Recherchen für Ende 2006 vorgesehen und dauert natürlich nicht nur drei Tage, so dass man auch nicht davon ausgehen kann, dass es nun unbedingt gleich zum 01.01.2007 zum Wegfall von Personenkontrollen an den Grenzstellen kommen könnte. Gleichwohl gibt es die einen Stimmen, die sagen, wir sollten lieber ein bisschen vorsichtiger sein und ob das so gut ist, so schnell so viele Länder dem Schengener Abkommen beitreten zu lassen. Die anderen Stimmen sagen: Doch, wir wollen es. Wir wollen es schon, weil es mittlerweile die einzige Chance für uns ist, überhaupt noch diesen Grenzübergang zu bekommen. Deshalb sehen wir dem doch optimistisch entgegen trotz aller Skepsis, die sicherlich auch in einigen Teilen angebracht ist. Ich denke, unser Antrag und auch die Beschlussfassung dazu machen Sinn, und ich bitte Sie hiermit noch einmal um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Frau Fiedler-Wilhelm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete der SPD-Fraktion Herr Heinz Müller.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Fiedler-Wilhelm hat das so umfangreich, so komplett und lückenlos dargestellt,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Detailgenau!)

dass mir inhaltlich überhaupt nichts übrig bleibt. Ich bitte von Beileidsbekundungen abzusehen.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Ich möchte deshalb nur politisch feststellen, dass dieses, was hier Frau Fiedler-Wilhelm dargestellt hat, nicht nur im Innenausschuss eine einstimmige Beschlussfassung erfahren hat, sondern vor allen Dingen bei uns im Landkreis Uecker-Randow ein allgemeines Anliegen ist, das von allen getragen wird, von allen politischen Kreisen, aber auch in allen gesellschaftlichen Kreisen, natürlich von Wirtschaft und so weiter und so fort.

In diesem Sinne, Frau Fiedler-Wilhelm, Sie haben sich selbst nervende Hartnäckigkeit attestiert. Ich will Ihnen da nicht widersprechen, aber trotzdem meinen Respekt davor.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Müller.

Das Wort hat jetzt der Innenminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren!

Sehr verehrte Frau Fiedler-Wilhelm, wir haben schon häufig die Debatte geführt zu diesem Grenzübergang, sowohl im Plenum als auch, glaube ich, mindestens zweimal im Innenausschuss in den letzten Monaten. Ich will das nicht alles wiederholen. Ich will nur zwei Dinge sagen: Das eine ist, selbstverständlich werde ich mich weiterhin, wie es im Antrag heißt, intensiv beim Bund dafür einset

zen, dass der Grenzübergang eingerichtet und eröffnet wird. Das ist völlig selbstverständlich. Das werden wir tun. Leider ist es seit 1992 unser Thema und bislang eben leider nicht gelungen. Das liegt aber auch nicht allein an der deutschen Seite. Das wissen wir gemeinsam. Das ist der Punkt eins.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Zweitens werde ich natürlich auch im Innenausschuss unaufgefordert und unmittelbar berichten, wenn ich Neues weiß von dem, was der Bund, also das Bundesinnenministerium zu machen gedenkt. Ich denke, wir müssen eine Lösung anstreben, bei der nicht unnötig viele Steuergelder jetzt in ein Abfertigungsgebäude investiert werden, was möglicherweise nur noch wenige Jahre Bestand hat. Deswegen brauchen wir eine Übergangslösung mit geringen Kosten, die so schnell wie möglich die Grenze öffnet. Das ist unser gemeinsames Ziel und wie gesagt, über die Dinge, die ich in Berlin besprechen werde, berichte ich dann im Innenausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Innenminister.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Der Innenausschuss empfiehlt, den Antrag der Fraktion der CDU auf Drucksache 4/1691 in der Fassung seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 4/1935 anzunehmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses auf Drucksache 4/1935 einstimmig angenommen.

Zum Tagesordnungspunkt 17 möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes entfällt, da die Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/1607 vom Antragsteller zurückgezogen sowie die Beratung der Unterrichtung für die Januarsitzung beantragt wurde.

Weiterhin möchte ich Ihnen zum T a g e s o r d n u n g spunkt 18 mitteilen, dass die Behandlung dieses Tagesordnungspunktes auch entfällt, da die Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung auf Drucksache 4/1926 vom Antragsteller zurückgezogen wurde.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 19: Beratung des Antrages der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD – Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“, Drucksache 4/1937, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion der CDU – Stärkung von Demokratie und Toleranz, Drucksache 4/1944.

Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD: Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ – Drucksache 4/1937 –

Antrag der Fraktion der CDU: Stärkung von Demokratie und Toleranz – Drucksache 4/1944 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD hat der Abgeordnete Herr Ritter von der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich im Frühjahr dieses Jahres auf die besonderen Probleme beim Umgang mit dem Rechtsextremismus in Vorpommern aufmerksam gemacht habe, meinten einige Mitglieder der CDU-Fraktion, mich als Nestbeschmutzer Vorpommerns darstellen zu müssen. Nunmehr hat die CDU-Fraktion in der vergangenen Woche zu einer Konferenz zum Thema Rechtsextremismus nach Anklam eingeladen, weil sie der Meinung ist, dass es in Vorpommern ein spezielles Problem gibt. Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin nicht nachtragend, im Gegenteil, ich bin froh, dass sich in der CDU-Fraktion nicht die Lautsprecher,

(Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

sondern die Nachdenker durchgesetzt haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass es möglich scheint, sich partei- und fraktionsübergreifend einem wichtigen Thema zuzuwenden, denn die Stärkung von Demokratie und Toleranz ist eine Querschnittsaufgabe allen politischen Handelns. Alle demokratischen Kräfte im Land sind aufgerufen, sich aktiv an diesem Prozess zu beteiligen.