Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Herr Ritter, gestatten Sie jetzt die Anfrage des Abgeordneten Liskow? (Zustim- mung)

Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Ritter, können Sie mir den Unterschied zwischen Pufferlagerung, Zwischenlagerung und Endlagerung erklären?

Herr Liskow, es kann ja sein, dass Sie aufgrund Ihres politischen, nein, Ihres beruflichen Hintergrundes, den ich sehr schätze und sehr ernst nehme, eine andere fachliche Voraussetzung haben. Ich habe jetzt die politische Haltung dieses Landtages noch mal deutlich gemacht

(Heiterkeit bei Lorenz Caffier, CDU, und Wolfgang Riemann, CDU)

und ich denke, wir sollten bei dieser politischen Haltung bleiben, unabhängig davon, ob Pufferlagerung für ein oder fünf Jahre beziehungsweise Zwischenlager oder Endlagerung. – Danke schön.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Von nichts eine Ahnung, aber darüber reden! – Beate Mahr, SPD: Da kenne ich zufällig noch jemanden. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD)

Es hat jetzt das Wort der fraktionslose Abgeordnete Dr. Bartels. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich werde mich auch nicht auf eine fachliche Diskussion einlassen, weil ich mir eigentlich immer zur Maßgabe gemacht habe, das sollen Fachleute

tun, und ich bin auf dem Gebiet kein Fachmann im Unterschied zu dir, Egbert.

(Zuruf von Wolfgang Riemann, CDU)

Ich will etwas sagen zu dem, was ich in den Jahren seit 1990 in Greifswald erlebt habe, und ich will eines vorher sagen: Tatsache ist, in Greifswald insgesamt und auch in der Greifswalder Linkspartei.PDS gibt es dazu sehr unterschiedliche Meinungen, was die Nutzung der Atomenergie vor allen Dingen betrifft. Und ich weiß, dass in der Linkspartei.PDS in Greifswald auch eine Minderheit, aber eine nicht kleine Minderheit, anders zur Nutzung der Atomenergie steht, als das die Meinung der Linkspartei.PDS ist. Das hängt nicht nur, aber vor allem damit zusammen, dass die meisten dieser Vertreter früher und/oder heute im KKW arbeiten. Das respektiere ich, aber ich erinnere mich sehr genau, dass wir in der ersten Hälfte der 90er Jahre in Greifswald und Umgebung eine sehr intensive Diskussion hatten, gerade mit dem Hintergrund. In dieser Zeit ist der Name „Atomklo“ entstanden in unserer Region. Die Frage war: Wohin mit dem Müll? Ich erinnere mich an die ersten Demos, wo es Diskussionen gab und man gesagt hat: Wir wollen das Zeug nicht, weg damit! Und es hat in einer sehr mühsamen Diskussion in Greifswald, wie ich glaube, einen sehr breiten Konsens am Ende gegeben, der sagte, das ist unser Zeug. Wir können das nicht anderen aufdrücken,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Stimmt.)

aber wir wollen auch nicht das Zeug von anderen, das wollen wir uns nicht aufdrücken lassen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Alexa Wien, Die Linkspartei.PDS: Eben, eben.)

Damit, was bei uns entstanden ist, müssen wir leben, aber wir wollen eben nicht das Zeug von woanders herhaben. Und das betrifft viele, die meisten der Atomenergiebefürworter, die ich kenne, die das ganz genauso sehen. Und die sagen, Transporte hierher, Lagerung hier – ne i n. Das Zeug, was bei uns entstanden ist – ja.

Herr Liskow, Sie haben vorhin nach der Kapazität gefragt, nach der Kapazität vor allem in Halle 8, denn um die geht es ja in erster Linie. Sie wissen ganz genau, dass es in Greifswald beim Bau und bei der Inbetriebnahme des Zwischenlagers sehr heftige Diskussionen gegeben hat, weil – ich will mich jetzt nicht auf die genaue Zahl festlegen – ungefähr ein Viertel der Stellplatzkapazität für Castoren nicht ausgelastet wird durch das, was in Greifswald und Rheinsberg anfällt. Das hat damals immer heftige Diskussionen gegeben und große Befürchtungen, dass entweder Lubmin das größte Zwischenlager wird oder, was noch viel schlimmer wäre, und da gibt es auch Filme dazu und öffentliche Dokumentationen – ich komme gleich zum Schluss – aus dem Fernsehen, die im Zusammenhang mit gewissen Angeboten aus Russland und mit dem Ausbau des Hafens in Lubmin davor gewarnt haben, dass Greifswald der Umschlagplatz für einen internationalen Atommüllhandel wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Immer wieder, ja, immer wieder.)

Und diese ganze Geschichte einfach wegzutun oder sich an den Kopf zu fassen, das kenne ich auch aus

Greifswalder Diskussionen, hilft ja nichts. Alles das, was jetzt hier diskutiert wird – auch Herr Ritscher hat in den Diskussionen immer gesagt, es geht überhaupt nicht um eine wirtschaftliche Nutzung oder eine wirtschaftliche Effektivität von Greifswald und Lubmin –, hört sich heute ganz anders an. Heute wird gesagt, wegen der Wirtschaftlichkeit müssen wir das alles machen. Ich kann nur davor warnen. Das gilt auch, Herr Riemann, für die Urlaubsregion Usedom. Sie wissen ganz genau, dass ein Großteil der Bevölkerung von Usedom genau die gleichen Sorgen hat wie die Greifswalder und die Lubminer. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Wolfgang Riemann, CDU: Mit solchen Diskussionen werden die Sorgen nicht kleiner, Herr Dr. Bartels.)

Danke schön, Herr Dr. Bartels.

Es hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende der CDU Herr Dr. Jäger. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Ich will es ganz kurz machen. Es geht um die Anwendung von Bundesrecht. Das ist Bundesauftragsverwaltung und, Herr Kollege Ritter, wir können beschließen so viel wir wollen,

(Alexa Wien, Die Linkspartei.PDS: Dann sollten wir es auch tun.)

Bundesrecht können wir nicht brechen. Und was...

Entschuldigung, lassen Sie mich das ausführen!

(Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Nun regen Sie sich doch nicht immer gleich so auf, wenn ich Ihnen nur erzähle, was Recht ist!

(Zurufe von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS, und Alexa Wien, Die Linkspartei.PDS)

Ja, Recht ist schwierig, wenn man einfach glaubt, man könne als Politiker, wenn man nur will, das Recht verändern. Diese Bundesrepublik ist ein föderaler Rechtsstaat und das Bundesrecht haben wir zu beachten. Und wer den Landesumweltminister auffordert, das zu missachten, der fordert ihn auf zum Rechtsbruch. Das machen wir nicht mit!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ich kenne die Beschlüsse dieses Hauses und ich muss sie ja auch gut kennen. Wir haben alle Genehmigungen, die seinerzeit erteilt worden sind, an diesen Beschlüssen ausgerichtet, und zwar deshalb, weil sie sich genau in den bundesrechtlichen Rahmen eingefügt haben. Genau das! Dieses Zwischenlager ist so gebaut worden – und deswegen interessiere ich mich sehr für die Kapazitätsdiskussion –, dass eben gerade nicht die Möglichkeit besteht, dass die ganze Welt oder auch nur die Bundesrepublik Deutschland ihre sämtlichen abgewrackten Teile dort lagert. Wir reden überhaupt nicht über Lager, wir reden über Pufferlagerung, meine Damen und Herren.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Fünf Jahre.)

Wenn Sie jetzt den Umweltminister darin auf seine Bitte hin bestärken, das Recht zu brechen, dann bedenken Sie das bitte,

(Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

dann bedenken Sie das bitte. Ich finde es schon makaber, wenn dem Minister zwei Gutachten vorliegen – eins zur Frage, ob er überhaupt versagen kann, das eindeutig ist, das auch logischerweise eindeutig ist, und das zweite, dass, wenn er noch lange zuckt, ihn der Bund anweisen müsste. Meine Damen und Herren, was machen Sie eigentlich mit dem Umweltminister, wenn Sie ihn jetzt auffordern, weiter das Recht zu brechen?! Das wollte ich Ihnen nur sagen, lassen Sie das doch bitte sein.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Zeigen Sie uns doch mal einen Weg! – Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Dr. Jäger.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS

die Abgeordnete Frau Wien. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Wir sind übrigens noch ein bisschen geübt in Zivilcourage

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, ich auch.)

und wer sich nicht wehrt, geht nicht nur an den Herd, sondern der kriegt dann auch noch den Atommüll.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Aber bitte legal, Frau Kollegin. Wir sind ein Rechtsstaat.)

Ich bin manchmal ein bisschen neidisch auf die Opposition, weil sie kann sich zum Beispiel unheimlich gut für Marketingmittel im Tourismus einsetzen, so richtig aus voller Brust. Und in dem Moment – und wir wissen alle, dass der Urlauber ein scheues Reh ist –,

(Wolfgang Riemann, CDU: Wir leben aber nicht nur vom Tourismus.)

wo wir hier das Atomklo haben, weil wir nämlich...

(Wolfgang Riemann, CDU: Wissen Sie überhaupt, wovon Sie reden? Frau Wien, haben Sie überhaupt Ahnung?)

Ein bisschen Ahnung habe ich schon.