Protokoll der Sitzung vom 15.12.2005

Aber ich möchte nicht so sehr auf diesen Fakt eingehen, denn das ist eine Glosse am Rande.

Ich will noch einmal über die kurzen Knackpunkte des Themas sprechen und vielleicht ganz kurz rekapitulieren, wie der Verlauf bei uns im Landtag und auch im Sozialausschuss ausgesehen hat. Als wir im Juni dieses Jahres eine nichtöffentliche Anhörung gemeinsam mit Sachverständigen im Sozialausschuss durchgeführt haben, hat die CDU zu Recht das Thema noch einmal auf die Tagesordnung gebracht und kritisch angefragt, warum die fehlende Novellierung immer noch nicht vorliegt. Das ist das gute Recht der Opposition und sie hat es auch berechtigt wahrgenommen. Die Landesregierung, die Ministerin hat das heute ausgeführt, hat damals begründet, warum sie nicht zeitgerecht liefern kann, und wir haben zumindest – das war das Positive an dieser Junisitzung – eine Einigung erzielen können, indem wir nämlich die Zusicherung der Landesregierung erhalten haben, die Altfälle für 2005 nach den bisherigen Regeln auch weiter zu zahlen. Das war eine Frage, Sie wissen es genau, die die Kreise und kreisfreien Städte unter dem Strich sehr bewegt hat.

Im weiteren Verfahren haben wir uns dann intensiv in den Fraktionen mit dem Thema beschäftigt und die CDU legte, auch das ist das gute Recht der Opposition, einen eigenen Gesetzentwurf vor. Herr Glawe, der insbesondere die Regelung für 2005 im Visier hatte, hat das heute noch einmal erläutert. Danach zog die Landesregierung nach, legte einen eigenen Gesetzentwurf vor und wir haben uns dann im Sozialausschuss federführend mit diesen Inhalten beschäftigt. Drei Schwerpunkte waren es unterm Strich, die sich bei der unterschiedlichen Sicht auch aus den verschiedenen kommunalen Verankerungen heraus bei uns im Land als Schwerpunkte dargestellt haben. Einmal waren es die Altfallregelungen außerhalb Mecklenburg-Vorpommerns. Diese haben wir relativ schnell lösen können. Bereits im Gesetzentwurf der Landesregierung gab es einen Lösungsansatz. Dieser Punkt war also erledigt.

Zur Altfallregelung innerhalb unseres Landes: Hier haben wir mit den Änderungsanträgen der Linkspartei.PDS u n d der SPD im Sozialausschuss eine Lösung herbeigeführt. Wir haben uns auf eine Terminisierung geeinigt, wie hier die Altfälle innerhalb unseres Landes abgearbeitet werden können und sollen. Dieser Punkt ist also auch erledigt.

Kommen wir zur Binnenverteilung und dem Punkt, der eben auch schon in der Debatte vom Kollegen Heydorn angesprochen wurde, der sehr oft Gegenstand der Diskussion war, weniger die inhaltliche, sprich die qualitative Frage, warum das Eine oder Andere nicht so greift, wie es greifen sollte. Hier, muss man ganz eindeutig sagen, haben wir als die Fraktionen von Linkspartei.PDS und SPD mit unserem Vorschlag 80:10:10 nicht nur versucht, selbst das Beste daraus zu machen, sondern wir haben beispielsweise auch andere Kollegen hier im Landtag

sichtlich beeindruckt. Frau Schlupp kommentierte es in der Sitzung, als sie sagte, sie findet zum Glauben zurück. Sie meinte damit nicht den Glauben im religiösen Sinne, sondern den Glauben an das, was wir hier im Landtag machen. Das hat auch, glaube ich, alle Anwesenden beeindruckt. Ansonsten gab es aber aus den Reihen der CDU eher Bedenken und diese haben mich nun wiederum nachdenklich gestimmt, denn ich hatte ein Erlebnis, was für mich ein bisschen eigenartig war. Ein paar Wochen vor dieser interessanten Debatte wurden die vier Landtagsabgeordneten des Uecker-Randow-Kreises zum Landratsamt eingeladen und es war eine Absprache zwischen diesen und dem Landratsamt geplant.

Was mir dann passierte: Ich kam in einen Raum und die offensichtlich nicht so richtig informierten CDU-Abgeordneten dachten, ich komme zum CDU-Arbeitskreis Soziales, weil sie offensichtlich gar nicht mitbekommen hatten, dass sie sich selbst eingeladen hatten, dass sie die Gäste waren, und dementsprechend lief dann dort auch die Veranstaltung ab.

(Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU: Herr Walther, nun werden Sie mal nicht unfair! So war es nicht! – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Unterm Strich war es dann aber so – Herr Glawe hat dann doch vor Ort versucht, den Vertretern unseres Landkreises viel Verständnis zu zeigen –, dass wir uns zum Schluss fragten, wie wir damit politisch umgehen, und da war auch Herr Glawe einer derjenigen, die dann die 70:15:15-Variante in dieser Runde favorisierten. Und deswegen verwundert es mich schon – Kollege Glawe, es tut mir Leid, wenn ich das heute an Ihrem Geburtstag sagen muss –, wenn Sie vor Ort eine andere Intention angeboten haben, die Sie mit umsetzen wollen, und heute etwas Anderes tun.

(Beifall Dr. Margret Seemann, SPD – Rudolf Borchert, SPD: Harry, Harry! – Zurufe von Kerstin Fiedler-Wilhelm, CDU, und Harry Glawe, CDU)

Aber das eigentliche Problem, glaube ich, ist nicht das Verhalten der CDU, denn das sollte nicht Gegenstand unserer Diskussion sein, das eigentliche Problem war die finanzielle Ausgestaltung der Landesmittel und hier, glaube ich, haben wir mit dem Defizitausgleich, insgesamt sind es über 4 Millionen Euro, einen Punkt gefunden, der letztlich allen betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten die Möglichkeit gibt, mit dieser neuen Regelung klarzukommen. Klar ist allerdings auch geworden, dass wir diesen inhaltlichen Ansatz der Ambulantisierung so, wie er im alten Gesetz gewollt war, nicht umsetzen konnten und bis zum heutigen Tage nicht definitiv sagen können, womit dies zusammenhängt, dass also dieser Ambulantisierungswunsch, wie er doch eindeutig im alten Gesetz geprägt war, so nicht gegriffen hat.

Ich möchte auch noch einmal zurückkommen auf den Verteilerschlüssel. Es ist sicherlich richtig, dass es einzelne Landkreise und kreisfreie Städte gibt, die mit diesem neuen Verteilerschlüssel schlechter fahren als vorher, aber es ist eine rein philosophische Frage, darüber zu diskutieren, ob denn alle unterm Strich gerechter fahren können, als es vorher war, denn alle Berechnungen, Hochrechnungen sind rein fiktive Zahlen, die sich an dem Jahr 2004 orientieren. Wir wissen, das Jahr 2004 war ein optimales Jahr im Sinne des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes. Das Jahr 2005 schreibt schon wieder ganz andere Realitäten.

Kollege Müller hat es vorhin gesagt. Er nannte eine siebenstellige Summe. Wir wissen alle, es geht beispielsweise im Uecker-Randow-Kreis um 1,5 Millionen Euro Defizit,

(Heinz Müller, SPD: Korrekt.)

die wir in diesem Jahr als Landkreis für eine gesetzliche Aufgabe des Landes haben. Also dieser Übernahme der Kosten müssen wir leider entgegensehen. Und da ist es für mich ganz bewusst auch eine Entscheidung für die Schwächeren, die betroffenen Landkreise und kreisfreien Städte, die von diesen Extremabweichungen der Vergangenheit aufs Negativste getroffen wurden, denn ich glaube schon, dass auch bei einem Schlüssel 80:10:10 mit dem Defizitausgleich Vieles zu regeln sein wird, dass dann unterm Strich kein einziger Landkreis, keine einzige kreisfreie Stadt erleben muss, was jetzt beispielsweise der Uecker-Randow-Kreis erleben wird, dass mit diesen negativen Extremabweichungen Defizite eingefahren werden. Das heißt also, es ist positiv, weil kein einziger Landkreis und keine kreisfreie Stadt mit solchen Extremabweichungen leben muss, wie es bisher mit dem alten Gesetz noch der Fall ist. Und in diesem Sinne ist sicherlich die jetzige Novellierung nur eine Zwischenlösung, wir haben eben darüber gesprochen. Die Laufzeit ist ohnehin begrenzt und in diesem Sinne ist es, glaube ich, auch wichtig, noch einmal zu sagen, dass es sicherlich nicht darum gehen sollte, hier in diesem Raum eine Neiddebatte zu führen. Immer wieder habe ich gehört, man könne doch nicht zusehen, wie beispielsweise Landkreise wie Parchim so viel Geld bekommen. Das kann, glaube ich, nicht der Ansatz sein. Es kann nicht der Ansatz sein, darüber zu diskutieren, dass einige zu viel bekommen. Ein solidarisches, gerechtes Miteinander kann immer nur darum gehen, dass man sich der Schwächsten annimmt und die Schwächsten unterstützt,

(Beifall Konrad Döring, Die Linkspartei.PDS)

und in diesem Sinne möchte ich um den 80er Schlüssel werben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Walther.

Es hat jetzt noch einmal das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Glawe. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegen! Herr Walther hat ausgeführt, dass wir uns selbst eingeladen hätten. Herr Walther, ich will Sie mal darüber aufklären, wie das gelaufen ist.

(Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS: Das ist gut.)

Angesprochen wurden wir von der Volkssolidarität, also Ihrer Klientel,

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Herr Grams ist bei Ihnen. Herr Grams ist Vorsitzender der VS. Herr Grams ist der Chef. – Zuruf von Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS)

und dann haben wir beziehungsweise hat mein Referent nachgefragt im Landratsamt, ob eine Besprechung

möglichst sinnvoll ist. Darauf wurde uns mitgeteilt, dass man in besonderer Weise die Landtagsabgeordneten aus der Region geladen hätte. Das war an einem Freitag. Und da hat man mir dann angeboten, wenn ich Lust und Zeit hätte, vorbeizukommen.

(Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS: Wer kann Ihnen auch was abschlagen, Herr Glawe?)

Sehen Sie, Herr Walther, und da ich Ihnen nicht abschlagen konnte zu erscheinen, war ich da.

(Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Und meine Kollegin Fiedler-Wilhelm war auch da.

(Beifall Volker Schlotmann, SPD, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Frau Schlupp wäre auch gekommen, aber sie hatte einen Termin in Rostock. Also war das keine Verabredung der CDU, sondern sozusagen auf Wunsch des Landrates, der Volkssolidarität und der Dezernentin, vor Ort über die Problematik des Sozialhilfefinanzierungsgesetzes zu sprechen. Und in der Tat ist es so, dass in besonderer Weise in Uecker-Randow einige Probleme aufgetreten sind. Wir hatten auch weitestgehend Konsens darüber erzielt, dass es eine alte Landesklinik ist und war, eine Bezirksnervenklinik, und haben festgestellt, dass in dieser Region viele Enthospitalisierungen stattgefunden haben und damit andererseits viele Heimbewohner dort sind, die die Sozialhilfe beanspruchen.

Jetzt kommen wir zum Verteilerschlüssel. Ich habe dort viel Verständnis geäußert und dabei bleibe ich auch heute noch, dass in diesen Härtefällen in besonderer Weise etwas geleistet werden muss. Wir haben uns über den Härtefalltopf unterhalten und er ist im Gesetz auch mit berücksichtigt. 2 Millionen Euro, 2 Prozent Abzug auf die Gesamtsumme, ist doch eine erhebliche Summe. Das sind über 4 Millionen Euro pro Jahr, die man verteilen kann. Und wenn man dann genau auf die Zahl von Uecker-Randow sieht, dann würde auch bei der Variante, die wir bei 60:20:20 vorschlagen, Uecker-Randow rund 355.000 Euro mehr bekommen. Ich gebe zu, in dem Falle, wie Sie es jetzt bei 80:10:10 machen, ist es für UeckerRandow besser mit fast 900.000 Euro. Es würden also 600.000 Euro mehr dazukommen. Jetzt muss man wieder fairerweise sagen, andere Landkreise bekommen weniger.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das ist richtig. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Und bei der Variante, die wir vorschlagen als CDUFraktion, sind 11 Landkreise und kreisfreie Städte eher bei der 60:60-Variante günstiger dran als umgekehrt.

(Renate Holznagel, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU: 60:20:20!)

Bei 60:20:20, ja.

Und das ist doch das, was wir nur wollen. Wir möchten nicht, dass wieder so große Spitzen entstehen. Bei 80:10:10 entstehen große Spitzen, also große Zuweisungen für einige Landkreise und kreisfreie Städte zu Lasten Anderer, die dann wieder im nächsten Jahr verrechnet werden. Also es wird doch im Prinzip nur Verwaltung bemüht und immer wieder hin und her gerechnet, Ausgleiche geschaffen und so weiter. Und das wollten wir vermeiden, indem wir jetzt 60:20:20 haben, und es ist ja nicht so, dass es hier im Parlament nicht genügend Leute gibt, die das nicht

auch erkannt haben. Auch in der SPD-Fraktion gab es eine kontroverse Debatte. Und da haben viele zu 60:20:20 tendiert, um sozusagen diese Spitzen nicht zu haben. Ich will jetzt gar nicht weiter darüber philosophieren, aber ich möchte darum bitten, dass man bei dieser Frage etwas fairer miteinander umgeht,

(Heinz Müller, SPD: Oh, Harry!)

denn wir müssen immer wieder uns als Gesetzgeber die Frage stellen, wie das denn nun sinnvoll ist, zurückzugehen, zurückzukehren zur Spitzabrechnung. Das scheint nicht sinnvoll zu sein, denn das Ziel war ein anderes. Es muss ein anderes sein. Wir müssen hin zur Ambulanten und weg von der Unterbringung in Heimen. Ich denke, das ist das Ziel, und wenn wir dieses Ziel haben, dann müssen wir auch dafür sorgen. Und das, was jetzt ins Gesetz geschrieben worden ist, ist in besonderer Weise, dass man jetzt den Beirat bemüht. Dieser soll also harte Kriterien erfinden und aufschreiben.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Das stimmt doch gar nicht! Das steht doch gar nicht drin.)

Ja, das steht drin, Frau Seemann, Sie sind ja die Vorsitzende.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Nein, man soll hier nichts erfinden.)

Sie werden dann auch einiges an Verantwortung tragen müssen.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Also die Verantwortung des Beirates ist damit gestärkt worden und dann wollen wir doch mal sehen, wie sich das in zwei Jahren darstellt. In den zwei Jahren müssen die Daten wieder auf den Tisch

(Dr. Margret Seemann, SPD: Hauptsache, Sie kommen dann auch mal zu meiner Sitzung, Herr Glawe. – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

und es kann nicht wieder darum gehen, dass es nur nach der Frage geht, wie viel Einwohner und wie viele 65-Jährige ich in meinem Landkreis habe, sondern die entscheidenden Fragen sind, glaube ich, andere. Es sind nämlich Qualitätsstandards, über die man diskutieren muss,

(Dr. Margret Seemann, SPD, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Richtig!)

was dann bezahlt wird und was nicht bezahlt wird, wie ich das insgesamt aufs Land fokussiert pauschalisiere, denn das sind die entscheidenden Aufgaben.