Protokoll der Sitzung vom 29.01.2003

Ich darf das zusammenfassen: Die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern sind nicht nur Traditionsstätten von Wissenschaft, Kunst und Kultur, sondern sie sind auch Entwicklungskerne wirtschaftlicher Entwicklung. Diese doppelte Daseinsberechtigung ist ein Stück ihrer Zukunftsorientierung. Und diese Zukunftsorientierung muss den europäischen Hochschulraum in den Blick nehmen, wobei sich gerade im Ostseeraum starke Wissenschaftszentren zu leistungsfähigen Wissenschaftsregionen zusammenschließen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Gemäß Paragraph 85 der Geschäftsordnung hat die CDU-Fraktion damit eine Minute mehr Redezeit.

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Lochner-Borst für die Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag zur Hochschulentwicklung wirft zahlreiche Fragen und einiges an Diskussionsbedarf auf.

Herr Minister, Sie haben einige Fragen teilweise beantwortet, ich möchte sie trotzdem an dieser Stelle noch einmal deutlich in den Raum stellen:

Wie genau definiert sich der Begriff von Bildungs- beziehungsweise Wissenschaftsregionen?

Welche Rolle spielt die Wirtschaft in diesem Zusammenhang?

Sollen Fachbereiche an bestimmten Universitäten und Fachhochschulen gebündelt werden?

Sollen Verwaltungskooperationen entstehen?

Welche Haltung haben die Hochschulen selbst zu diesem Vorhaben?

Weiter muss geklärt werden, wie eine Konzentration unterhalb der Fusionsebene aussehen soll. Was konkret soll konzentriert werden? Wo fängt die Konzentration an und wo hört sie auf?

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Was ist das Endergebnis dieser Konzentration?

Ist Fusion nicht zwangsläufig die Folge von Konzentration?

All diese Fragen bedürfen einer intensiven Diskussion.

Meine Damen und Herren, wir müssen darauf achten, dass der zweite Schritt nicht vor dem ersten gemacht wird. Lassen Sie uns zunächst einmal dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen für unsere Hochschulen stimmen,

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Richtig.)

damit sie auf einer gesicherten Grundlage ihre Pläne erstellen können, denn schließlich ist dies die oberste Aufgabe des Parlaments. Die Stellungnahme von Professor von Mutius zur Verfassungsbeschwerde zeigt einen der Schwachpunkte im Landeshochschulgesetz auf. Zuerst sollten wir also die handwerklichen Fehler des LHG beseitigen, damit ein verlässlicher Rahmen für die Hochschulen vorliegt, in dem sie sich dann tatsächlich autonom bewegen können.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Als Nächstes müssen wir darüber einig werden, dass Bildung und Wissenschaft eine höhere Priorität einzuräumen sind.

(Beifall Karin Strenz, CDU – Dr. Ulrich Born, CDU: Sehr richtig.)

Es passt nicht zusammen, wenn man Hochschulen modernisieren und stärken will, ihnen aber gleichzeitig die dafür notwendigen Finanzmittel nicht zur Verfügung stellt

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

und somit 450 Stellen wegfallen. Die Reaktionen der Universitäten und Fachhochschulen dazu sind eindeutig.

Hochschulpolitik, meine Damen und Herren, ist auch eine Frage von Landesentwicklung und Wirtschaftskraft. Sicherlich haben die Arbeitsmarktprogramme des Landes kurzfristige Wirkung, langfristig helfen sie aber nicht weiter. Wissenschaft und Forschung jedoch vermögen im internationalen Wettbewerb unsere ausgezeichnete geographische Lage an der Schnittstelle zur erweiterten Europäischen Union und zum Ostseeraum für das Land zu nutzen. Gut qualifizierte junge Menschen sind das Potential für Innovation und mehr Wachstum. Sie werden unser Land für Unternehmer attraktiver machen. Außerdem sind die Hochschulen und die wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes die Basis für technologische Entwicklung, denn Hochtechnologie muss sich auf solide Forschungs- und Entwicklungsarbeit stützen können. Hier liegen die größten Chancen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt, hier entstehen die Arbeitsplätze der Zukunft.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Stimmt!)

Wir müssen uns also überlegen, ob wir weiterhin Millionen in den öffentlichen Beschäftigungssektor stecken wollen, um kurzfristig Probleme zu lösen, oder ob wir nicht zumindest einen Teil dieser Mittel in die Zukunft unseres Landes und damit auf lange Sicht investieren wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Hochschulen sind schon lange keine weichen Standortfaktoren mehr, sondern knallharte Faktoren für die Wirtschaft.

Auch müssen wir uns mit der Frage der Hochschulautonomie befassen. Die Einführung von Globalhaushalten ist keinen Cent wert, wenn weiterhin jeder Haushaltstitel mit dem Zuständigen im Ministerium diskutiert werden muss.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Ulrich Born, CDU, und Kerstin Fiedler, CDU: Richtig.)

Hochschulautonomie meint aber nicht nur eine Befreiung von finanzieller Steuerung, sondern auch eine Befreiung von Detailsteuerungen. So sollte beispielsweise auf die Profilbestimmung der Hochschule kein Einfluss ausgeübt werden. Das Land muss die Hochschulen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben absichern und ihre Leistungskraft stärken, alles andere obliegt den Hochschulen selbst. Wir reden viel von Hochschulautonomie. Das LHG wurde von der Landesregierung als eines der modernsten in Deutschland gepriesen. Experten hingegen ordnen es im bundesweiten Ranking als mittelmäßig und durchschnittlich ein.

(Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ach, das ist doch Schnee von vorgestern, Frau Lochner-Borst! Wiederholen Sie das doch nicht immer!)

Viel wichtiger ist aber die Frage, Herr Bartels, was sich eigentlich seit der Verabschiedung des Gesetzes für die Hochschulen in der Praxis geändert hat.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ist trotzdem richtig. – Zuruf von Harry Glawe, CDU – Dr. Gerhard Bartels, PDS: Ich er- kläre es Ihnen noch mal, Herr Born.)

Wenn dann wieder Ruhe einkehrt, würde ich weiterreden.

Lassen Sie uns in andere Bundesländer schauen, wo Hochschulentwicklung schon weiter fortgeschritten ist! Wir müssen das Rad nicht neu erfinden.

(Karin Strenz, CDU: Genau!)

Schauen wir nach Nordrhein-Westfalen oder Hessen, wo traditionelle Steuerungen bereits durch ein neues Steuerungsverständnis ersetzt wurden!

(Beifall Karin Strenz, CDU)

Werfen wir einen Blick auf den hessischen Hochschulpakt, der die Aufgaben von Land und Hochschulen neu definiert! Sicher gibt es hier brauchbare Ansätze und Ideen, die uns weiterbringen können.

Meine Damen und Herren, die Zukunft unseres Landes hängt in höchstem Maße von der Entwicklung unserer Hochschulen ab. Deshalb ist der vom Minister gegebene Ausblick in die Zukunft sicher gut, aber eine Sachstandsanalyse ist jetzt viel wichtiger. Lassen Sie uns zunächst

die Hochschulen anhören und den zuständigen Fachausschuss über die Ergebnisse beraten! Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen und die Aufgaben von Land und Hochschulen klar abgegrenzt sind, kann an den Hochschulen eine solide und zukunftsfähige Planung stattfinden. Deshalb unterstützt die Fraktion der CDU die Überweisung dieser Drucksache in den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Frau Abgeordnete.

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Herr Dr. Bartels für die Fraktion der PDS.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Irgendwie habe ich ein paar Monate lang die Geschichte von der Ranking-Legende vermisst, doch sie ist wieder da. Frau Lochner-Borst, es tut mir Leid, ich hätte gehofft, dass wir das nun endlich begraben hätten und dass auch die CDU endlich gemerkt hätte, dass diese RankingErgebnisse sich auf den Entwurf der Landesregierung beziehen und dass alle Fachleute einstimmig sagen, die Kritikpunkte dieses Rankings sind gerade durch die Veränderungen hier im Landtag wesentlich behoben worden. Vielleicht nimmt das auch die CDU dann doch einmal zur Kenntnis!

(Zuruf von Heike Polzin, SPD)