Die 35 verbleibenden Bereitschaftspolizisten sollen dann auf die Standorte Schwerin und Rostock aufgeteilt werden. Somit verspricht der Innenminister, zusätzliche Stellen für die Direktionen Neubrandenburg und Anklam sowie Stralsund zu schaffen – zusätzliche Stellen, was das heißt, sage ich Ihnen gleich.
Aus Sicht der Polizeidirektion klingt das, oberflächlich betrachtet, auch recht gut, denn zuvor wurde die Anzahl der Stellen verringert und im Moment besteht ein Defizit in den genannten Orten.
Dieses wird jedoch durch die Versetzung der Bereitschaftspolizisten auf keinen Fall ausgeglichen. Jedoch ist das Ziel des Innenministers, diese Kräfte für den Einsatz in besonderen Lagen in den Dienststellen und gleichzeitig zur Unterstützung des Einzeldienstes einzusetzen, höchst zweifelhaft und keinesfalls realisierbar. Wir, das heißt die CDU-Fraktion, der Hauptpersonalrat der Polizei und die Gewerkschaft der Polizei, vermuten, dass diese Polizisten in der Fläche eingesetzt werden sollen und demzufolge für die beabsichtigten Sondereinsätze gar nicht zur Verfügung stehen.
Eine sinnvolle Truppe mit ausreichender Schlagkraft wäre nach Auflösung der Bereitschaftspolizei in Anklam nicht einmal ansatzweise vorhanden. Ich frage mich daher: Sieht so Ihre Vorstellung von Sicherheit aus, Herr Innenminister Timm?
Zum momentanen Zeitpunkt werden unsere Befürchtungen in Bezug auf den Einsatz dieser Kräfte noch vehement von Seiten des Innenministeriums bestritten, aber die Intention wird deutlich, wenn wir an diverse Ereignisse der letzten Jahre zurückdenken. So werden Erinnerungen an den Bundeswehrstandort Eggesin/Carpin wach und Ähnlichkeiten können selbst Sie, werte Damen und Herren der SPD- und PDS-Fraktion, nicht leugnen. Ich darf daran erinnern, dass damals sowohl der Bundeskanzler als auch der Ministerpräsident und der Innenminister lautstark verkündeten, dass dieser Standort keinesfalls aufgelöst werden solle. Was aus diesen Versprechungen wurde, ist
Ihnen allen bekannt, und dass meine Gemeinde im vergangenen Sommer ein Abschiedsfest für das befreundete Artillerieregiment von Eggesin ausrichten durfte, um es zu verabschieden, spricht dafür, dass verbindliche Aussagen aus Kreisen der SPD immer mit Vorsicht zu genießen sind, meine Damen und Herren.
Welche Vorteile ergeben sich nun für diese Verlagerung der Bereitschaftspolizei aus Anklam? Ich persönlich kann keine erkennen. Es gibt natürlich nur zahlreiche Nachteile für unsere Region. So geht ein großes, nicht zu unterschätzendes Kaufkraftpotential für die ohnehin schon wirtschaftlich geschwächte Region verloren. Bisher stellten ortsansässige Unternehmen beispielsweise Einsatzverpflegung, Kraftstoff oder Dinge des täglichen Bedarfs zur Verfügung. Diese mittelständischen Unternehmen verlieren somit einen großen Abnehmer. Arbeitsplätze sind gefährdet. Ich denke da an die Wach- und Schließgesellschaft, das sind neun Arbeitsplätze. Eine weitere Liegenschaft steht im Landkreis Ostvorpommern für weitere Jahre ohne Nutzung da. Die Absicherung des Bäderdienstes in den Bereichen der Insel Usedom oder im Oderhaff, der bisher durch die Bereitschaftspolizei geleistet worden ist, steht in Frage.
Was allerdings verwundert und zum Nachdenken anregen sollte, ist, dass die bestehenden Versorgungsverträge der Einsatztruppen bereits 2002 gekündigt beziehungsweise verändert wurden.
Es scheint, als ob dieses bereits Vorbereitungen für eine demnächst anstehende Schließung des Standortes waren.
Irre ich mich, Herr Innenminister Timm, oder ist es wirklich so, dass eigentlich bereits alles beschlossen ist und wir nur vor vollendete Tatsachen gestellt werden, genauso wie der Hauptpersonalrat der Polizei und die Gewerkschaft der Polizei?
Wie ist es außerdem um die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger in Vorpommern bestellt? Mit dem Beitritt Polens zur EU wird auch der Bundesgrenzschutz nicht mehr in Vorpommern präsent sein. Was das für die Sicherheit beziehungsweise das Sicherheitsgefühl der Bewohner bedeutet, muss ich hier nicht näher erläutern. Allein die Präsenz und das Patrouillieren der Uniformierten schafft ganz besonders im grenznahen Raum ein Sicherheitsgefühl bei den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes. Dieses wird, wenn die Einsatzkräfte wegfallen, Resignation, ja sogar Angst und daraus resultierender Politikverdrossenheit weichen.
Ich will nicht behaupten, dass Ihrer Fraktion Politik- und Parteiverdrossenheit der Wähler egal ist, obwohl Ihr Verhalten den Anschein macht, aber Beifall erhalten Sie für einen Abbau der Bereitschaftspolizei in Anklam ganz sicher von niemandem. Was ist außerdem mit den Veranstaltungen wie Sportevents, Festen und Demonstrationen
oder mit unvorhergesehenen Ereignissen wie Großfahndungen und Spezialeinsätzen? Die Kräfte für solche Einsätze müssten dann aus Schwerin und Rostock angefordert werden,
Bei der momentanen Verkehrsinfrastruktur sind Anfahrtszeiten von bis zu dreieinhalb Stunden von Schwerin bis Ducherow, Anklam oder genauso von Rostock keine Seltenheit.
Dass diese dreieinhalb Stunden unter Umständen Leben kosten könnten, ist wohl jedem von Ihnen klar, meine Damen und Herren.
Haben Sie in Ihre Überlegungen, Herr Innenminister, einbezogen, dass bei der Auflösung der Bereitschaftspolizei Anklam die vom Bund zur Verfügung gestellten Führungs- und Einsatzmittel abgezogen beziehungsweise zurückgefordert werden? Das würde im Einzelnen bedeuten, dass ein Führungsfahrzeug, ein Befehlsfahrzeug, ein Versorgungsfahrzeug, ein Beweis- und Dokumentationsfahrzeug, ein Krankentransport-Kfz, drei Motorräder für Aufklärungsmaßnahmen, zwei zivile Fahrzeuge zur Observation und Aufklärung, Transportfahrzeuge für circa 40 Einsatzbeamte, diverse Video- und Funktechnik, aber auch Spezialausrüstungen wie Körperschutz und Waffen verloren gehen. Diese Technik fordert der Bund zurück und diese muss sich das Land Mecklenburg-Vorpommern neu beschaffen,
was zusätzliche Kosten für den Landeshaushalt verursachen wird. Also ist es mit Ihrer Mär von Einsparung und Kostenverringerung nicht weit her, Herr Innenminister. Ganz im Gegenteil, durch Ihre geplante Reform entstehen neue völlig überflüssige Kosten.
Herr Innenminister! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Aufgrund meiner Ausführungen ist es nun hoffentlich auch für Sie ersichtlich, dass sich eine Bereitschaftspolizeistandortfrage in Anklam zum derzeitigen Zeitpunkt, sei es aus finanzieller oder sicherheitspolitischer Sicht, nicht stellt. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrag zum Erhalt des Standortes der Bereitschaftspolizei in Vorpommern Ihre Zustimmung zu geben. – Danke schön.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster hat das Wort der Innenminister Herr Dr. Timm. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Schubert hat hier erklärt, bisher sei ihm nur bekannt geworden, dass die Auflösung der Anklamer Bereitschaftspolizei vorgenommen werden soll, mehr aber nicht. Nun vermute ich, Herr Abgeordneter Schubert, dass Sie bei der dreistündigen Beratung im Innenausschuss geschlafen haben,
(Dr. Armin Jäger, CDU: Herr Minister, Sie waren doch gar nicht dabei! Sie waren doch gar nicht dabei! Das ist eine Frechheit! – Reinhardt Thomas, CDU: Da hat doch keiner die Fragen beantwortet von Ihrer Seite.)