Protokoll der Sitzung vom 08.03.2006

Das war sicherlich auch der Arbeit und dem Widerstand im Finanzministerium geschuldet, dass es heute – kurz vor ultimo sozusagen, kurz vor einer Wahl – zur Vorlage dieses Gesetzes kommt.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Warum haben Sie eigentlich keinen Gesetzentwurf eingebracht?)

Kollege Ritter, erstens wissen wir, wie Sie damit umgehen. Wenn wir ein Gesetz einreichen, dann wischen Sie es vom Tisch.

(Beifall Michael Ankermann, CDU, und Karin Strenz, CDU – Zurufe von Rudolf Borchert, SPD, und Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS)

Zweitens ist es eindeutig eine erklärte Forderung aller Beteiligten gewesen, besonders der Behindertenverbände im Land, dass die Landesregierung es auf den Weg bringt.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Ach so.)

Und wir als Sozialpolitiker – Herr Ritter als Landesvorsitzender der Linkspartei –

(Beifall Karin Strenz, CDU – Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Linkspartei.PDS bitte!)

haben parteiübergreifend dafür votiert, dass die Sozialministerin federführend in dieser Funktion arbeitet. Ich glaube, das hat sich als ein Vorteil für die Behinderten hier im Land herausgestellt bei allen Schwächen, die auch dieses Gesetz weiterhin hat.

Meine Damen und Herren, wir sind zumindest erfreut, dass jetzt dieses Gesetz das Licht der Welt erblickt hat. Nichtsdestotrotz wissen wir, dass viele Dinge noch umzusetzen sind. Menschen mit Behinderungen wollen in gleicher Weise leben, arbeiten und sich einbringen in die Gesellschaft wie jeder andere Nichtbehinderte. Deswegen brauchen sie auch die Fürsorge – und ich spreche ausdrücklich für die CDU – der Christlich-Demokratischen Union Mecklenburg-Vorpommerns.

(Beifall Torsten Renz, CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb werden wir dieses Gesetz begleiten, aber ich verspreche Ihnen, dass wir als CDU-Fraktion nach der Anhörung noch einige Änderungen zu diesem Gesetz beantragen werden, und ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU und Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Glawe.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Heydorn. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Glawe, ich möchte eins klarstellen: Nach unserer Auffassung geht es bei diesem wichtigen Gesetz nicht um Fürsorge. Fürsorge ist nicht das Thema. Behinderte Menschen brauchen keine Fürsorge, behinderte Menschen brauchen gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Das ist das Thema, darum geht es und da wollen wir mit diesem Gesetz etwas leisten. Wir wollen in die Richtung gehen, damit die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in unserem Land voranschreitet, dass sie besser ist und besser wird.

Lassen Sie mich vorweg Folgendes sagen: Als ich heute Morgen meine Heimatzeitung aufschlug, las ich einen Beitrag darüber, dass die Initiative dieses Gesetzes unserer Sozialministerin zugeordnet wurde. Das möchte ich klarstellen. Es mag sein, dass das Ministerium seit langer Zeit einen Gesetzentwurf in der Schublade gehabt hat, aber die Initiative für diesen Gesetzentwurf ist ganz eindeutig von den Koalitionsfraktionen ausgegangen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an unseren Landtagsbeschluss vom 20.04.2005, mit dem wir die Landesregierung beauftragt haben, hier einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Ich sage Ihnen ganz deutlich,

die SPD-Fraktion ist sehr froh darüber, dass wir diesen Gesetzentwurf heute auf dem Tisch haben und dass wir die Möglichkeit haben, dieses für uns wichtige Gesetz noch in dieser Legislatur zu verabschieden.

Ich weise ausdrücklich noch einmal darauf hin, dass dieses Gesetz ein Leistungsgesetz ist, was nicht Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen ist. Dieses Gesetz haben wir neben der Koalitionsvereinbarung heute auf den Weg gebracht und wir hoffen, dass es von allen Fraktionen mit der entsprechenden Ernsthaftigkeit in den Ausschüssen beraten und weiterverfolgt wird, sodass wir noch vor der Sommerpause dieses Gesetz in der Zweiten Lesung hier im Landtag haben und dazu im Stande sind, das auf den Weg zu bringen.

Inhaltlich hat die Ministerin die wesentlichen Dinge genannt, da gibt es nichts hinzuzufügen. Es geht darum, Barrieren für Menschen mit Behinderung abzubauen. Sie hat uns darauf aufmerksam gemacht, wie vielschichtig diese Barrieren sind, dass es nicht nur darum geht, bauliche Belange ins Auge zu fassen, sondern dass es auch darum geht, technische Barrieren und Kommunikationsbarrieren abzubauen.

Und eins ist wichtig: Es geht hier nicht mehr um freiwillige Leistungen, sondern wenn wir dieses Gesetz verabschieden, haben Menschen mit Behinderung einen Rechtsanspruch. Sie haben einen gesetzlich verbrieften Rechtsanspruch auf diese Dinge, die wir im Gesetz geregelt haben. Das ist, finde ich, eine gute Sache. Deswegen lassen Sie uns heute das Gesetz in die Ausschüsse schicken, dann haben wir es bald wieder hier und können es verabschieden. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD, Linkspartei.PDS, Dr. Ulrich Born, CDU, und Harry Glawe, CDU – Harry Glawe, CDU: Hast du gesehen, dass ich geklatscht habe?!)

Danke schön, Herr Heydorn.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der Linkspartei.PDS der Abgeordnete Walther. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren und sehr geehrter Kollege Glawe, der eben sagte, er ist gespannt darauf, was Walther jetzt sagt. Ich werde mir Mühe geben, dass es eine Rede wird, mit der unterm Strich alle zufrieden sein können.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Das wollen wir doch hoffen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, der vorliegende Antrag eines Gesetzes zur Gleichstellung, zur gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderung ist ein Novum bei uns im Landtag, denn obwohl der Koalitionsvertrag zwischen SPD und seinerzeit PDS es nicht vorsah, Kollege Heydorn hat es eben gesagt, so ein Gesetz zu verabschieden – wir konnten uns damals bei den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen –, haben wir heute trotzdem den positiven Fakt, dass wir in der Ersten Lesung ein solches Gesetz inhaltlich mit auf den Weg bringen wollen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Ein solches Gesetz der Teilhabe und Integration tut bitter Not, auch bitter Not in unserem Land MecklenburgVorpommern.

(Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Bereits seit dem Jahr 1997 hat das Europäische Parlament alle Mitgliedsstaaten zu Regelungen aufgerufen, die die alltäglichen Diskriminierungen, unter anderem auch für den Bereich der Menschen mit Behinderung, abzuschaffen haben. Seinerzeit wurde oft gesagt, wir in Mecklenburg-Vorpommern wollen erst einmal warten, bis das Bundesgleichstellungsgesetz verabschiedet wird, und wollen daran unser Landesgesetz ausrichten. Wir wissen, das Bundesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung wurde im Jahr 2002 verabschiedet, sodass die Forderung der Linkspartei.PDS, seinerzeit noch PDS, nur logisch für diese Legislatur war, dass wir ein solches Gesetz wollten und weiter wollen.

Wenn wir heute trotz fehlender Verankerung im Koalitionsvertrag einen Gesetzentwurf ins parlamentarische Verfahren geben, dann ist es vor allem zwei Institutionen zu verdanken. Sicher, da gebe ich dem Kollegen Heydorn Recht, die Initiative, was den Druck und das Votum des Landtages angeht, kam eindeutig von den Koalitionsfraktionen. Aber die harte Arbeit des Durchkämpfens in der Landesregierung gilt aus meiner Sicht und auch aus Sicht der Linkspartei zwei Institutionen, und zwar zum einen den Selbsthilfeverbänden, die sehr kritisch und auch sehr fachlich immer wieder angemahnt haben, was sie von einem solchen Gesetz erwarten und welche inhaltlichen Bestandteile ein solches Gesetz haben muss, dabei auch mit eingeschlossen der Integrationsförderrat. Zum anderen, das möchte ich hier ganz deutlich nennen, gilt der Dank der Sozialministerin Frau Dr. Linke.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Gerade die Sozialministerin hat auch manchem Druck in der Landesregierung widerstanden und durchgekämpft. Wir wissen um die lange Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes und da gab es ein, zwei, manchmal auch drei Ministerien, die aus meiner Sicht mehr als nötig gebremst haben. Es ist letztlich inhaltlich so, dass das Landesgleichstellungsgesetz, worauf jüngst in dem Schreiben der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Behinderter noch einmal hingewiesen wurde, welches an alle Fraktionen gegangen ist, ein Gesetz für Menschen mit Behinderung ist, und wir sollten dabei darauf achten, dass auch enttabuisiert wird. Enttabuisiert zum Beispiel wird bei der Frage der Verbandsklage. Oft schwebt über der Frage der Verbandsklage eine große Angst oder es geht die Angst um, wie könnte man mit diesem Instrumentarium umgehen. Andere Bundesländer, die ein solches Verbandsklagerecht auch in diesem Bereich eingeführt haben, wissen heute sehr genau, dass das Verbandsklagerecht sich nie so negativ ausgewirkt hat, wie es ursprünglich befürchtet wurde.

Sicherlich, wir müssen in der Frage der inhaltlichen Beratung noch das eine oder andere diskutieren, auch anhören und uns mit den Betroffenen unterhalten. Ich erinnere hier an die Frage der begrifflichen Bestimmung zur Behinderung. Dahinter steht die Frage: Ab wann gilt ein Mensch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern als Mensch mit Behinderung? Gilt er ab dem ersten Tage seines Handicaps als Mensch mit Behinderung oder gilt er, wenn er erst mindestens sechs Monate eine Behinderung

hat, als Mensch mit Behinderung? Das sind Punkte, die wir beispielsweise hier im Landtag in den Anhörungen, in den Ausschüssen – im federführenden Sozialausschuss beispielsweise – mit behandeln wollen.

Ich muss auch eines ganz deutlich sagen: Wer sich den Gesetzentwurf genau durchliest, wird merken, es ist ein Gesetzentwurf des zurzeit Machbaren, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Unsere Forderungen, die Forderungen der Linkspartei.PDS auch hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, sind weitergehende Forderungen und bei vielen Detailfragen gehen sie über das, was im Gesetzentwurf fixiert ist, hinaus. Aber es ist, wie gesagt, ein Gesetz, welches das Mögliche zurzeit ausschöpft, und in diesem Sinne, glaube ich, ist es nur begrüßenswert.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern nimmt für die Umsetzung dieses Gesetzes ungefähr 200.000 Euro in die Hand. Wichtig ist dabei auch, diese knapp 200.000 Euro werden überall dort, wo die kommunale Ebene mit zusätzlichen Aufgaben betraut wird, unmittelbar an die kommunale Ebene weitergereicht, sodass im Sinne von Konnexität an der Stelle eindeutig geregelt ist, dass den Kommunen unterm Strich keine Mehraufwendungen entstehen.

Aus meiner Sicht, aus Sicht der Linkspartei.PDS, gliedert sich dieser Gesetzentwurf in eine Reihe anerkennenswerter Initiativen unseres Landes, insbesondere im Sozialbereich, ein. Ich möchte hier eindeutig noch einmal erinnern an die sehr harten und heute schon oft vergessenen Diskussionen beispielsweise um das Landespflegewohngeld, wo wir wissen, dass Mecklenburg-Vorpommern mittlerweile Spitzenreiter oder Alleinkämpfer in dieser Sache ist, wo wir insbesondere auch im Sozialbereich so ein Landespflegewohngeld geschaffen haben. Ich erinnere auch an die immer wieder währende Diskussion um das Landesblindengeld und ich bin froh, dass wir jetzt mit dem künftigen Gesetz zur Gleichstellung, der gleichberechtigten Teilhabe und Integration von Menschen mit Behinderungen ein drittes Gesetz auf den Weg bringen wollen, welches in diesen Sozialbereich mündet und welches letztendlich die sozial Schwächeren und Benachteiligten stärkt. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Landesregierung auf Drucksache 4/2114 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss, den Rechts- und Europaausschuss, den Finanzausschuss, den Wirtschaftsausschuss, den Landwirtschaftsausschuss, den Bildungsausschuss, den Bauausschuss sowie den Tourismusausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS – Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, Drucksache 4/2116, in Verbindung mit der Ersten Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion der CDU – Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes, Drucksache 4/2122.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 4/2116 –

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (Erste Lesung) – Drucksache 4/2122 –

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS auf Drucksache 4/2116 hat der Abgeordnete Herr Dr. Körner von der Fraktion der SPD. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! „… die allgemeine Internationalisierung der Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Finanzströme, die zunehmende grenzüberschreitende Kriminalität sowie die fortschreitende europäische Integration und die Bedrohungen durch den internationalen Terrorismus (zwingen) dazu, das polizeiliche Handeln immer effizienter zu gestalten.“ So heißt es in der Einführung zum Gesetzentwurf. Die Koalitionsfraktionen haben auf dieser Grundlage reagiert. Sie wollen die Vorschriften für Videoüberwachung verändern, und zwar dergestalt, dass künftig eine offene Videoüberwachung und -aufzeichnung an öffentlich zugänglichen Orten möglich ist. Sie wollen eine offene Bild- und Tonaufzeichnung ermöglichen. Sie wollen die Situation der Polizeibeamten verbessern, wenn sich Anhalte- und Kontrollsituationen ereignen und die Polizisten in dieser Situation besser geschützt werden sollen. Sie wollen bei der Rasterfahndung die Gefahrenabwehr auch im Vorfeld von Gefahren erleichtern, die Telefonüberwachung erleichtern, insbesondere um gefährlichen Straftaten vorzubeugen. Dieses sind Dinge neben der Überprüfung und der automatischen Ermittlung der Kfz-Kennzeichen, die wir mit diesem Gesetz vorhaben. Sie sind nicht neu, sie sind seit über einem halben/Dreivierteljahr in der öffentlichen Diskussion. Nun haben wir uns dazu entschlossen, diese Dinge in ein Gesetz zu gießen. Der Entwurf dieses Gesetzes liegt Ihnen vor und ist heute Gegenstand der Beratung. So weit die einführenden Bemerkungen meinerseits.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Siegfried Friese, SPD: Sehr schön!)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Das Wort zur Einbringung des Gesetzentwurfes der CDU auf der Drucksache 4/2122 hat der Abgeordnete Herr Schubert. Bitte schön, Herr Abgeordneter.