Protokoll der Sitzung vom 08.03.2006

Zweitens. Der Informationsanspruch ist weit gefasst und er steht auch juristischen Personen wie beispielsweise Parteien und Vereinigungen zu. Schließlich ist besonders zu nennen, dass der Informationszugang nicht vom Nachweis eines besonderen Interesses abhängig ist.

Drittens. Der Informationsanspruch richtet sich gegen alle Verwaltungsstellen, die dem Land unterstehen oder auf die es Einfluss hat. Dies betrifft auch Private, so weit diese öffentlich rechtliche Aufgaben von den Behörden übertragen bekommen haben und sie den Auftrag wahrnehmen.

Viertens. Die Ausnahmeklauseln zum Schutz bestimmter Interessen, auch der öffentlichen, sind bewusst eng gehalten. Der Schutz persönlicher Daten entspricht dabei dem Schutzniveau des Landesdatenschutzgesetzes.

Fünftens. Die Verfahrensregeln sind möglichst einfach und handhabbar gestaltet. Die erforderlichen Abwägungsregeln sind nutzerfreundlich. Dies trifft ebenfalls auf die strikten Fristsetzungen, auf die Ermöglichung des Zugangs und die tatsächlichen Voraussetzungen zu.

Sechstens. Es sind die Möglichkeiten moderner Informationsträger mit einbezogen worden, so zum Beispiel auch das Internet. Dies kann, wie man weiß, Aufwand, Zeit und Kosten sparen.

Siebtens. Neben dem Rechtsweg zu den Gerichten steht dem Nutzer das Recht zu, den Landesdatenschutzbeauftragten anzurufen, der gegenüber den Verwaltungsstellen dieselben Rechte hat, wie er sie nach dem Landesdatenschutzgesetz schon besitzt.

Dieses in aller Kürze zu den gesetzgeberischen Grundlagen dieses Entwurfes. Ich denke, meine Damen und Herren, dass damit die wichtigsten Neuerungen und Wohltaten des Gesetzes benannt sind. Natürlich kann niemand voraussagen, wie das zukünftige Gesetz wirkt. Ich bin überzeugt, dass es keinen Grund zu irgendwelchen dunklen Befürchtungen geben wird, die geäußert werden könnten. Natürlich wird dieses Gesetz nicht die ordnungsgemäße Verwaltung bei uns abschaffen oder den Staat in seinen Grundfesten erschüttern. Die Erfahrungen woanders besagen schließlich, dass eine Lahmlegung der Verwaltung durch eine Unmasse von Anträgen weder zu erwarten noch zu befürchten ist. Eine Evaluierung ist nach drei Jahren vorgesehen und dann wird man sich eine erste Meinung bilden können. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und einzelnen Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Borchardt.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Innenminister Herr Dr. Timm.

Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren! Mit dem Ihnen vorliegenden Informationsfreiheitsgesetzentwurf schaffen wir hier in Mecklenburg-Vorpommern für den Bürger eine Rechtsposition, die es ihm erlaubt, freien Zugang zu den Verwaltungsinformationen zu bekommen, die er bisher ohne Anlass nicht bekommen hat. Damit vollzieht sich zwischen Bürger und Verwaltung ein Paradigmenwechsel. Das heißt, der Bürger kann die Verwaltung fragen, wie sie zu bestimmten Gebührenentscheidungen kommt oder wie bei Baubehörden bestimmte Einzelentscheidungen zustande kommen und vieles mehr. Mecklenburg-Vorpommern stellt sich damit in eine Reihe vieler anderer moderner Demokratien europäischer und nicht europäischer und einiger anderer Bundesländer, bei denen dieser Paradigmenwechsel zwischen Bürger und Verwaltung auch bereits vollzogen wurde.

Der Geltungsbereich des Gesetzes betrifft die Landesverwaltung in Mecklenburg-Vorpommern und die im Land liegenden Kommunalverwaltungen, nicht die Bundesver

waltung, aber wir wissen ja bereits, dass der Bund für seine eigene Verwaltung schon seit dem 1. Januar ein Bundesinformationsfreiheitsgesetz erlassen hat. Das Verfahren wird so sein, dass der Bürger in der Regel schriftlich einen Antrag bei der entsprechenden Verwaltungsbehörde stellt. Die Auskunft kann ihm schriftlich oder mündlich erteilt werden. Das hängt davon, was der Bürger begehrt. Die Verwaltung hat eine Beratungspflicht. Das heißt, sie hat bei der Beantragung der Auskunft den Bürger über das Wie des Antrages zu beraten. Die Frist für die Bearbeitung seines Antrages liegt in der Regel bei einem Monat, in Ausnahmefällen bei drei Monaten, vor allem deswegen, weil natürlich auch andere Verwaltungen mitberaten oder mit hinzugezogen werden müssen. Oft ist ein Verwaltungsvorgang komplex und das kann auch eine Weile dauern.

Wichtig ist es, dass für die Verwaltung die Möglichkeit geschaffen wird, kostendeckende Gebühren zu erheben. Wir haben keinen Deckel eingezogen wie beim Bund – dort liegt der Deckel bei maximal 500 Euro pro Antrag –, das heißt, nach oben hin ist alles möglich. Große Fragen kosten viel Geld, umfangreichere Recherchen noch viel mehr Geld, Einzelfragen, wenn sie einen kleinen Umfang haben, natürlich nicht so viel. Das liegt alles in der Hand dessen, der eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung richtet.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Ich persönlich habe es am Anfang nicht für richtig gehalten, dass wir so ein Gesetz erlassen, und zwar deswegen nicht, weil die Gefahr des Missbrauchs dieses Gesetzes sehr intensiv diskutiert wurde. Aber glücklicherweise ist es so, dass dieses Gesetz nach fünf Jahren außer Kraft tritt. Das heißt, wir haben fünf Jahre Zeit, das Gesetz wirken zu lassen. Es wird dann evaluiert und das werden wir gemeinsam tun. Wir werden von der Landesregierung dazu einen Bericht vorlegen und dann wird sich zeigen, ob es sinnvoll war, dieses Gesetz gehabt zu haben, und es sozusagen in Würde zu verabschieden oder zu verändern beziehungsweise zu verlängern. Wichtig ist nur – und das rate ich jedem, der dieses Gesetz weiterführen möchte –, dafür zu sorgen, Missbrauchstatbestände gar nicht erst hochkommen zu lassen, Missbräuche nicht zu begehen. Demzufolge wünsche ich diesem Gesetz, wenn es verabschiedet ist, natürlich in der Verwaltungspraxis viel Erfolg in der Hoffnung, dass es keine missbräuchlichen Anwendungen gibt. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Innenminister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine gerade heute sehr verehrten Damen! Meine Herren! In der Beratungsfolge der heutigen 71. Sitzung des Landtages wird sozusagen Normalität suggeriert. Von wegen Paketlösung und gibst du mir, so gebe ich dir! Von wegen Koalitionsgeschäft oder gar Deal! Zwischen den Gesetzentwürfen zur Änderung des SOG, also der Erweiterung von Polizeirechten und der Revolution in den Amtsstuben durch das Informationsfreiheitsgesetz, wird eben mal, wenn auch kurz, über die erste Änderung des

Bestattungsgesetzes in Mecklenburg-Vorpommern gesprochen. Ein Schelm, der Arges dabei denkt!

(Siegfried Friese, SPD: Das hat der Ältestenrat so beschlossen.)

In Wahrheit erinnert das Verfahren schon mehr an einen orientalischen Basar.

(Holger Friedrich, SPD: Na, na!)

Dies für das – Amtsgeheimnis für Polizeirechte! Es ist schon bemerkenswert, dass es offensichtlich einen förmlichen Kompromiss braucht, um die Handlungsfähigkeit der Koalition wieder herzustellen. Herr Dr. Körner hat in dem Teil seiner Rede, über den ich eigentlich nur reden möchte, das verniedlichend einen längeren Prozess genannt. Ansonsten, Herr Dr. Körner, gestatten Sie mir an dieser Stelle, dass ich von Ihrem Redebeitrag auch persönlich etwas betroffen war. Das ist jetzt eine sehr persönliche Anmerkung von mir, wirklich sehr persönlich, hat mit meiner Fraktion gar nichts zu tun, aber ich persönlich fand ihn substanzlos, peinlich und überflüssig.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Und selbstverständlich hat diese Paketschnürerei, die ja offen zugegeben wurde, überhaupt gar nichts, nicht ein bisschen mit der Zustimmung aus den Reihen der Linkspartei zum Verwaltungsmodernisierungsgesetz zu tun. Überhaupt kein bisschen!

(Heiterkeit bei Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Nö. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)

Und wie Sie, Herr Minister Dr. Timm, diese etwas seltsame und etwas peinliche Pattsituation in Ihrer Rede zum SOG zu einem bundesweit beachteten Beispiel der Einigung, ich erinnere da an den größten gemeinsamen Nenner, umfirmiert haben, also das konnte ein Herz schon rühren. Das muss ich einfach mal sagen.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Jetzt werden Sie aber auch peinlich. – Heiterkeit bei Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS)

Meine Damen und Herren, ganz leicht hat es sich auch auf Bundesebene die SPD mit dem Informationsfreiheitsgesetz nicht gemacht.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Es stand immerhin schon 1998 …

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Und hier 1991!)

50 Jahre! 50 Jahre!

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Hier 1991!)

1998 stand es schon im …

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: 1991 hier!)

Sie haben es schon 1991 gemacht.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

Da können Sie mal sehen,

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Und Sie haben abgelehnt.)

wie Sie damals Ihrer Zeit voraus waren.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Ja, so sind wir.)

(Heinz Müller, SPD: Und Sie hinterher.)

1998 stand es schon im rot-grünen Koalitionsvertrag. So brauchte es immerhin mehr als sechs Jahre bis zur Umsetzung, also bis zum so genannten Paradigmenwechsel zwischen Bürger und Verwaltung, wie es der Herr Minister vorhin in seinem Redebeitrag so treffend formuliert hat.

(Holger Friedrich, SPD: Es muss doch auch alles bedacht werden.)

Jaja. Ihr braucht manchmal lange, um alles zu bedenken.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)