Protokoll der Sitzung vom 30.01.2003

Und da können wir auch nicht, Herr Minister Ebnet, wie Sie es sonst gelegentlich tun in Ihrer Funktion als Wirtschaftsminister, den Unternehmen sagen, ja, ihr müsst euch vorher genau ankucken, mit welchen Vertragspartnern ihr euch einlasst. Erstens haben wir nicht die Situation, dass die Auftraggeber Schlange stehen, sondern es ist umgekehrt so, dass jeder Unternehmer im Lande froh ist, wenn er überhaupt einen Auftrag bekommt. Und zweitens ist das natürlich eine Situation, die sie auch nicht vorhersehen können. Denn ob einer ein Gauner ist oder nicht – sie können nicht erst noch einen Privatdetektiv anstellen, um das zu ermitteln –, das stellt sich ja dann erst raus, wenn die Leistung erbracht ist. Hier ist wirklich die Justiz gefordert und da bitte ich den Justizminister ganz nachdrücklich, sich dieses Problems anzunehmen.

Sie sehen, das ist ein sehr vielschichtiges Problem, mit dem wir es zu tun haben. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Antrag, der nun wirklich nicht irgendwie parteipolitisch ausgerichtet ist, sondern ein Grundproblem

dieses Landes betrifft, einvernehmlich hier behandelt werden könnte. Wenn Sie ihn in die Ausschüsse überweisen wollen, sind wir damit selbstverständlich gerne einverstanden. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vielen Dank, Herr Born.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst das Wort dem Justizminister des Landes Herrn Sellering.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Born, ich möchte an Ihre letzten Worte anknüpfen. Wir haben ein sehr ernstes Problem, das uns alle gemeinsam angeht. Und deshalb, denke ich, dass es richtig ist, dass wir in dieser Frage die Gemeinsamkeiten betonen und gemeinsam versuchen, zu Lösungen zu kommen. Ich halte auch für richtig, diesen Antrag in die Ausschüsse zu überweisen und dort gemeinsam viele Fragen, die möglicherweise noch offen sind, zu erörtern und zu sehen, ob wir vielleicht auch gemeinsam den einen oder anderen Lösungsansatz haben, der uns weiterbringt. Wie ernst das Problem ist, ist uns allen ja heute Morgen noch mal vor Augen geführt worden durch die Demonstration.

Ich denke, nahezu jeder kennt das aus Gesprächen mit Handwerkern und Unternehmern. Ich selbst habe sehr viele öffentliche Veranstaltungen in Kammern und Verbänden gemacht, wo mir diese Probleme nachdrücklich dargelegt worden sind. Das ist ein sehr ernstes Problem, es ist an mich häufig herangetragen worden unter dem Gesichtspunkt, dass Zahlungsmoral ein Justizproblem sei. Da sind wir uns, glaube ich, auch einig – so habe ich das heute Ihren Worten entnommen –, dass das nicht so ist, sondern das Hauptproblem liegt eben darin, dass die Auftragslage in den letzten Jahren natürlich schlechter geworden ist gegenüber den Anfangsjahren, dass die Kapitaldecke zu dünn ist und dass dann ja quasi folgerichtig denknotwendig, wenn die Geldmittel nicht ausreichen, die Zahlungsmoral schlecht wird.

Und da bin ich auch bei dem ersten Punkt Ihres Antrages, einen Bericht über die Zahlungsmoral zu geben. Wie ist die Zahlungsmoral im Land? Das betrifft ja, wenn man Punkt 2 sieht, Zahlungsmoral der öffentlichen Hand, dann betrifft Punkt 1 ja – und nach meinen Erfahrungen aus den vielen Gesprächen weiß ich, dass es weniger der kleine Häuslebauer ist, der versucht, alles auszureizen, vielleicht auch zunehmend – vor allem Probleme, die wir bei den Unternehmern untereinander haben. Und das ist ja auch ein Teufelskreis: Wenn ich eigentlich zahlen möchte, aber meine Leute mich nicht bezahlen, dann fängt man selbst an. Und insofern sind wir uns auch alle einig, dass der Begriff „Moral“ es nur unvollkommen trifft. Wir haben da große Probleme. Also ich denke, wir sollten es uns in den Ausschüssen ansehen.

Ich hätte dann allerdings auch gerne, dass wir uns jetzt schon darüber klar sind, dass wir einige Punkte natürlich deutlich überarbeiten müssen. Wenn ich mir ansehe Punkt 2 und Punkt 4, da ist ja schon die öffentliche Hand ein bisschen sehr weitgehend unter Generalverdacht gestellt, nämlich dass so getan wird, als ob die öffentliche Hand hier verspätet zahlt. Das ist nicht so. Die öffentliche

Hand hält sich an die Landeshaushaltsordnung, Vergabeverordnung, VOB. Soweit ich das weiß und soweit ich das aus ganz vielen Gesprächen mit Unternehmern weiß, wird mir gesagt, die öffentliche Hand ist das geringste Problem. Also da sollten wir gerne hinschauen, ob sich etwas anderes entwickelt hat. Die Abfassung der Punkte 2 und 4 geht mir schon ein bisschen gegen den Strich, weil das wie ein Generalverdacht klingt.

Bei Punkt 1 muss ich mal fragen: Wie können wir denn die Zahlen, die da wünschenswert wären, wie können wir die denn erheben? Dazu jetzt wieder ein Gutachten in Auftrag zu geben, ein bisschen scheut man sich ja auch.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Angelika Gramkow, PDS)

Von Unternehmerverband und Handwerkskammern gibt es ja Umfragen zu einzelnen Punkten, zum Beispiel auch zum Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, hat das gegriffen, wie hat das gegriffen, so dass man da auch Hilfestellung bekommt. Wobei aus meiner Sicht eben das Wichtigste, glaube ich, ist, dass wir wissen, warum es dazu kommt. Das liegt an der mangelnden Liquidität.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Sie haben in Punkt 3 das Steuerpolitische angesprochen. Da wird man auch noch mal ganz im Einzelnen hinschauen müssen. Man kann natürlich sagen, je höher die Grenze, desto besser, aber man müsste auch wissen, wie wirkt sich das denn hier im Lande tatsächlich aus. Wir haben Betriebe, das sind weit über 90 Prozent, die kommen mit den 500.000 Euro – 1 Million DM – gut zurecht. Wenn wir hier was ändern würden, für die gesamte Bundesrepublik ändern würden, würde das hier im Land etwa 6 Prozent zugute kommen. Da müsste man überlegen, wie sich das auswirkt. Was wir sicherlich tun sollten, wäre, dafür zu sorgen, dass die Regelung, die wir jetzt haben und die dazu führt, dass über 90 Prozent unserer Unternehmen hier im Lande davon profitieren können, dass die nicht 2004 ausläuft, sondern dass wir das verlängern. Also da sollten wir sicherlich zusammen Wege gehen.

Ich möchte natürlich auch was sagen zur Justiz, wobei ein Punkt, glaube ich, auch noch wichtig ist, das ist mir in vielen Gesprächen mit Unternehmern klar geworden: Die Vergabepraxis im Lande wird häufig angesprochen. Es wird gesagt, wir werden kaputt gemacht durch Billigkonkurrenz und die öffentliche Hand nimmt fast immer den billigsten Anbieter. Und da, meine ich, müssen wir uns auch darüber klar werden, auch die öffentliche Hand, auch die öffentliche Verwaltung, das ist vielleicht auch eine Frage von Deregulierung unter diesem Stichwort, dass wir deutlich machen, wie groß die Verantwortung und wie groß auch rechtlich der Spielraum bei der Vergabe ist. Man muss nicht das billigste Angebot nehmen. Und wenn das sozusagen automatisch geschieht, könnte das auch deshalb geschehen, weil wir vielleicht dem einzelnen Sachbearbeiter da nicht genug an Mut zutrauen oder weil wir auch nicht genug an Unterstützung geben. Das müssten wir unbedingt ändern. Ich denke, dass das auch ein wichtiger Punkt ist. Die Vergabe von Aufträgen spielt eine große Rolle.

Nun zur Justiz. Ich habe eben schon gesagt, es ist kein Justizproblem im engeren Sinne. Eine funktionierende Justiz, die überhaupt keine Abstriche zulässt, würde das

Problem nicht aus der Welt schaffen. Darüber müssen wir uns klar sein. Deshalb habe ich mich immer dagegen verwahrt, das Thema zur Justiz zu schieben und es da sozusagen stellvertretend abzuarbeiten. Aber völlig klar ist auch, dass die Justiz ihren Teil leisten muss.

Ich habe eben etwas zum Generalverdacht gegenüber der öffentlichen Hand gesagt. So etwas gilt natürlich auch bei einzelnen Fällen vor Gericht. Es wird sich immer finden lassen, dass wir irgendwo nicht so arbeiten, wie man sich das wünscht, dass die Verfahren zu lange dauern. Darüber hinaus muss ich auch zugeben, dass wir hier im Land über Jahre – das mag mit dem Aufbau zusammenhängen – an der einen oder anderen Stelle ernste Rückstände haben, die dazu führen, dass es an manchen Gerichten ernsthafte Probleme gegeben hat. Aber darüber habe ich auch hier dem Landtag schon mehrfach berichtet. In den letzten zwei Jahren haben wir uns diesem Problem mit aller Kraft gestellt. Wir haben gerade in diesem Bereich „ordentliche Justiz“ das Personal massiv verstärkt. 25 Richter sind mehr bei der Arbeit in diesem Bereich. Wir haben, was Sie angesprochen haben, bei den Gerichtsvollziehern etwas getan. Da waren 83 Leute im Land tätig, jetzt sind wir bei 100.

Völlig klar ist natürlich, wenn wir aufstocken in diesem Bereich und in dieser Größenordnung, dass sie nicht von heute auf morgen mit dem Berg fertig werden. Und in den Diskussionen, die wir immer geführt haben, auch wir untereinander, die ich mit der Justiz führe, da ist natürlich ein Teil der Diskussion, dass wir sagen, wir rechnen aus – das geht ja nach einem bundeseinheitlichen Schlüssel, wie viel Personal wir brauchen –, wie viele Leute brauchen wir, um mit dem normalen Eingang fertig zu werden. Und wir haben auf der anderen Seite einen kleinen Berg liegen, den wir zusätzlich abarbeiten wollen, dann könnten wir natürlich sagen, wenn wir jemanden hätten, zusätzlich einstellen und der würde genauso berechnet sein, dass er diesen Berg in einem Jahr wegbekommt, das wäre wunderbar.

Aber – ich denke, darüber sind wir uns auch hier über die Grenzen der Fraktionen hinaus einig – dieses Land muss ernsthaft Haushaltskonsolidierung betreiben und da kann sich die Justiz nicht ausschließen, sondern wir müssen dazu einen Teil beitragen. Allerdings müssen wir funktionsfähig bleiben. Deshalb sind die Pläne, die wir haben, nicht so, dass wir sagen, wir schaffen das in einem Jahr. Und es ist auch so, dass ich den Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ganz deutlich sagen muss: Wir sind so belastet, dass ich von euch erwarte, dass ihr über einen gewissen Zeitraum die Ärmel aufkrempelt und auch noch ein bisschen über Soll macht. Das haben sie in den letzten Jahren getan und da leisten sie gute Arbeit.

Herr Born, ich denke, wir sind uns da einig. Wenn es Ausreißer gibt, wo wir im 4-Augen-Gespräch sagen, das ist nicht gut gelaufen, so können wir doch unterm Strich sagen, wir haben eine gut motivierte Justiz. Und da, wo es Probleme gibt, liegt es vielleicht auch daran, dass wir vor Ort das Personal richtig einsetzen müssen. Wir haben in den letzten zwei Jahren einen Schwerpunkt auf diesen Bereich Zahlungsmoral gelegt und Erfolge erzielt. In Stralsund zum Beispiel, im Landgerichtsbezirk Stralsund, haben wir das, was wir an Rückständen vorgefunden haben, innerhalb eines Jahres um 25 Prozent reduziert. Ähnliche Fortschritte gibt es im Landgerichtsbezirk hier in Schwerin, der allerdings der schwierigste ist.

Das, was Sie im Einzelfall schildern, Herr Dr. Born, da ist völlig klar, dass man sagt, das darf nicht so sein, sondern da müssen wir weiterkommen. In Ihrer Ziffer 5 sagen Sie: „keine Kürzungen bei den Personalstellen in der Justiz vorzunehmen“, und das an die Regierung gerichtet. Das ist nicht hundertprozentig die richtige Adresse. Sie wissen natürlich, dass wir im Moment bei den Haushaltsverhandlungen sind und morgen ist die Haushaltsklausur. Aber die letzte Entscheidung liegt bei den Damen und Herren dieses Hauses. Mein Ziel ist bei den Haushaltsverhandlungen, das mit einem Vorschlag zu machen, der dann an dieses Haus geht. Und nach dem, wie wir bisher miteinander geredet haben, würden wir das so erreichen. Mein Ziel ist, dass wir diese Anstrengungen, die ich in den letzten zwei Jahren unternommen habe im Bereich der ordentlichen Justiz, nicht dadurch konterkarieren, dass wir jetzt dort Leute abziehen. Wir können nicht verstärken, die Ärmel aufkrempeln und reinhauen und dann sagen: So, das ist es aber jetzt gewesen. Dieser Bereich muss weiterfahren, so dass es mein Ziel ist, die Einsparvorgaben, die die Justiz auch mittragen muss, durch Umstrukturierungen und in anderen Bereichen zu erbringen.

Wenn wir über Investitionen reden, und das ist ja auch ein Thema, wenn wir über unsere mittelständischen Betriebe reden, dann spielt noch eine andere Gerichtsbarkeit eine große Rolle, nämlich die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Und da, muss ich klar sagen, müssen wir auch zu weiteren Verbesserungen kommen. Es ist einfach ein Standortfaktor, wenn jemand hierher kommen will, dass er schnell die Genehmigungen der Behörden bekommt, aber dass er auch dann, wenn es Widerstand gibt, vor Gericht sein Recht bekommt.

Wir haben bei den Verwaltungsgerichten Leute, die bei ihren Erledigungen deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegen. Dennoch sind unsere Zeiten leider auch über dem Bundesdurchschnitt, wobei ich aber sagen kann, dass das dann, wenn es um wichtige Investitionen geht, den Richtern auch bewusst ist. Wir haben zum Beispiel, was Lubmin angeht, mehrere umweltrechtliche Verfahren gehabt, die durchschnittlich in sieben Monaten entschieden worden sind bis zum Oberverwaltungsgericht. Das sind gute Zeiten. Aber, wie gesagt, das wird sicherlich ein Schwerpunkt sein.

Wenn wir uns über die Justiz unterhalten und darüber, dass man vielleicht Personalverstärkung machen muss, dass man sehen muss, wie können wir die Aufgaben, die da sind, bewältigen, dann, denke ich, kann es langfristig nicht die Lösung sein, dass wir hier bei der Haushaltskonsolidierung immer hin und her überlegen und sagen: Können wir in anderen Bereichen noch sparen und können wir noch drei Richter mehr einstellen? Sondern ich denke, dass wir uns da auch einem strukturellen Problem stellen, nämlich uns fragen müssen: Wie viel Justiz können wir uns als Staat leisten? Das ist ja auch etwas, was in das Thema Deregulierung passt. Und wir müssen genau gucken, welche Aufgaben die Justiz übernehmen kann und wo wir auch zu strukturellen Einsparungen kommen können. Diese Diskussion wird im Moment im Bund geführt und in diese Diskussion bringe ich mich auch massiv ein und werde versuchen, Modernisierungsvorschläge zu machen, die dazu führen, dass wir in der Justiz ohne Qualitätseinbußen zu Einsparungen kommen. Ein ganz wichtiger Bereich ist das Betreuungswesen, wo wir riesige Gelder ausgeben. Da wird man im Einzelnen genau nachsehen müssen.

Also ich denke, dass wir in den Ausschüssen mit diesem Thema viele Punkte haben, die wir ansprechen können. Die Landesregierung hat in der letzten Legislatur auf dieses Thema großen Wert gelegt. Ich habe das eben nur angerissen, was wir gemacht haben zum Beispiel im Justizbereich. In der Koalitionsvereinbarung steht ganz deutlich, dass das ein Schwerpunkt ist. Aber ich denke, wichtig ist, dass wir diese Punkte, die wir als Regierung vorhaben, als Regierungsfraktion vorhaben, auch mit Ihnen erörtern. Und wenn dann noch Ideen und Vorschläge kommen, warum sollen wir die nicht aufnehmen?

Ein anderer Punkt ist, dass, wenn man mit Handwerkern redet, sie gerne in dem einen oder anderen Bereich eine Gesetzesänderung haben möchten. Und ich könnte mir auch vorstellen, dass wir durch die besondere Situation in den neuen Bundesländern vielleicht mit gesetzlichen Änderungen – Stichwort: Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen, da sind wir uns ja einig, dass das nicht so sehr gegriffen hat – weiterkommen könnten. Aber im Bundesrat hat sich ja gezeigt – Sachsen hat eine bemerkenswerte Initiative vorgelegt, Mecklenburg-Vorpommern hat immer unterstützt in diesem Bereich –, dass wir da nicht durchdringen, weil die Altbundesländer mehrheitlich dagegen sind. Und da müssen wir uns dann auch nicht gegenseitig vorhalten, dass die Parteifreunde anders gestimmt haben, sondern vielleicht auf diese Parteifreunde jeweils Einfluss nehmen und versuchen, dass wir im gemeinsamen Interesse etwas weiterkommen. Also da, denke ich, muss man auch genau hinsehen.

Wobei ich bei Gesetzesänderungen sagen muss – das sage ich auch jedem Handwerker –, dass man natürlich an gesetzliche Änderungen denken muss, die dazu führen, dass Handwerker nicht über den Tisch gezogen werden. Aber bei einem Abwägungsprozess geht es auf der anderen Seite auch immer um Verbraucherschutz. Und wir können nicht, um die Handwerker zu retten, alle Möglichkeiten, sich gegen Mängel zu wehren, beschneiden. Das darf auch nicht sein. Aber ich denke, da haben wir genug Stoff, um uns auszutauschen und zu einer vernünftigen Lösung zu kommen, so dass Sie am Ende vielleicht das, was wir ohnehin schon in der Koalitionsvereinbarung haben, mit unterstützen werden, vielleicht angereichert um die eine oder andere Idee. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und einzelnen Abgeordneten der PDS)

Danke schön, Herr Minister.

Die angemeldete Redezeit wurde mit vier Minuten überschritten, so dass nach Geschäftsordnungsparagraph 85 der CDU vier Minuten mehr Redezeit zur Verfügung stehen.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borchert von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende CDUAntrag greift ein ganz wichtiges Problem auf, das haben ja meine Vorredner schon gesagt, ein Problem, das uns nun schon seit Jahren beschäftigt. Ich erinnere an die Landtagssitzung vom 29. Juni 2001. Da haben wir uns bereits auch aufgrund leider eines CDU-Antrages mit dem Thema befasst. Und ich möchte Herrn Born durchaus beipflichten, wenn er sagt, dass der Antrag selbst nicht parteipolitisch ausgerichtet ist, allerdings der Redebeitrag phasen

weise schon. Denn ich möchte darauf verweisen, Herr D r. Born, dass es das Thema schlechte Zahlungsmoral auch schon vor 1998 gab.

(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als ich im Sommer 1998 in Waren vor der Klinik am See stand auf der Seite der demonstrierenden Handwerker, die dort ihre Zahlungsausfälle einforderten. Also von daher, glaube ich, gehört es zur Sachlichkeit, dass dieses Problem nun nicht auch noch ausdrücklich der aktuellen rot-grünen Bundespolitik angelastet wird.

(Beifall Heike Polzin, SPD, und Ute Schildt, SPD)

Ich glaube, die heutige Demonstration der Handwerker hat noch mal deutlich gemacht, dass die Politik insgesamt und alle Parteien hier aufgefordert sind, nicht nur über dieses Problem zu reden, sondern über das bisherige Maß hinaus zu konkreten Maßnahmen zu kommen, um dieses Problem etwas besser in den Griff zu bekommen.

Es stimmt, schätzungsweise zwei Drittel aller Unternehmen in unserem Land haben große Probleme mit der schlechten Zahlungsmoral. Und ein Großteil der Insolvenzen, das ist sicherlich auch völlig unstrittig, sind auf Forderungsausfälle in Größenordnungen zurückzuführen. Es würde Firmen, Unternehmen heute möglicherweise noch am Markt geben und Arbeitsplätze, die möglicherweise noch da wären, wenn wir es hier nicht in großem Maße mit dieser schlechten Zahlungsmoral zu tun hätten. Und gerade hier bei uns in den neuen Ländern, in MecklenburgVorpommern, steht das Problem im Raum, dass die geringe Eigenkapitaldecke natürlich sehr schnell zu den Liquiditätsproblemen führt. So weit zur Situation.

Aber wie läuft das in der Praxis ab? Ein Auftrag wird in der Regel, sage ich mal, in guter Qualität ausgeführt, die Rechnung wird gestellt und der Kunde zahlt sehr spät oder auch gar nicht. Herr Dr. Born hat zu Recht darauf verwiesen, dass es neben Zahlungsunfähigkeit, für die es auch wieder unterschiedlichste objektive Gründe geben kann, in großem Maße aber Zahlungsunwilligkeit gibt. Das scheint mir hier das eigentliche große Problem zu sein. Wobei ich auch sagen muss, dass ich glaube, dass das Hauptproblem der späten Zahlung beziehungsweise der Zahlungsunwilligkeit nicht bei den öffentlichen Auftraggebern zu sehen ist, sondern selbstverständlich bei den privaten Auftraggebern, bei den Unternehmern selbst, in ihrem Verhältnis zueinander. Ich will aber auch nicht verschweigen, dass es bei den öffentlichen Auftraggebern Probleme gibt, insbesondere dann, wenn sie zu spät zahlen.

Was die Bau- und Liegenschaftsverwaltung des Landes betrifft, so sind mir zumindest keine Fälle bekannt, die sich, ich sage mal, über einen längeren Zeitraum erstreckt hätten. Die Zahlungsverzüge beschränken sich dort in der Regel auf wenige Tage. Ob das so ist, werden wir sicherlich in den Ausschüssen – und ich kann hier schon mal vorausschicken, auch die SPD-Fraktion wird in diesem Falle Überweisung beantragen – noch vertiefen.

Aber eins, Herr Dr. Born, glaube ich, wird besonders interessant, wenn es nämlich um die schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand im kommunalen Bereich geht. Dann werden wir sicherlich an konkreten Beispielen – und dann bin ich dafür, Ross und Reiter zu nennen – SPD-Bürgermeister haben, dann werden wir CDU-Land

räte haben und dann wird es so richtig interessant. Ich gehe davon aus, dass wir dann in einem Boot sitzen, wenn es darum geht, diese schwarzen Schafe zu benennen und auch politisch zu intervenieren, allerdings natürlich unter Beibehaltung der kommunalen Selbstverwaltung. Aber wir haben ja alle unsere Kommunalpolitiker und könnten dann einmal auf dieser Schiene versuchen, ein bisschen Einfluss zu nehmen. Ich bin sehr gespannt auf diese Diskussion.

Ich komme jetzt zu der Frage: Was können wir nicht leisten? Ich glaube, bevor wir versuchen, die Frage zu beantworten, was kann die Politik, sollten wir auch mal klar machen, was kann die Politik nicht. Ich möchte ganz ausdrücklich vor zu großen Erwartungen warnen, Herr D r. Born. Wir kommen sonst nicht mehr runter von dem Pferd beziehungsweise von dem Baum oder von dem Ast, auf dem wir dann sitzen, wenn wir zu hohe Erwartungen wecken.

(Zuruf von Kerstin Fiedler, CDU)

Denn auch Sie werden mit in die Verantwortung genommen. Und da bin ich schon der Meinung, grundsätzlich kann Politik, können Gesetze nur sehr, sehr schwer moralische Kategorien verbessern, geschweige denn verändern oder wie auch immer. Wenn überhaupt, dann nur sehr, sehr beschränkt. Und es geht hier auch um eine moralische Kategorie, wie es der Begriff „Zahlungsmoral“ schon richtigerweise sagt.

Das Zitat von Kurt Tucholsky aus dem Jahr 1929 vom Kollegen Siegfried Friese aus einer der Landtagssitzungen zu diesem Thema ist so gut, deswegen verwende ich es gern noch einmal: „Leute erwarten auch mitunter zu viel vom Gesetz.“ Das sollten wir zumindest mit im Blick haben.

Zweitens, glaube ich, sollten wir die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen, denn beim Thema Zahlungsmoral ist in erster Linie die Bundesregierung Gesetzgeber und in Verantwortung. Sicherlich, wir können und wir werden bei Bundesratsinitiativen tätig werden. Wir brauchen allerdings dabei natürlich die CDU-Mehrheit im Bundesrat. Von daher, glaube ich, wird es auch in dem Bereich sicherlich spannend. Aber die Möglichkeit der Landespolitik im gesetzgeberischen Bereich ist bekannterweise in diesem Fall entweder gar nicht gegeben oder nur sehr, sehr beschränkt.

Drittens möchte ich von vornherein klarstellen: In erster Linie sind in der Markwirtschaft, und das werden Sie sicher als überzeugte Marktwirtschaftler überhaupt nicht bestreiten, natürlich die Unternehmer in Eigenverantwortung. Die müssen nun einmal ihren Geschäftsbetrieb auf ein erfolgreiches Zahlungs- und Finanzmanagement ausrichten. Diese Verantwortung kann ihnen keiner abnehmen, auch wir nicht als Politiker. Dazu gehören Rechtskenntnisse, die man haben sollte und die man auch anwenden sollte. Allerdings gehöre ich auch zu denen, die Verständnis haben für Unternehmer in unserem Land gerade in der jetzigen Situation, denn sie haben aufgrund der Baukrise Existenzangst, Konkurrenzangst. Diese Angst führt natürlich dazu, dass sie auf Abschlagszahlungen bewusst verzichten, auf Sicherheitsleistungen bewusst verzichten, dass möglicherweise auch Aufträge herausspringen, die gar nicht ihren Möglichkeiten entsprechen und, und, und. Das ist mir alles bekannt. Und ich bin der Meinung, dass man diese Gratwanderung hinbekommen muss, einerseits an die Eigenverantwortung von