Ich bin ein paar Mal gefragt worden, was ich eigentlich als Arzt davon halte. Ich bin mit diesem Thema außerordentlich vertraut.
Zwei Aspekte: Der eine, im Standardlehrbuch der Chirurgie bei Urban & Schwarzenberg habe ich das Kapitel „Krebserkrankungen im Kopf-Halsbereich“ geschrieben. Die wichtigste Ursache für nahezu alle Krebserkrankungen ist das Rauchen. Und wenn man dann noch die tödlichen Gefäßerkrankungen dazunimmt, dann ist das eine ganz klare Aussage: Rauchen ist das häufigste und wichtigste Gift, das zum Tode führt, oder, man kann es noch mehr verkürzen, es ist die häufigste Todesursache in Deutschland.
Aus klinischer Erfahrung weiß ich aber auch, wie schwer es Rauchern fällt, sogar im Leidensdruck einer Krebserkrankung, sogar wenn sie schwer durch Rauchen erkrankt sind, vom Rauchen loszulassen. Rauchen ist eine Sucht bei vielen Menschen. Rauchen hat vielfach Suchtcharakter und es ist ganz unstrittig, dass man eine Sucht
nicht durch Verbote heilen kann, sondern eine Sucht wird therapiert durch selbst erarbeiteten Verzicht. Das gilt auch für Suchtvorbeugung. Im Mittelpunkt steht selbst erarbeiteter Verzicht. Aus diesem Grunde begrüße ich es bei jeder Schule, die sich in eigenen Überlegungen, mit eigenen Entscheidungen und durch selbst erarbeiteten Verzicht zu einer rauchfreien Schule erklärt. Rauchen ist ein sozial unerwünschtes Verhalten. Es ist doch klar, im Sinne von Gesundheitserziehung und Gesundheitsprävention, dass jeder für eine rauchfreie Schule sein muss.
Gleichwohl vertrauen wir auf die soziale und Gesundheitskompetenz unserer demokratisch verfassten Schulgremien, speziell auf die Schulkonferenzen, die vor Ort zu entscheiden haben, wie sie mit dieser Frage umgehen.
Lassen Sie mich nicht zuletzt noch einmal darauf hinweisen, dass wir eine bestehende Gesetzesgrundlage haben, in der faktisch ein Rauchverbot enthalten ist, nämlich Paragraf 10 Jugendschutzgesetz. Nach diesem Jugendschutzgesetz darf für Jugendliche unter 16 Jahren kein Alkohol- und kein Nikotingenuss geduldet werden. Das gilt natürlich auch für unsere Schulen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich denke, von der Sache her sind wir uns alle einig.
Rauchen ist eine sehr gefährliche Angelegenheit. Wenn man dem „Spiegel“ vom 26.06.2006 Glauben schenken darf, versterben jährlich 140.000 Menschen in der Bundesrepublik Deutschland an den Folgen des Rauchens. Rund 3.300 Nichtraucher lassen ihr Leben durch Passivrauchen. Aber trotzdem rauchen rund 30 Prozent der deutschen Bevölkerung. Ich frage einmal die 30 Prozent unter Ihnen: Warum rauchen Sie und geben mit Ihrem Rauchen eine derart schlechte Vorbildwirkung für Ihre Kinder, vielleicht auch schon für Ihre Enkelkinder ab? Ich denke, unser Bildungsminister hat zu diesem Thema einiges gesagt.
Ich möchte noch einmal aus dem „Spiegel“ zitieren: „Der Minister von der CSU stand am Rednerpult des Bundestages und war derart in Fahrt, dass er für seine lautstark vorgetragenen Argumente sogar mehrmals Applaus vom SPD-Mann Peter Struck erhielt. ,Wir müssen mit dem Irrglauben Schluss machen, dass der Staat in Bezug auf Prävention und Gesundheitsvorsorge der beste Problemlöser ist.‘, sagte Horst Seehofer. ,Mehr Bevormundung durch den Staat führt zu immer weniger Eigenverantwortung‘ und deshalb sei er gegen Rauchverbot des Bundes, schloss der Minister für Gesundheit seine Rede.“ Es war der 5. Februar 1998.
Was will ich damit zum Ausdruck bringen? Ich glaube, dass das Thema Rauchen politisch sowie gesamtgesell
schaftlich inzwischen anders diskutiert wird. Rauchen wird durch die Gesellschaft zunehmend geächtet, Rauchen im öffentlichen Raum, Rauchen in Gaststätten und so weiter und so fort. Wenn man sich die Entwicklungen in anderen europäischen Ländern ansieht, sind die in vielen Bereichen deutlich weiter. Aber auch in Deutschland nimmt die Koalition der Willigen, was das Thema Rauchen betrifft, immer mehr zu. Man ist jetzt dabei, Rauchverbote zu fördern in Gaststätten, in öffentlichen Gebäuden, in Krankenhäusern und auch in Schulen. Rauchfreie Schulen – zum Ziel besteht Konsens zwischen uns allen, nur es gibt unterschiedliche Ausrichtungen, wie der Weg dorthin aussehen sollte.
Auch die SPD-Fraktion hat sich mit dem Thema Rauchverbot beschäftigt, ist aber gegen Schnellschüsse. Wenn man sich die Rauchverbote an Schulen in anderen Bundesländern ansieht, dann sind sie höchstens zwei Jahre alt. Die Frage ist: Wirkt das denn? Es gibt unserer Erkenntnis nach keine signifikanten Erkenntnisse darüber, ob das wirklich was bringt, dass in anderen Bundesländern seit höchstens zwei Jahren Rauchverbote an den Schulen ausgesprochen worden sind. Belastbare Ergebnisse liegen nicht vor. Ich finde, solche belastbaren Ergebnisse sollte man abwarten.
Ich beispielsweise habe mit 13 Jahren angefangen zu rauchen. Das war im schulischen Kontext. Rauchmöglichkeiten auf Schulhöfen gab es damals nicht und die ganze Sache fand 300 Meter weiter im Park statt. Ich habe dann das Rauchen noch einige Jahre durchgehalten,
bevor ich irgendwann die Kurve kriegte und zum Nichtraucher wurde. Das Rauchverbot an unseren Schulen hat damals bestanden und auf uns keinen Einfluss gehabt.
Wir waren Gymnasialschüler zu der Zeit. Eine Geschichte, über die man hier überhaupt noch nicht diskutiert hat, ist, das Thema Rauchen an Schulen scheint eine soziale Dimension zu haben. Ich habe in einer Runde im Sozialausschuss nachgefragt, ob es Unterschiede zwischen Schularten gibt. Gibt es Schularten, wo weniger geraucht wird? Gibt es andere Schularten, wo viel geraucht wird? Und da wurde gesagt, ja, da gibt es Feststellungen. Besonders häufig geraucht wird an Hauptschulen. Hauptschulen und Sonderschulen sind die Schularten, wo Kinder am meisten zum Glimmstängel zu greifen scheinen. Auch dieser sozialen Dimension des Rauchens muss man sich zuwenden.
Bei dieser Faktenlage, die nicht so klar ist, wie Herr Schubert das hier vorträgt, möchte ich sagen: Herr Schubert, die Zahlen, die Sie nannten, die werden ja nicht infrage gestellt, denn die sind so, wie sie sind. Nur Sie bleiben den Beweis schuldig, dass man mit einem Rauchverbot diese Zahlen zurückdrängen könnte. Das ist durch nichts bewiesen.
Man kann nicht sagen, soundso viele Kinder in den Schulen rauchen, da sprechen wir ein Rauchverbot aus und dann wird das automatisch weniger. Den Beweis ist bis heute jeder schuldig geblieben.
Deswegen hat der Landtag mit Beschluss vom 21.04.2005 die Landesregierung beauftragt, einen Landesaktionsplan zur Suchtprävention zu erarbeiten.
immer nach dem alten Motto: „Ohne Ziel stimmt jede Richtung!“ Herr Riemann, ich empfehle Ihnen, laufen Sie weiter, die Richtung ist egal. Irgendwo werden Sie schon ankommen.
(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Heiterkeit bei Heinz Müller, SPD: Und wenn es vor der Wand ist.)
Und denken Sie daran: Rauchen gefährdet auch Ihre Gesundheit, denn Sie sehe ich auch immer einen Glimmstängel nach dem anderen in sich reinziehen!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS: Genau. – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Wolfgang Riemann, CDU)
(Wolfgang Riemann, CDU: Wenn Sie mit dem Finger auf uns zeigen, dann weist fast die ganze Hand auf Ihre eigene Fraktion. – Gabriele Meˇsˇt’an, Die Linkspartei.PDS: Na, na, na, na, na, Herr Riemann!)
Dieser Landesaktionsplan liegt, wie ich es gerade schon gesagt habe, seit dem 09.06.2006 vor, er muss nun umgesetzt werden. Dieser Landesaktionsplan kapriziert nicht nur auf das Rauchen, sondern er hat auch weitere Suchtmittel im Auge. Unsere Kinder nehmen ja nicht nur Zigaretten zu sich, es geht noch um andere Sachen. Drogen und Alkohol sind weitere Themen.
Der Landesaktionsplan setzt in erster Linie auf Information und Prävention. Ich habe schon die Frage, ob wir in der Vergangenheit in dem Bereich genug getan haben, denn Information und Prävention kosten Geld. Man kann nicht ein paar bunte Broschüren erstellen,
sie an den Schulen verteilen und dann davon ausgehen, dass das ausreicht, um hier wirksame Erfolge zu erzielen. Meines Erachtens muss daran gedacht werden, wenn man wirklich Erfolge erzielen will, dass hier ein massiver Einsatz erfolgt, der die notwendigen Erfolge bringen kann.
Aber vielleicht einmal als Ausblick, Herr Riemann: Wir sind jetzt an dem Punkt, wo wir sagen, wir setzen den Landesaktionsplan um. Sollte es sich herausstellen, dass mit der Umsetzung dieses Aktionsplanes nicht die notwendigen Erfolge erzielt werden können, und sollten aus anderen Bundesländern wirklich signifikante Ergebnisse vorliegen, dass das Thema „Rauchverbot an Schulen“ wirksame Erfolge mit sich bringt, dann ist die SPD-Fraktion gerne bereit, dieses Thema „Rauchen an Schulen“ aufzugreifen und auch weiter zu gehen
und zu sagen, dann kaprizieren wir uns nicht nur auf das Thema „Rauchen an Schulen“, sondern man muss sich den öffentlichen Raum wie auch das Schloss ansehen. Das sind Dinge, die muss man in einem Gesamtaspekt erfassen. Und die Bundesratsinitiative, an der sich Bremen jetzt beteiligt, die ist ja schon angesprochen worden. Diese Bundesratsinitiative kapriziert ja gerade nicht nur auf Schulen, sondern sie zielt auch auf Krankenhäuser, auf Kindergärten und so weiter und so fort. Ich finde es nicht okay, dass man sagt, wir picken uns mal die Schulen raus und alles andere, einschließlich des hiesigen Landtages, das läuft weiter wie bisher, sondern man muss eine Gesamtstrategie haben und sagen, da, wo Menschen vom Tabakrauch bedroht sein können, die das nicht wollen, muss damit Schluss gemacht werden.
Man sollte bei dem Thema keine Schnellschüsse machen, wo man sich hinterher irgendwann hinstellen und sagen muss, wir haben aus der Hüfte geknallt, aber erreicht haben wir nichts.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung für die Entschließung des Sozialausschusses. – Vielen Dank.