Protokoll der Sitzung vom 30.06.2006

Und die Wirtschaft, das hat Frau Kollegin Schildt sehr schön dargestellt, arbeitet in einigen Bereichen ganz außergewöhnlich erfolgreich. Sie arbeitet trotz schwieriger Rahmenbedingungen. Der Stimmungsumschwung ist da seit dem Regierungswechsel in Berlin und das müssen wir jetzt nutzen. Ich freue mich besonders, Kollege Döring, ich bin Ihnen dankbar, dass sogar Sie sagen, Sie haben die Hoffnung, dass es durch diesen Regierungswechsel, Sie haben das deutlich gesagt, besser wird.

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: Das war eine Entgleisung. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Das war eine Entgleisung? Nein, das war eine weise Einsicht. Sie sollten manchmal auch von jungen Kollegen lernen, die sich nicht in diesen festgefahrenen Bahnen bewegen,

(Zuruf von Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS)

dass nicht alles, was von der anderen Seite kommt, schlecht ist.

(Gerd Walther, Die Linkspartei.PDS: Man muss ja auch ehrgeizige Ziele haben.)

Der Kollege Döring ist offensichtlich jemand, der noch hinhört,

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

sich umschaut und wahrnimmt, dass es seit dem Regierungswechsel in Berlin aufwärts geht in diesem Land. Das ist gut so.

(Ute Schildt, SPD: Aber den blockieren Sie.)

Nur diese Regierung hat das noch nicht richtig verstanden, sich diesen Schwung auch zu eigen zu machen.

(Torsten Renz, CDU: Augen zu und durch!)

Herr Wirtschaftsminister, Sie machen es offensichtlich nicht. Ich habe die Hoffnung, dass der Ministerpräsident die letzten Monate seiner Amtszeit tatsächlich die Entwicklungspotenziale nutzt, die ich hier aufgezeigt habe. – Vielen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der CDU)

Danke schön, Herr Dr. Born.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Döring von der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Lieber Kollege Born, Sie fordern mich geradezu heraus, etwas richtigzustellen.

(Torsten Renz, CDU: Nein, das haben Sie falsch verstanden. – Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der SPD und Minister Dr. Wolfgang Methling)

Ich glaube nicht, Herr Renz, ich glaube nicht.

Wenn Sie meinen Ausführungen gefolgt sind, und davon gehe ich aus,

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

dann habe ich zum Ausdruck gebracht, dass ich hoffe, dass wir in einem folgenden Wirtschaftsbericht nicht zum Ausdruck bringen müssen, dass gerade die von Ihnen aufgezeigte Veränderung in Berlin dazu führt, dass es Abstriche bei dem gibt, was wir bisher erreicht haben.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Das ist ein himmelweiter Unterschied, auf den ich hingewiesen habe.

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Satz sagen, den ich vorhin nicht mehr geschafft habe. Sie sprechen ja so gerne von Sümpfen, ich spreche von Teichen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Ich habe doch gar nicht von Sümpfen gesprochen.)

Ich hatte Sie nicht persönlich angesprochen, mit Sie meinte ich Ihre Fraktion, Herr Kollege Born.

(Unruhe bei einzelnen Abgeordneten der CDU – Karin Strenz, CDU: Nee, nee!)

Sie sprechen so gerne von Sümpfen, ich spreche von Teichen. Sie kennen das Sprichwort: Der Teich ist im Durchschnitt 1,50 Meter tief. Aber ich sage Ihnen, die Kuh muss nicht ertrinken, wenn man mehrere gute Wege kennt und nicht durch die Mitte marschieren muss. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Döring.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist vonseiten der Antragsteller beantragt worden, den Antrag der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS auf Drucksache 4/2315 aufgrund des von der Landesregierung in der laufenden Debatte gegebenen Berichtes für erledigt zu erklären.

(Heiterkeit bei Dr. Ulrich Born, CDU: Aber nicht den Wirtschaftsminister für erledigt erklären!)

Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön.

(Harry Glawe, CDU: Warum stimmen wir denn das jetzt wieder ab?)

Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der SPD und Linkspartei.PDS auf Drucksache 4/2315 für erledigt erklärt.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, nach Paragraf 4 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung benenne ich für die heutige Sitzung die Abgeordnete Frau FriemannJennert zur stellvertretenden Schriftführerin.

Ich rufe nun auf den Tagesordnungspunkt 39: Beratung des Antrages der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD – Trägerübergreifendes persönliches Budget nach SGB IX, Drucksache 4/2314.

Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und SPD: Trägerübergreifendes persönliches Budget nach SGB IX – Drucksache 4/2314 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Koplin von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die sozialistische Tageszeitung „Neues Deutschland“ hat wie alle oder die meisten überregionalen Tageszeitungen einen Feuilletonteil und am 13. und 14. Mai diesen Jahres gab es darin ein bemerkenswertes Porträt über Matthias Vernaldi, einem an Muskelschwund erkrankten jungen Mann. Dort hieß es in diesem Porträt von ihm beziehungsweise über ihn, ich zitiere: „,Ich bin assistenzsüchtig‘, sagt er und lacht etwas schief. Ob in der Nase bohren oder den Hintern abwischen, Rad fahren, Blumen pfl ücken, mit der Faust auf den Tisch hauen, jemanden umarmen, alles, was mit Bewegung zu tun hat, ist Vernaldi versagt. Seine Droge ist fremde Muskelkraft. Eine Sucht per Defi nition, eine Krankheit, die stets zum Tode führt, ermöglicht sein Leben. Ein Leben in totaler Abhängigkeit. Entzug führt zum Tod. Kann einer, der sich nicht allein bewegen kann, etwas bewegen, ein bewegtes Leben haben?“ Ich gehe hier einmal aus dem Text und bejahe diese Frage.

Sehr geehrte Damen und Herren, dieser Landtag hat bereits oft bewiesen, dass er alles ihm Mögliche tun will, um Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben zu gewährleisten. Mit einem Ja zu diesem Antrag „Trägerübergreifendes persönliches Budget“ fördern wir einmal mehr die Selbstautonomie von chronisch Kranken und Menschen mit Behinderungen.

(Beifall bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Worum geht es bei diesem Antrag, sehr geehrte Damen und Herren? Bis vor einiger Zeit wurden jegliche Hilfen für die Betroffenen als Sachleistungen gewährt. Diese Sachleistungen erfolgten auf der Grundlage der

jeweiligen Pfl egestufe und umfassten bis zu 21 Verrichtungen, so, wie sie im Paragrafen 14 SGB XI niedergelegt oder fi xiert sind. Insofern bestand für die Betroffenen eine Angebotsabhängigkeit. Mit der Einführung eines persönlichen Budgets in der Behindertenhilfe im Jahre 2001 erfolgte ein erster Schritt für einen Wandel von der versorgenden Fürsorge hin zu einer selbstbestimmten Versorgung. Ein persönliches Budget ermöglicht hilfebedürftigen Menschen, unmittelbar fi nanzielle Mittel zu erhalten. Sie können so selbst entscheiden, welcher Dienst oder welche Person die Hilfe erbringen soll, da sie die Leistungen oder die Hilfsmittel unmittelbar bezahlen können, also auch über den Leistungskatalog hinaus Leistungen anfordern können. So können sie zum Beispiel Nachbarn beauftragen, hauswirtschaftliche Aufgaben zu übernehmen. Vielleicht braucht der oder die Pfl egebedürftige aber auch jemanden, der vorliest, der sie oder ihn auf einem Spaziergang begleitet. Die Leistungen können, und das ist die Besonderheit, auch von Personen und Diensten erbracht werden, die mit den Pfl egekassen keinen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Auf dieser Grundlage können Lebensumstände eigenverantwortlicher und selbstbestimmter gestaltet werden.

Das persönliche Budget wurde zwar neu in das Sozialrecht aufgenommen, ist jedoch lediglich eine neue Form der Leistungsgewährung, also eine alternative Form. Die Hilfebedürftigen können wählen, ob sie weiterhin Sachleistungen erhalten oder alternativ über ein Finanzbudget verfügen wollen. Das trägerübergreifende Budget ist eine besondere Form des persönlichen Budgets. Zuerst stellt der behinderte Mensch einen Antrag bei einem Leistungserbringer seiner Wahl, vorzugsweise bei dem, bei dem er den größten Hilfebedarf hat. Dieser Leistungsträger wird somit sein Beauftragter. Der Beauftragte wiederum setzt sich mit allen weiteren in Betracht kommenden Leistungsträgern in Verbindung. Dafür hat er zwei Wochen Zeit, dann muss de facto das Leistungspaket geschnürt sein. Zum Abschluss, wenn aufgrund der Höhe des persönlichen Budgets und des Umfangs der Hilfeleistungen eine Zielvereinbarung abgeschlossen ist, erlässt der Beauftragte den Verwaltungsakt und das Budget wird ausgezahlt.

Alles, was ich jetzt zum trägerübergreifenden Budget gesagt habe, befi ndet sich bundesweit in einer Erprobungsphase. Sie wird in 14 Modellregionen durchgeführt, leider nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Deshalb hat sich der Sozialausschuss Ende 2004 auf seiner Ausschussreise über Erfahrungen in Rheinland-Pfalz kundig gemacht. Derzeit gibt es einen Ermessensanspruch für die betroffenen Personen, ob man einem Hilfebedürftigen Leistungen in Form eines persönlichen Budgets gewährt oder nicht. Ab dem 1. Januar 2008 hat jeder Leistungsberechtigte einen Rechtsanspruch auf das persönliche Budget, darauf müssen wir uns im Land vorbereiten. Betroffene benötigen Beratung und Leistungserbringer müssen koordiniert werden. Landespolitisch haben wir insofern hierbei eine Fürsorgepfl icht, deshalb dieser Antrag. – Schönen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Herr Koplin.