Protokoll der Sitzung vom 08.07.2010

Doch wie saniert man einen Haushalt? Auf Länderebene hat man eigentlich nur eine Chance: Man muss die Ausgaben langfristig an die Steuereinnahmen anpassen. Unsere Ausgaben können wir direkt beeinflussen, unsere Einnahmen so gut wie nicht.

Der Bund hingegen hat mit seiner Steuerkompetenz den entscheidenden Schlüssel für die Entwicklung der Einnahmeseite aller öffentlichen Haushalte in der Hand. Damit spielt der Bund für die Sanierung der Haushalte auch von uns Ländern und Kommunen eine entscheidende Rolle.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Er sollte daher bei allen Maßnahmen beide Seiten berücksichtigen. Ausgabenkürzungen und Einnahmeerhöhungen sind angesichts der dramatischen Situation der öffentlichen Finanzen Gebote der Stunde.

Ich bin fest davon überzeugt, dass dies auch Akzeptanz in der Bevölkerung finden kann, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Menschen davon überzeugt sind, dass es beim Sanieren gerecht zugeht.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es.)

Auf das aktuelle Sparpaket trifft dies ganz offensichtlich nicht zu.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Die Ausgabenkürzungen erfolgen fast ausschließlich bei den Sozialleistungen, während die Einnahmeerhöhungen auf neuen Verbrauchssteuern beruhen, deren Einführung noch ungewiss ist. Ausgewogenheit sieht anders aus.

(Rudolf Borchert, SPD: So ist es. – Harry Glawe, CDU: Na ja, kann man drüber streiten.)

Insofern stimme ich grundsätzlich mit dem Anliegen des Antragstellers überein. Gerade mit Blick auf die kostenintensiven Maßnahmen des Staates zur Stabilisierung der Finanzmärkte halte ich eine höhere Beteiligung von Vermögenden und Gutverdienern an der Konsolidierung der Staatshaushalte durchaus für gerechtfertigt und notwendig.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Zu diskutieren ist, über welche Steuerart dieses am besten möglich ist. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes hat dabei Auswirkungen auf das gesamte Besteuerungssystem. So belastet eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes natürlich den gesamten Tarifverlauf der Einkommensbesteuerung, sodass auch kleine und mittlere Einkommen betroffen wären. Aber vor allem würde die deutliche Erhöhung des Spitzensteuersatzes eine mögliche Wiedereinführung der Vermögenssteuer gefährden. Ich erinnere an den sogenannten Halbteilungsgrundsatz des Bundesverfassungsgerichtes, wonach die Vermögenssteuer zu den Ertragssteuern nur dann hinzutreten dürfe, wenn dadurch die steuerliche Gesamtbelastung in der Nähe einer hälftigen Teilung bleibt.

Zwar ist dieser Grundsatz höchst umstritten, aber ignorieren kann man ihn dennoch nicht. Da ich mich ausdrücklich als Befürworterin einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer bekenne, plädiere ich beim Thema Spitzensteuersatz für eine sorgfältige Abwägung bei der Ausgestaltung.

(Rudolf Borchert, SPD: Richtig.)

Gegenüber der Einkommenssteuer hat die Vermögenssteuer zumindest den Vorteil, dass sie Kapital und nicht Einkünfte belastet und eine sehr stabile Steuereinnahme wäre.

Neben all diesen inhaltlichen Erwägungen stellt sich mir und wahrscheinlich auch den Mitgliedern der Koalitions

fraktionen die Frage, mit welchen politischen Mehrheiten dies derzeit beschlossen werden könnte.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, Sie wissen sehr genau, dass, selbst wenn wir unseren Koalitionspartner hier im Land davon überzeugen könnten, es weder im Bundesrat geschweige denn im entscheidenden Bundestag hierfür derzeit eine Mehrheit gäbe. Insofern ist Ihr Antrag natürlich auch taktischer Natur. Wir werden uns alle mal wieder unserer bekannten Position versichern. Sie haben die Freude, dass die Koalitionsfraktionen in einer Frage, die wir sowieso nicht entscheiden können, unterschiedlicher Meinung sind.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist eher traurig.)

Ich hoffe, Sie werden zufrieden sein. Dem Land und den Menschen wird damit allerdings nicht geholfen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP – Michael Roolf, FDP: Sehr schön.)

Danke, Frau Polzin.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Löttge von der Fraktion der CDU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zunächst möchte ich mich erst mal bedanken bei der Finanzministerin für die Darstellung ihrer zum Teil persönlichen Meinung, die aber, glaube ich, auch das deutlich gemacht hat, was ich in der vorhergehenden Debatte schon mal gesagt habe: Die Landesregierung wird sich für bestimmte Fragen sowieso einsetzen. Das Sparpaket ist ja eben noch mal angesprochen worden.

Aber besonders dankbar war ich natürlich für die Aussage, dass wir dank der Fraktion DIE LINKE dann immer mal bundespolitische Themen hier auf die Tagesordnung bekommen,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Auslöser war die Landesregierung.)

die eigentlich herzlich wenig mit Landespolitik zu tun haben,

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

weil tatsächlich so, wie denn die Finanzministerin in ihren Ausführungen auch schon deutlich gemacht hat, die Einflussmöglichkeit auf Landesebene relativ eingeschränkt ist. Insofern kann ich dem nur zustimmen. Es handelt sich hierbei ganz einfach um taktische Anträge, die dazu führen sollen, auch mal die unterschiedlichen Positionen der beiden Koalitionsfraktionen deutlich zu machen. Aber, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, diesen Gefallen wollen wir Ihnen gerne wiederum tun.

Meine Damen und Herren, dass die Linksfraktion in finanz- und wirtschaftspolitischer Hinsicht eine grundsätzlich andere Auffassung als die CDU-Fraktion vertritt, ist hinlänglich bekannt.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die SPD diesbezüglich auch.)

Manchmal ist es bei der SPD-Fraktion auch so, wobei ich eben festgestellt habe, dass es im besonderen Fall vielleicht doch Gemeinsamkeiten geben wird.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Echt?)

So hat sich also bei Ihnen, meine Damen und Herren der Linksfraktion, nach wie vor die Einsicht nicht durchgesetzt, dass eine nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte nur bei gleichzeitiger Betrachtung sowohl der Einnahme- als auch der Ausgabeseite wirklich erreicht werden kann.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Das Patentrezept – wie immer – der Fraktion DIE LINKE besteht nach wie vor darin,

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau diese Einsicht haben wir, bloß Sie nicht.)

eine Erhöhung der Steuern in unterschiedlichen Bereichen zu fordern. Das haben wir ja nun immer wieder.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, insofern überrascht uns die Forderung nach einer höheren Einkommenssteuer überhaupt nicht. Allerdings musste ich auch beim Lesen Ihres Antrages wiederum feststellen, dass Haushaltskonsolidierung für Sie kein Thema ist, sondern Sie eigentlich nur über Ausgaben reden,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wissen Sie, wie Sie den Haushalt übernommen haben?)

aber nicht über Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Unabhängig von dieser grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit sind wir aber der festen Überzeugung, dass eine einseitige Erhöhung des Spitzensteuersatzes zurzeit eindeutig die falsche Maßnahme wäre.

(Irene Müller, DIE LINKE: Die Kürzungen bei den Menschen haben Sie doch schon vorgenommen. Was ist denn da einseitig?)

Dies sehen im Übrigen auch verschiedene Wirtschafts- und Finanzexperten gleichermaßen so.

Meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, wieder einmal versuchen Sie, mit der Diskussion zum Spitzensteuersatz eine Gerechtigkeitsdebatte zu führen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Dazu sei hier nur erwähnt, dass die Einkommenssteuer in Deutschland schon heute so progressiv gestaltet ist, dass die zehn Prozent Steuerzahler mit den höchsten Einkommen mehr als die Hälfte des gesamten Einkommenssteueraufkommens bezahlen.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Dass Ihnen das auch noch lange nicht ausreicht, ist uns schon klar und bewusst.

Meine Damen und Herren, unbedingt ist auch zu beachten, dass zu den Steuerbelastungen der Einkommenssteuer noch der Solidaritätszuschlag hinzukommt, sodass sich unter dem Strich bereits heute eine Belastung der höheren und höchsten Einkommensgruppen von nahezu 50 Prozent ergibt. Dies entspricht im Übrigen auch den Steuersätzen...

(Udo Pastörs, NPD: Das können Sie mal in Zahlen ausdrücken, dann wird das relativer.)