Protokoll der Sitzung vom 15.09.2010

Die angemeldete Redezeit wurde mit fünf Minuten überschritten, sodass entsprechend unserer Geschäftsordnung Paragraf 85 dies der Opposition zur Verfügung steht.

(Michael Roolf, FDP: Dabei hat er gar nichts gesagt.)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Timm von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalition aus SPD und CDU, die in diesem Bundesland die Verantwortung hat, auch für die innere Sicherheit,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

legt Ihnen Vorschläge zur Änderung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes vor.

Nun haben meine Vorredner, vor allem auch Herr Minister Caffier, schon Etliches zum Inhalt dieser Vorschläge gesagt. Ich will mich auf einige wesentliche Punkte beschränken und will Ihnen nur kurz noch einmal aufzeigen, welche Hintergründe für die Notwendigkeit dieser Veränderungen wir erkennen.

Zum einen geht es um die Entfristung, worauf schon hingewiesen wurde, die wir 2006 parallel zum Informationsfreiheitsgesetz mit Ihnen, Frau Měšťan, eingeführt haben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Hat sie doch gesagt.)

Wir können doch im Innenausschuss erst einmal die Diskussion über die Wirkungsweise dieser Vorschriften abwarten, bevor Sie sich festlegen und sagen, das ist alles nicht nötig.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ich habe zur Diskussion aufgerufen.)

Aber Sie haben es gemacht. Ich komme nachher noch mal auf die Taserdebatte zu sprechen. Mir tut es ein bisschen leid, weil wir nämlich die andere Seite des Informationsfreiheitsgesetzes noch nicht vorliegen haben. Da gibt es sozusagen noch keinen Gesetzentwurf, aber eine sehr fruchtbare Debatte zur Wirkungsweise dieses Gesetzes, welches fünf Jahre lang ganz gut gewesen zu sein scheint.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das sind die Auswüchse des Informationsfreiheitsgesetzes. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Und in gleicher Weise hätte ich es mir mit Ihnen auch zum SOG gewünscht. Das wollten Sie aber nicht. Ich bedauere das sehr.

Zweitens haben wir Beschlüsse der Europäischen Union umzusetzen, drittens haben wir einige Verfassungsgerichtsurteile in Rechtsnormen zu formulieren, viertens

Forderungen des Datenschutzbeauftragten aufzunehmen und fünftens den technologischen Fortschritt in die Anwendungspraxis einiger Polizeidienststellen unserer Landespolizei zu übernehmen.

Ich komme zum letzten Punkt zuerst, nämlich zu der Frage, was ist technologisch möglich, und damit das Stichwort Distanz-Elektroimpulsgeräte. Wie gesagt, wir hier in diesem Bundesland, SPD und CDU, haben die Verantwortung für die innere Sicherheit. In anderen Bundesländern haben das andere.

Frau Měšťan, Sie wissen, in Berlin zum Beispiel sind das Sie, Ihre Parteikolleginnen und -kollegen, wie auch in Brandenburg, die da die Verantwortung für die innere Sicherheit haben und völlig selbstverständlich, ohne große Diskussion, das Distanz-Elektroimpulsgerät eingeführt haben und anwenden, seit 2000 bereits.

(Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Und warum wollen wir nicht warten,

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

bis wir im Innenausschuss einmal mit den Berlinern – Ihren Kollegen meinetwegen – über die Wirkungsweise dieses Einsatzmittels in aller Ruhe gesprochen haben,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

um danach zu bewerten, ob es sinnvoll ist oder nicht?

(Heinz Müller, SPD: Dann müsste man ja das eigene Vorurteil infrage stellen.)

Ihre Kollegen in Berlin

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: 2000 waren wir noch nicht in der Regierungsverantwortung. Das wissen Sie genauso.)

haben die Verantwortung in Berlin, soweit ich weiß, in der 2. Legislaturperiode,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das müssten Sie wissen.)

und haben neunmal in Berlin dieses Gerät eingesetzt. Ich bin sehr dafür, dass wir uns im Innenausschuss nicht nur die technische Wirkungsweise einmal vorführen lassen, sondern auch aus anderen Ländern, meinetwegen auch aus Brandenburg, wo Sie auch die Verantwortung tragen, erklären lassen, wie dort der Einsatz gelaufen ist, um dann für uns zu bewerten, ob das für MecklenburgVorpommern sinnvoll ist oder nicht. Aber einfach nur zu sagen, wir haben die Verantwortung jetzt mal nicht in Mecklenburg-Vorpommern, also sind wir dagegen, vorher waren wir zwar dafür und in anderen Ländern sind wir das auch, aber hier können wir ruhig dagegen sein, das ist aus meiner Sicht keine vernünftige Form der Debatte über eine solche wichtige Fragestellung.

Warum wollen wir diese Taser auch für unsere Landespolizei vorsehen? Wie gesagt, Wichtiges ist dazu schon gesagt worden. Es geht darum, den Eigenschutz der Polizei zu verbessern und das SEK und das MEK in die Lage zu versetzen, in besonders kritischen Einsatzlagen auf die Schusswaffe verzichten zu können. Nun fragen Sie doch mal in Kanada nach, wie viele Menschen dort durch eine Schusswaffe ums Leben gekommen sind!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Selbstverständlich ist das so.

(Zurufe Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Gino Leonhard, FDP)

Genau diese Frage, meine Damen und Herren, werden wir in der Arbeit im Innenausschuss abzuhandeln haben,

(Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

nämlich die Frage, welcher technische Fortschritt sich mit diesem Einsatzmittel im Einsatz der Polizei erzielen lässt und wie durch ein milderes Einsatzmittel als die Schusswaffe selber hier auch Menschenleben geschützt werden können, und zwar auf beiden Seiten, bei den Tätern und bei der Polizei selbst.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Torsten Renz, CDU: Sehr richtig.)

Darauf werden wir einzugehen haben und wir werden, die wir diesen Vorschlag eingebracht haben, sicherlich danach auch in der Diskussion mit Ihnen diese Bewertung noch einmal vornehmen und dann entscheiden, ob wir bei dem Vorschlag bleiben oder eben nicht, aber nicht, bevor wir diese Debatte im Innenausschuss mit Ihnen gemeinsam geführt haben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na, Sie haben sich doch wohl festgelegt.)

Meine Damen und Herren, ich komme zu einem weiteren Punkt, den auch Sie in der Opposition bereits jetzt abgelehnt haben, ohne dass wir es intensiv und miteinander diskutiert haben, das ist die Regelung zur Bildbeobachtung und -aufzeichnung, die wir entfristen, das heißt, die wir ja im Gesetz bereits haben. Das ist eine Regelung, die nicht nur die Polizei anwendet, sondern in unserem Bundesland auch von den Ordnungsämtern angewendet werden kann, es ist ja ein Sicherheits- und Ordnungsgesetz.

Nun würde ich Sie einfach mal bitten, zum Beispiel in der Hansestadt Rostock die Stadtverwaltung zu fragen, wie sie diese Regelung bereits in der Vergangenheit angewendet hat, bevor Sie sagen, dass das hier alles nicht nötig ist. Sie sind ja dort auch in der Stadtvertretung vertreten. Lassen Sie doch mal Ihre Kolleginnen und Kollegen diese Frage stellen! Dann werden Sie nämlich hören, dass es in der Doberaner Straße eine Kreuzung gibt, wo diese Bildbeobachtung notwendig war und auch einige gute Ergebnisse erzielt hat. Wir können uns auch das im Ausschuss gerne einmal genauer ansehen. Aber ich bitte einfach darum, dass wir nicht bereits, bevor wir uns diese Dinge im Einzelnen ansehen, sagen, ob wir nun dafür sind oder dagegen. Dann macht die ganze Arbeit nachher im Innenausschuss wenig Freude.

(Michael Andrejewski, NPD: Macht auch keinen Sinn.)

Und darum bitte ich auch Sie, dass wir uns dies genauer ansehen.

Das Gleiche gilt für die Frage oder für die Regelung zur präventiven Telekommunikationsüberwachung. Wenn bestimmte Personen in Lebensgefahr sind oder selbst suizidgefährdet sind, ist es für die Polizei erforderlich, dass sie über das Mobilfunktelefon die Ortung dieser Personen vornehmen kann, was sie anders eben nicht kann. Und das ist auch in einzelnen Fällen bereits sehr glücklich verlaufen, sodass sehr schnell eine hilflose oder suizidgefährdete oder auf andere Weise gefährdete Person im Zuge der Gefahrenabwehr der Polizei schnell

und relativ komplikationslos aufgefunden werden konnte. Ich meine, so eine Regelung sollten wir entfristen.

Meine Damen und Herren, so gibt es eine Reihe weiterer Vorschläge für die Formulierung von Vorschriften in diesem Gesetzentwurf, zum Beispiel auch die, auf die ich nur kurz hinweisen will, dass wir zur Identitätsfeststellung von bestimmten Personen auch auf die DNA-Analyse zurückgreifen wollen. Ich habe jetzt nicht gehört, Frau Měšťan, ob Sie dafür oder dagegen sind, aber ich würde auch bitten, dass Sie erst mal gar nicht Ihre Bewertung festlegen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Lesen Sie die Rede noch mal in Ruhe! Dann wird Ihnen einiges klar.)

In der Vergangenheit hat es Fälle gegeben, wo zum Beispiel Kinder vermisst waren und die Eltern zur Polizei gegangen sind und der Polizei Kleidungsstücke der Kinder gegeben haben mit der Bitte, hier eine DNA-Analyse vorzunehmen und festzustellen, ob es eine Identität gibt mit der vermissten Person, die gesucht wurde. Das darf sie aber nicht,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das läuft doch. Das läuft doch.)

die Polizei, weil sie dafür keine Rechtsgrundlage hat. Und diese Rechtsgrundlage wollen wir schaffen, um so schnell und so eindeutig wie möglich – zum Beispiel bei hilflosen oder vermissten Personen – im Zuge der Auffindung dieser Person, also nicht im Zuge der Strafverfolgung, auch die DNA-Analyse, die auch auf anderen Gebieten sehr viel Gutes bewirkt hat, einsetzen zu können. Und, wie gesagt, auch damit werden wir uns im Ausschuss umfassend auseinandersetzen.