Protokoll der Sitzung vom 16.09.2010

wird ihren Teil beigetragen haben beziehungsweise zukünftig beitragen. Nach den vorliegenden Zahlen meldeten sich im vergangenen Jahr besonders viele der älteren Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten krank. Durchaus bemerkenswert auch die Ursachen von der GdP in diesem Zusammenhang. Es handele sich vermutlich um eine spätere Nachwirkung der Großeinsätze zum Besuch von US-Präsident Bush im Jahr 2006 und des G8-Gipfels im Jahr 2007. Viele hätten sich später auskurieren lassen, so die GdP.

Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion fordert die Landesregierung auf, ein entsprechendes Rahmenkonzept Gesundheitsmanagement für die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen. Nach den Zahlen zu dem aktuellen Krankenstand bei der Polizei ist dies aus unserer Sicht notwendig, um die Ursachen, aber auch etwaige Möglichkeiten der Abhilfe aufzuzeigen. Offenkundig sieht das der Innenminister anders, denn dem Vernehmen nach gibt es entsprechende Überlegungen, so etwas eventuell auch zu erarbeiten und zu überarbeiten.

Wenn dem so sein sollte, Herr Minister, dann machen Sie hier und heute entsprechend Nägel mit Köpfen! Legen Sie bis Jahresende ein solches Konzept vor, wie wir es als FDP-Fraktion fordern! Der seinerzeitige Sport erlass Ihres Hauses, demzufolge die Beamten mehr Sport machen sollen, taugte allenfalls als Scherzerklärung. Auch das ist uns bestätigt worden. Fitnesstraining mit Caffier dürfte jedenfalls ungeeignet sein, um die Zahl der Krankenstände bei der Polizei signifikant zu verringern, meine Damen und Herren.

(Harry Glawe, CDU: Das war aber nicht freundlich, was Sie da erzählen. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Uns geht es mit dem Antrag auch darum, in Erfahrung zu bringen, ob es bei der Personengruppe der Polizistinnen und Polizisten im Vergleich zu den anderen Landesbediensteten abweichende Ursachen für den hohen Krankenstand gibt. Wenn ja, wie können diese beseitigt werden? Die Beantwortung der von der FDP-Fraktion genannten Anfrage hat hierzu keine Antworten liefern können.

Schon die Fürsorgepflicht – und die ist gesetzlich vorgeschrieben, meine Damen und Herren – des Dienstherrn bringt es mit sich, Abhilfe zu schaffen, soweit das eben nötig ist. Die unbestritten zunehmende Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten wird vermutlich auch nur bedingt als Erklärung tauglich sein. Kann also allein durch vergleichsweise einfache Änderungen zum Beispiel der konkreten Arbeitsplatzgestaltung schon Abhilfe geleistet werden? Auch diese Frage haben wir dann im Zweifel zu beantworten. Genügt es also, einen Bürostuhl nach neuesten medizinischen Erkenntnissen zu beschaffen, um etwaige Rückenleiden zu verhindern, oder liegen die Ursachen eher in den Arbeitsabläufen, oder ist es

schlichtweg eine Überbelastung der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten?

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die hohen Überstundenzahlen, die viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten angesammelt haben.

(Harry Glawe, CDU: Das ist eine Arbeitsschutzfrage, Herr Kollege.)

Meine Damen und Herren, solange die Ursachen für die hohen Krankenstände nicht hinlänglich geklärt sind, ist ein Personalkonzept oder besser das Personalabbaukonzept schlichtweg auszusetzen. Dies gilt jedenfalls, soweit der Personalbestand weiterhin reduziert werden soll. Nehmen Sie die Fürsorgepflicht der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ernst! Wir sehen da ausdrücklich den Innenminister dieses Landes in der Pflicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Aus diesem Grund bitten wir Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

Danke schön, Herr Leonhard.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 60 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat um das Wort gebeten der Innenminister des Landes Herr Caffier. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Herr Leonhard, nur weil man in der Verwandtschaft mehrere Polizisten hat, heißt das noch lange nicht, dass alles, was da als Informationen kommt, so der Realität entspricht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Wasserschutzpolizisten.)

Und was die Frage der Tourismusbetriebe betrifft, dazu kann ich sagen, ich kann nur Schreiben vorweisen, in denen sich die Tourismuseinrichtungen des Landes – sprich in dem Fall die jeweiligen Orte, die Tourismuszentralen haben – außerordentlich bedanken für den Einsatz, den insbesondere die Bäderpolizei geleistet hat. Und das wird auch in Zukunft so bleiben, dass sie diese Arbeiten leistet.

Insofern ist es richtig, dass Sie gehört haben, dass in meinem Haus ein Managementplan zur Frage Gesundheitskonzeption erarbeitet wird. Aber es gehört sich nun mal so, dass er mit den zuständigen Organisationen, das sind bei mir auch der Hauptpersonalrat und die Gewerkschaften, dementsprechend erarbeitet werden muss. Deswegen werde ich Ihnen hier und heute nicht zusagen können, ob er bis zum Jahresende in Kraft ist. Es ist nun mal so, bei mir ist er fertig und alles andere wird sich zeigen. Es gehört aber auch dazu, dass die entsprechenden Organisationen daran beteiligt werden, damit es hinterher nicht heißt, dass es nicht funktioniert.

Mit Ihrem Antrag wollen Sie ein Rahmenkonzept mit dem Ziel vorlegen, den Krankenstand in der Landes polizei signifikant zu senken sowie das Personalentwicklungs

konzept auszusetzen. Es werden allerdings hier zwei Schwerpunkte angesprochen, die schon seit längerer Zeit Gegenstand meiner Arbeit sind. Natürlich habe auch ich ein großes Interesse daran, den Krankenstand in der Landespolizei zu senken. Ich habe ein großes Interesse daran, das von der Landesregierung beschlossene Personalentwicklungskonzept für die Landespolizei so umzusetzen, dass die Sicherheit und Ordnung im Land weiterhin auf einem hohen Niveau gewährleistet werden können.

Vor diesem Hintergrund hatte ich der Polizeiabteilung den Auftrag erteilt, ein Rahmenkonzept für ein Gesundheitsmanagement zu erarbeiten. Der Entwurf – und die Information ist richtig – liegt mir in der Tat vor. Ziel soll es sein, für die Landespolizei, für die Beamtinnen und Beamten der Landespolizei Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen sie sich offensiv mit ihrem jeweiligen Gesundheitszustand auseinandersetzen können, und ihnen Hilfestellung zu geben, gesundheitliche Beeinträchtigungen jeglicher Art zu überwinden. Dabei bauen wir auf die Erfahrungen von größeren Unternehmen und anderen Bundesländern, die bereits ein Gesundheitsmanagement haben.

Die Kernpunkte des Gesundheitsmanagements der Landespolizei werden sein: die Förderung der persönlichen Gesundheitskompetenz der Polizeivollzugskräfte, die polizeiärztliche Vorsorge und Betreuung, die sozialpsychologische Betreuung, die Sensibilisierung der Führungskräfte für körperliche und seelische Belastungen ihrer Mitarbeiter und der Dienstsport, der stärker Gesundheits- und letztendlich Präventionssport beinhaltet. Darüber hinaus ist vorgesehen – auch das ist richtig und hat hier schon viele Diskussionen ausgelöst –, die Polizeivollzugsbeamten anzuhalten, das Deutsche Sportabzeichen abzulegen.

(Torsten Renz, CDU: Sehr gut.)

Natürlich ist es auch mein Ziel, den Krankenstand innerhalb der Landespolizei zu senken. Ob man ihn allerdings allein mit einem Gesundheitsmanagement, wie es die FDP hier fordert, signifikant verringern kann, das wage ich nun mal zu bezweifeln. Diese hohe Forderung scheint mir doch ein wenig realitätsfern. Ich habe es schon in der letzten Sitzung gesagt, wir dürfen nicht negieren, dass wir 1990 hier im Parlament eine Entscheidung getroffen haben, die natürlich auch gewisse Konsequenzen hat. Wir haben 1990 entschieden, dass wir die Polizisten, sofern sie nicht der Stasi zugehörig waren, übernommen haben, und zwar mit einem hohen Personalüberhang. Und wenn Sie 20 Jahre ins Land ziehen lassen, dann werden die Polizisten natürlich älter. Ich war auch zu Beginn damals 35 Jahre, jetzt bin ich 55.

(Ralf Grabow, FDP: Ehrlich?! Mensch, ich dachte, er wäre jünger! – Zuruf von Heinz Müller, SPD)

Und wie heißt es so schön? Wir werden immer knackiger. Jeden Morgen knackt es an einer anderen Stelle, wenn man aufsteht. Das gilt natürlich auch für die Polizisten. Das muss man bei der Gesamtsituation natürlich auch berücksichtigen.

Um die angestrebten Ziele zu erreichen, finden gegenwärtig Gespräche statt, um die Einführung und Umsetzung des Gesundheitsmanagements in der Landespolizei durch die Universität Rostock gleichzeitig wissenschaftlich begleiten zu lassen. Wir wollen auch von deren Erfahrungen und deren Wissen profitieren.

Entscheidend für den Erfolg eines Gesundheitsmanagements ist es aber, dass das nicht von oben und an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorbei beschlossen wird. Deshalb ist es mir wichtig, dass die Interessenvertretungen, also in dem Fall die Gewerkschaften und die Personalräte, in die Entwicklung des Managements eingebunden werden. Es helfen hier keine Schnellschüsse, die die Mitarbeiter nicht mittragen, und es helfen keine überstürzten Alleingänge, die nicht wirklich überzeugen.

Ich bin der Überzeugung, dass wir mit dem Management auf einem guten Weg sind. Die von mir ausgelöste Diskussion hat in der Landespolizei bereits erste Früchte getragen. In einigen Dienststellen fanden bereits Gesundheitstage statt. Und Polizeibeamtinnen und -beamte haben zur Stärkung ihrer sportlichen Fitness bereits freiwillig das Deutsche Sportabzeichen abgelegt. Ich begrüße diese Aktivitäten außerordentlich. Es zeigt, dass die Beamtinnen und Beamten sehr wohl wissen, dass sie für eine gute Gesundheit und damit auch zur Bewältigung des Alltagsstresses vieles selbst beitragen können.

Aber eines will ich an dieser Stelle auch deutlich sagen: Das beste Gesundheitsmanagement nützt gar nichts, wenn sich die Beamtinnen und Beamten unserer Landespolizei der weiterhin steigenden und brutaler werdenden Gewalt gegen Polizisten ausgesetzt sehen, wenn es für Extremisten, egal von welcher Seite, ein Sport wird, Polizisten anzugreifen und sie zu verletzen. Auch hier wäre es hilfreich und im wahrsten Sinne des Wortes gesundheitsfördernd, wenn es der gesellschaftlichen Debatte gelingt, dass den Polizistinnen und Polizisten auf der Straße wieder mehr Respekt entgegengebracht wird. Polizisten sind kein Freiwild!

Meine Damen und Herren, mit dem 2001 begonnenen Personalentwicklungskonzept, welches wir für die Jahre 2011 bis 2015 fortgeschrieben haben, wurde die Personalstärke der Landespolizei Schritt für Schritt reduziert. Mit umfangreichen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen gelingt es uns erfolgreich, die Beamtinnen und Beamten der Landespolizei an die höheren Herausforderungen des Polizeivollzugsdienstes heranzuführen. Diese Steigerung der Qualität unserer Arbeit hatte zur Folge, dass wir in den Jahren 2001 bis 2009 insgesamt 4.464 Beförderungen durchführen konnten. Des Weiteren konnten wir 832 junge Beamtinnen und Beamte für die Landespolizei gewinnen. Um den gestiegenen Anforderungen an den Polizeivollzugsdienst gerecht zu werden, haben wir in den vergangenen Jahren den Stellenanteil im ehemaligen gehobenen Dienst von circa 32 Prozent aller Stellen in der Landespolizei jetzt bereits auf circa 50 Prozent der Stellen erhöht. Auch das sind Kennzahlen, die belegen, dass die Stellenausstattung bei der Landespolizei gerade noch auskömmlich ist.

Sie wissen, dass wir uns in intensiven Verhandlungen in der zurückliegenden Haushaltsdebatte auf einen Personalabbau bis auf 5.800 im Jahr 2015 verständigt haben und dementsprechend den so stark wie ursprünglich vorgesehenen Stellenabbau nicht zu erbringen haben. Wir werden aber 2015 eine Evaluierung durchführen. Vor diesem Hintergrund haben wir eine Personalstärke, die entsprechend der Bevölkerungssituation dieses Landes und der Kriminalitätsentwicklung hier die Voraussetzung miteinbringen kann, um unabhängig von der Altersstruktur die an sie gestellten Aufgaben zu gewährleisten.

Unter Abwägung der finanziellen Situation unseres Bundeslandes und den Anforderungen an die innere Sicher

heit haben wir uns darauf verständigt, diesen Haushaltsansatz so bis 2015 zu planen. Darüber hinaus ist sich die Landesregierung darin einig, dass die Stellenanzahl für die Landespolizei anhand der polizeilichen Entwicklungszahlen und dem Kenntnisstand für die Jahre 2015 und darüber hinaus überprüft wird.

Vor diesem Hintergrund entbehrt der von Ihnen gestellte Antrag, das Personalentwicklungskonzept auszusetzen, der Grundlage, da sich erstens kurzfristig der Krankenstand eines Personalkörpers nicht durch ein Gesundheitsmanagement ändern lässt, denn Gesundheitsmanagement kann nur langfristig erfolgreich sein und nicht von heute auf morgen, und zweitens das Personalentwicklungskonzept bis 2015 läuft und 2011 im Übrigen gar keine Reduzierung der Stellenzahl erfolgen wird. Aus diesem Grund ist der Antrag der FDP nicht notwendig und aus meiner Sicht abzulehnen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Minister.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Timm. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Der Antragsteller, die FDP, verfolgt mit diesem Antrag ein aus meiner Sicht nicht völlig unberechtigtes Anliegen. Es hat sich mir allerdings nicht erschlossen, warum wir dies in der Öffentlichkeit diskutieren müssen. Herr Kollege Leonhard, Sie wissen selbst, auch aus unseren Gesprächen und Erörterungen im Innenausschuss bei der Novelle des Landesbeamtengesetzes, dass gerade die Daten über die Gesundheit der Polizeibediensteten dem Datenschutz unterliegen und wir sie ohnehin hier nicht ausdiskutieren können. Wir können gegebenenfalls in einer nicht öffentlichen Sitzung im Innenausschuss da ein bisschen weiterkommen, indem wir nämlich den Polizeiarzt befragen und andere Experten, die sich in dieser Fragestellung anonym äußern könnten.

(Gino Leonhard, FDP: Das kann passieren.)

Aber das haben Sie ja nicht beantragt. Insofern können wir es in der Öffentlichkeit tatsächlich nicht miteinander vernünftig und dem Anliegen entsprechend diskutieren.

Sie selbst haben auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage, die Sie gestellt und auch schon erwähnt haben, genau dieses noch einmal nachlesen können, dass eben diese Daten und Hinweise auf die einzelnen Gründe dafür, dass der Krankenstand bei der Polizei so ist, wie er ist, tatsächlich nicht hier ausgebreitet werden können.

Meine Damen und Herren, jeder Bewerber für den Polizeiberuf in unserem Bundesland, das gilt für alle Polizeien, weiß, dass dies nicht nur einer der gefährlichsten, sondern auch mit Blick auf die Gesundheit des Bewerbers für sein Leben lang einer der herausforderndsten Berufe sein wird, die hier in Mecklenburg-Vorpommern vergeben werden. Demzufolge ist es auch eine Frage an die Person des Polizisten, wie er mit seiner Gesundheit im Dienst umgeht.

Genau das ist auch das Thema, das wir bei der Novelle des Landesbeamtengesetzes – Herr Leonhard, Sie werden sich erinnern – erörtert haben. Da heißt es in Para

graf 109: „Im Rahmen der gesundheitlichen Vorsorge ist der Polizeivollzugsbeamte zum Erhalt der Polizeidienstfähigkeit verpflichtet, sich regelmäßig ärztlich untersuchen zu lassen.“ Gestrichen hatten wir im Innenausschuss die Formulierung, dass dies auf Veranlassung des Dienstherrn zu geschehen hat. Das heißt, jetzt muss er es sozusagen per Gesetz regelmäßig von sich aus tun. Und das ist hier auch nicht nur unser Wille, sondern auch vernünftig so.

(Torsten Renz, CDU: Genau dazu wollte ich auch sprechen.)

Herr Renz, dazu wollten Sie auch sprechen?

(Torsten Renz, CDU: Das Beispiel wollte ich auch bringen. Da stehe ich auch voll hinter.)

Wollten Sie? Ja, umso kürzer werden die Redezeiten.