Protokoll der Sitzung vom 13.10.2010

Hier sind die Tarifpartner gefordert, einen machbaren, aber auch vernünftigen Kompromiss zu finden. Dabei muss auch beachtet werden, dass wir mit anderen Tourismusregionen in einem harten Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte stehen. Wir merken das heute schon, dass es durchaus eine entsprechende Abwanderungsbewegung gerade auch ins Ausland gibt.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Die in der Fortschreibung der Landestourismuskonzeption ausgewiesene Bilanz stellt sich, wie bereits festgestellt, sehr positiv dar. Der Tourismus ist einer der Bereiche, in denen Mecklenburg-Vorpommern eine Spitzenposition einnimmt und dadurch auch auf Bundesebene ein wirkliches Gewicht hat. Zu Recht dürfen wir auf diese Erfolge sehr stolz sein. Dennoch gilt es, wie ich hier bereits dargelegt habe, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern stetig daran zu arbeiten, diesen Spitzenplatz zu behaupten und weiter auszubauen. Dafür, meine Damen und Herren, stellt die Landestourismuskonzeption eine sehr gute Grundlage dar und wir sollten gemeinsam daran arbeiten, sie mit Leben zu erfüllen und umzusetzen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Löttge.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der NPD, der Abgeordnete Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das beste Pferd im Stall oder eines der besten Pferde im Stall ist hier in MecklenburgVorpommern zweifellos die Tourismusbranche. Insofern ist es eine Feststellung, die der Herr Wirtschaftsminister hier getroffen hat, die natürlich den Nagel auf den Kopf trifft. Mit einem Umsatz von über 5 Milliarden ist das natürlich auch ein riesiger Brocken, wenngleich wir diese Zahl natürlich zerlegen müssten, um sie aussagekräftig zu machen. Wir müssten uns anschauen, was die Wertschöpfung ausmacht. Die Wertschöpfung ist dann schon ein klein wenig kleiner, allerdings immerhin noch so groß, dass über 170.000 Menschen in Mecklenburg-Vorpommern hier absolut partizipieren.

Wir von der NPD-Fraktion sind weit entfernt davon, hier uns gegen den Ausbau von touristischen Zielgebieten auszusprechen oder einer Verbesserung touristischer Einrichtungen nicht das Wort zu reden. Aber was uns stört an der Konzeption – und das hat Herr Seidel hier auch, die elf Punkte, abgearbeitet –, ist, dass man die Frage stellt: Wieso ist eigentlich in dem Konzept so wenig von den Menschen die Rede, die das Ganze erarbeiten, also nicht die Gäste, sondern die, die in dieser Branche ihr Brot finden? Das haben wir mal getan. Wir haben uns mal ein kleines bisschen umgeschaut,

(Michael Andrejewski, NPD: Ihre Brotkrumen.)

was denn so in diesem …

Oder besser gesagt, die Krumen finden.

Denn wir haben mal geschaut, was denn diese Leistung, die hier so hochgejubelt wird und die auch beeindruckend ist, ganz zweifellos, welche Leute denn wirklich partizipieren in einem Umfang, dass man davon reden kann, dass diese Branche wirklich auch sozialethisch vertretbar ist.

Mir persönlich ist bekannt, dass weite Bereiche der Lehrlinge nicht wohnen, sondern hausen. Auf engem Raum sind bis zu sechs Leute untergebracht. Mir ist zum Beispiel bekannt, dass ein 10-, 12-, 13-Stunden-Tag für diese Menschen normal ist in der Saison. Das sind alles soziale Rahmenbedingungen, die mit dazu beitragen, wenn das erreicht werden soll, was der Herr Wirtschaftsminister hier zu Recht angemahnt hat, nämlich Vorsorge zu treffen, dass auch morgen und übermorgen noch qualifizierte Leute hier in Mecklenburg-Vorpommern bereit sind, dieses Erfolgsmodell absichern zu können. Und da hapert es.

Wer heute nach Bayern fährt, der trifft nicht selten Leute aus Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern. Wo sind sie häufig tätig? In der Hotellerie. Dann frage ich, wo kommen Sie her, wenn ich in Sachsen bin, und dann hat man auch hier das eine oder andere Hotel, das einem liegt und wo man dann auch häufig hingeht, und dann spricht man auch mit diesen Leuten

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

über das hinausgehend, was nun wirklich im Moment als Smalltalk abzuhandeln ist, sondern man fragt ganz konkret: Warum sind sie hier? Dann bekommt man Antwor

ten. Und die häufigste Antwort ist, dass sie zum Beispiel allein schon bei der Lehrlingsausbildung viel bessere soziale Arbeitsmöglichkeiten vorfinden. Das fängt beim Wohnen an und das hört bei der Lebensvergütung auf. Wir haben hier im Schnitt im Gastronomiebereich und in der Hotellerie so um die 600,00 Euro pro Monat, was die Lehrlinge bekommen. Wenn Sie nach Bayern gehen, dann stellen Sie fest, dass das nicht ganz das Doppelte ist.

Wer also hier in Mecklenburg-Vorpommern langfristig die Jugend halten will und Qualität abverlangt und Mehrsprachigkeit verlangt, Herr Wirtschaftsminister, der sollte in den Leitlinien eine Sonderleitlinie erarbeiten, wo ganz spezifisch die Bedürfnisse der Auszubildenden dieser Branche definiert werden, dass dann auch bitte schön wir praktisch die Möglichkeit haben, die Leute im Land zu halten, und dass es auch noch in vier oder fünf Jahren hier qualifiziertes Personal gibt. Denn das ist die Schlüsselfrage, das haben Sie ja selbst richtigerweise gesagt.

Kommen wir zu einem zweiten Punkt. Wir haben hier mal diskutiert über das Steuergeschenk der Liberalen, die berühmte Debatte über die Mehrwertsteuer, und ich habe hier gesagt – der Wirtschaftsminister hat das so ein bisschen angezweifelt, ja, dann wird was frei für Investitionen und vielleicht kommen dann auch noch die Löhne, die dann etwas besser vielleicht dotiert sind –, und ich habe gesagt, wer sagt uns denn, dass, wenn das so gemacht wird, die Hotellerie oder die Hoteliers dann auch hergehen und das in den Betrieb investieren oder in die Verbesserung der sozialen Rahmenbedingungen für die Angestellten, die das Ganze ja erarbeiten müssen.

Nun haben wir im Ausschuss gehört: Wo ist das Geld hingeflossen? Genau da, wo ich vermutet habe:

Ein Teil der Hotellerie sagt, wenn du bei mir 500,00 Euro Umsatz machst, dann bekommst du genau die Spanne, die wir jetzt nicht zahlen müssen über die Verkürzung der Steuer, als Bonus obendrauf.

Und andere sagen: Mensch, ich stehe so unter Druck, dass ich froh bin, dass ich diese liquiden Mittel natürlich in den Bereich des Finanzdienstes hineinstecke, dass ich damit meine monatlichen Verbindlichkeiten bei der Bank, beim Geldinstitut abarbeiten kann.

Wiederum eine dritte Gruppe, die geht eiskalt her, die unter Druck ist, und sagt, das mache ich jetzt ganz einfach so, dass ich den Wettbewerb verschärfe. Ich gehe jetzt her und sage, diesen Spielraum, den gebe ich ganz einfach mal in die Preise weiter und konkurriere damit besser mit anderen Anbietern.

Das ist geschehen in Mecklenburg-Vorpommern, wenn Sie sich das angehört hätten, das war ganz aufschlussreich, was wir da zu hören bekamen.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Nächster Punkt: Wir kennen das leidige Thema des Eigenkapitals. Die Hoteliers haben kein Geld und deswegen können sie schlecht Löhne zahlen. Die Hoteliers müssen renovieren, die müssen „up to date“, sagt man im Neudeutsch, sein, sonst bleiben die Gäste langfristig aus. Das Geld haben sie nicht.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Jetzt ist die Situation die –

(Jörg Heydorn, SPD: Und jetzt kommt die rote Lampe.)

ich komme zum Ende –, jetzt ist die Situation die, dass sie sagen, weil ich kein Geld habe für Investitionen, kann ich auch keine besseren Löhne zahlen. Und deswegen laufen die gut qualifizierten Menschen zwangsläufig in die Gebiete oder ins Ausland, wo die Sache etwas anders strukturiert ist.

Hier ist auf Teufel komm raus finanziert worden mit vier, fünf und acht Prozent Eigenkapital,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die rote Lampe!)

und dann fließt natürlich der Rohertrag in die Kosten und steht nicht zur Verfügung, um die Menschen hier im Lande zu halten und vernünftig zu bezahlen, und das scheint mir in dem Konzept überhaupt gar nicht stattzufinden.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist beendet.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schon zwei Minuten überzogen.)

Letztes Wort: Und das ist, was uns an diesem Konzept bitter aufstößt. – Vielen Dank, dass ich zu Ende reden durfte, Frau Präsidentin.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nee! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion der FDP, der Abgeordnete Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was gibt es zu der Erfolgsgeschichte Tourismus nach den Ausführungen von Herrn Pastörs hier noch zu sagen?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Tourismus ist eine Erfolgsgeschichte, darüber sind wir, denke ich, uns alle im Klaren. Der entscheidende Punkt, der entscheidende Aspekt – so verstehen wir Liberalen diese Fortschreibung, die plausibel und klar strukturiert zusammengefasst ist – ist, wie wir dieses Erfolgskonzept weiterführen. Das ist der Ansatz und das ist auch das, was uns eigentlich hier zusammenführen sollte: Wie machen wir diese Erfolgsgeschichte weiter?

Denn wir haben eine spannende Herausforderung – das hat der Minister nur andeutungsweise, aber doch sehr klar gesagt –, wir haben die Frage zu stellen: Quantität um jeden Preis oder sind wir in der Qualitätsdiskussion?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es gibt genügend touristisch hoch entwickelte Regionen in der Bundesrepublik Deutschland, die vor 20, 25, 30, 35, 40 Jahren blühende Tourismusregionen gewesen sind. Wenn wir sie uns heute angucken, ist es teilweise ein Trauerspiel, was sich aus diesen Regionen dann entwickelt hat.

Genau das ist eigentlich die schwierigste Aufgabe, vor der wir gemeinsam stehen, nämlich genau zu gucken, mit welcher Dosierung an welcher Stelle wir den Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern weiter begleiten und auch weiter fördern, denn wir wollen nicht diese Orte haben, die nach 10, 15, 20 Jahren dann verlassen sind.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Wir wollen nicht diese Orte haben, die dann im Prinzip auch ein Stück weit Tristesse mit sich bringen, sondern wir müssen genau hinschauen, an welchen Stellen und an welchen Orten wir den Tourismus in MecklenburgVorpommern mit welchen Qualitätsstandards entwickeln.

Da sind wir mit dem Tourismusverband, und das sage ich auch ganz deutlich, gut aufgestellt. Ich sehe, wir sehen, dass dort das Thema Qualität im Vordergrund steht. Aus dem Grund meine ich, dass der grundsätzliche Ansatz, der hier geführt ist, richtig, plausibel und auch vernünftig ist.

Wir müssen zwei, drei Schwerpunkte aber trotzdem in uns aufnehmen. Der eine Schwerpunkt ist, dass wir die Verteilung, die regionale Verteilung, die territoriale Verteilung des Tourismus uns wirklich ganz genau angucken. Die Küste ist fantastisch entwickelt, das kann man einfach so sagen. Ich stelle manchmal sogar die provozierende Frage, ob ich eigentlich Rüganer sein möchte, denn im Sommer, wenn alle Urlauber da sind, weiß ich nicht,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)