Protokoll der Sitzung vom 14.10.2010

Die wichtigste Erkenntnis: Mecklenburg-Vorpommern wird durch die Sozialkürzungen überproportional betroffen, das heißt von allen Bundesländern am stärksten betroffen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja. – Regine Lück, DIE LINKE: Große Sauerei ist das.)

Das hat diese Ergebnisstudie eindeutig bewiesen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Das sind Fakten.

(Zurufe von Birgit Schwebs, DIE LINKE, und Michael Roolf, FDP)

Noch mal zu den Ergebnissen der Studie des Paritätischen Gesamtverbandes: Die geplanten Kürzungen im Sozialbereich, die sich ja bis 2014 auf über 30 Milliarden Euro summieren, treffen also nicht nur vorrangig Alleinerziehende mit Kindern, jüngere wie ältere Langzeitarbeitslose, sondern sie wirken auch regional extrem unterschiedlich und benachteiligen vor allen Dingen strukturschwache Regionen und kreisfreie Städte im Norden und Osten der Bundesrepublik Deutschland massiv. Schwarz-Gelb schont mit den geplanten sozialen Einschnitten die wirtschaftlich starken Boomregionen, während die strukturschwachen Bundesländer noch weiter in ihrer Entwicklung benachteiligt werden. Die soziale Schieflage dieses sogenannten Sparpaketes trifft also nicht nur viele hilfe- und förderbedürftige Menschen, sondern sie gefährdet auch das Ziel des Grundgesetzes, vergleichbare Lebensbedingungen durch gezielte Strukturhilfe des Staates anzustreben.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Habe ich, glaube ich, auch erwähnt.)

Die Unterschiede der Bundesländer werden besonders deutlich, wenn die Sozialkürzungen pro Einwohner in Relation zum BIP gesetzt werden, in Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel zwischen 0,35 und 0,45 Prozent, in Bayern und Baden-Württemberg nur 0,05 beziehungsweise 0,10 Prozent. Das sind gravierende Unterschiede.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Mecklenburg-Vorpommern verliert von 2011 bis 2014 über 555 Millionen Euro, das heißt mehr als eine halbe Milliarde Euro, durch diese Sozialkürzungen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Und wie fangen wir die auf?)

Diese Kürzungen betreffen ja die befristeten Zuschläge der Arbeitslosengeld-II-Bezieher, die Streichung der Rentenversicherungsbeiträge, die Qualifizierungsangebote für Langzeitarbeitslose, das gestrichene Elterngeld für Hartz-IV-Empfänger und die Streichung des Heizkostenzuschusses.

Bemerkenswert ist bei diesen Kürzungen, dass man, wenn man sie verteilt auf die Jahre darstellt, sehr schnell auch erkennt, wann die Kürzungen besonders greifen. Während wir noch in 2011 starten mit circa knapp 60 Millionen Euro, werden sich dann die Summen erhöhen bis zum Jahre 2014 auf pro Jahr 230 Millionen Euro, insgesamt wie gesagt 555 nach dieser Studie.

Und auffallend ist natürlich auch, dass die Kürzungen – Zufall oder nicht, mal dahingestellt, mag jeder bewerten, wie er will – vor der Bundestagswahl deutlich niedriger ausfallen als danach.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!)

Hier entsteht schon der Eindruck, dass Sozialkürzungen bewusst auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl verschoben werden.

Noch mal zu Mecklenburg-Vorpommern: Interessant sind konkrete Zahlen für einzelne Landkreise und Gebietskörperschaften. Im Durchschnitt der vier Jahre verlieren pro Einwohner der Landkreis Uecker-Randow 107 Euro, der Landkreis Demmin 100 Euro, die Hansestadt Stralsund 99, Schwerin 99, Neubrandenburg ebenfalls und Landkreis Güstrow 92 Euro pro Einwohner. Die Landkreise Bad Doberan, Ludwigslust haben, und das überrascht ja nicht, mit 51 beziehungsweise 58 Euro je Einwohner mit den geringsten Kürzungen zu rechnen. Also auch hier wird deutlich, dass innerhalb Mecklenburg-Vorpommerns die ohnehin schwachen Regionen und kreisfreien Städte die größten Kürzungen zu verkraften haben werden.

Und darüber hinaus sind noch weitere Belastungen für die Kommunen zu befürchten, auch wenn das jetzt hier noch nicht genau quantifiziert werden kann. Aber es ist doch völlig klar, dass die Streichungen des Heizkostenzuschusses für Wohngeldempfänger, der befristete Zuschlag auf Hartz IV sowie vor allen Dingen auch die Rentenversicherungsbeiträge für Langzeitarbeitslose beziehungsweise deren Streichung zu weiteren Kosten und Belastungen bei den Kommunen führen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Zu diesen bisherigen bekannten Kürzungen innerhalb der Studie des Paritätischen Gesamtverbandes kommen dann noch weitere Kürzungen, die uns treffen werden, bei den Agenturen. Wir hatten insbesondere bei der Bundesagentur für Arbeit unter dem Stichwort „Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistungen“

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

bei uns in der Fraktion die Gelegenheit, diese Woche, diesen Dienstag, Herrn Goecke zu befragen, welche Auswirkungen aus seiner Sicht die Kürzungen bei den Agenturen auf Mecklenburg-Vorpommern haben werden.

Und seine Aussage war eindeutig. Wir hatten die Aussage übrigens auch schon beim Gespräch in Neubrandenburg in der Agentur von Herrn Miraß. Beide machen also deutlich, dass wir hier massiv betroffen sein werden. Die Agenturen in Mecklenburg-Vorpommern werden im Jahr 2011 sage und schreibe 90 Millionen Euro weniger zur Verfügung haben. Das addiert sich dann in den nächsten Jahren bis über 2014 auf über 400 Millionen Euro.

Was bedeutet das? Diese Kürzungen bei den Agenturen bedeuten natürlich den konkreten Abbau von befristeten Mitarbeitern in den Job-Centern. Das bedeutet wiederum, dass Fallmanager und Vermittler zusätzlich unter Druck kommen, weniger Zeit haben für die Arbeitslosen und Leistungen auch für Arbeitslose gekürzt werden, denn in dieser Größenordnung kann das auch eine bestgeführte Agentur, und unsere Agenturen sind wirklich gut geführt, nicht kompensieren.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist Arbeitsmarktpolitik nach Kassenlage mit katastrophalen Auswirkungen

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Die von der Landesregierung unterstützt wird. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

für unsere Bürgerinnen und Bürger, und das lehnt die SPD ab.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Bei der CDU ist das alles in Ordnung. – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Glawe,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Macht doch die Landesregierung mit, diese Politik nach Kassenlage.)

bleiben wir mal bei den Fakten!

(Harry Glawe, CDU: Das gibt’s ja gar nicht.)

Herr Glawe, bleiben wir nur,

(Heinz Müller, SPD: Was machen wir hier?)

bleiben wir bei den Fakten!

(Harry Glawe, CDU: Ja, bei den Fakten bleiben, genau!)

Und wir können ja alle rechnen...

(Ralf Grabow, FDP: Gibt’s weniger Arbeitslose, dann haben wir auch weniger Personal.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bleiben wir bei den Fakten!

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung bedeutet für Mecklenburg-Vorpommern durch die Kürzungen im Haushaltsbegleitgesetz, im Sparpaket

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, und was tut die rot-schwarze Landesregierung dagegen?)

und den Kürzungen bei der Agentur insbesondere bis 2014 1 Milliarde Euro,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Wie kompensieren wir das?)

1 Milliarde Euro weniger.

(Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Was sagt die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern dazu?)

das ist eine arbeitsmarktpolitische Katastrophe