Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Auch das ist ein Prozess, auch das kein leichter Weg. Dann wird er auch lebensnah und praxisorientiert. Dann werden unsere Schulabgänger ausbildungsfähig sein.

Folgende erste Maßnahmen wurden zur Entwicklung eines kompetenzorientierten Unterrichts initiiert:

Wir haben über die Lesekompetenz gesprochen. Zur Förderung der Lesekompetenz wurden die staatlichen Schulen unseres Landes beauftragt, in den Jahrgangsstufen 5 und 7 verpflichtende Lesestandsanalysen durchzuführen. Unterstützung hierzu erhalten die Lehrkräfte durch die Fachberater Deutsch. Bereits jetzt sind Fortbildungen zur Förderung der Lesekompetenz bis 2012 konzipiert. Man kann das kritisieren, wir werden das aber nicht lassen an dieser Stelle, wir haben eine Haushaltsverantwortung und wir haben es jetzt schon bis 2012

konzipiert. Ferner wird auf dem Bildungsserver gerade das Forum ,,Lesen in Mecklenburg-Vorpommern“ eingerichtet, welches sich mit gezielten Angeboten zur Förderung der Lesekompetenz an die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch an die Eltern und Schüler richtet. Durch das Bildungsministerium erfolgt eine gezielte Beratung und Unterstützung der Lehrkräfte.

Wer eine veränderte – auch das soll deutlich gesagt werden – Kultur des Lernens will, muss auch eine veränderte Kultur der Leistungsbewertung zulassen. Die Umsetzung abschlussbezogener Bildungsstandards und eine verbindliche Rechenschaftslegung durch zentrale Prüfungen und bundesweite Vergleichsarbeiten unterstützen uns in dem Prozess der Sicherung unserer Unterrichtsqualität. Und die Analyse, auch das sei gesagt, der Ergebnisse aller Schulen in den Vergleichsarbeiten VERA 3, 6 und 8 sowie die Auswertung der Ergebnisse der Schulen in den zentralen Prüfungen sind für uns in Mecklenburg-Vorpommern wesentliche Instrumente bei der Feststellung und Verbesserung von Schülerleistungen. Auch hier wird die Schulaufsicht zunehmend – auch das ist ein Prozess, den wir zugestehen müssen – ihrer veränderten Rolle gerecht. Auf der Grundlage vorhandener Ergebnisse werden zwischen dem zuständigen Staatlichen Schulamt und der Einzelschule hier sozusagen dann erste Zielvereinbarungen abgeschlossen.

Kern unserer Anstrengungen – da gebe ich, glaube ich, sozusagen Ihnen gern recht – bleibt hierbei die Senkung der Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss. Im Jahr 2006 verließen noch 5,7 Prozent der Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildende Schule ohne Abschluss, so waren es im Jahr 2010 4,7. Und diese Zahlen mit den 17,9 und 18 Prozent kennen Sie auch. Dort ist natürlich die Zahl der 9 Prozent Förderschülerinnen und -schüler enthalten, die in manchen Ländern nicht erhoben werden in der Statistik. Wir wollen es weder beschönigen noch kleinreden, nur wenn wir an diesem Punkt einen Schritt weiterkommen wollen, haben wir als Land ja erreicht, dass man in der KMK mal die Statistik auseinandernimmt und nicht als Mogelpackung, um die Prozentzahlen zu schönen, um zu sagen, mit welchen Schülerinnen und Schülern haben wir es denn zu tun.

(Udo Pastörs, NPD: Was für ’ne Leistung!)

Wir haben natürlich in der Förderschule Schüler, die einen Förderschulabschluss haben. Da dieser Förderschulabschluss aber keinem Hauptschulabschluss gleichgestellt wird,

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

fällt er natürlich statistisch unter den Tisch und insofern haben wir dort ein Potenzial von Schülerinnen und Schülern, denen wir, glaube ich, gemeinsam zutrauen sollten, einen solchen Schulabschluss zu schaffen. Und insofern ist das die Hauptsäule, wenn wir überhaupt an die Halbierung, geschweige denn vielleicht auch noch an weitere Maßnahmen denken. Hier müssen wir ran, wenn wir diese Zahlen verbessern wollen.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das ändert aber nichts an den zentralen Ursachen.)

Das ist Aufgabe von Schule und Gradmesser von Bildungsgerechtigkeit und insofern unterscheiden wir uns dort, Herr Holter. Ich spreche von Chancengerechtigkeit und nicht von Chancengleichheit, weil ich glaube,

wenn zwei unterschiedliche Starter am Start sind, dann kann man das sozusagen nicht auf einem Hundertmeterlauf vergleichen. Gerecht ist etwas anderes. Insofern ist unser Gradmesser Bildungsgerechtigkeit, das heißt, jedes Kind, unabhängig von seiner sozialen Herkunft, in seiner Leistungsentwicklung zu unterstützen und es zum Ausschöpfen seiner Potenziale zu ermutigen. Bildungsgerechtigkeit basiert auf Vielfalt. Nur diese ermöglicht individuelle, flexible Bildungswege gemäß den jeweiligen Lehr- und Lernvoraussetzungen, dem unterschiedlichen Entwicklungstempo und den individuellen Bedürfnissen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das klingt aber alles schön.)

Der Einzigartigkeit des Einzelnen ist letztendlich Rechnung zu tragen.

Wir müssen ja keiner Studie trauen, aber insofern ist im Bildungsmonitor, wenn wir schon dabei sind, was die Frage der sozialen Weitergabe von Bildungsarmut betrifft, ja nun gerade mitgeteilt worden, dass Mecklenburg-Vorpommern in Deutschland das Land ist, wo es am wenigsten passiert, dass Bildungsarmut weitergegeben wird aus diesen Gründen heraus. Das ermutigt uns, auch hier an dieser Stelle weiterzuarbeiten.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das glauben Sie doch aber jetzt selber nicht, was Sie da sagen.)

Das ist der Bildungsmonitor, können Sie gern nachlesen, Frau Lück.

(Regine Lück, DIE LINKE: Bildung hängt immer mit sozialer Herkunft zusammen.)

Sie können das gern nachlesen.

Und insofern sollten wir an dieser Chancen- und Bildungsgerechtigkeit weiterarbeiten.

Gemäß Paragraf 4 des Schulgesetzes hat jeder Schüler und jede Schülerin einen Rechtsanspruch auf individuelle Förderung entsprechend seiner/ihrer Fähigkeiten, Interessen und Neigungen. Alle Schulen haben den Auftrag, die Lernbedingungen für jeden Schüler so zu gestalten, dass individuelle Förderung drohendem Leistungsversagen entgegengewirkt und negative Folgeerscheinungen verringert werden.

Die Anstrengungen der Landesregierung konzentrieren sich diesbezüglich aktuell auf den Ausbau der integrativen Beschulungsmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Förderschwerpunkten Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung. Die Initiierung der präventiven und integrativen Grundschule Rügen war wichtig und wird als ein erfolgreicher Start zur Umsetzung unseres Vorhabens gesehen. Und wenn wir die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss halbieren wollen, dann darf ich Ihnen sagen, es wird sozusagen keine Halbierung der Mittel geben. Alle Stunden sind im System geblieben, auch das, denke ich, ist nachlesbar im Haushaltsplan.

Mit den Veränderungen im Fördersystem in Mecklenburg-Vorpommern wird der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entsprochen, die mehr Chancengerechtigkeit für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in einem inklusiven Schulsystem fordert.

Eines der wichtigsten Themen bei der individuellen Förderung sind aus meiner Sicht in unserem Land ganz

klar die Ganztagsschulen. Die gesellschaftliche Bedeutung von Ganztagsschulen beziehungsweise -angeboten ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Ursächlich hierfür ist die unter anderem durch die Ergebnisse der PISA-Studie angeregte Diskussion über die besten Rahmenbedingungen für schulisches Lernen. Die Ganztagsschule ist ein Lern- und Lebensort, an dem junge Menschen eigene Interessen und Neigungen entdecken, Kompetenzen entwickeln, ein gemeinschaftliches Miteinander kennenlernen und ihnen eine sinnvolle Freizeitgestaltung ermöglicht wird. Ganztägig lernen bedeutet einen Zugewinn an Zeit, in der die Kinder und Jugendlichen durch einen differenzierten Lernprozess intensiver gefördert und gefordert werden können, und zwar sowohl im Unterricht als auch in ergänzenden Angeboten.

Um die Individualisierung von Lernprozessen auch auf diesem Wege zu unterstützen, wurde in der Folge die Schulgesetznovelle vom 16. Februar 2009 ergänzt durch die Verwaltungsvorschrift ,,Die Arbeit in der Ganztagsschule“, die dann zum Schuljahr 2010/2011 geändert und den veränderten Bedingungen und gesetzlichen Regeln angepasst wurde.

Sehr geehrte Abgeordnete, bei der Gestaltung unserer Bildungs- und Erziehungsarbeit spielen die Eltern eine wesentliche Rolle. Aus diesem Grund war es wichtig, auch Fortbildungen für Eltern- und Schülervertreter zu organisieren. Von den in Mecklenburg-Vorpommern aus ESF-Mitteln finanzierten Eltern- und Schülerfortbildungen wird reger Gebrauch gemacht. Ich kann mir hier keinen besseren Platz vorstellen für ESF-Gelder als die Bildungspolitik und Schülerinnen und Schüler sowie Eltern werden motiviert und angeleitet, sich in die Gestaltungs- und Verantwortungsprozesse einzubringen. Dieses sollte nicht durch leichtfertige, demotivierende Äußerungen infrage gestellt werden. Engagierte Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte haben es verdient, dass die unter den vorhandenen Bedingungen erbrachten Leistungen, denen PISA eine ständige Verbesserung bescheinigt, auch entsprechend gewürdigt werden.

Die PISA-Studie bestätigt, dass der von uns in Mecklenburg-Vorpommern eingeschlagene Weg richtig ist. Zugleich sind die Ergebnisse aber auch eine Herausforderung für eine konsequente Entwicklung der Qualität in unseren Schulen. Das heißt für unser Land, die Ausstattung der Bildung muss auch zukünftig an den Herausforderungen gemessen werden, damit der Unterrichtsausfall nachhaltig reduziert wird, die Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss nachhaltig gesenkt wird, der Fremdsprachenunterricht in kleineren Klassen nachhaltig durchgeführt wird, Inklusion, Integration nachhaltig durchgeführt wird.

Die Landesregierung hat sich diesen Herausforderungen in der Vergangenheit erfolgreich gestellt. Die Landesregierung wird die zukünftigen Herausforderungen zielgerichtet angehen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Irene Müller, DIE LINKE: Schöne Rede.)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Dann war das hier ein Versehen. Entschuldigung, dann hat jetzt das Wort der Fraktionsvorsitzende der FDP Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwischen Wahlkampfrede und Rechenschaftsbericht kann man das, glaube ich, einordnen, was wir bisher gehört haben.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Die PISA-Studie – das ist auch allgemein gesagt worden – hat keinerlei Auswirkungen und keinerlei Konkretisierung für Mecklenburg-Vorpommern. Also werden wir uns, glaube ich, zwischen Wahlkampfrede und Rechenschaft dann auch bewegen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Aha!)

denn die PISA-Studie betrifft uns dann nicht.

Lassen Sie uns nach Mecklenburg-Vorpommern schauen und lassen Sie uns ein paar Fakten über Mecklenburg-Vorpommern anhören. 17,9 Prozent – der Kollege Holter hat es gesagt – der Schulabgänger haben in Mecklenburg-Vorpommern keinen Abschluss. Bundesweit sind es 7,5 Prozent. Die Abbruchquote bei den Ausbildungsverträgen ist in Mecklenburg-Vorpommern bei 32,4 Prozent, in der Bundesrepublik Deutschland bei 22,9 Prozent. Nur 7,9 Prozent der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern können nach der Schule zum Studium gehen, deutschlandweit sind es 16,5 Prozent. Und diejenigen, die zwischen 25 und 65 ein Abitur haben, sind in Mecklenburg-Vorpommern 20,2 Prozent, deutschlandweit 29,3 Prozent.

Ich erspare Ihnen den Zusatz, dass wir in all diesen Kernpunkten das Schlusslicht im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland sind. Das ist die Situation in Mecklenburg-Vorpommern.

Und wenn wir heute über die Themen und über die Probleme der Bildung sprechen, Herr Kollege Holter, dann gebe ich Ihnen völlig recht, wir müssen einen Aufholvorgang starten, wir müssen die Chancen, die wir in der Vergangenheit vergeben haben, nutzen, aber dazu gehört auch eines ganz deutlich: Wenn es richtig ist – und das ist, glaube ich, unstrittig zwischen uns –, dass die Auswirkung von Bildungspolitik sich erst fünf, sechs, sieben, acht oder zehn Jahre nach der Bildungspolitik in solchen Studien auswirkt, dann ist es Ihre Politik, dann ist es die Politik der LINKEN und die Politik der SPD, die Mecklenburg-Vorpommern genau in diese Situation geführt hat, die wir heute haben.

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Helmut Holter, DIE LINKE)

Und das, meine Damen und Herren, gehört dann auch zur Wahrheit dazu, dass es die Politik ist,

(Irene Müller, DIE LINKE: Zu welcher Partei gehörte denn Herr Wutzke?)

die Mecklenburg-Vorpommern an den Rand geführt hat, und dass es die Politik ist,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: An den Rand haben Sie sie damals getrieben mit dem dreigliedrigen Schulsystem. – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)

die Schülerinnen und Schüler fast einer ganzen Generation um ihre Chancen beraubt hat. Das gehört zur Wahrheit dann hier auch sehr deutlich dazu. Und wenn wir dann beim Thema Wahlkampf sind,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Da sind Sie schon die ganze Zeit, Herr Roolf.)