Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Beide kommunalen Landesverbände lehnten diese Regelung ganz klar ab.

(Torsten Renz, CDU: Und wer noch?)

Das hat deutlich den Geruch von Irreführung von Wählerinnen und Wählern.

(Torsten Renz, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Was?)

Meine Damen und Herren, zu einem modernen Wahlgesetz gehört ebenfalls,

(Torsten Renz, CDU: Das ist doch genau das Gegenteil.)

dass das aktive Wahlalter 16 …

(Torsten Renz, CDU: Der Herr Ringguth hat auch gesagt, das ist ein Gegenteil.)

Man kann es so sehen und so sehen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie können ja gerne noch reden.

(Torsten Renz, CDU: Nee, nee, das geht nach hinten los.)

Ich komme zurück zu dem Thema Wahlalter 16. Dass das aktive Wahlalter 16 endlich auf Landesebene eingeführt würde, wäre, denke ich, von hoher Bedeutung. Aber, wie Herr Timm es eben schon formuliert hat, auch diesem Änderungsantrag konnten Sie im Innenausschuss nicht folgen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und weil uns dieses Anliegen eben besonders wichtig ist, haben wir Ihnen heute noch einmal einen Änderungsantrag vorgelegt. Und ich sage deshalb auch gleich an dieser Stelle, heute werden alle Abgeordneten auf der Grundlage unseres Änderungsantrages die Möglichkeit haben, namentlich darüber abzustimmen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Oh!)

Dass auch der Städte- und Gemeindetag und der Landkreistag gleichrangig diese Forderung unterstützten, hat SPD und CDU im Innenausschuss wenig beeindruckt. Eben wurde auch der Landesjugendring im Bericht des Innenausschussvorsitzenden genannt. Klar, dass auch hier die Absenkung des aktiven Wahlalters begrüßt wurde. Und das sage ich auch noch mal der Vollständigkeit halber.

Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle vor allem noch einmal auf die Argumente eingehen, die Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der SPD und CDU, gebracht haben, und ich möchte Sie noch einmal auffordern, sie in dieser Sache noch einmal gründlich zu bedenken.

Dagegen wird eingewandt, dass im Gegensatz zu Kommunalwahlen Landtagswahlen etwas anderes seien

(Egbert Liskow, CDU: Sind sie auch.)

und junge Menschen könnten dies nicht so gut überblicken. Schließlich ginge es um Gesetzgebung und um weitreichende Entscheidungen. So weit, so gut. Auch sollte das aktive Wahlalter stets an die Vollmündigkeit gekoppelt bleiben und die liege ja bekanntlich bei 18 Jahren, so Ihre Hauptargumente.

Meine Damen und Herren, diese immer wieder vorgebrachten Bedenken können nicht überzeugen. In der Kürze der Zeit möchte ich nur auf einiges noch einmal eingehen und es skizzieren.

(Torsten Renz, CDU: Lassen Sie sich ruhig Zeit! Bringen Sie es richtig ausführlich!)

Mit der Frage, ob man alt genug zum Wählen sei, stieß man in der Geschichte immer wieder auf Widerstand. Im Kaiserreich waren es 25 Jahre,

(Egbert Liskow, CDU: Wie war’s denn in der DDR? – Michael Roolf, FDP: Keine freien Wahlen.)

in der Weimarer Republik 20 Jahre, in der Bundesrepublik zunächst 21 Jahre, seit den 70er-Jahren dann 18 Jahre.

In Mecklenburg-Vorpommern können junge Menschen mit 16 Jahren bekanntlich seit über zehn Jahren an Kommunalwahlen teilnehmen. Und Kommunalwahlen sind, meine Damen und Herren, nach der Rechtsprechung keine Wahlen von geringerer Bedeutung. Warum also überwinden wir nicht gleich die Ungleichbehandlung junger Menschen in Kommunal- und Landtagswahlen? Müssen junge Menschen, um wählen zu können, wirklich volljährig sein, wenn sie sich bereits mit 14 für eine Religion entscheiden können oder sich strafrechtlich verantworten müssen oder wenn sie auf Antrag sogar mit 16 Jahren heiraten dürfen?

Meine Damen und Herren, mit dem Alter von 16 kann man sich also durch Eheschließung schon ein ganzes Leben lang binden. Glück gehabt oder Pech gehabt – je nachdem. Mein Votum zum Landtag aber, das ich für höchstens fünf Jahre abgebe, wird mir am Ende unter

anderem mit dem Argument verwehrt, ich sei noch nicht volljährig und könne eine Legislatur nicht überblicken. So, so. Soll ich Ihnen ein Geheimnis verraten?

(Torsten Renz, CDU: Ja, bitte.)

Hören Sie zu! Im Alter von 21 Jahren habe ich das erste Mal geheiratet

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Aha!)

und konnte auch nicht alles vorhersehen. Das stimmte, wie Sie aus meiner ganz privaten Situation wissen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja sehr belustigend, was Sie da vortragen.)

Wer also mit 16 Jahren heiraten darf, der wird doch wohl mit 16 Jahren auch noch den Landtag wählen dürfen, oder?

Übrigens, und jetzt kommen wir zurück zum Ernst, auch der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes vertritt die Auffassung, dass eine Wahlentscheidung bereits mit 16 Jahren getroffen werden kann.

Meine Damen und Herren, nach alledem dürften keine durchgreifenden Bedenken gegen eine Herabsenkung des aktiven Wahlalters bei Landtagswahlen bestehen. Sollte unser Änderungsantrag heute aber nach nochmaligem Bedenken Ihrerseits folgerichtig angenommen werden, dann werden wir dem Gesamtgesetzentwurf sogar noch zustimmen. Ergreifen Sie also die Chance, lassen Sie auch die 16- bis 18-Jährigen den neuen Landtag wählen!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle wollte ich eigentlich meine Rede zu dieser Problematik beenden. Aber da wir heute auch einen umfangreichen Änderungsantrag der FDP-Fraktion bekommen haben, möchte ich mich noch einmal ganz kurz dazu äußern und mich der FDP-Fraktion und ihren zahlreichen auch im Innenausschuss gestellten Änderungsanträgen widmen.

Auf den ersten Blick könnte man sagen, oberflächlich: Fleißig, fleißig! Mehr ist es dann aber auch nicht. Was die Fraktion der FDP unter parlamentarischer Arbeit in dieser Richtung versteht, spottet jeder Beschreibung. Erst im Ausschuss unter dem Motto: „Still ruht der See“, und dann krempeln wir mal in der Abschlussberatung mit einer fast neuen Tischvorlage alles um, was im Gesetzentwurf Bestand hatte, bis hin zur Größe der Gemeindevertretungen, über die wir noch nicht mal mit den kommunalen Verbänden, also mit den Kommunen, gesprochen haben.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das Ziel dieser Aktion verblasst dann im Nebel und die kommunalen Verbände brauchten wir – so die Meinung der FDP dazu – auch nicht zu hören,

(Michael Roolf, FDP: Nee.)

denn die Weisheit sitzt ja anscheinend nur in der FDPFraktion.

(Heinz Müller, SPD: Bei Herrn Schnur.)

Und wenn ich mir die Anträge angucke, dann bin ich schon als nicht nur Landespolitikerin, sondern vor allen Dingen auch als Kommunalpolitikerin entsetzt, dass es Ihnen wichtig ist, unsere Kommunalverfassung als das

kommunale Grundgesetz in Mecklenburg-Vorpommern in den Dreck zu treten und überzuregulieren im Landeswahlgesetz. Das können Sie doch nicht von einem Abgeordneten dieses Hohen Hauses hier wollen! Dass Ihnen kommunale Selbstverwaltung nichts wert ist und Sie regulieren wollen, was Kommunen selbst beschließen können, wenn es um Wahlbereiche geht,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also Gabi, jetzt ist ja wohl ein bisschen …!)

das kann ja wohl auch nicht Ihr Interesse sein. Das ist dann unter dem Motto „Überregulierung“ abzuarbeiten.

(Torsten Renz, CDU: Das ist ja heftig jetzt. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Also wirklich!)