Protokoll der Sitzung vom 15.12.2010

Ich sage auch noch mal etwas

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Darüber werden wir noch mal reden müssen.)

zu der Größe der Gemeindevertretung. Mir erschließt sich die Begründung,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

die Sie hier gegeben haben, überhaupt nicht und ich glaube, es geht vielen anderen auch so. Und weitere Vorschläge, ich kann sie nur unter „formalistisch“ abhandeln, weil mehr sind sie nicht.

(Michael Roolf, FDP: Dann können Sie ja jetzt zustimmen.)

Ich denke einfach, so geht es nicht, meine Herren. Eine solche Arbeitsweise ist, wenn es um die Kommunen im Land geht, einfach unseriös.

Und wenn Sie wollen, dass Ihre Anträge ernst genommen werden, dann müssen Sie ernsthaft daran arbeiten und sie auch so in das Verfahren einbringen, dass man darüber reden kann. Vielleicht klappt es ja dann auch besser, dass Sie aus Ihrem Umfragetief wieder herauskommen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Měšťan.

Das Wort hat jetzt der Innenminister Herr Caffier.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten!

Frau Měšťan, ich habe mich zeitweise über Ihren Vortrag etwas …

(Michael Roolf, FDP: Amüsiert?)

Amüsiert, in der Tat. Ich möchte Ihnen aber sagen, dass die Koalition bis zum Sommer nächsten Jahres noch hinreichend, genügend Aufgaben vor sich hat, sodass wir uns die Mühe, das Thema Wahlkampf zu eröffnen hier im Parlament, jetzt nicht machen werden, auch der Innenminister nicht.

(Irene Müller, DIE LINKE: Ach, das sehen wir aber anders.)

Trotzdem möchte ich, bevor ich inhaltlich auf den Entwurf eingehe, den demokratischen Fraktionen des Landtages für die konstruktive Beratung in den Fachausschüssen danken. Angesichts der Landtags-, Kreistags- und Landratswahlen im nächsten Jahr war es mir auch persönlich ein Anliegen, den Verantwortlichen auf

landes- und kommunalpolitischer Ebene rechtzeitig Klarheit über die Vorschriften zu geben.

Die Beratungen haben aber wieder einmal den Grundsatz bestätigt, da kann ich übrigens nichts Schlechtes dran erkennen, dass ein Gesetzentwurf nie so reingeht in das Parlament, wie er es wieder verlässt.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das ist durchaus positiv zu bewerten,

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

denn manche Änderungen, die aus Sicht der Landesregierung erforderlich erschienen, wurden von Praktikern als unnötig angesehen. Dann ist es gut, auf Neuerungen zu verzichten oder, im entgegengesetzt gelagerten Fall, auch weitere aufzunehmen.

In enger Zusammenarbeit ist es Landtag und Landesregierung gelungen, ein modernes Wahlrecht für Mecklenburg-Vorpommern zu erarbeiten. Der Gesetzentwurf sieht zunächst vor, Landeswahl-, Kommunalwahl- und Wahlprüfungsgesetz in einem einheitlichen Wahlgesetz für unser Land zusammenzufassen. Regelungen, die sowohl für die Landtags- als auch für die Kommunalwahl gelten, wurden gewissermaßen vor die Klammer gezogen. Die Zahl der Vorschriften wird damit etwa halbiert. Abgesehen vom Beitrag zur Deregulierung wird das Gesetz so an vielen Stellen für Praktiker einfacher zu handhaben sein. Alle vom Innenausschuss eingeladenen Experten haben deswegen in der Anhörung die Zusammenfassung begrüßt.

Eine zweite wichtige Neuerung, und da habe ich eine andere Auffassung, betrifft sogenannte Scheinkandidaturen. Ich glaube, ich muss Ihnen, meine Damen und Herren Abgeordneten, nicht noch einmal erläutern, was darunter zu verstehen ist. Tatsache ist, dass Bürgermeister oder Landräte, die zur Wahl für die Gemeindevertretung oder den Kreistag antreten, ihre Popularität dafür nutzen, um auf der Liste anderer Mitglieder in die jeweiligen Parlamente zu ziehen. Sie wollen das kommunale Mandat in den meisten Fällen gar nicht annehmen, verhelfen aber Parteifreunden durch ihre Kandidatur zu einem Sitz in der kommunalen Vertretung.

Solche Kandidaturen sollen für die Wählerinnen und Wähler von Anfang an erkennbar sein. Dafür müssen die Betreffenden erklären, ob sie beabsichtigen, nach der Wahl das Mandat anzunehmen. Das ist natürlich nur möglich, wenn sie das Bürgermeister- oder Landratsamt aufgeben. Die Wählerinnen und Wähler sollten vor dem Urnengang wissen, wer von ihrer Stimme profitiert. Die neue Regelung des Paragrafen 16 Absatz 8 Wahlgesetz ist somit auch ein Beitrag zu mehr Transparenz im Wahlverfahren.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der Ersten Lesung habe ich ausführlich die mit der Novelle verbundenen Änderungen vorgestellt. Jetzt möchte ich es bei zentralen Punkten noch mal belassen. Stattdessen werde ich mich jetzt den vom Innenausschuss vorgeschlagenen Änderungen zuwenden.

Eine davon betrifft Paragraf 20. Wer kandidieren will, muss auch im Wahlgebiet wohnen. Damit hat es in der Vergangenheit das eine oder andere Mal Probleme gegeben, wenn nicht klar war, ob der im Melderegister eingetragene Hauptwohnsitz auch der richtige war.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Aus diesem Grund ist sogar schon eine Stadtvertreterwahl wiederholt worden. Nun ist eine Regelung entwickelt worden im Ausschuss, die solche Probleme in Zukunft zumindest stark entschärft: Die Zuständigkeit für die melderechtliche Überprüfung wird aus der Gemeinde oder dem Amt herausgenommen und dem Landkreis übertragen, wenn die begründete Besorgnis von Interessenkollisionen vor Ort besteht. Ich bin der Meinung, damit wurde eine gute Lösung gefunden, die sicherlich die Wahlvorbereitung auch im nächsten Jahr etwas vereinfachen wird.

In den parlamentarischen Beratungen hat sich außerdem herausgestellt, dass Sie mit dem Vorschlag meines Hauses, die Regelungen zum Nachrücken nach einem Parteiaustritt zu ändern, nicht zufrieden waren. Der jetzt vorliegende Änderungsantrag führt im Ergebnis dazu, die geltende Rechtslage beizubehalten

(Heinz Müller, SPD: So ist es.)

und Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene gleichzubehandeln. Auch das kann natürlich eine Handlungsoption sein. Und wenn sich der Ausschuss so entschlossen hat, dann hat er auch gute Gründe dafür, das kann ich auch durchaus akzeptieren und nachvollziehen. Und auch das gehört zur Ausschussarbeit dazu, dass das nicht unbedingt was mit Oberflächlichkeit zu tun hat, sondern eher damit, dass es zu bestimmten Punkten auch unterschiedliche Diskussionen und dann einen Meinungsfindungsprozess gibt.

Meine Damen und Herren, …

(Harry Glawe, CDU: So ist das.)

Genau.

… wenn ich bis jetzt dazu ausgeführt habe, welche sinnvollen Änderungen im Gesetzentwurf aufgenommen worden sind, so will ich jetzt noch auf einen Vorschlag eingehen, der von Ihnen schon angesprochen wurde, der keine Mehrheit fand:

(Zuruf von Dr. Ulrich Born, CDU)

Die Fraktion DIE LINKE hat wiederholt vorgeschlagen, das Wahlalter für Landtagswahlen auf das 16. Lebensjahr abzusenken. Dieser Vorschlag ist in der Tat nicht neu. Wenn ich es recht überblicke, wird er von Zeit zu Zeit auf Bundesebene oder in dem einen oder anderen Bundesland diskutiert. Die Mehrheit der Abgeordneten hier in Mecklenburg-Vorpommern hat sich entschieden, dem Vorschlag der Fraktion DIE LINKE nicht zu folgen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Schade.)

Wenn Sie mir eine persönliche Bemerkung gestatten: Ich halte diese Entscheidung für richtig.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ich nicht.)

Selbstverständlich ist es sehr gut nachvollziehbar, wenn junge Leute selbst als Wähler für ihre Interessen eintreten wollen. Bei allem Wunsch nach Einbeziehung handelt es sich bei der Festlegung des Wahlalters aber auch um einen Auftrag an politische Parteien. Sie sollen die Interessen der Jugendlichen wahrnehmen, denn diese sind die Wähler von morgen. Insofern liegt es auch ohne mögliche Stimmengewinne bei den sehr jungen Wählern im Interesse aller Parteien, diesen Auftrag wahrzunehmen.

Darüber hinaus soll das Wahlalter zum Landtag und zum Bundestag übereinstimmen.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Warum nicht? Warum nicht mit den Kommunalwahlen?)

In beiden Fällen wird über die Frage der Zusammensetzung staatlicher Parlamente entschieden. Das ist der entscheidende Unterschied zur Kommunalwahl. Kreistage oder Gemeindevertretungen sind Vertretungsorgane der kommunalen Selbstverwaltung. Dort wird über die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft abgestimmt.

Selbstverständlich möchte ich mit dieser Gegenüberstellung keine Geringschätzung der kommunalen Vertretung zum Ausdruck bringen. Häufig geht es gerade im Kreistag oder in der Gemeindevertretersitzung um die tägliche Daseinsvorsorge. Es sei aber gestattet festzustellen, dass die Sachverhalte auf Landesebene sich häufig abstrakter und komplexer darstellen als auf der kommunalen Ebene. Denken Sie zum Beispiel nur an dieses Gesetzgebungsverfahren, über das wir gerade reden.

Schon daran wird deutlich: Politik hat ganz entscheidend auch mit der Übernahme von Verantwortung zu tun. 16-Jährige sind aber aus gutem Grund, nämlich zu ihrem eigenen Schutz, nur bedingt geschäftsfähig. Auch dieses gilt für solche Fragen. Das gilt selbst für einfache Rechtsgeschäfte. Wie können die Jugendlichen aber dann Verantwortung für wichtige Entscheidungen eines staatlichen Parlaments übernehmen? Das gilt für Jugendliche als Wähler und Gewählte gleichermaßen. Nein, das Wahlrecht zu staatlichen Parlamenten muss an die Volljährigkeit gebunden sein.

(Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Alles andere wäre unverantwortlich.