Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Die Anhörung hat aus meiner Sicht auch deutlich gemacht, wie unterschiedlich die Auffassungen zur Bildungskonzeption sind und dass es geradezu unmöglich ist, allen Anforderungen oder Empfehlungen gerecht zu werden. Vor allem der Vorwurf, die Bildungskonzeption sei noch nicht vollständig, ist mir persönlich unverständlich. Auch hier hatte Professor Fthenakis sehr deutlich gesagt, ein Bildungsplan müsse entwicklungs-, anpassungs-, veränderungs- und sogar revisionsbereit bleiben, denn nur so könne man Prozessen gerecht werden.

Ein wesentliches Qualitätsmerkmal dieser Bildungskonzeption ist ihre, wie ich finde, Entwicklungsfähigkeit. Und die immer wiederkehrende Frage, ob mit der Landesfachtagung im nächsten Jahr die Entwicklung der Bildungskonzeption abgeschlossen sei, hat sich damit eigentlich erübrigt. Natürlich nicht, die Arbeit an der Bildungskonzeption wird wie geplant fortgesetzt werden. Internationale Erfahrungen besagen, dass man sich vom Entwurf eines Bildungsplanes bis hin zu einer erfolgreichen Implementierung in der Praxis mindestens zehn Jahre Zeit nehmen sollte.

Alle, die Landesregierung, die Träger und Einrichtungen, sind aus meiner Sicht gefordert, diesen Prozess gemeinsam zu gestalten, jeder in seinem Bereich und mit seiner Kompetenz. Und einer pragmatischen und lösungsorientierten Kritik an den Details der Bildungskonzeption haben wir uns in vielfältiger Weise gestellt, zum Beispiel, auch daran sei erinnert, in den Regionalkonferenzen, der Internetanhörung, im Bildungsausschuss. Und wir werden uns dieser auch in Zukunft stellen.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Entscheidung, mit der Entwicklung einer Bildungskonzeption, die den Rahmenplan aus dem Jahr 2004 aufgreift, in unserem Land zu beginnen, die richtige Entscheidung war.

Danke für die Antwort.

Frau Präsidentin, ich hätte zwei Nachfragen. Die erste Nachfrage bezieht sich darauf, Herr Minister, Sie haben ja eben Herrn Professor Fthenakis und seine Würdigung zitiert. Er hat sich aber differenziert geäußert. Und insofern frage ich …

Herr Abgeordneter, das ist nicht zulässig. Sie dürfen eine Nachfrage stellen, aber hier nicht Ausführungen machen.

Ich frage somit: Wie gehen Sie, wie geht das Ministerium mit der ebenfalls getätigten Aussage von Herrn Professor Fthenakis um, dass die Konzeption jedoch in Teilen widersprüchlich sei?

Also das würde jetzt hier zu weit führen. Das hat er so nicht gesagt, sondern er hat es in einen bestimmten Kontext gestellt. Und es ist ja klar, dass wir mit dem 1. September 2010 grundsätzliche Themen umgesetzt haben, wie die Einheit von Betreuung, Bildung und Erziehung, theoretische und didaktische Rahmenüberlegungen zur frühpädagogischen Bildung, die Bildung und Erziehung, Ziele und Standards, Gestaltung des Übergangs vom Kindergarten in die Schule und Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Das ist das, was mittlerweile gilt. Sie wissen sicherlich aufgrund der Anhörung, dass wir im Jahr 2011 hier mit den nächsten Dingen starten: also der Gestaltung des Übergangs von der Familie in die Kindertageseinrichtung, Werteorientierung, Bildungs- und Erziehungsbereiche, Leitgedanken.

Und was wir in der Diskussion hatten, ist natürlich die Frage, dass Professor Fthenakis einer ganz bestimmten wissenschaftlichen Auffassung anhängt. Wir haben natürlich an den Hochschulen und Universitäten unseres Landes an der einen oder anderen Stelle eine andere Lehrauffassung, Meinung, also ganz konkret zum Beispiel zu bestimmten Themen in Neubrandenburg anders als in Rostock. Und da ist es so, dass Professor Fthenakis in diesem wissenschaftlichen Streit das geäußert hat. Das ist aber sozusagen noch nicht der politische Leitgedanke. Also das können wir gerne im Bildungsausschuss dann noch mal aufgreifen.

Meine zweite Nachfrage bezieht sich auf die Arbeit der Projektgruppe Bildungskonzeption: Mit welchem Auftrag und bis wann wird sie weiterarbeiten?

Ich habe ja gerade gesagt, dass wir dann im Jahre 2011 zu den bereits vorhandenen Themen die von mir gerade genannten drei Themen hier weiterführen werden. Wir werden in diesem Zusammenhang auch wieder eine Internetanhörung haben, um eine breite Öffentlichkeit zu haben. Das heißt, es muss ja dann ausgewertet werden. Das geht in diese Gruppe. Und dann ist ja 2011 im Juli auch die Landesfachtagung in Güstrow geplant, auch hier wieder der Erfahrungsaustausch. Das heißt, auch das geht dann wieder mit in diese Gruppe hinein.

Danke schön.

Ja.

Vielen Dank.

Ich rufe auf den Geschäftsbereich der Ministerin für Soziales und Gesundheit und hierzu bitte ich den Abgeordneten Herrn Koplin, die Frage 7 zu stellen.

Frau Präsidentin! Frau Ministerin!

7. Womit begründet die Landesregierung ihr Festhalten am „Screeningverfahren DESK 3-6“ bei der Beobachtung und Dokumentation im Kita-Bereich trotz massiver Proteste aus der Praxis und deutlicher Bedenken aus der Wissenschaft?

Guten Morgen, sehr geehrter Herr Abgeordneter Koplin! Es gibt weder massive Proteste aus der Praxis noch deutliche Bedenken aus der Wissenschaft am Modellprojekt „DESK 3-6“.

(Irene Müller, DIE LINKE: Wo hat die denn ihre Ohren? Das kann doch nicht wahr sein!)

Eine Nachfrage: Womit begründet die Landesregierung ihre Position zu dem Verfahren, dass zusätzliche Mittel des Landes für die zielgerichtete Förderung von Kindern in Höhe von 5 Millionen Euro nur über das defizitorientierte Screeningverfahren, das ich nannte, gewährt werden sollen und somit eine Benachteiligung der Einrichtungen erfolgt, die diese Verfahren aus fachlichen Gründen ablehnen?

Das Verfahren DESK wird von den Universitäten Rostock und Greifwald sowie der Hochschule Neubrandenburg als auch aus meinem Haus konsultierten Vertretern der Wissenschaft befürwortet. Mir war es wichtig, dass gerade alle drei Hochschulen, also beide Universitäten Rostock und Greifswald und die Hochschule Neubrandenburg, uns auch

einen Vorschlag, ein Konzept unterbreiten, wie wir das bisherige Modellprojekt, was ja schon in zwölf Kitas gilt, ausweiten können. Dieser Vorschlag ist in meinem Haus eingegangen und den werden wir jetzt auch prüfen. Daran sehen Sie, dass es ausdrücklich auch von der Wissenschaft in unserem Land unterstützt wird.

Außerdem gibt es positive Einschätzungen des DESKVerfahrens von den Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Modellprojekt „Kinder in Kitas zur Stärkung der Kindergesundheit und Weiterentwicklung der individuellen Förderung im Bereich der Kindertagesförderung“ der Uni Greifswald, welches an zwölf Einrichtungen im Land in sozialen Brennpunkten bereits seit über zwei Jahren durchgeführt wird. Ich habe in den letzten zwei Jahren nicht ein Wort der Kritik an diesem Modellprojekt gehört und bin jetzt sehr erstaunt, dass es auf einmal politisch instrumentalisiert wird. Dieses Projekt wurde nämlich ausdrücklich auf Beschluss des Landtages initiiert und von der Landesregierung gemeinsam mit der Uni Greifswald umgesetzt. Und mir ist es wichtig, dass ein Modellprojekt, was seit über zwei Jahren in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich an zwölf Kitas eingeführt ist. Und ich will noch mal sagen, es ist nicht dazu da, defizitorientiert zu sein. Sondern dieses Modellprojekt dient der Stärkung der Kindergesundheit und der Weiterentwicklung der individuellen Förderung. Und dieses Modellprojekt läuft in diesen zwölf Kitas sehr erfolgreich. Darüber hinaus wird es auch vom Kinderzentrum MecklenburgVorpommern in zahlreichen Kitas der Landeshauptstadt angewendet. Sie können darüber einen positiven Bericht lesen in der aktuellen „Hauspost Schwerin“. Ich bin auch gern bereit, Ihnen die Unterlagen über das Verfahren, was jetzt im „Bundesgesundheitsblatt“ erschienen ist, bereitzustellen. Das gebe ich Ihnen gleich mit.

Also die positiven Erfahrungen, die von Wissenschaft und Praxis uns vorgetragen werden, im Modellprojekt sind für mich Anlass, Schluss damit zu machen, was der Politik zu Recht vorgeworfen wird, dass man ein Modellprojekt für drei Jahre macht, da gibt es viele positive Signale aus Praxis und Wissenschaft und dann stampft man es ein. Also haben wir uns überlegt, wie können wir es ausweiten, dieses Modellprojekt, und nutzen die 5 Millionen Euro, die wir speziell für die Förderung in sozialen Brennpunkten haben. Wir wollen dieses Modellprojekt auf weitere Kitas ausweiten.

Danke schön.

(Ministerin Manuela Schwesig überreicht dem Abgeordneten Torsten Koplin Unterlagen.)

Ich darf nun die Abgeordnete Frau Birgit Schwebs, Fraktion DIE LINKE, bitten, die Fragen 8 und 9 zu stellen.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU – Ministerin Manuela Schwesig: So sind wir, Herr Dr. Jäger. Guter Service!)

Guten Morgen, Frau Präsidentin! Frau Ministerin!

8. Wie verbindlich sind die beiden in Paragraf 10 Absatz 1a KiföG M-V formulierten Vorgaben, wonach die Kitas für Kinder bis zum Schuleintritt eine vollwertige und gesunde Verpflegung von Kindern während der gesamten Betreuungszeit anbieten und sich dabei an den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung orientieren sollen?

Sehr geehrte Abgeordnete Frau Schwebs, die gesetzlichen Regelungen und ihre Vorgaben sind verbindlich. Die viel spannendere Frage ist natürlich, wie der gesetzgeberische Wille jetzt in der Praxis umgesetzt wird. Und da gibt es für die Einrichtungen- und die Jugendhilfeträger einen Gestaltungsspielraum, der vor Ort auszufüllen ist. Und dies kann meines Erachtens angesichts der über 1.000 Einrichtungen auch gar nicht anders sein.

Folgt man dem Wortlaut im Gesetz „bieten an“, so handelt es sich um eine Verpflichtung seitens der Kindertageseinrichtungen, ein Angebot an Verpflegung während der gesamten Betreuungszeit zu unterbreiten. Diese ist auszurichten am jeweiligen Betreuungsumfang und schließt bei einer ganztägigen Betreuung nicht nur das Mittagessen, sondern auch das Frühstück und Vesper ein. Zukünftig können Eltern ein für ihr Kind bedarfsgerechtes Angebot in Anspruch nehmen.

Allerdings, und das ist der entscheidende Punkt, bedeutet die gesetzliche Formulierung „Verpflichtung des Trägers zum Angebot“ nicht, dass Eltern und Kinder zur Teilnahme verpflichtet werden sollen. Die Eltern haben demzufolge die Wahl, das Angebot anzunehmen oder auch nicht. Das betrifft insbesondere derzeit in der Praxis das Frühstück. Sie wissen, es gibt Kitas, die bieten inklusive Vollverpflegung, inklusive Frühstück an, und es gibt Kitas, die haben bisher gesagt, Eltern, ihr könnt das Frühstück mitbringen. Und wenn die Eltern an diesem Verfahren festhalten wollen, dann kann es auch weiter so gehen, denn es ist lediglich ein Angebot und keine Verpflichtung, es anzunehmen.

Wir sind uns sicherlich einig, dass eine vollwertige Verpflegung und die Qualität der Ernährung die körperliche und geistige Entwicklung der Kinder erheblich beeinflussen. Sie sind elementare Bestandteile der Gesundheitsförderung. Und weil das so ist, bestand auch während der Beratung zum KiföG in diesem Hause Einigkeit darüber, dass allen Kindern der Zugang zu einer vollwertigen und gesunden Ernährung in Kindertageseinrichtungen offenstehen soll. Das betrifft insbesondere auch solche Kinder, bei denen eine umfassende Verpflegung leider keine Selbstverständlichkeit ist. Und der Gesetzgeber hat dabei ganz bewusst eine Sollformulierung gewählt, da es in Einzelfällen immer Gründe geben kann, die eine Ausnahme von dem Grundsatz zulässt. Denn es geht hier um 90.000 Kinder in unseren Einrichtungen und da kann man nicht für alle das Gleiche bestimmen.

Ein Beispiel für die Unterstützung des Landes, wie das jetzt praktisch umgesetzt werden kann, ist die gemeinsam mit dem Landwirtschaftsministerium eingerichtete Vernetzungsstelle „Verpflegung in Kindertageseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern“. Diese berät nicht nur Einrichtungsträger, Fachkräfte sowie Essensanbieter, sondern hat auch das Ziel, Verbesserung in der Ernährungs- und Verpflegungssituation zu erreichen. Die Vernetzungsstelle setzt sich unter anderem für die Schaffung zeitgemäßer Rahmenbedingungen und die Erarbeitung von Verpflegungskonzepten ein. Maßstab dafür sind die Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. Sie wissen sicherlich, dass wir eine Fachtagung mit der DGE gemacht haben, die auch sehr gelobt hat, dass unser Land das einzige ist bundesweit, was selbst so eine Vernetzungsstelle finanziert.

Danke schön.

Ich würde gern mal nachfragen: Wie wird sich dann die Annahme des Angebotes auf die Höhe der Verpflegungskosten auswirken, die die Eltern ja alleine zu tragen haben?

Das ist genau der springende Punkt. Es ist ja eigentlich ganz einfach: Die Eltern entscheiden sich für einen Platz in einer Kita und dazu gibt es das Verpflegungsangebot. Und wenn die Eltern gerne möchten, dass die Kita Frühstück, Mittag und Vesper zur Verfügung stellt, dann muss man natürlich Frühstück, Mittag, Vesper grundsätzlich bezahlen, es sei denn, man ist nach dem Bundessozialgesetzbuch befreit, dann wird es übernommen. Entscheiden sich die Eltern, das Frühstück selbst mitzubringen, dann ist natürlich der Gesamtbetrag für die Verpflegung günstiger. Aber ich denke, das liegt auch auf der Hand, denn wenn ich das selber mitbringe, dann muss es ja nicht die Kita zur Verfügung stellen.

Die zweite Nachfrage: Sie haben darauf hingewiesen, dass es in den Kindertagesstätten unterschiedlich umgesetzt werden muss, auch wegen des Zeitraumes. Und da würde mich interessieren: Wodurch könnten denn Probleme auftreten bei der Umsetzung?

Also, dass es aufgrund des Zeitraumes unterschiedlich umgesetzt wird, das sehe ich nicht so. Es ist schon geübte Praxis im Land, dass es Kitas gibt, die in ihrem – auch im pädagogischen – Konzept enthalten haben, wir wollen, dass die gesamten Mahlzeiten den Kindern zur Verfügung gestellt werden von der Kita. Das machen insbesondere Kitas in sozialen Brennpunkten, weil wir hier leider verzeichnen müssen, dass wir viele Kinder haben, die ohne Frühstück in die Kita kommen, was mir sehr große Sorgen macht. Ich finde, eine Elternpflicht muss es sein, morgens den Kindern Frühstück zu machen. Viele Kitas haben sich aber entschieden, da, wo es so nicht ist, das Frühstück bereitzustellen,

Was sich pädagogisch auch niederschlägt, finde ich ganz toll, die Kinder schnippeln gemeinsam das Frühstück, bereiten es zu. Es geht nicht nur um die Esseneinnahme, sondern auch um den sozialen Kontakt dabei. Und es gibt eben viele Kitas im Land, die machen es anders, die sagen, Eltern, ihr könnt das Frühstück selber mitbringen, und nutzen dann auch Elternabende, das habe ich persönlich erlebt, um auch Eltern darauf hinzuweisen, dass es nicht darum geht, Milchschnitten mitzugeben, sondern ein gesundes Frühstück.

Ich finde, beide pädagogischen Konzepte sind okay. Uns geht es darum, dass wir sagen, generell kann die Kita das machen, das Gesamtangebot zur Verfügung stellen, aber die Kitas, die jetzt gute Erfahrungen machen, wo die Eltern das Frühstück mitbringen, die können jetzt nicht die Eltern verdonnern, dass es zukünftig anders wird. Die fragen das schlicht bei den Eltern ab. Und diese Abfragen laufen derzeit in den Kitas.

Und die Probleme für die Kitas, das war die Frage, wo können die auftreten?

Also abgesehen davon, das ist, glaube ich, die dritte Zusatzfrage, …

Ja, ich wollte es gerade sagen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist doch beantwortet worden.)

… die ich aber gerne beantworte, Frau Präsidentin.

In meinen Augen können dann keine Probleme auftreten, weil es ganz einfach ist,

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

entweder einigt sich der Träger mit den Eltern, das Frühstück wird durch die Kita bereitgestellt,