Protokoll der Sitzung vom 16.12.2010

Und wenn die Bahn-AG fabuliert – und ich komme nachher noch in einem kleinen Nebensatz zu der Wirtschaftlichkeitsberechnung –, dass derzeit angeblich ausreichend Takte vorhanden sind, dann ist das eine aktuelle Zustandsbeschreibung, es ist aber nicht das Ziel. Es muss ja Ziel sein, zunehmend Verkehr von der Straße auf die Schiene zu kriegen. Auch das ist, denke ich, Konsens hier im Haus.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Auch bei der CDU?)

Ja, natürlich.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh!)

Und wo kein Angebot, da keine Nachfrage. Ich ergänze auch gerne die UBB-Geschichte. Das ist eine Erfolgsgeschichte. Da wurde bewiesen, dass entgegen aller Vorausberechnungen und aller Weissagungen ein Schienenprojekt zu einem unglaublichen Erfolg führen kann. Und auch die Ergänzungen, die wir jetzt bekommen haben durch die Berechnung für die Darßbahn, machen mich eigentlich sehr zuversichtlich, dass auch dort eine Erfolgsgeschichte passieren kann.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, ja.)

Es ist aus meiner Sicht, und das möchte ich hier ganz deutlich sagen, eine sehr fragwürdige Wirtschaftlichkeitsuntersuchung, die uns hier in einem Ergebnis vorgelegt worden ist. Es ist ureigenstes Interesse von Mecklenburg-Vorpommern, unsere Häfen und unseren Personennahverkehr leistungsfähig auszustatten und anzubinden, und nicht nur das.

Jetzt komme ich mal zu einem Punkt – und so kennen Sie mich ja mittlerweile, dass ich versuche, auch noch ein paar andere Aspekte zu nennen –, ich nenne einfach mal als Kern den Bereich zwischen Rostock, RostockUmland, Stralsund, Greifswald. Das ist der einwohnerstärkste Raum, den wir in Mecklenburg-Vorpommern haben. Und wir reden von dem Thema Regiopole in Abgrenzung oder in Unterscheidung zu dem, was die Metropolregiongedanken aus dem europäischen Spektrum heraus für Deutschland bedeuten mit den elf Metropolregionen. Wir wollen eine Regiopolregion sein für Rostock. Das unterstütze ich sehr. Aber auch dazu gehört eine infrastrukturelle, überregionale, internationale Anbindung und von Internationalität kann ich derzeit kaum etwas erkennen. Ich höre zwar gerne, dass ein ICE-Zug zukünftig fahren soll, aber das ist aus meiner Sicht auch nur eher eine Symbolik und keine tatsächliche Leistungssteigerung.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau so. Genau so.)

Es ist der einwohnerstärkste Raum, den wir hier im Grunde im Kern betrachten müssen. Es geht um Personennahverkehr genauso wie um Güterverkehr. Es geht um bessere Takte und höhere Leistungsfähigkeit. Und jetzt greife ich mal zurück auf das, was vor drei, vier Jahren in Rostock diskutiert worden ist, das Stadtbahnkonzept. Wenn so ein Konzept mal zum Tragen kommen sollte, und ich werde mich weiterhin dafür einsetzen, dann brauchen wir eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur, um überhaupt diese Taktzahlen anbieten zu können. Und wer das Umland von Rostock kennt, es wäre eine Wohltat, eine Stadtbahn zu haben aus der Innenstadt Rostock heraus mit kurzen Takten, mit kurzen Haltestellenabständen.

Ich nenne nur als Beispiel die Destination „Karls Erlebnis-Hof“.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich glaube, das wäre ein unglaublich zugträchtiger Haltepunkt, um noch zusätzlichen Personenverkehr auf die Strecke zu bekommen. Und wenn wir es nicht hinkriegen, hier eine Zweigleisigkeit anzubieten, dann sehe ich, ehrlich gesagt, schwarz. Ich sehe sehr schwarz, diese Takte, die wir haben wollen, auch umsetzen zu können.

Ich nenne auch die Hansestadt Greifswald mit ihrer Universität, die Studenten.

(Egbert Liskow, CDU: Sehr gut.)

Da findet so ein privat organisierter Busdienst statt zwischen Greifswald und Rostock. Warum nicht das Ganze auch auf die Schiene bringen?

Ich rede von der Verknüpfung von Wirtschafts- und Tourismusräumen. Ich habe eben die Darßbahn erwähnt. Sie knüpft mitten an auf dieser Strecke, auch dafür muss Kapazität da sein. Und wir müssen natürlich von überregionaler Seite auch die Touristen heranbringen, die dann diese Darßbahn nutzen sollen.

Gute Infrastruktur ist hier entstanden. Das will ich natürlich auch nicht unter den Tisch kehren. Es ist sehr viel passiert hier, weil zum Glück die DDR-Misswirtschaft Vergangenheit wurde und weil die neuen Bundesländer anders als mit ehemaligen osteuropäischen Partnern mit der alten Bundesrepublik einen wirtschafts- und sozialstarken Partner hatte, der hier sehr viel geholfen hat, diese Infrastruktur aufzubauen. Diese sehr große Kraftanstrengung, die dazu geführt hat, ich will jetzt mal ein Beispiel nennen: Wir hatten vor Kurzem eine Konferenz, an der ich teilnehmen durfte. Da war ein Logistiker anwesend, der hat sich entscheiden müssen zwischen einem Standort im Ruhrgebiet und einem Standort am Logistikkreuz Prignitz. Der hat sich für die Prignitz entschieden inzwischen. Aus welchem Grund? Ganz klar, er hat gesagt, innerhalb von zwei Stunden bin ich von dort in Berlin, in Hamburg und auf der Fähre nach Skandinavien. Wenn ich von Oberhausen aus fahre, bin ich in zwei Stunden gerade mal an der Stadtgrenze. Das hat auch etwas mit den guten infrastrukturellen Bedingungen zu tun, die wir hier geschaffen haben.

Ich sage es bereits an dieser Stelle: Hier auf halbem Wege oder unvollständig haltzumachen, das hilft uns, auch gesamtdeutsch, überhaupt nicht weiter. Deutschland braucht Regionen, in denen noch Wachstum stattfinden kann, und nicht nur einen Erhalt des Status quo mit großen finanziellen Aufwendungen. Dazu brauchen diese Regionen, und dazu gehört die Region Rostock, dazu gehört auch dieses Prignitzgebiet, gute, umweltverträgliche – auch weil staufreie – moderne Anbindungen an Straße, Schiene, Wasser und Luft. Ich bin, wie gesagt, sehr dankbar für das bisher Erreichte in der Infrastruktur.

Und zum Thema Nahverkehr, Frau Schwebs, möchte ich noch erwähnen, natürlich haben Ausdünnungen stattgefunden, aber man muss sehen und auch sagen, dass wir nach wie vor noch eine Vertaktung haben und noch Haltepunkte haben, die in Westdeutschland seit 20, 30 Jahren gar nicht mehr aktuell sind. In Westdeutschland, in den alten Bundesländern wurden Bahnhöfe zugemacht in Städten mit 30.000 Einwohnern.

In meinem Ort Mönchhagen mit 1.100 Einwohnern gibt es noch einen Haltepunkt mit 17 Halten am Tag.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ja, ja, aber das ist alles relativ, Herr Stein.)

Gucken Sie mal nach Westdeutschland. Also wir müssen auch aufpassen, dass wir hier Verhältnismäßigkeit wahren,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Aber wichtig ist es doch hier in Ostdeutschland.)

gleichwohl uns natürlich für unsere Interessenten und für unsere Interessen hier einzusetzen haben, und nichts anderes tun wir hier. Und wie gesagt, auf halbem Wege stehen bleiben, davon halte ich gar nichts. Und es macht auch überhaupt keinen Sinn, darauf hinzuweisen, weil es woanders Engpässe gibt, nicht daran weiterzuarbeiten, bei uns diese erst gar nicht entstehen zu lassen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist wohl wahr.)

Ich glaube, auch dafür sind die VDE hervorragend geeignet und sollten zwingend zu einem vereinbarten und klaren Zeitpunkt zu Ende geführt werden.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Oh, nach der Rede wird Ramsauer das zum Spitzenprojekt erklären.)

Es hilft uns auch überhaupt nicht weiter, und jetzt komme ich mit einem kleinen Nebensatz beispielsweise zu „Stuttgart 21“, wenn wir unsere Projekte hier in irgendeinen Zusammenhang mit Projekten anderenorts stellen. Wir müssen uns hier fokussieren auf das, wir müssen das einfordern, das vorantreiben und das unterstützen, was bei uns notwendig ist.

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Das ist doch die Realität.)

Die Vergleichbarkeit mit anderen Projekten, um zu sagen, wenn das nicht, dann hier, hilft uns nicht weiter, führt zu nichts

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das habe ich nicht gesagt.)

und das sollten wir bleiben lassen. Ich bitte um Unterstützung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Egbert Liskow, CDU: Sehr gute Rede. Sehr gute Rede. – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das war schon überzeugender.)

Danke schön, Herr Stein.

Das Wort hat jetzt der Vorsitzende der Fraktion der FDP, der Abgeordnete Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 1 heute zum dritten Mal im Landtag.

(Egbert Liskow, CDU: Und vielleicht noch nicht oft genug.)

08.10.2008, Antrag CDU, SPD – in der Reihenfolge –, Punkt 2: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, Zustimmung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern

07.10.2009, Antrag CDU, SPD, Punkt 1: Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, Zustimmung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern

01.12.2010 – aufgepasst, jetzt gibt es eine Neuheit –, Antragsteller SPD, CDU, da hat der Antragsteller gewechselt, vorher war es zweimal CDU, SPD, jetzt ist es SPD, CDU, also unter dem Motto, jeder ist einmal dran,

(Egbert Liskow, CDU: Nee, nee, einmal dürfen die ja nur. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

wieder Verkehrsprojekt Deutsche Einheit, der Landtag möge beschließen

Wie haben wir den heutigen Antrag zu sehen? Wir haben den heutigen Antrag so zu sehen, dass es auf der einen Seite das wiederholte Bedürfnis des Verkehrsministers von Mecklenburg-Vorpommern ist,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

nach der Unterstützung des Staatssekretärs Herrn Mücke zu rufen. Dieser Ruf ist angekommen, Herr Minister. Wir werden Herrn Mücke weiterhin motivieren, sich diesem Projekt zuzuwenden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Das entscheidende Problem ist ein ganz anderes Problem.

(Egbert Liskow, CDU: Aber da muss was rauskommen.)

Das entscheidende Problem ist, was wir als Bundesrepublik Deutschland als Eigentümer der Deutschen Bahn mit unserem Unternehmen Deutsche Bahn in den letzten Jahren gemacht haben.

(Hans Kreher, FDP: Richtig.)