Protokoll der Sitzung vom 28.01.2011

legen Sie die Populismuskeule aus der Hand,

(Peter Ritter, DIE LINKE: Streut da vorne Konfetti und redet dann von Oberpopulisten! – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

nehmen Sie die Skistöcke in die Hand, damit Sie bei dem Slalomkurs, den Sie hier fahren, auch gerade den Berg herunterkommen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass persönliche Beleidigungen in diesem Hause nicht zugelassen sind. Ich erteile Ihnen für die persönliche Beleidigung des Abgeordneten einen Ordnungsruf.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4114. Wer diesem Änderungsantrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Danke schön. Stimmenthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/4114 bei Zustimmung von der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP, ansonsten Ablehnung durch die Fraktion der SPD, der CDU und der NPD abgelehnt.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/4049 in unveränderter Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/4049 einstimmig angenommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Fraktion DIE LINKE hat eine sofortige Sitzung des Ältestenrates beantragt. Ich unterbreche die Sitzung für voraussichtlich 15 Minuten und wir setzen die Sitzung dann um 10.25 Uhr fort.

Unterbrechung: 10.06 Uhr

Wiederbeginn: 10.30 Uhr

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 30: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Gerechte Bodenvergabe einfordern, Drucksache 5/4068.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Gerechte Bodenvergabe einfordern – Drucksache 5/4068 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Professor Tack von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Ihnen hier vorliegende Antrag meiner Fraktion mit dem Titel „Gerechte Bodenvergabe einfordern“ steht in engem Zusammenhang mit den Landtagsdebatten zu unseren Anträgen im November 2009 „Keine Revision der Ergebnisse der Bodenreform“ und „Weitere Bodenspekulationen in Mecklenburg-Vorpommern verhindern“ vom November des vergangenen Jahres.

Sie erinnern sich sicher noch alle an die hoch emotionale Aussprache im November 2009, in der die gegensätzlichen Auffassungen und Standpunkte zur Bodenreform in unserem Lande und zu den Ergebnissen aufeinanderprallten. Auslöser war bekanntlich die Festlegung im Koalitionsvertrag zwischen Schwarz-Gelb im Bundestag, die da hieß, und ich zitiere: „Wir werden eine Arbeitsgruppe bilden, die im Hinblick auf die Enteignungen in der SBZ von 1945 bis 1949 prüfen soll, ob es noch Möglichkeiten gibt, Grundstücke, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden, den Betroffenen zum bevorzugten Erwerb anzubieten.“ Ende des Zitats. Damit, so DIE LINKE und die SPD, wurde die Besserstellung der Alteigentümer bei dem bevorzugten Bodenerwerb geplant, vorbereitet und verkündet. Wir haben seinerzeit deutlich gemacht, dass wir diese Besserstellung für ungerechtfertigt halten, und angekündigt, dagegen vorzugehen.

Sehr schnell wurde sich die schwarz-gelbe Koalition in Berlin zu dem Thema einig und wollte das Verfahren genauso schnell mit dem Zweiten Flächenerwerbsänderungsgesetz auf den Weg bringen und durch den Bundestag peitschen. Das hat die Opposition mit einer öffentlichen Anhörung im Finanzausschuss des Bundestages aufgehalten. Jedoch konnte die Annahme des Gesetzes durch die schwarz-gelbe Mehrheit des Bundestages, zu denen sich auch die Grünen gesellt haben, nicht verhindert werden.

Nun zu einigen Details: Insbesondere die Kaufpreisberechnung auf der Grundlage des Verkehrswertes von April 2004 führt zu einer deutlichen Besserstellung der nicht selbst wirtschaftenden Alteigentümer – ich wiederhole das gern –, der nicht selbst wirtschaftenden Alteigentümer gegenüber wirtschaftenden Landwirten. So sollen Alteigentümer weniger als die Hälfte der Preise zahlen, die andere Berechtigte nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) im Jahr 2009 zahlen mussten. Außerdem können Alteigentümer, die schon gekauft haben, rückwirkende Ansprüche geltend machen. Damit verzichtet die Bundesregierung auf Einnahmen aus dem Bodenverkauf der BVVG, die derzeit auf zwischen 370 Millionen Euro und 2 Milliarden Euro geschätzt werden. Die Zahl 370 Millionen steht im Gesetz und die Annahme, dass es schnell 1,5 oder auch 2 Milliarden Euro Mindereinnahmen des Bundes durch diese einseitige Bevorzugung werden könnten, wurde in der bereits erwähnten Anhörung, auch durch den Berichterstatter der SPD-Fraktion Rolf Schwanitz, genannt. Eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Bundestag ergab, dass bei der Bestimmung der Summe von 370 Millio

nen Euro Mindereinnahmen des Bundes davon ausgegangen wurde, dass wie in der Vergangenheit nur etwa zehn Prozent der Berechtigten kaufen wollen oder kaufen können.

Nun haben es, meine sehr verehrten Damen und Herren, aber besondere Vorzugsbedingungen so an sich, dass sie auch vermehrt genutzt werden, denn der nunmehrige Flächenpreis der BVVG für die Alteigentümer wird nach dem Gesetz bekanntlich aus dem Stichtag vom Januar 2004 gebildet. Damit wird der Boden nur etwa die Hälfte von dem kosten, was heute im Mittel in unserem Land von den wirtschaftlich tätigen Landwirten gezahlt werden muss.

Übrigens erhalten die Alteigentümer, das füge ich jetzt hier ein, ebenso wie wirtschaftende EALG-Berechtigte einen weiteren Abschlag von 35 Prozent auf den Kaufpreis. Der Unterschied ist nur der, dass der Landwirt den jeweils geltenden BVVG-Höchstpreis zahlt, während der Alteigentümer nun diesen Vorzugspreis erhält. Außerdem erhalten Berechtigte, also die Alteigentümer, nach dem Gesetz neuerdings eine befristete rückwirkende Erwerbsmöglichkeit und es ist eine rückwirkende Entschädigung der Alteigentümer vorgesehen, die vor dieser Regelung gekauft haben.

Erweitert wurden Anspruchsmöglichkeiten der Erben von Berechtigten bis ins dritte und vierte Glied. Aus dieser für die Alteigentümer mehr als günstigen Position ergeben sich auch aus unserer Sicht völlig neue Interessenlagen. Selbst ein Berechtigter, der mittellos wäre, wird sich um den Kauf einer Fläche bemühen, weil er dafür jederzeit einen Bankkredit erhält. Durch Pachteinnahmen kann er wahrscheinlich in weniger als zehn Jahren den Kredit ablösen und später nach Ablauf einer Bindungsfrist diese Fläche mit dem vollen Spekulationsgewinn verkaufen. Das versteht Schwarz-Gelb im Bundestag unter gerechter Bodenvergabe.

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

Selbst der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Dr. Helmut Born, hat kürzlich zu diesem Thema geäußert, dass auch für ihn der Umfang der Flächen, die letzten Endes für die Alteigentümer benötigt werden, völlig offen sei. Niemand könne derzeit absehen, wie viele der potenziell Begünstigten von ihren Erwerbsmöglichkeiten Gebrauch machen würden. Damit wäre, so nebenbei gesagt, auch die bereits erwähnte Verlusthöhe des Bundes völlig offen. Ich habe die Zahlen genannt. Es ist doch ein gewaltiger Unterschied, ob vielleicht, wie der Generalsekretär vermutet, wenigstens 30.000 Hektar oder aber 100.000 Hektar bevorzugt verkauft werden und es vielleicht sogar noch mehr werden. Boden aber gehört in die Hand der Bauern, die hier leben, darauf wirtschaften und davon leben wollen und müssen. Das wäre eine gerechte Vergabepraxis aus unserer Sicht, aus der Sicht der LINKEN.

Der nun entstehende Bedarf von Alteigentümern zum bevorzugten Flächenerwerb wird nach Prognosen möglicherweise Großteile der noch vorhandenen BVVG-Flächen aufbrauchen und damit Erwerbsmöglichkeiten für wirtschaftende Landwirte weiter verringern. Deshalb halten wir die einseitige Besserstellung der Alteigentümer gegenüber wirtschaftenden Landwirten für eine äußerst instinktlose Klientelpolitik zugunsten einer kleinen Gruppe. Völlig leer ging dagegen eine andere Gruppe Alteigentümer aus. Ich meine die im Antrag erwähnten circa 70.000 Bodenreformerben, die zum Stichtag nicht

wirtschaftlich tätig waren und einfach und entschädigungslos enteignet wurden.

(Angelika Peters, SPD: Siehste!)

Äußerst instinktlos, ungerecht und brutal muss dieses schwarz-gelbe Gesetz auf diese Alteigentümer wirken.

Der Landtag Mecklenburg-Vorpommern hat sich in der Vergangenheit mehrfach im Interesse des Rechtsfriedens, der Entwicklung der Landwirtschaft und des ländlichen Raumes in unserem Lande für die im Einigungsvertrag verankerte Anerkennung der Rechtmäßigkeit der Ergebnisse der Bodenreform eingesetzt. Mit der Annahme dieses Gesetzes wird dieser Konsens zerstört. Am 11. Februar wird dieses Gesetz im Bundesrat behandelt. Frau Schlupp hat in ihrer Kleinen Anfrage 5/4021 Vorsorge dafür getragen, dass die Ankündigung des Ministers Dr. Backhaus, im Bundesratsverfahren den Vermittlungsausschuss anzurufen, nicht in Vergessenheit gerät.

Auch wir erinnern daran und wollen, dass zumindest die im Antrag enthaltenen Forderungen wie die Einführung einer verbindlichen Regelung für eine Mindestpachtdauer von wenigstens zwölf Jahren zur Gewährleistung der Bewirtschaftungssicherheit der jetzigen Pächter eingeführt werden.

Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit der Wirkung dieser vorgesehenen Neuverteilung der ehemaligen volkseigenen Flächen sollen wichtige weitere Anliegen der Landwirte und des Landes Mecklenburg-Vorpommern nach unserer Vorstellung in der Behandlung des Gesetzes im Bundesrat berücksichtigt werden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Herr Professor Tack.

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Dr. Backhaus. Bitte schön, Herr Minister, Sie haben das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema hat uns seit der Wende beschäftigt. Ich glaube, dass man festhalten kann, dass wir immer versucht haben, eine chancengerechte Verteilung des Grund und Bodens zu sichern. Auf der anderen Seite ist auch klar, Herr Professor Tack, dass wir uns mit den Grundforderungen, die Sie in Ihrem Antrag niedergeschrieben haben, im Wesentlichen einig sind, bis auf das eine oder andere Thema, auf das ich aber noch zu sprechen kommen werde.

Es ist richtig, dass wir vom Verfahren her hier und heute noch einmal Folgendes feststellen müssen: Die SPDBundestagsfraktion, das wissen Sie, hat eine Anhörung beantragt. Ich glaube, in dieser Anhörung ist deutlich geworden, dass die FDP-CDU/CSU-Koalition in Berlin von falschen Voraussetzungen ausgeht. Ich will das ausdrücklich sagen und mich bei der Finanzministerin wirklich sehr, sehr herzlich bedanken, denn wir – ich betone das ausdrücklich – haben in Mecklenburg-Vorpommern kein Problem mit den nicht selbst wirtschaftenden Alt

eigentümern. Sie konnten alle ihren Antrag stellen, sie haben ihn auch alle gestellt und sie hätten alle bis 2004 kaufen können. Hier hat es eine sehr intensive Zusammenarbeit zwischen dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen und der BVVG gegeben. Wie das in anderen Ländern gelaufen ist, das müssen die Länder verantworten, die das nicht geschafft haben. Aber in Mecklenburg-Vorpommern hatten alle – ich betone das noch mal – Alteigentümer die Möglichkeit, ihren Antrag zu stellen, und diese Anträge sind alle beschieden worden. Insofern gibt es für mich überhaupt gar keinen Grund, dieses Gesetz einzubringen.

Und dann sind wir bei dem zweiten Thema: Es ist doch für jeden ganz einfach nachvollziehbar, wenn ich jetzt aufgrund der Preissteigerung, wenn wir 2004 bei 4.200 Euro pro Hektar gelegen haben und die nicht selbst wirtschaftenden Alteigentümer gezögert haben zu kaufen, weil sie gesagt haben, vielleicht habe ich diese finanziellen Mittel nicht zur Verfügung und außerdem habe ich eigentlich auch gar kein Interesse, wenn wir heute wissen, dass in Mecklenburg-Vorpommern Flächen verkauft werden für einen Wert um die 22.000 Euro und wenn ich dann sage, dass man diesen nicht selbst wirtschaftenden Alteigentümern die Flächen für 2.665 Euro verkaufen möchte, dann muss doch jeder erkennen, dass man auch diese Flächen kauft, um damit ein interessantes Klientel geschäft zu machen. Ich rechne das nur einfach mal hoch: Bei jedem Alteigentümer würde es so sein, so, wie die FDP, CDU, CSU an Gesetzesentwurf eingebracht hat, dass jeder, der diesen Antrag stellt, cash bis zu 160.000 Euro Subvention erhält, 160.000 Euro pro Antragsteller an reinen Subventionen durch diese Bundesregierung. Da sage ich, das ist mit dem Gerechtigkeitsgrundsatz der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie haben doch auch Flächen gekauft

(Udo Pastörs, NPD: Ja, hab ich auch.)

und haben damit im Landkreis Ludwigslust Ihr Schnäppchen gemacht.

(Udo Pastörs, NPD: Sehr richtig. Ich bin auch dabei, mir noch mehr dazuzukaufen. – Zuruf von Angelika Peters, SPD)

Auch Schnäppchen, Schnäppchenjäger, immer gewesen Schnäppchenjäger.

(Stefan Köster, NPD: Armleuchter!)

Herr Abgeordneter Köster, ich erteile Ihnen für die persönliche Beleidigung des Abgeordneten und Ministers Backhaus einen Ordnungsruf.

Herr Minister, bei aller Emotionalität der Diskussionen will ich nur an die Ordnung des Hauses erinnern.