Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

CDU-SPD-Prüfauftrag für eine landesweite Einführung von Internetfiltern an Schulen, 25.04.2007 – offen

SPD-CDU-Prüfauftrag zur Einbeziehung von Schulen in freier Trägerschaft in die Schulentwicklungsplanung sowie über innere und äußere Evaluation vom 16.01.2008 – offen

CDU-SPD-Prüfauftrag zur Europafähigkeit von Schulen vom 18.02.2009 – offen

SPD/CDU – Ausbildungsplatzplanung für Erzieherinnen und Erzieher vom 04.11.2009, erste Ergebnisse im Jahr 2009 erwartet, jetzt angekündigt für den 30.03. dieses Jahres, und

CDU/SPD – Bericht zur Kooperation von Schule und Wirtschaft vom 24.02.2010, Berichtstermin 30.06.2010, jetzt angekündigt für den 30.03.2011

Sind Sie nach dieser Aufzählung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wirklich noch der Meinung, dass Sie in dieser Legislaturperiode eine erschöpfende, schlüssige, vernünftige Antwort bekommen? Es wäre ja der letzte Bericht in der Reihe, wenn man von einer termingebundenen Abarbeitung mal ausgeht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Antrag ist ein Prüfauftrag. Er nützt nicht viel. Die Handlungsmaxime des Ministers wäre mit der Umsetzung der im Haushalt stehenden Mittel durchaus gegeben. Von daher lehnen wir diesen Prüfauftrag ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Specht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Kollege Mathias Brodkorb hat in seiner Einbringungsrede unseres gemeinsamen Antrages bereits dargelegt, welche konkreten Punkte wir im Rahmen der integrativen Bildung aktuell verändern möchten. Dabei geht es vor allem darum, die Mittelverwendung innerhalb des Programms Zukunft des Lehrerberufes und der schülerbezogenen Mittelzuweisung anzupassen, damit diese Elemente die integrative Beschulung von Kindern mit Beeinträchtigungen fördernd verwendet werden können.

Neben dieser ganz konkreten Frage ist es für mich persönlich wichtig, noch einmal darzulegen, dass der Weg zur integrativen Bildung ein gesamtgesellschaftlicher ist, dem wir uns alle, und zwar ausnahmslos, stellen müssen. Letztendlich geht es nicht um mehr, aber eben auch nicht um weniger als um die Umsetzung des Artikels 24 der UN-Behindertenrechtskonvention. Dieser Artikel ist dem Bildungswesen gewidmet und beschreibt die Forderung, dass Kinder mit Behinderungen ihr Bildungsrecht wahrnehmen können, um Diskriminierungen auszuschließen und gleiche Chancen zu sichern, und zwar ausdrücklich innerhalb des allgemeinen Schulsystems.

Das und wie wir uns in Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg gemacht haben, hat Bildungsminister Tesch bereits dargelegt und auch in der Dezemberlandtagssitzung, als es um den Bericht zur Umsetzung der UNBehindertenrechtskonvention ging, klar dargelegt. Erst kürzlich, im Februar, bescheinigte Professor Dr. Hans Wocken, ein Professor für Lernbehindertenpädagogik aus Hamburg, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern auf dem richtigen Weg sind.

Was also haben wir bereits getan? Der Bildungsminister hat mit dem Konzept „Präventive und Integrative Grundschule Rügen“ den Inklusionsprozess in unserem Land erfolgreich eingeleitet. So wurden im Landkreis Rügen mit Beginn des Schuljahres 2010/2011 Schüler mit Förderbedarf im Lernen, in der Sprache sowie in der emotionalen und sozialen Entwicklung integrativ in der 1. Klasse eingeschult. Daran beteiligten sich alle 13 Grundschulen des Landkreises Rügen. Dies erfolgte selbstverständlich in enger Kooperation zwischen dem Bildungsministerium, dem Staatlichen Schulamt Greifswald und der Universität Rostock.

Dieser Prozess der Umgestaltung unseres Schulsystems in ein integratives und mit der Zielsetzung der Inklusion ist vor dem Hintergrund der UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr aufzuhalten. Wie alle Veränderungsprozesse verdient aber auch dieser Prozess ab und an ein Innehalten und eine Evaluation dessen, was bereits erreicht ist.

Wir wollen und werden also die sonderpädagogische Förderung in den nächsten Jahren in unserem Land schrittweise und behutsam verändern. Dabei zeigt sich auf Rügen, dass von diesem Prozess alle Schüler profitieren und auch die Lehrer davon insoweit profitieren, dass sie ihren Beruf ein Stück weit neu entdecken.

Meine Damen und Herren, wir wollen die Arbeitssituation für diejenigen verbessern, die sich tagtäglich um die Belange der besonders zu fördernden Kinder kümmern. Daher liegt Ihnen dieser Antrag vor. Ich will und muss an dieser Stelle jedoch noch einmal deutlich betonen, es geht nicht darum, Kinder mit eventuell auftretenden Defiziten dem System anzupassen, sondern es geht darum, das System den Kindern anzupassen, was wiederum heißt, das System allen Kindern anzupassen, unter Berücksichtigung nicht nur derjenigen, die eben besonderen Förderbedarf haben, sondern auch derjenigen, die diesen Förderbedarf nicht haben. Denn jedes Kind ist anders, jedes Kind braucht seine spezielle und individuelle Förderung.

Das wiederum setzt auch Veränderungen in der Schul- und Unterrichtsorganisation wie zum Beispiel die Veränderung beziehungsweise Abschaffung der Stundentakte, das Angebot einer rhythmisierten Tagesstruktur oder die Lernorganisation in kleinen Teams voraus. Die inklusive Schule ist eben eine integrative, eine völlig aussonderungsfreie Schule, die allen Kindern die individuell optimale Bildung und Erziehung vermittelt. Jedes Kind ist ein besonderes Kind, jedes Kind ist uns wichtig und jedes Kind wollen und müssen wir auf diesem Weg mitnehmen.

Die große Heterogenität der Schüler wird und muss von den Lehrern der inklusiven Schule als Selbstverständlichkeit betrachtet werden. Die Zeiten der homogenen Lerngruppen sind vorbei und wir alle wissen, dass heute – anders als vor 10, 20, 50 und 100 Jahren – viel höhere Anforderungen an die Heterogenität zu stellen sind.

Unterricht auf mehreren Niveaus soll in der Klasse stattfinden. Daher erhalten die Lehrer umfassende Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten und wir haben endlich auch den Schlüssel gefunden, um diesen Anspruch im Unterricht umzusetzen. Daher haben wir auch diesen Punkt in unserem Lehrerbildungsgesetz berücksichtigt. Darüber sprachen wir bereits in der gestrigen Debatte.

Die Anforderungen an die Pädagogen sind hoch. In der integrativen Schulklasse wird endgültig Abstand genom

men von dem alle Beteiligten frustrierenden Versuch, die Klasse in gleichem Schritt und Tritt lernen zu lassen. Wir alle müssen alles dafür tun, dass sich die Regelschulen zu integrativen bis hin zu inklusiven Schulen entwickeln. Das ist in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern ein weiter Weg.

Die Förderschulen werden sich weiterentwickeln. Sie werden Kompetenzzentren der Lern- und Verhaltensförderung. Die heutigen Sonderschulpädagogen werden Experten und Berater für Lern- und Verhaltensförderung und weiter benötigen wir das Engagement der Mentoren. Diesen Lehrkräften ist dieser Antrag gewidmet und daher bitte ich Sie, diesen Antrag auch zu unterstützen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Specht.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Kreher für die Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wieder einmal ein Prüfauftrag von der Koalition und dann noch kurz vor dem Auslaufen der Wahlperiode. Hier muss man schon fragen, wie sinnvoll und ernsthaft Schulpolitik von der Landesregierung, aber auch von der Koalition betrieben wird.

Meine Damen und Herren, ich könnte jetzt auch einen langen Vortrag über integrative und inklusive Bildung vortragen.

(Zuruf von Burkhard Lenz, CDU)

Die grundsätzlichen Dinge, darüber haben wir vielfach im Ausschuss gesprochen. Ich möchte deshalb mein Augenmerk mehr auf das legen, was jetzt von den Kollegen meiner Nachbarschulen, meiner Schule in meiner Gemeinde, in der Grundschule vor allem, an mich herangetragen wird mit Briefen, mit Beschwerden, was ich gehört habe über die plötzliche Erleuchtung – er ist nicht da – des Ministerpräsidenten, hier einzugreifen, einen Versuch auf der Insel Rügen dann auszuweiten nach Greifswald. Das macht also eigentlich deutlich, wie sehr es verunsichernd ist.

Deshalb, meine Damen und Herren, hatte ich auch heute Morgen meine Fragen zu diesem Thema gestellt. Ich konnte das jetzt nicht noch mal genau analysieren, was mir heute Morgen der Minister geantwortet hat. Aber ich werde das, und, Herr Minister, da bitte ich Sie drum, mir sehr genau noch mal ansehen. Ich werde es, das ist ja wohl mein Recht, auch an die Kollegen weitergeben, was Sie geantwortet haben. Und ich werde natürlich auch im weiteren Bereich hier darauf dringen, dass das hier gemacht wird.

Wir wollen aber, meine Damen und Herren, vor allem mit einigen Änderungsanträgen erreichen, dass hier wirklich etwas erreicht wird. Und Herr Kollege Bluhm hat schon zu Recht darauf hingewiesen, was nützt uns ein Prüfauftrag, wenn schon mehrere Prüfaufträge gestellt wurden und nichts herausgekommen ist. Deshalb wollen wir zumindest einen Termin dabei haben, bis wann noch in dieser Legislaturperiode auch ein entsprechendes Ergebnis dargelegt wird. Das ist der Inhalt unseres Prüfauftrages vor allem, und natürlich – auch wenn darauf schon eingegangen wurde, aber es schadet nichts, wenn das dann in der Beauftragung noch mal drinsteht –, wenn es dann auch darum geht, Mentorenleis

tungen sind wahlweise statt als Aufwandsentschädigung auch in Form von Stundenabminderung zu geben, dann kann es ja auch, wenn Sie das auch so wollen, mit drinstehen. Dann könnten Sie ja unserem Änderungsantrag zustimmen.

Meine Damen und Herren, ich will jetzt wie gesagt nicht lange theoretische Vorträge halten. Mir als ehemaligem Lehrer – und ich mache da keinen Hehl draus, ich stehe dazu, dass ich als Lehrer genügend lange die Praxis genossen habe –, mir als Lehrer geht es vor allem darum, dass das, was wir hier in der Politik machen, nicht immer wieder zu neuen Verunsicherungen in der Schulpraxis führt. Und im Moment spüre ich das vor allem in der Grundschule, in den 1. Klassen, dass dort eine große Verunsicherung ist, und deshalb müssen wir da eingreifen, deshalb müssen wir hier tätig werden. Insofern prüfen Sie nicht nur, sondern handeln Sie, meine Damen und Herren! – Danke schön.

(Michael Roolf, FDP: Jawohl.)

Vielen Dank, Herr Kreher.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Lüssow für die Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Großspurig wurde zu Beginn des letzten Schuljahres vom Bildungsminister verkündet, dass Mecklenburg-Vorpommern als eines der ersten Bundesländer zum Schuljahr 2010/2011 keine 1. Klassen mehr an den Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen eingerichtet habe. Alle Kinder mit Lernschwächen und sonstigen Beeinträchtigungen würden ab jetzt integrativ in die jeweiligen Schulklassen schon ab dem ersten Schuljahr integriert.

Mit einem Versuch auf Rügen wurde zuvor getestet, inwieweit die sogenannte integrative Bildung funktionieren könne. Aber schon bei der Ausweitung auf die Grundschulen im Schulamtsbezirk Greifswald kam es zu erheblichem Widerstand bei den Eltern und in den Schulen.

Mit Ihrem Antrag wollen Sie jetzt entsprechende Korrekturen bei der Umsetzung Ihres großspurigen Programms zur integrativen Bildung vornehmen, nachdem Sie offenbar gemerkt haben, dass die Lehrer enormen Mehrbedarf haben und dass sie in verstärktem Umfang Sozialpädagogen benötigen.

Ob Lese-Rechtschreib-Schwäche, ob Verhaltensauffälligkeiten, ob Sprachstörung oder andere Auffälligkeiten, Kinder mit Lernschwierigkeiten sind nichts Neues. Die Schulärztin Angelika Petschaelis sagte laut OZ vom 28.01.2011, dass bei rund zwölf Prozent der künftigen Erstklässler in der Vergangenheit ein Förderbedarf festgestellt worden sei. Sie gilt als Expertin, da sie über langjährige Erfahrung bei den Einschulungsuntersuchungen in Nordvorpommern verfügt.

Vor Ihrer Einführung der integrativen Bildung, Herr Minister Tesch, hatte eine Förderdiagnose einer Schulärztin oder eines Schularztes die sofortige Förderung des betreffenden Kindes zur Folge. Das aber haben Sie jetzt abgeschafft. Die noch vorhandenen Spezialklassen sollen auslaufen. Jetzt sollen alle Kinder in die jeweilige Eingangsklasse der Grundschule aufgenommen werden. Jetzt ist es so geregelt, dass die Lehrer im ersten Halbjahr nach der Einschulung der Kinder Lernprobleme erkennen sollen. Nach einer solchen Feststellung können

die Ursachen erkundet werden. Erst dann kann es eine Förderung für die lernschwachen Kinder geben, aber nur dann, wenn deren Eltern damit einverstanden sind oder einen entsprechenden Antrag stellen. Und erst danach können Sozialpädagogen aktiv werden.

Die Idee, Kindern mit der neumodischen integrativen Bildung helfen zu wollen, stammt, wie könnte es auch anders sein, aus Amerika. Allerdings haben die USA ein völlig anderes Bildungssystem als MecklenburgVorpommern. Mit Ihrem Antrag wird deutlich, dass Sie bereits erste Korrekturen an der viel umjubelten integrativen Bildung vornehmen müssen. Auf viele Lehrer kam und kommt eine erhebliche Mehrbelastung zu. Den Kindern, weder denen mit Lernschwächen noch den anderen, tun Sie mit Ihrem neuen Konzept keinen Gefallen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Quatsch!)

Sie sollten mit Ihren Bildungsexperimenten vorsichtiger sein, denn immer mehr Eltern und Lehrer sehen in Ihrem Konzept eher eine Mogelpackung als eine Verbesserung der Bildung im Grundschulbereich.

Wir von der NPD befürworten eine gezielte und richtige Förderung von lernschwachen Kindern in entsprechenden Förderklassen, sodass sie angemessen unterrichtet werden können. Ihre Gleichmacherei führt nur zu weiterem Chaos an den Schulen. Lehrer und Sozialpädagogen haben Sie eh viel zu wenig.

Ihren Antrag lehnen wir ab, weil mit diesem Antrag nur an kranken Symptomen Ihres verkorksten Bildungssystems herumgedoktert werden soll.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.