Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, die müssen eben auch ordentlich bezahlt werden.)

Eines sage ich an dieser Stelle auch und ich denke, da spreche ich für viele meiner Berufskollegen und auch der Kollegen, die selbstständig tätig sind: Es gibt überhaupt keinen Grund und es gibt keine Argumentation, einem seriösen Unternehmer unterstellen zu wollen, dass er kein Interesse daran hat, dass seine Mitarbeiter ein auskömmliches Gehalt bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP)

Er hat eher den Ansatz, dass er sagt, zwei Kriterien für eine dauerhafte vernünftige Beschäftigung und auch für eine menschliche emotionale Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber: Wir wollen Teilhabe am unternehmerischen Erfolg, wir wollen Teilhabe der Menschen an den Tätigkeiten, an der Produktivität, an dem, was erwirtschaftet wird. Dann lassen Sie beide auch diese Dinge miteinander verhandeln.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Hans Kreher, FDP: Genau.)

Geben Sie betrieblichen Bündnissen eine Chance, in denen es nämlich nicht so ist, dass zwei ungleiche Vertragspartner miteinander diskutieren. Die Menschen in den Unternehmen brauchen mehr die monetäre Basis. Die monetäre Basis ist wichtig, aber es muss mehr da sein. Es muss eine Identifi kation zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern da sein, erst dann kriegen Sie eine leistungsstarke dauerhafte Beschäftigung in diesem Land organisiert. Das ist das, was Sie bei der Diskussion um Mindestlöhne immer unter den Tisch kehren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist doch Unsinn! – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Nein, Sie haben die Arbeitgeberseite und wir haben die Arbeitnehmerseite. Das ist es.)

Das ist das, was falsch ist an der Diskussion.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, lieber Herr Professor Methling, können Sie nicht mehr in Ihrer Art der Ideologie trennen, wie Sie es noch in den 70er und 80er Jahren gemacht haben.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Hören Sie mal auf mit Ihrer Ideologie!)

Sie müssen erkennen, dass die Leute auf der Grundlage der gesellschaftlichen Entwicklung sehr wohl in der Lage sind, gleichberechtigt auf Augenhöhe zu sein, und da brauchen wir weder Gewerkschaftsfunktionäre noch Arbeitgeberfunktionäre.

(Unruhe bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, ja, das sehen wir ja. Das sehen wir doch, wie das klappt! – Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Ja, das sehen wir ja, was dabei rauskommt!)

Die Menschen sind in der Lage, das selber zu regeln. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Irene Müller, Die Linkspartei.PDS: Wir sind ja alle so moralisch!)

Danke schön, Herr Roolf.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Waldmüller von der Fraktion der CDU.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu diesem Antrag wird offensichtlich zur Untermauerung der eigenen Argumentationslinie das Bundesverfassungsgericht in falscher Weise interpretiert, denn das Urteil, das die PDS als Hauptargument anführt, hatte nicht zum Inhalt, dass wir als Landesgesetzgeber gefordert sind, bezüglich des Tariftreuegesetzes zu handeln. Der Minister hat es bereits erwähnt, das Urteil hat lediglich verfassungsrechtliche Bedenken gegen derartige Regelungen insgesamt ausgeräumt.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das ist aber schon viel.)

Es wäre maximal eine Kannbestimmung und keine Mussbestimmung.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

Der Vorstoß auf Forderung eines Tariftreuegesetzes macht schon deshalb keinen Sinn, da die rechtliche Zulässigkeit der Vereinbarkeit des Tariftreuegesetzes mit der EU-Verordnung Artikel 49 ungeklärt ist.

Ein weiteres Argument der CDU-Fraktion sei an dieser Stelle noch einmal gesagt: Wir haben eine funktionierende Tarifl andschaft mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern. Warum sollte sich der Staat in etwas grundsätzlich Funktionierendes einmischen?

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, es ist eben so, wie es ist. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Die Tarifautonomie obliegt den Tarifpartnern.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das sehen wir ja. – Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Bezüglich des Entsendegesetzes sollten weitere Branchen nach Ansicht der CDU, aber nur unter engen Voraussetzungen aufgenommen werden und der Koalitionsvertrag ist hier deutlich. Zuerst müssen allgemeinverbindliche Tarifverträge da sein und es müssen soziale Verwerfungen durch Entsendearbeiten in einer Branche vorliegen. Es sollte grundsätzlich dabei bleiben, dass die Tarifpartner die Löhne festsetzen und nicht der Staat.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, FDP und Udo Pastörs, NPD)

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es beispielsweise in der Baubranche Mindestlohnregelungen, die von den Tarifpartnern als sinnvoll angesehen und vereinbart wurden. Für diese branchenspezifi schen Lösungen bietet die Tarifautonomie ausreichend Raum. Weiterhin ist zu bedenken, dass sich der Antrag der PDS auf die bundespolitische Entscheidungsebene bezieht. Hier liegt die Entscheidungshoheit, die es zu beachten gilt.

(Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS: Das ist nicht wahr.)

An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass die angestrebten Reformen des Arbeitsmarktes die komplexe Materie bestehender Arbeitsmarktproblematiken beheben sollen. Einzelmaßnahmen, wie sie in diesem Antrag gefordert werden, sind da wenig hilfreich. Ein Tariftreuegesetz beziehungsweise ein gesetzlicher Mindestlohn hätte arbeitsmarktpolitisch bestenfalls keine Effekte, denn wenn man den Mindestlohn zu niedrig ansetzt, dann bleibt er wirkungslos, wird er zu hoch angesetzt, vernichtet er Arbeitsplätze.

(Beifall Michael Roolf, FDP)

Die Einführung von Mindestlöhnen berücksichtigt nicht die wirtschaftlichen Strukturunterschiede verschiedener Regionen, ob Land oder Bund. Er berücksichtigt nicht die bestehende Ertragskraft oder die bestehende Ertragsmöglichkeit der bestehenden Unternehmen

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Es geht aber um Mindestlohn. – Heiterkeit bei Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

und er berücksichtigt nicht die Notwendigkeit eines Niedriglohnsektors. Geschaffen werde dagegen ein bürokratisches Monstrum, das in der Praxis überhaupt nicht oder nur unter unverhältnismäßig hohem Aufwand seitens der Verwaltung zu kontrollieren wäre.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Effektiver wäre es da schon, die bestehenden Rechtsvorschriften besser einzuhalten. So steht es in der Vergabeordnung.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Das ist gut.)

Das wurde auch schon angedeutet, dass der Zuschlag dem Wirtschaftlichsten und nicht dem Billigsten gegeben werden soll. Wie diese Regelung in der Praxis angewendet wird, wurde in diesem Hohen Haus mehrfach erörtert. Wir müssen uns sicherlich über effektive Kontrollen unterhalten, was hier im Antrag aber nicht gefordert ist.

Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft vom 15.06.2006 belegen, dass der Osten, Jugendliche und gering Qualifi zierte die Verlierer einer Regelung wären, wie Sie sie in diesem Antrag fordern. Und bei dem Verweis auf die europäischen Nachbarländer mit einem Mindestlohn wird gern vergessen, dass es dort bereits

erhebliche Ausnahmeregelungen gibt oder aber wie etwa in Frankreich große Probleme speziell in der Jugendarbeitslosigkeit in Kauf genommen werden müssen. Eigentlich müsste man diesen Antrag ablehnen,

(Beifall Marc Reinhardt, CDU, Jörg Vierkant, CDU, und Michael Roolf, FDP)

zum einen wegen der Rechtsunsicherheit unter Einmischung in die Tarifautonomie, zum anderen auch, weil der Antrag eigentlich nur eine Einzelmaßnahme betrachtet. Aber der verantwortungsvolle Umgang und die aktuelle Wichtigkeit des Themas Mindestlohn fordern aufgrund vielerlei Verfl echtungen eine gesamthafte und objektive Betrachtung der bundespolitischen Entwicklungen, der rechtlichen Voraussetzungen, hier noch einmal zusammengefasst: die Tarifautonomie, das Entsendegesetz und die Erweiterung auf andere Branchen, die Kontrollmöglichkeit bestehender Regelungen, der Kündigungsschutz, die Schwarzarbeit, bestehende Arbeitsrechtsmöglichkeiten und das Thema Kombilohn.

Damit der Antrag die Wichtigkeit und Umfänglichkeit erfährt, fordern wir die Verweisung in den Wirtschaftsausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Danke.)

Danke schön, Herr Waldmüller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Müller von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch wir von der NPD-Fraktion treten für einen gerechten Mindestlohn ein

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

und dafür, dass öffentliche Aufträge nur an Firmen vergeben werden, die dessen gerechten Mindestlohn bezahlen. Der Antrag der Linkspartei.PDS aber geht an der Wirklichkeit vorbei.

(Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS: Ach nee! – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: So, so.)

Eine Tariftreueerklärung bedeutet gar nichts, wenn das betreffende Unternehmen etwa in der Bauwirtschaft massiv Schwarzarbeiter einsetzt. Und das sind keine Einzelfälle. Auch und gerade auf öffentlichen Baustellen wie bei den Arbeiten am Berliner Reichstag wurden bei Razzien immer wieder illegal Beschäftigte angetroffen, immer wieder, ohne dass sich daran dauerhaft etwas geändert hätte. Es drängt sich schon lange der Verdacht auf, dass nicht wenige staatliche Auftraggeber nur noch auf den Preis achten und lieber nicht wissen wollen, warum alles so schön billig ist, genauso wie viele Behörden Reinigungs- und Sicherheitsunternehmen den Zuschlag geben, die ihre Arbeitskräfte zu Preisen anbieten, welche offenkundig nur beim Einsatz illegaler Arbeitskräfte aus aller Herren Länder zu Hungerlöhnen zu machen sind. Nicht wenige der über zehn Millionen in Deutschland lebenden Ausländer agieren als Lohndrücker, instrumentalisiert von raffgierigen Unternehmen einerseits und ausländischen Menschenhändlerkartellen andererseits.