Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS: Modellprojekt für sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigungsverhältnisse von ArbeitslosengeldII-Empfängerinnen und -Empfängern sowie von Nichtleistungsbezieherinnen und -beziehern – Drucksache 5/156 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Politiker und Medien überschlugen sich in der vergangenen Woche in unserem Land mit Positivmeldungen über die anziehende Konjunktur. Die Wirtschaft wachse und endlich sei damit auch die Wende am Arbeitsmarkt erreicht. Die Statistiken der Arbeitsagenturen belegen, dass tatsächlich wieder viel mehr Menschen in Arbeit gekommen sind, nämlich in sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigung. Die Mitglieder der Fraktion der Linkspartei der PDS nehmen das sehr wohl zur Kenntnis und freuen sich über jeden Betroffenen.

Sie, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, werden sich aber sicher nicht darüber wundern, dass ich als Vertreterin der Fraktion der Linkspartei etwas Wasser in den Wein gieße. Ich tue das nicht, um die Stimmung mies zu machen, sondern weil es wahr ist, dass wir nach wie vor vier Millionen offi ziell registrierte Arbeitslose in der Bundesrepublik haben, in Mecklenburg-Vorpommern über 169.000. Hinzu kommen auch noch 70.000 Menschen unseres Landes, die in Maßnahmen der Arbeitsagentur stecken und aus der Statistik sozusagen herausfallen. Diese alle können Ihre Euphorie also überhaupt nicht nachvollziehen. Wahr ist, dass der Anteil der Arbeitslosigkeit bei uns im Land auch nicht zurückgeht. Darunter sind Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen, wie das so schrecklich im Verwaltungsdeutsch heißt, viele Frauen, leider aber auch Jugendliche und vor allem Ältere. Das sind bei Weitem nicht alles Gering- oder gar nicht Qualifi zierte, im Gegenteil. Herr Schulte hatte schon darauf aufmerksam gemacht.

Im Unterschied zu vielen unter Ihnen, meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen und von der FDP, halten wir es in absehbarer Zeit nicht für möglich, dass die Wirtschaft für alle Arbeitssuchenden einen Existenz sichernden Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann. Es passt hier ganz gut in den Kram, Druck auf alle Beschäftigten ausüben zu können, die Arbeitenden erpressen zu können mit vielen Erwerbslosen. Die Konjunkturabhängigkeit der Wirtschaft und der ungeheure Produktivitätsfortschritt, die zunehmende Tendenz von Teilzeit und auch befristeter Beschäftigung zum Beispiel sorgen für große Ängste von Arbeitsplatzverlust bei vielen Beschäftigten bis zu dem genannten Mittelstand. Und bei denen, die auch vom konjunkturellen Aufschwung nicht profi tieren, die Langzeitarbeitslosen, verstärkt sich die Mutlosigkeit. Der Staat muss Maßnahmen zum Gegensteuern ergreifen, das ist seine Verantwortung.

Öffentlich geförderte Beschäftigung ist mittelfristig, wenn nicht sogar auf Dauer notwendig. Das sagt auch die Bundesagentur. Der Unterschied zu uns besteht vor allem in der Auffassung, wie ein solcher Sektor aussehen und auch fi nanziert werden sollte. Wir wollen Beschäftigung in den Bereichen fördern, die privatwirtschaftlich

nicht interessant, für die Gesellschaft aber wichtig und notwendig sind, und das zu Existenz sichernden Bedingungen, zum Beispiel im sozialen, im ökologischen oder auch im kulturellen Bereich.

Nun sind wir hierzulande in der komfortablen Lage, dass dank des Arbeitsministeriums in den vergangenen Jahren solche gemeinwohlorientierten Förderprojekte gut angenommen worden sind und auch funktionierten.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Die Aussage der neuen Landesregierung, solche Maßnahmen werden durch die Argen gefördert und brauchen deshalb keine Landesmittel mehr, ist Unsinn.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Wir wissen doch auch, dass die Mehraufwandsentschädigung oder die sogenannten 1-Euro-Jobs, wie sie landläufi g genannt werden, nur in den allerseltensten Fällen zur Eingliederung in den normalen Arbeitsmarkt führen. Die Betroffenen sind für drei bis sechs Monate aus der Statistik und dann sind sie wieder arbeitslos. Die MAEs haben bewiesen, dass es für den sozialen Bereich, für den Natur- und Umweltschutz, für die Jugendarbeit und andere gemeinnützige Bereiche einen großen Bedarf an Arbeitskräften gibt. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, gemeinsam mit den Sozialpartnern schnellstens auf der Grundlage der Erfahrungen der vergangenen Jahre ein Modellprojekt für versicherungspfl ichtige Beschäftigung zu erarbeiten. Zielgruppen sollten Langzeitarbeitslose, also Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und -Empfänger und vor allem auch Nichtleistungsbezieherinnen und -bezieher sein.

Die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage vom Dezember 2006 weist 20.428 arbeitslose Nichtleistungsbezieher, davon allein 14.100 Frauen aus. Stehen die Arbeitslosengeld-II-Bezieher schon nicht an erster Stelle der Prioritätenliste für Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt, haben diejenigen, die gar nichts erhalten, also noch schlechtere Karten. Deshalb erwarten wir von der Landesregierung Initiativen, die den Nichtleistungsempfängerinnen und -empfängern einen umfassenden Zugang zu allen Möglichkeiten des aktiven Arbeitsmarktes eröffnen. Das Modellprojekt zu den Existenz sichernden Bedingungen für die Beteiligten muss geschaffen werden und darüber sollten wir auch diskutieren. Die Beschäftigten im Projekt sollten außerdem die Möglichkeit haben, mindestens ein Jahr daran teilzunehmen. Dadurch muss ihnen wieder ein Anspruch auf Arbeitslosengeld I gesichert werden, falls ihnen der Sprung in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis nicht gelingt.

Um aber möglichst vielen Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeitern die Chance auf ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zu ermöglichen, halten wir auch eine sozialpädagogische Betreuung für sehr notwendig. Nicht verzichten sollten sie auch auf die Erfahrungen des Landes-ASPBeirates und vor allem auch der Regionalbeiräte. Sie haben sowohl bei der Projekterarbeitung und -bewilligung als auch bei der Begleitung eine gute Arbeit in den vergangenen Jahren geleistet. Darüber hinaus wäre aber die wissenschaftliche Begleitung sinnvoll, um zeitnah Probleme zu erkennen und weitgehend zu vermeiden.

Und nun zur Finanzierung: Bundesweit werden dafür die verschiedensten Modelle diskutiert. Wir könnten uns gut vorstellen, dass wie bisher Mittel aus den ESFLandesmitteln und von Dritten, das können Kommunen

oder auch Träger des Projektes sein, bereitgestellt werden. Es gibt aber auch einen zweiten Weg. Man könnte das Arbeitslosengeld II, die Kosten der Unterkunft und die Eingliederungsleistungen nach SGB II und SGB III zusammenlegen, mit anderen Worten, die passiven und aktiven Leistungen der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen zusammenführen. Wir wissen, dass es dafür bisher noch keine gesetzliche Grundlage gibt. Deshalb fordern wir Sie auf, sich für die Schaffung der Voraussetzungen bei der Bundesregierung einzusetzen. Andererseits hat der Arbeitsminister oder ich sage mal das Arbeitsministerium unter Helmut Holter die Erfahrung gemacht, dass die Arbeitsagentur Nord und ihre regionalen Zentren durchaus bereit gewesen sind, diesbezüglich neue Wege zu gehen und das Anliegen zu unterstützen.

Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes müssen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der großen Koalition, handeln. Tragen Sie mit dazu bei, dass die Stigmatisierung Langzeitarbeitsloser endlich aufhört! Diese Menschen sind nicht faul oder ungebildet, sie wollen arbeiten. Wir wissen alle, dass die zynische Propaganda nur dazu dient, den Betroffenen selbst die Schuld zuzuschieben und den Druck auf sie und im Übrigen aber auch auf andere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erhöhen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: So ist es, genau so.)

Also reihen Sie sich nicht bei denjenigen ein, die aus der sicheren Position gut situierten Daseins auf die Betroffenen hinunterschauen! Helfen Sie im Gegenteil denjenigen, die aus den unterschiedlichsten Gründen zumeist unverschuldet in schier ausweglose Situationen geraten sind! Ein Modellprojekt für sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigungsverhältnisse wäre ein Anfang und deshalb halten wir das für besonders wichtig. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke, Frau Lück.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Wirtschaftsminister Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch auf die Gefahr hin, dass ich jetzt einen Ordnungsruf bekomme, will ich doch noch mal einen Satz zu der gerade abgelaufenen Diskussion sagen. Ich wende mich da jetzt mal an Sie als Kollegen. Ich halte sehr wenig davon, ich will das noch mal ganz klar sagen, Herr Holter, wenn wir uns hier mit Anträgen befassen, wo wir eigentlich in der Diskussion feststellen, der Antrag spielt gar keine Rolle,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

sondern es geht hier um eine aktuelle Diskussion, die wichtig ist, keine Frage, aber was wir konkret mit dem Land machen wollen, was wir hier einleiten wollen, das ist eigentlich gar nicht so wichtig gewesen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und Jörg Vierkant, CDU – Zuruf von Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS)

Wenn dieser Stil einreißt, dann haben wir hier eine Parteitagsatmosphäre. Und so sehr ich weiß, wie wichtig

Parteitage sind, aber das, meine ich, gehört nun wirklich nicht hier her.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Also, Herr Seidel, das ist nun wirklich nicht unser Stil. Das ist der Stil Ihrer Fraktion.)

Und insofern hoffe ich auch nicht, dass der Antrag, den wir jetzt diskutieren, da eine Rolle spielt. Aber da fordern Sie wenigstens ein konkretes Projekt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Der ist ganz klar landespolitisch orientiert, Herr Seidel.)

Ja, und ich will Ihnen auch gerne sagen, was ich davon halte.

Meine Damen und Herren, zunächst einmal muss ich sagen, Frau Lück, wenn Sie sich wie wir alle hoffentlich darüber freuen, dass es eine etwas positivere Entwicklung in den letzten Monaten gegeben hat, dann müssten Sie aber auch so fair sein und hier konkret die Zahlen mit berücksichtigen, die ich Ihnen gern noch mal nennen will. Sie sagten eben, die Arbeitslosigkeit geht nicht zurück. Sie geht nicht genügend zurück, da bin ich voll bei Ihnen. Aber sie geht natürlich zurück, und zwar ganz konkret um 18.262 Arbeitslose, die im Vergleich zum Vorjahr jetzt in diesem Monat nicht arbeitslos sind, sei es wie auch immer. Wir sind übrigens nicht so sehr hoch in den sogenannten arbeitsmarktpolitischen Instrumentarien. Da liegen wir eigentlich eher noch unter dem Durchschnitt der neuen Länder. Also nun sollten wir wenigstens bei den Fakten bleiben und mal sagen, es ist ein bisschen was gekonnt worden.

Ich will gerne noch einmal deutlich machen, dass die Landesregierung die Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt mit einem besonderen Vorrang versehen hat, das ist richtig, was überhaupt nicht bedeutet – das ist mir jetzt ganz wichtig –, dass wir eventuell den Blick verlieren würden für diejenigen, die, wie man so sagt, schwer oder im Moment auch nicht vermittelbar sind. Und hier zitiere ich gern noch einmal aus der Koalitionsvereinbarung den Punkt Nummer 47, der heißt nämlich: „Die Arbeitsmarktpolitik wird vorrangig an dem Ziel der Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt ausgerichtet. Für spezifi sche Zielgruppen soll geförderte Beschäftigung möglich sein.“ Das ist ganz klipp und klar in dem Zusammenhang gesagt worden. Und trotz aller Bemühungen in der Arbeitsmarktpolitik und leichter Fortschritte, wie ich es sagte, was Beschäftigtenzahlen betrifft, aber da schaue ich viel lieber auf die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Arbeitsplätze, können wir nicht zufrieden sein.

Die derzeitige politische Situation wird ja bekanntermaßen von Reformen in der Arbeitsmarktpolitik auf dem Arbeitsmarkt selbst geprägt. Insbesondere die strengen Maßstäbe, die hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit in Paragraf 8 SGB II dargestellt sind, haben den Kreis der Arbeitslosen erweitert. Danach muss der Hilfebedürftige unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden erwerbstätig sein. Das ist die Defi nition. Und das hat dazu geführt, dass zahlreiche ehemalige Sozialhilfeempfänger – wenn man sich die Zahlen anschaut, gibt es jetzt relativ wenige, die noch in diese Kategorie fallen, die aufgrund ihrer Biografi e eigentlich kaum Chancen auf Integration haben – nunmehr zu den Arbeitsfähigen zählen. Das wiederum hat dazu geführt, dass in vielen politischen Gruppierungen,

aber eben auch zum Beispiel in der Diakonie, im Deutschen Gewerkschaftsbund, in der Bundesagentur für Arbeit oder auch im Ministerium die Frage diskutiert wird, wie bei der nach wie vor hohen strukturellen Arbeitslosigkeit vor allem mit Langzeitarbeitslosigkeit umgegangen wird.

Die einzelnen Ansätze gehen insbesondere hinsichtlich der Zielgruppen und ihrer Bezeichnungen weit auseinander. Ihnen gemeinsam, und das wollen wir auch immer wieder festhalten, ist die Suche nach menschenwürdigen und bezahlbaren Arbeitsmöglichkeiten für Personen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt keine oder nur ganz geringe Chancen haben. Die Bundesagentur für Arbeit hat seit dem Frühjahr 2005 Überlegungen zu solchen alternativen Beschäftigungsformen angestellt. Dabei sind insbesondere Maßnahmen für zwei Teilgruppen in Betracht gezogen worden: erstens für Langzeitarbeitslose, die zusätzlich persönliche Vermittlungshemmnisse mitbringen, und zweitens für Personen, die mit Inkrafttreten des SGB II erstmalig als erwerbsfähig und arbeitslos defi niert wurden. Ich habe versucht, das nur kurz zu erklären. Die Bundesanstalt für Arbeit betrachtet für diese Personen einen sozialraumorientierten dritten Arbeitsmarkt als eine mögliche Alternative. Allerdings, und das ist auch schon gesagt worden, hinsichtlich der Finanzierung geht die Bundesanstalt durchaus von einer Kostenneutralität aus, wenn die aktiven und passiven Leistungen gebündelt werden können. Aber hier genau liegt ja auch das Problem der bisherigen Modellüberlegungen.

Meine Damen und Herren, in der vergangenen Legislaturperiode hat im Frühjahr 2006 das Arbeitsministerium ein Modellprojekt für öffentlich geförderte Arbeit vorgeschlagen. Darin sollten arbeitslose junge Fachkräfte beschäftigt werden, und zwar 2.000 Jugendliche. Dieses Projekt wurde aber nicht umgesetzt.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Weil der Bund nicht mitgespielt hat.)

Wahrscheinlich, Herr Holter, war das auch wieder mal so eine Diskussion, die am Ende zu keinem Ergebnis geführt hat.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Nee, nee, nee, nee!)

Zum damaligen Zeitpunkt hätte die Umsetzung allein, das ist richtig, mit Landes- und ESF-Mitteln erfolgen müssen, da eine Beteiligung des Bundes oder die Absegnung dieses Modellprojektes in Kooperation mit der Regionaldirektion Nord vom Bund verneint worden war.

(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: So ist es.)

Ja.

Im Sommer 2006 hat das damalige Arbeitsministerium in Mecklenburg-Vorpommern dann in abgespeckter Version das Modellprojekt mit der Bezeichnung „Modellprojekt zur Verbesserung der Berufschancen für junge Facharbeiterinnen“ aufgelegt. Allerdings, das ist die Erfahrung, die wir hier resümieren müssen, fi ndet diese Maßnahme nicht die erwartete Resonanz, weil auf dem Markt für die Träger andere Angebote da sind, wo nicht 400 Euro Eigenanteil geleistet werden müssen. Also muss man leider Gottes konstatieren, dies hat auch nicht zum Erfolg geführt.

Nach den jüngsten Erfolgsberichten bestimmt nunmehr das Konzept der Bürgerarbeit aus Sachsen-Anhalt die öffentliche Diskussion. Die Bundesagentur für Arbeit

hat gemeinsam mit dem Land Sachsen-Anhalt im vergangenen Sommer eine Konzeption zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch Bürgerarbeit entwickelt. Zielgruppe der Bürgerarbeit sind die genannten Arbeitslosen, also der Rechtskreise des SGB II und SGB III, die nicht sofort auf dem ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Das Anliegen ist es, Arbeitslosigkeit über Arbeitsplätze signifi kant zu reduzieren, die im gemeinnützigen Bereich entweder vorhanden sind oder geschaffen werden. Bedingung allerdings dabei ist, dass weder eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt noch eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme angeboten werden kann, die unmittelbar zu einer Wiedereingliederung führen würde.

In Sachsen-Anhalt wurde zum 1. August 2006 mit 20 ehemals langzeitarbeitslosen Frauen und Männern beim Lebenshilfe-Werk Magdeburg ein sogenannter Laborversuch gestartet und dann eben in der zweiten Stufe ab November in Bad Schmiedeberg erprobt. Seit 15. November 2006 arbeiten dort 30 Personen in gemeinnützigen Einrichtungen, weitere 100 sollen folgen. Die sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigung erfolgt in solchen Bereichen wie Vereinen, in der Kirche, im außerschulischen Bereich oder bei der Seniorenbetreuung.

Wie auch in den anderen Projekten ist bei der Bürgerarbeit die Finanzierung aufgrund der gesetzlichen Regelungen problematisch. Der Einsatz sowohl aktiver als auch passiver Leistungen zur Zahlung eines Entgeltes ist infolge der geltenden Gesetzeslage wegen mangelnder Deckungsfähigkeit nicht realisierbar. Vor diesem Hintergrund hat sich Sachsen-Anhalt bezüglich der Modellphase in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auf eine Finanzierungsgrundlage ähnlich der für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, also Paragrafen 260 ff. SGB III, verständigt, weil die bereits genannte Deckungsfähigkeit nicht gegeben ist. Ich kann hier nur noch einmal sagen, dass da der Bund die Dinge regeln muss. Wir werden sicherlich dazu beizutragen haben.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das steht bei uns im Antrag.)