Protokoll der Sitzung vom 01.02.2007

(Beifall bei Abgeordneten der NPD)

Danke, Herr Köster.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion der Linkspartei.PDS.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst zwei Vorbemerkungen, bevor ich noch einmal auf den Antrag zu sprechen komme: Diese einseitige Kritik an das Arbeitsministerium möchte ich ablehnen, denn wir haben, wenn Sie sich erinnern können, die Konferenz zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit hier in Schwerin gehabt und da ist es der Bund gewesen, der sich sozusagen, Herr Minister, aus der Beantragung dieses Modellprojekts verabschiedet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS)

Es ist also nicht so, dass wir in unseren acht Jahren Regierungsarbeit da nichts getan und nichts initiiert haben. Und zum anderen, muss ich sagen, ist es auch für mich ein ausgelatschter Schuh, wenn hier immer wieder auf diese acht Jahre Regierungsbeteiligung verwiesen wird und darauf,

(Torsten Koplin, Die Linkspartei.PDS: 16 Jahre Helmut Kohl. – Unruhe bei Abgeordneten der CDU)

was wir gemacht haben. Wir machen das in der Diskussion auch nicht, dass wir, wenn wir uns politisch auseinandersetzen, über Ihre acht Jahre Regierungsbeteiligung reden.

(Beifall Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, das machen wir nicht.)

Das möchte ich einmal in den Raum stellen. Da unterscheiden wir uns sachlich doch schon in der Diskussion erheblich.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Ich möchte auch, dass alle wieder wach werden, bevor ich anfange, damit wir darüber reden können.

Und eins möchte ich auch noch klarstellen, wenn es um Statistikdiskussionen geht. Bei den Langzeitarbeitslosen gibt es einen Anstieg. Wir haben 56.584 Langzeitarbeitslose in unserem Bundesland und das sind auf jeden Fall mehr, als wir vorher hatten, wenn wir uns die vergangenen Zeiten betrachten. Aber es ist nun einmal so, dass die Reformen des Arbeitsmarktes vor allem an den Langzeitarbeitslosen vorbeigehen, und das ist mein Thema. Keine Verbesserung der Perspektiven, Verschlechterung bei Gesundheit und Bildung und Altersarmut sind vorprogrammiert. Und dann so nach dem Motto: „Seht mal zu, wie ihr zurechtkommt, die Leistungsgesellschaft hat keinen Platz für euch.“ Genau das ist der Punkt, den wir auch nicht in der gesellschaftlichen Debatte haben möchten. Eine mögliche Lösung, diesen Menschen eine Perspektive zu bieten, hat Rot-Rot meiner Meinung nach immer wieder unter Beweis gestellt, ich habe es bei der Einbringung des Antrages auch noch einmal gesagt, und das ist die gemeinwohlorientierte Arbeit in sozialversicherungspfl ichtiger Beschäftigung. Es hat mich schon aufhorchen lassen in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, dass wir genau das wieder infrage stellen.

Ja, meine Damen und Herren insbesondere von der CDU – und in diesem Fall wende ich mich auch an den Unternehmerverband Mecklenburg-Vorpommern –, diesen Projekten, die wir hatten, gemeinwohlorientierte Beschäftigung, um es vornehm auszudrücken, standen Sie ja immer sehr skeptisch gegenüber. Viele Projekte sind dabei in Entwicklungskonzeptionen, Vorbereitungen von Existenzgründungen, Marketing und auch Projektentwicklung gegangen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: In Rostock haben sie mitgemacht.)

Selbst Unternehmerverbände waren Träger solcher Maßnahmen. Ich erinnere mich zum Beispiel an das Projekt „Gründerportal“ in Neubrandenburg, was auch sehr gerne durch den Unternehmerverband in Anspruch genommen wurde. Und wie viele Projekte haben zur Entwicklung und auch zum Ausbau von Kultur und Tourismus beigetragen

und dazu, die weichen Standortfaktoren maßgeblich zu verbessern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ebenfalls Arbeitsplätze gesichert und geschaffen hat der Initiativfonds, den das Ministerium für Arbeit, Bau und Landesentwicklung ins Leben gerufen hat. Ich freue mich darüber, in Ihrer Koalitionsvereinbarung zu lesen, dass der Initiativfonds weitergeführt wird. Transparenz beim ASP und Förderung des Unternehmergeistes waren wesentliche Pfeiler der Politik im Holter-Ministerium. Ich hoffe, dass diese Transparenz sich auch in den Regionalbeiräten der jeweiligen Gebiete umsetzen lässt.

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Ja, ja, das müssen wir erst mal sehen.)

Das hoffen wir sehr.

Die Landesinitiative Jugend- und Schulsozialarbeit hat sich bewährt und wird fortgeführt. Wir haben zurzeit 620 Jugend- und Schulsozialarbeiter. Aber ich möchte noch einmal darauf aufmerksam machen, wir hatten schon viel mehr Jugend- und Schulsozialarbeiter in unserem Land. Wir müssen unbedingt nicht nur diese Zahl halten, sondern wir sollten sie erhöhen, weil sie nämlich sozialversicherungspfl ichtige Beschäftigung, Arbeitsplätze erhalten oder wir damit solche Arbeitsplätze schaffen. Und vor allen Dingen möchten wir auch, dass die Schulsozialarbeiter und die Jugendsozialarbeiter sich zu gleichen Maßen ausbauen, weil wir sie in beiden Bereichen für sehr wichtig halten.

Da sind wir dann auch bei dem grundsätzlichen Thema: Wie viel muss ein Staat leisten, um die Identifi kation der Bürgerinnen und Bürger mit diesem Staat zu sichern? Es steht also die Frage: Wie müssen die Schulen und die sozialen Sicherungssysteme ausgestaltet sein, wie muss die Arbeitsmarktpolitik gestaltet werden, damit sie nachhaltig wirkt, sowohl für die Betroffenen als auch für das Gemeinwesen? Nachhaltigkeit schafft man nicht durch Niedriglöhne und Arbeitsgelegenheiten. Diese Nachhaltigkeit schafft man nur durch sinnstiftende sozialversicherungspfl ichtige und für den Arbeitnehmer und die Arbeitnehmerin existenzsichernde Arbeit. Und in diesem Punkt stimme ich Ihnen auch zu, wie es in Ihrem Koalitionsvertrag heißt, ich zitiere: „Sie unterstützen die Bundesregierung bei ihren Bemühungen um existenzsichernde Löhne.“

Wir haben gerade eben eine Debatte zum Mindestlohn geführt. Ich möchte, weil in der Diskussion zu einem großen Teil immer dieses Beispiel von Sachsen-Anhalt gekommen ist, Ihren Blick auch auf Berlin richten. Berlin hat sehr interessante Modellprojekte, an denen zurzeit gearbeitet wird, und damit sollten wir uns unbedingt im Wirtschaftsausschuss befassen.

(Beifall Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)

Und alles das, was wir getan haben, um jetzt auf die vergangenen acht Jahre zu kommen, in der Berufsfrühorientierung, bei den Schülerfi rmen und auch die Tradition der Jugendbetriebe sollte weitergeführt werden. Wer von Ihnen war schon einmal in einem Jugendbetrieb? Es sind wirklich hervorragende Projekte. Produktionsschulen, die wir haben bei uns im Land, oder die Kinderbetreuung in Randzeiten, das sind alles Dinge, die man unbedingt hier bei uns fortführen sollte und auf die wir nicht verzichten möchten.

Abschließend möchte ich Sie aber noch auf ein weiteres Problem aufmerksam machen. Wir brauchen Angebote

und Lösungen auch für diejenigen, die wegen 10 Euro Einkommens zu viel bei der Berechnung keine Leistungen erhalten. Deshalb lenke ich den Fokus noch einmal auf die Nichtleistungsempfängerinnen und -empfänger. Wir dürfen meiner Meinung nach auch diese Menschen nicht diskriminieren, indem sie keine Möglichkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt haben. Es ist schon allein eine Diskriminierung, wenn wir eine Einteilung in den ersten, zweiten und jetzt sogar schon dritten Arbeitsmarkt vornehmen oder wenn wir an die Transferleistungen denken, die die Niedriglöhne aufbessern sollen. Da sagen wir, das kann es nicht sein. Mein Vorschlag ist, dass wir im Wirtschaftsausschuss ganz intensiv darüber weiterdiskutieren, und in diesem Sinne danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Danke schön, Frau Lück.

Ich schließe die Aussprache.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/156 zur Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Überweisungsvorschlag einstimmig angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Neuregelung der Abwesenheitsregelung in vollstationären Pfl egeeinrichtungen, Drucksache 5/148.

Antrag der Fraktion der FDP: Neuregelung der Abwesenheitsregelung in vollstationären Pfl egeeinrichtungen – Drucksache 5/148 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Grabow von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Diesen Antrag, das habe ich inzwischen herausbekommen, gab es schon einmal 1999, eingebracht von Frau Dr. Seemann. Insofern ist eine zufällige Gleichung da. Damals ist er an das Sozialministerium verwiesen worden, aber das Problem ist bis heute nicht geklärt. Ich sage gleich vorweg, ich beantrage heute auch die Überweisung in den Sozialausschuss mit der Bitte, dass der Minister uns bei der Umsetzung helfen möge.

Ich will kurz und mit einfachen Worten darauf eingehen, weil diese Abwesenheitsregelung nicht so einfach ist, wie sie ausgesprochen ist, weil sie mit vielen bürokratischen Hemmnissen untermauert worden ist. Vielleicht ist sie auch in den sieben Jahren nicht einfacher geworden, denn wir haben inzwischen den KSV, der sich ja nicht immer durch Flexibilität und Entbürokratisierung auszeichnet. Insofern wird es vielleicht noch schwerer werden, diese Idee der Bürger durchzusetzen.

Worum geht es? Wenn Sie ein Kind haben, was in eine SGB-XII-Einrichtung geht – ich nehme ein Beispiel aus einem Autistenwohnheim, was wir in Rostock betreiben mit zwölf schwer auffälligen Autisten –, dann haben diese Eltern nur das Recht, ihre Kinder 28 Tage aus der Einrichtung herauszunehmen. Wenn man nur von Arbeitstagen ausgehen würde, könnte man sagen, okay, es gibt viele Menschen, die auch nur 30 Urlaubstage haben, aber

hier ist es so, dass in diesen 28 Tagen der Sonnabend auch noch mit enthalten ist. Also da fi ndet schon etwas Verkehrtes statt. Es müsste da eine Gleichbehandlung geben. Auf der anderen Seite ist es teilweise schizophren, denn wir fordern, dass Angehörige sich ein Leben lang um ihre Angehörigen kümmern, Mütter, Väter und Geschwister. Auf der anderen Seite bestrafen wir sie. Dadurch entsteht oft eine soziale Härte und die Eltern müssen bezahlen.

Bei vielen großen Trägern ist es, meine ich, vielleicht nicht ganz so schlimm. Aber bei kleinen Trägern, wie ich zum Beispiel einem vorstehe, sind das im letzten Jahr 16.000 Euro gewesen.

(Dr. Margret Seemann, SPD: Aber die Großen kassieren.)

Die Großen kassieren, sie setzen es auch rechtlich durch. Wir als kleiner Träger, wo Betroffene selbst im Vorstand sind, machen so etwas nicht, weil wir sagen, es geht nicht. Trotzdem fällt das bei vielen kleinen Trägern viel mehr ins Gewicht als bei den großen. Da wir Behinderteneinrichtungen mit oftmals zwischen 24 und 48 Betten haben, ist das auf lange Sicht ein richtiges Problem. Insofern möchte ich Sie bitten, diesen Antrag zu überweisen.

Ich hätte noch eine ganze Menge Facetten dieser Abwesenheitsregelung vorzubringen, aber man kann das ganz gut nachlesen, denn Frau Dr. Seemann hat das am 15. Dezember 1999 sehr ausführlich vorgebracht. Der Antrag hat sehr viele Punkte und ich würde es gut fi nden, wenn wir das mit Unterstützung des Ministers im Ausschuss diskutieren. Vielleicht schaffen wir es diesmal nach neun oder zehn Jahren. Viele Abgeordnete haben in den Pausen gesagt, es stimmt – im Petitionsausschuss war das Thema auch, inzwischen ist es beim Bürgerbeauftragten vorgebracht worden –, das Thema ist nach wie vor vakant. Die Bürger haben nach wie vor den Wunsch, ihre Angehörigen längerfristig aus den Einrichtungen herauszunehmen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Herr Grabow.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Sozialminister Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war eine sehr kurze Einbringungsrede und ich werde mich bemühen, mindestens genauso kurz zu antworten oder darauf einzugehen.

Ich glaube, es ist sehr deutlich geworden, dass wir den Antrag überweisen sollten, um im Ausschuss im Einzelnen darüber zu reden. Das Problem hat es 1999 in der Tat schon gegeben. Frau Dr. Seemann ist da Spezialistin, weil sie das damals betreut hat. Inzwischen hat sich das eine oder andere geändert, und zwar dass das Sozialministerium nicht mehr direkt zuständig ist, sondern wir können den Prozess nur begleiten. Deshalb passt es auch nicht so hundertprozentig, wenn Sie sagen, wir sollten eine Richtlinie aufheben. Die ist längst aufgehoben. Es geht um andere Einrichtungen. Ich glaube, es wird deutlich, dass es kompliziert ist. Ich habe bisher auch keine Rückmeldung darüber, dass wir da wirklich ernsthafte

und schwierige Probleme haben. Das wird jetzt zwischen den Beteiligten ausgehandelt. Die Rückmeldung, die wir bekommen, ist, dass es da keine Probleme gegeben hat, die darauf hindeuten. Das muss aber nicht viel heißen. Ich würde anbieten, wir schauen uns das gemeinsam im Ausschuss an, denn es lohnt sich wahrscheinlich nicht, jetzt im Plenum hier diese Probleme und Fragen im Einzelnen anzusprechen. Überweisen wir den Antrag in den Ausschuss für eine vernünftige Lösung. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister.