Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Herr Holter.

Das Wort hat jetzt der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel. Herr Seidel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich habe jetzt mit großem Interesse, Herr Holter, Ihre Rede gehört und habe mir so gedacht, also da erlebst du wieder mal das alte Sprichwort: „Der Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg ist ein Waisenkind.“

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Sie sagen, wir sind die Pioniere der revolvierenden Fonds. Als ich mein Amt begann, habe ich bei der GA zumindest keinen revolvierenden Fonds gefunden. Wir haben die Darlehensförderung eingeführt.

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

Sie sagen, natürlich sind wir alle für die wissensbasierten Arbeitsplätze. Wir brauchen bessere Arbeiten und so weiter und so fort.

(Regine Lück, DIE LINKE: Ja, aber von wem sind sie denn? Die werden doch zugetragen. Das ist doch ein revolutionärer Fortschritt.)

Ja, aber dann muss man den ESF-Fonds auch so einsetzen, wie man es tun kann, nämlich für Forschung und Entwicklung, und nicht dort irgendwelche Raketenstationen bauen lassen, die hinterher wieder abgerissen werden.

(Regine Lück, DIE LINKE: Das glaub ich jetzt nicht.)

Das muss man tun.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Richtig.)

Das haben Sie nicht gemacht. Und ich muss sagen, ich verstehe alle Zwänge in der Politik und weiß, wie es ist, kann es mir jedenfalls vorstellen. Ich war ja auch nicht außerhalb dieses Landes,

(Zuruf von Helmut Holter, DIE LINKE)

als die Arbeitslosigkeit bei über 200.000 war. In der Tat hätte man dazu kommen können, dass man viele Dinge macht, um Menschen einfach schlichtweg irgendwie ruhig zu halten.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Aber das bringt nichts für die Zukunft.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie haben das Gefühl, gebraucht zu werden.)

Und insofern können Sie sich diesen Vorwurf nicht ersparen, der gerade im Einsatz des ESF-Fonds diesbezüglich dort zu machen ist. Aber ich finde ja eins erst mal gut, wir sind uns offensichtlich einig, und das ist dann auch wieder schön, wenn es um den Mittelstand generell in Mecklenburg-Vorpommern geht. Ich will immer noch hinzufügen, die durchschnittlichen Unternehmen, das kennen Sie aber in Mecklenburg-Vorpommern, haben 19 Beschäftigte. Also wir liegen völlig richtig mit der Unterstützung für den Mittelstand.

Dieses Gesetz, dieser Gesetzentwurf, der Ihnen vorgelegt wurde durch die Fraktionen, soll mehrere Ziele verfolgen, natürlich im Sinne einer ausgewogenen Wirtschaftsstruktur für das Land Mecklenburg-Vorpommern, die die mittelständische Wirtschaft besonders stärkt, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu fördern, mitzuhelfen, Ausbildungsplätze, Arbeitsplätze zu sichern, auszubauen, die Gründung und Festigung selbstständiger Existenzen zu befördern und natürlich ein Thema mit aufzunehmen, das Thema Unternehmensnachfolge, was uns, man muss sagen, leider mehr und mehr in Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt, und eine eben auch transparente auf die Bedürfnisse des Landes zugeschnittene Förderung zu entwickeln.

Ich will sagen, dass dies sicherlich auch die Grundlage für das Gesetz 1993 war. Es wurde schon erwähnt, es gibt das Mittelstandsgesetz ja bereits sehr lange und es war auch damals ein relativ allgemein gehaltenes Gesetz, auch aus gutem Grund, weil es dann natürlich eine Reihe von spezialgesetzlichen Regelungen gibt, die die Gestaltungsspielräume am Ende ausbauen. Man muss auch sagen zu dem bisherigen Mittelstandsgesetz, wenn man es sich mal anguckt, da ist vieles davon gelaufen. Zwar

ist es dort nur in allgemeiner Forderung formuliert, aber man kann in Mecklenburg-Vorpommern wirklich sagen, dass vieles umgesetzt wurde.

Und jetzt wollen wir mal eine Sache aufklären. Also in der Tat, ich habe auch gar kein Problem damit, das hier öffentlich zu erklären. Derjenige, der erinnert hat an dieses alte Gesetz, sitzt dort hinten. Herr Wilken von der Vereinigung der Unternehmensverbände war bei mir und fragte: Müssten wir nicht eigentlich das Gesetz von 1993 mal anschauen und dort gucken, ob es der heutigen Zeit noch entspricht? Ich habe ihm, wenn ich mich recht erinnere, recht gegeben. Ich hatte allerdings Zweifel und die bin ich auch heute noch nicht ganz los, dass wir dies in der Zeit auch wirklich noch schaffen können, mit der notwendigen Sorgfalt noch schaffen können.

Und dann ist es in der Tat so, dass, als die FDP mit ihrem Entwurf kam, das lasse ich mir nicht nehmen, Herr Roolf, das tut mir nun leid …

(Michael Roolf, FDP: Das war ja auch Sinn der Sache.)

Also dann haben wir auch noch ein bisschen was dagegenzustellen oder mit in die Diskussion einzubringen. Sagen wir es besser so, ich habe ja formuliert, wir sind uns im Wesentlichen einig zu dem Thema. Aber es wird sicherlich diese oder jene Formulierung geben, wo man dann noch mal schauen muss.

Also das war jetzt der Werdegang und nun kann man darüber wehklagen, dass die Zeit eigentlich nicht ausreicht, um eine gründliche Diskussion zu führen. Aber ich behaupte mal, egal, wie es kommt, ich glaube, dass auch ein zukünftiger Landtag sich nicht einer Aufgabe verschließen wird, für den Mittelstand diesen Rahmen, gesetzlichen Rahmen, für die Gesetze sozusagen zu novellieren, wenn es denn nicht anders gehen sollte. Das wird man jetzt sehen und insofern freue ich mich auch auf die weitere Diskussion.

Meine Damen und Herren, ich will nur kurz eingehen auf die Veränderungen, die man ja sehen muss von dem Gesetz 1993 zu dem Gesetzentwurf heute. In der Tat, es wurde angesprochen, wir haben eine demografische Entwicklung zu verzeichnen, die zwar, sagen wir mal, 1995 durch entsprechende Prognosen dann unterlegt wurde. Aber ich glaube, wir sollten uns alle mal vor die Brust schlagen und überlegen, ob wir denn damals in der Tat geglaubt hätten, dass die Entwicklung relativ exakt anhand dieser Prognosen verlaufen ist. Ich zumindest bekenne hier freimütig, dass ich das nicht so geglaubt habe damals. Ich hatte gedacht, da könnte man etwas ändern, musste mich belehren lassen und versuche, mich danach auch jetzt auszurichten.

In der Tat muss die demografische Entwicklung beachtet werden. Wir hatten ja damals fast 1,9 Millionen Menschen, heute, glaube ich, 1,65. Also das ist schon eine andere Situation, die wir zu verzeichnen haben. Und wir haben in der Tat, Herr Dr. Born hat das auch angedeutet, heute einen Wettbewerb um junge Menschen.

Es geht nicht mehr darum, loszulaufen, wie wir das gemacht haben, alle Abgeordnete getan haben, Betriebe anzulaufen und darum zu betteln, noch einen Ausbildungsplatz, auch wenn die Übernahme nicht sichergestellt ist, zur Verfügung zu stellen. Das ist heute nicht mehr notwendig, sondern man muss den Unternehmen sagen, ihr steht jetzt im Wettbewerb. Und Wettbewerb heißt, ihr müsst Rahmenbedingungen bieten, die einen

jungen Menschen veranlassen, in Rostock einen Ausbildungsplatz anzunehmen oder in Pasewalk oder in Waren oder in Schwerin, wo auch immer, und eben nicht in Hamburg. Das ist die spannende Frage. Insofern, glaube ich, beschreibt das schon den Handlungsbedarf, der da vor den Unternehmen steht.

Und ich will auch sagen, wir haben eine andere Wertung heute von Forschung und Entwicklung. Ich wage die Behauptung, nun gut, der Zusammenhang zwischen Forschung und Entwicklung und Produkten und Technologien am Weltmarkt ist schon immer klar gewesen, aber ich behaupte, dass wir heute in Mecklenburg-Vorpommern andere Prioritäten setzen, gerade im Bereich der Förderung. Jedenfalls möchte ich Ihnen deutlich machen, dass wir mehr und mehr, auch von der Investitionsförderung, was die Bedeutung der Förderung überhaupt angeht, übergehen zu Forschung und Entwicklung. Ich glaube, dass in der Tat hier mehr zu tun ist, denn dann, nur dann kann es auch zu den guten Arbeitsplätzen, wie wir immer sagen, kommen, wo wir jungen Menschen Perspektiven aufbauen können.

Es gibt viele gute Beispiele im Lande. Ich hatte neulich eine Tagung, wo die Cortronik noch mal vorgestellt wurde. Das ist ein klassisches Beispiel. Aber man könnte die DOT hier nennen in Rostock, Miltenyi in Teterow, um nur wenige Beispiele hier anzusprechen. Ich glaube, das ist wirkliche Unterstützung für den Mittelstand, einen solchen Weg zu gehen.

Und, meine Damen und Herren, im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir in der Tat auch eine Reihe von Regelungen getroffen haben, die gerade für den Mittelstand wichtig sind. Das muss man jetzt beachten. Wenn ich zum Beispiel mal erinnern darf an die Dienstleistung, die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie der EU, das haben wir hier sehr fleißig und sehr akribisch gemacht. Das ist eigentlich ein wichtiger Punkt für die Förderung des Mittelstandes, weil wir eben dieses Thema „Einheitliche Ansprechpartner“, was im Lande nicht so oft diskutiert wird, zumindest ist es meine Wahrnehmung, eben nicht nur ausländischen Unternehmen gegenüber anbieten, sondern allen Mittelständlern auch in MecklenburgVorpommern, allen kleinen Unternehmen. Die können diesen Einheitlichen Ansprechpartner auch in Anspruch nehmen. Sie sollen es tun und insofern, glaube ich, darf man dies hier erwähnen.

Also lassen Sie uns sehen, wie wir die verbleibende Zeit dieser Legislaturperiode nutzen können. Spaßhaft sagte ein Kollege von mir, dann verlängern wir sie eben. Na gut, so einfach wird das nicht gehen, aber ich glaube in Tat, wir sollten hier das tun, was wir hier deutlich machen, nämlich diese Gemeinsamkeit nach vorn stellen und dann zusehen, dass wir ein vernünftiges Gesetz hinbekommen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Minister.

Um das Wort hat noch einmal gebeten der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE. Herr Holter, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident.

Also die ESF-Förderperiode, Herr Seidel, begann nicht erst 2006 oder 2007, sondern für die Förderperiode 2000 bis 2006 will ich daran erinnern, dass im damaligen Arbeits- und Strukturentwicklungsprogramm, wenn Sie

nachlesen wollen, von wissensbasierten Arbeitsplätzen etwas zu finden ist. Ich habe in meiner Ministerzeit immer wieder darüber gesprochen.

Als Zweites ist das Mikrodarlehen europaweit erstmalig durch die rot-rote Regierung im Arbeitsministerium eingeführt worden. Es ist dann auf die GA und andere Dinge überführt worden. Und Existenzgründungen aus Hochschulen gehörten genauso zu meiner Politik, wie sie zu Ihrer Politik gehören, ebenso wie die Unternehmensnachfolge.

Also mir ging es gar nicht darum, dass der Erfolg viele Väter hat, sondern ich wollte sagen, was vernünftig für Mecklenburg-Vorpommern ist, sollte uns politisch nicht trennen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete der FDP-Fraktion Herr Roolf.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will zuerst zum zeitlichen Rahmen kommen. Ich denke mal, es ist schon traurig, dass wir erst zum Ende der Legislatur und womöglich auf Anraten der Vereinigung der Unternehmensverbände oder einer Oppositionsfraktion nach 18 Jahren dazu kommen, dieses Gesetz zu überarbeiten. Das gehört nicht zu den Glanzlichtern der letzten 4,9 Jahre hier im Parlament. Das, was wir als Mittelstandsförderungsgesetz der Landesregierung hier vorgelegt bekommen oder vielmehr der Fraktionen, Herr Dr. Born, ich hoffe, man hat Ihnen die richtige Version gegeben, denn Sie haben in Ihrer Einbringung gesagt, dass es um die Entfaltungsmöglichkeiten der mittelständischen Wirtschaft geht. Das ist als Ziel in unserem Gesetz so geschrieben. In Ihrem Gesetz sehe ich dazu nichts geschrieben, nur, dass man Ihnen auch das richtige Gesetz gegeben hat.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich will zu dem Gesetz, was von den Koalitionsfraktionen jetzt eingebracht ist, eigentlich drei Schlagworte sagen:

ad 1. Es setzt die falschen Signale.