Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Aber Sie teilen die Menschen in verwertbar für den Arbeitsmarkt, dann sind sie willkommen, und eben nicht verwertbar für den Arbeitsmarkt, also wahrscheinlich dann auch nicht brauchbar, frage ich. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen,

(Michael Andrejewski, NPD: Wir können ja alle aufnehmen. – Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

das ist auch meine Frage. Das widerspricht unserem Menschenbild. Wir konnten sehr gut beobachten, wie – ich sage wirklich, in Anführungsstrichen – humanistisch sich die Bundesregierung verhalten hat, als es um die afrikanischen Flüchtlinge ging,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

die Italien erreicht haben und nicht selten ihr Leben dabei riskierten,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

das seien nur Wirtschaftsflüchtlinge. Sicher sind viele darunter, die einfach nur ihre unerträglichen Existenzbedingungen hinter sich lassen wollten, aber sie wollen alle leben, und das ist ihr gutes Recht, ihr Recht als Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Udo Pastörs, NPD: Ja. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie wollen aber auch arbeiten.

Ist Ihnen eigentlich schon mal aufgefallen, dass Sie die ökonomische Verwertbarkeit als wichtigsten Maßstab an alle Menschen anlegen,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

sowohl an Deutsche als auch an Ausländer?

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Sowohl Vertreter der Landesregierung, auch Sie von der FDP, aber auch bestimmte Unternehmer, ich möchte nicht alle nennen, aber auch Vertreter der Bundesagentur für Arbeit beklagen sich darüber, dass die Fachkräfte heute schon fehlen und erst recht natürlich in der Zukunft, wie die Demografie uns sagt. Aber wir haben in Mecklenburg-Vorpommern, und das möchte ich auch noch mal in die Diskussion geben, nach wie vor in unserer offiziellen Arbeitslosenstatistik 120 Arbeitslose.

(Udo Pastörs, NPD: 120.000!)

Sie wollen doch nicht ernsthaft sagen, dass die alle nicht gebraucht werden. Nein, das ist nicht so. Angesichts einer Unterbeschäftigung in Deutschland von circa sieben Millionen Menschen scheint meiner Meinung nach die Fachkräftemangeldiskussion eine Phantomdebatte.

(Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Zumindest trifft sie bei Weitem nicht für alle Bereiche den Kern, auch nach Aussagen von wissenschaftlichen Experten.

Frühkindliche Bildung, eine exzellente Schulbildung, Anstrengungen der Unternehmen bei der beruflichen Bildung, das sind die vorrangigsten Aufgaben des Staates und natürlich auch der Wirtschaft, um den jungen Leuten eine Perspektive zu geben. Und die Älteren? Sie wissen alle genauso wie ich, dass man ab Mitte 50 nur schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat, völlig unabhängig davon, ob man über fachliche Qualifikationen verfügt oder nicht. Keiner der vielen Appelle der Politik hat diesbezüglich irgendetwas genützt.

Und dann: Was ist mit den vielen Menschen mit Migrationshintergrund, zum Beispiel auch den Aussiedlern, von denen sehr viele mit einer hohen Qualifikation nach Deutschland gekommen sind? Aber ihre Abschlüsse werden nicht anerkannt. Viele von ihnen finden keine Arbeit, die ihrer Qualifikation entspricht. Das zu ändern, wäre vordringlich. Eine solche Bundesratsinitiative, die würden wir unterstützen. Mir scheint der Grund für diese Debatte eher darin zu bestehen, dass Unternehmer gern ein großes Überangebot an Arbeitskräften haben wollen, um die Lohn- und Arbeitsbedingungen diktieren zu können, und das zu Ungunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, egal ob aus dem Ausland oder Deutsche. Anders ist es nicht zu verstehen, dass sich Wirtschaft, CDU und FDP so vehement auch gegen die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes sperren.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Ich fasse noch mal zusammen: Eine Beurteilung der Menschen nach ihrer ökonomischen Verwertbarkeit lehnen wir ab. Deshalb können wir auch der Einführung darauf abzielender Artikel in das Aufenthaltsgesetz nicht zustimmen und werden auch die Landesregierung nicht auffordern, im Bundesrat dafür zu stimmen. Im Gegenteil, wir erwarten von der Landesregierung, dass sie dem widerspricht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Rühs für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie wir bereits gehört haben, ist die Sicherung einer ausreichenden Anzahl von Fachkräften gerade in unserem mittelständisch geprägten Bundesland von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit. Es wurde bereits angeführt, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern ein entscheidender demografischer Wandel bevorsteht. Natürlich ist es richtig, dass auch dieses Problem an der Wurzel gepackt werden muss.

(Udo Pastörs, NPD: Und wo ist die Wurzel?)

Allerdings ist es nicht realistisch, kurzfristig auf eine Umkehr des Trends der demografischen Entwicklung zu hoffen. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass auch Maßnahmen, die zum Beispiel die Geburtenrate positiv beeinflussen, aufgrund der Ausbildungszeiten der Jugendlichen natürlich erst nach Ende der Schul- und Berufsausbildung auf den Fachkräftebedarf Auswirkungen haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

muss auch über andere Lösungsansätze nachgedacht werden. Insofern ist es natürlich ein richtiger Ansatz, darüber nachzudenken,

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

ob ausgebildete Fachkräfte aus anderen Ländern auch in unserem Bundesland tätig werden können.

Allerdings, meine Damen und Herren, haben bereits jetzt Fachkräfte der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union die Möglichkeit, bei uns eine Tätigkeit aufzunehmen. Zum 1. Mai ist bekanntlich der gemeinsame Arbeitsmarkt auch für Bürger aus den 2004 beigetretenen acht ost

europäischen Staaten geöffnet worden. Zusammen mit den anderen europäischen Ländern ergibt sich dadurch ein sehr großes Potenzial von Facharbeitskräften, die bereits jetzt Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt haben.

Die sächsische Bundesratsinitiative will nun rechtliche Hürden für die Zuwanderung von außereuropäischen Fachkräften beseitigen. Im Kern sollen Aufenthaltstitel zur gesteuerten Anwerbung bereits vor einer konkreten Perspektive auf einen Arbeitsplatz sowie einer Niederlassungsoption für Fachkräfte als neue Aufenthaltstitel etabliert werden. Damit werden Drittstaatenangehörige in wesentlichen Punkten den Arbeitnehmern aus EUStaaten gleichgestellt.

Ich meine, dass eine solche Maßnahme nur dann Sinn macht, wenn ein Fachkräftebedarf eindeutig nicht durch EU-Arbeitnehmerinnen und -Arbeitnehmer gedeckt werden kann. Gerade vor dem Hintergrund der jetzt erfolgten Öffnung auch des deutschen Arbeitsmarkts in Richtung Osten ist es aber für eine solche Prognose zum jetzigen Zeitpunkt zu früh. Als kurz- und mittelfristige Antwort auf den Fachkräftebedarf halte ich den gemeinsamen Arbeitsmarkt innerhalb der Europäischen Union durchaus für ausreichend. Nur für den Fall, dass dies eindeutig nicht so sein sollte, kann man ergänzend über eine weitere Öffnung des Arbeitsmarktes auch für Drittstaatenangehörige nachdenken.

Im Übrigen befasst sich gerade mit solchen Fragen eine neu eingerichtete Fachgruppe für Zuwanderung, die ein parteiübergreifendes Konzept für eine gesteuerte Zuwanderung von qualifizierten Fachkräften erarbeiten wird.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Tja, besteuert und qualifiziert.)

Die erste Sitzung des Gremiums ist für den Mai 2011 geplant. Lösungsvorschläge sollen auf Bundesebene bereits im Herbst dieses Jahres vorgelegt werden. Unter anderem deshalb hat das Land Nordrhein-Westfalen im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates den Antrag gestellt, bis zum Vorliegen der Ergebnisse den Gesetzesantrag des Freistaates Sachsen zurückzustellen. Erst wenn diese Ergebnisse vorliegen, kann vernünftigerweise auf dieser Basis über den Gesetzesvorschlag diskutiert werden.

Vor diesem Hintergrund macht ein Antrag, mit dem sich der Landtag Mecklenburg-Vorpommern bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf ein bestimmtes Abstimmungsverhalten im Bundesrat festlegt, keinen Sinn. Eine solche Entscheidung kann erst gefällt werden, wenn die entsprechenden Ergebnisse vorliegen. Aus diesen Gründen bitte ich Sie, meine Damen und Herren, dem Antrag nicht zuzustimmen. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Rühs.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der NPD Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Roolf, das Gesetz, was aus Sachsen im Bundesrat behandelt wird, hat zwei Säulen.

Die erste Säule ist: Man kommt nach Deutschland, legt einen gültigen Arbeitsvertrag vor. Das Einkommen weist

aus, 60 Prozent der Beitragsbemessungsgrundlage, die wir da haben, oder die Bemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung. Und es wird nicht geprüft, ob dieser Ausländer eventuell einem Deutschen die Arbeit wegnimmt, sondern er hat den Arbeitsvertrag bekommen, und dann kann er nach diesem Muster hier, was hoffentlich nie Gesetzeskraft erlangen wird, einem Deutschen die Arbeit streitig machen. Der macht es dann vielleicht ein bisschen günstiger, weil der Deutsche vielleicht eine etwas andere Vorstellung gehabt hat. Also unabhängig davon, ob nicht auch genügend Deutsche für diese Tätigkeit vorhanden sind in unserem Land, wollen Sie dem deutschen qualifizierten Arbeitnehmer Konkurrenz machen lassen. Das ist mit uns nicht zu machen. Das ist krank. Das ist nicht in Ordnung. Das ist nicht die Aufgabe des deutschen Staates.

Zweite Säule ist, Sie gehen noch weiter und sagen: Was hast du denn gelernt? Und da kommt auf eine Liste, die und die Qualifikation, ja, du darfst rein, hast zwar keine Arbeit, aber du hast ein bisschen Ersparnis, das darfst du bei uns ausgeben und in zwei Jahren musst du dann nachweisen, hast du Arbeit gefunden oder nicht. Das ist, die Schleusen aufmachen, zusätzlich zu dem, was wir hier in der EU schon für einen Wahnsinn treiben ab dem 1. Mai, und dann darauf hoffen – und das ist typisch FDP –, dass möglichst viele kommen. Und ob die dann Arbeit bekommen, ist für sie sekundär, sondern dass diese vielen möglichst die Löhne drücken für deutsche Arbeitnehmerinnen und deutsche Arbeitnehmer. Das ist ganz klar geschuldet einem Weltbild, das sich von unserem, von einem nationalistischen, völkisch geprägten Weltbild fundamental unterscheidet.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Oha, ja! Ja, Gott sei Dank!)

Die Aufgabe, die originäre Aufgabe eines Staates

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)