Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst in Vertretung des Innenministers Herr Minister Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie haben es vernommen, ich trage die Rede des Innenministers vor.

(Zurufe von Angelika Peters, SPD, und Udo Pastörs, NPD)

„Versöhnung über den Gräbern“ ist der Leitspruch des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Wie viele von Ihnen wissen, ist der Innenminister Caffier auch gleichzeitig Landesvorsitzender des Volksbundes hier in Mecklenburg-Vorpommern.

(Stefan Köster, NPD: Er hat das richtige Parteibuch.)

Und deswegen ist es ihm auch ein Bedürfnis, Ihnen in dieser Funktion für die doch sehr zügige und gründliche Beratung des Gräberstättengesetzes herzlich zu danken.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Wir gehen davon aus, dass das neue Gesetz den Ämtern und amtsfreien Gemeinden ermöglicht, den Missbrauch von Gräberstätten für rückwärtsgewandte Ideologien künftig wirkungsvoller als bisher zu unterbinden.

(Michael Andrejewski, NPD: Für den Marxismus auch.)

Es reiht sich nahtlos in das Bemühen um eine wehrhafte Demokratie ein und ist auch ein wertvoller Beitrag zur Förderung der ehrenamtlichen Arbeit der Mitglieder des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Gräberstätten, meine Damen und Herren – da sind wir uns, glaube ich, einig –, sind Orte des stillen Gedenkens. Sie sind Orte der Erinnerung an Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft. Sie mahnen uns, für ein friedliches Europa einzutreten. Sie erinnern uns, dass Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat hier in Deutschland nicht immer selbstverständlich waren. Und sie sind uns Hilfe, auch das Gedenken in der jüngeren Generation wachzuhalten, die kriegsbedingtes Leid glücklicherweise nicht selbst erleben musste. Denn auch ihnen müssen wir immer wieder nahelegen, eine Demokratie ist gegen extremistische Umtriebe

(Udo Pastörs, NPD: Umtriebe!)

nur so wehrhaft, wie die Bürgerinnen und Bürger es selbst auch leben.

Diese Beschreibung macht deutlich, Gräberstätten stehen jedermann offen.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Sie laden ein, sich einen Augenblick ungestört zu besinnen. Gräberstätten sind damit auch ganz besondere Orte. Der Respekt vor Gefallenen und Trauernden gebietet uns, bei jedem Besuch solcher Gedenkstätten entsprechende Würde und Anstand zu wahren.

Deshalb – und an dieser Stelle wiederhole ich gern die Ausführungen von der Ersten Lesung – werden wir an Gräberstätten keine Aufmärsche oder sogar Heldengedenkveranstaltungen dulden, die dieser erwähnten Rahmensetzung entgegenstehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Auch Versuche der Geschichtsklitterung – von wem auch immer –

(Udo Pastörs, NPD: Oh! – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

werden wir nicht zulassen. Politischer Extremismus, egal welcher Couleur, hat in Mecklenburg-Vorpommern erst recht an Gräberstätten nichts zu suchen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Mecklenburg-Vorpommern – und das will ich Ihnen sagen, darüber bin ich auch selbst sehr froh – ist ein tolerantes und weltoffenes Land mit ganz eindeutigen gesellschaftlichen Werten.

(Stefan Köster, NPD: Jetzt kommt die inhaltslose Sprache wieder.)

Der Rahmen für unser gesellschaftliches Miteinander ist unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, denn sie ist in Deutschland seit Jahrzehnten das Fundament für Frieden, Freiheit und Demokratie.

(Stefan Köster, NPD: Und Toleranz.)

Die Rückbesinnung auf Krieg und Gewaltherrschaft hilft, sich dieser elementaren Frage immer wieder bewusst zu werden. Und Gräberstätten bieten dafür eine, wie ich finde, sehr gute Gelegenheit.

(Udo Pastörs, NPD: Finde ich auch.)

Ein Gesetz zu ihrem Schutz ist deshalb auch eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen den politischen Extremismus.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Kommunalminister möchte natürlich nicht versäumen, auf die neu hinzugekommene Evaluierungsklausel einzugehen. Sollten den Ämtern und amtsfreien Gemeinden durch die Ausführung des Gräberstättengesetzes zusätzliche Kosten entstehen – ich erinnere an die Aktuelle Stunde –, dann wird das Land diese entsprechend erstatten.

Meine Damen und Herren, ich habe mit dem Leitspruch des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge begonnen und möchte mit einem sehr passenden Ausspruch von Hildegard Hamm-Brücher, einer Verfechterin der Demokratie und Menschenrechte in Deutschland, enden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Sie hat einmal gesagt: „Ohne die Erinnerung können wir unsere Demokratie nicht retten.“

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Deshalb brauchen wir dieses Gräberstättengesetz in Mecklenburg-Vorpommern. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ritter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich als Mitglied des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und als Mitglied der VVNBdA begrüße die vorliegende Gesetzesnovelle. Die Fraktion DIE LINKE stimmt dem Entwurf des neuen Grä

berstättengesetzes zu. Wir begrüßen ausdrücklich, dass im Beratungsverfahren die Mahn- und Gedenkstätte KZ Außenlager Barth explizit noch in das Gesetz aufgenommen wurde.

Sowohl die Koalition als auch meine Fraktion hatten einen inhaltsgleichen Antrag eingebracht. Wir haben unseren Antrag zurückgezogen und unterstützen den Antrag von SPD und CDU. Das ist sinnvoll. Und ebenso sinnvoll ist, die spätere Prüfung der Konnexität im Gesetz zu regeln. Mögliche finanzielle Mehrbelastungen der Kommunen müssen gegebenenfalls ausgeglichen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sowohl der Vertreter des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge als auch der Vertreter der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten haben im Innenausschuss überzeugend dargestellt, dass Handlungsbedarf besteht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Es ist eben nicht selbstverständlich, dass der Zugang und Aufenthalt auf Gräberstätten nur im Rahmen ihrer Widmung gewährt ist, das heißt zur stillen Einkehr und zum ungestörten Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft.

Dass Gräberstätten in Mecklenburg-Vorpommern missbraucht werden, belegen zum Beispiel die zahlreichen Vorkommnisse auf dem Golm anlässlich des Volkstrauertages. Gegen diese, aber auch gegen alle anderen widmungswidrigen Verhaltensweisen können die Behörden unseres Landes nun besser einschreiten und den Zugang oder den Aufenthalt auf Gräberstätten einschränken oder notfalls versagen.

Insofern, liebe Kolleginnen und Kollegen, verfängt auch nicht die Propaganda der NPD, dieses Gesetz sei ein Einzelfallgesetz und würde sich nur auf die NPD beziehen. Nein, das Gräberstättengesetz dieses Landes gilt natürlich gegenüber jedem Mann und jeder Frau.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Aber wem sage ich das? Demokraten wissen so etwas.

(Zurufe von Stefan Köster, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir zum Schluss ein paar Bemerkungen zu dem sogenannten Sachverständigen, den uns die NPD-Fraktion in der Anhörung präsentiert hat, denn schon der Lebenslauf des sogenannten Sachverständigen der NPD, Frank Schwerdt, spricht Bände.