Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister hat einen Grund, der es nahelegen könnte, den Antrag nicht anzunehmen, eben gerade ausgeführt, nämlich einen doch gewissen Mangel an Präzision. Ich möchte aber noch zwei weitere Gründe anführen, die die Koalitionsfraktionen dazu bringen, diesem Antrag nicht zu folgen:

Das Erste ist, er fordert uns auf, beispielsweise die Kommunen darin zu bestärken, sich mehr dem europäischen Gedanken zu widmen. Nun könnte man darüber streiten, ob es die Kommunen nötig haben, durch den Landtag angehalten zu werden, sich dieser Aufgabe zu widmen. Ich weiß nicht, was die Kommunen dazu sagen würden.

Die zweite Frage, die man sich natürlich in diesem Zusammenhang stellen kann, ist, was dabei herauskäme, wenn wir hier beschlössen, dass wir die Kommunen darin bestärken, sich entsprechend zu bewe

gen. Also es gibt ja manchmal Sätze, wenn wir die hier beschließen, dann haben die Auswirkungen, aber ein solcher Satz wird vermutlich keine Auswirkungen haben, auch dann nicht, wenn man sie ermutigt, wie es hier im Antrag heißt. Das ist ein weiterer Grund, dem Antrag nicht zu folgen.

Der Hauptgrund ist für mich aber ein dritter, der auf die letzte Legislaturperiode verweist. Herr Minister Tesch hat darauf schon hingewiesen. Ich darf alle, die daran beteiligt waren, noch einmal erinnern, wir haben in der letzten Legislaturperiode eine Neuordnung der politischen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern vorgenommen. Diese Neuordnung der politischen Bildung bestand aus verschiedenen Punkten und ein Punkt war, und darin waren sich am Ende alle Fraktionen einig, die diesem Parlament angehört haben, ein wesentlicher Punkt war, die politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern dem parteipolitischen Streit und der parteipolitischen Diskussion zu entziehen und zu sagen, es geht dabei um die Festigung der Fundamente unserer parlamentarischen Demokratie und die darf nicht im parteipolitischen Streit zerredet werden. Das ist eine Lehre aus dem Untergang der Weimarer Republik.

Wir haben dann als rot-rote Koalition dem Parlament folgenden Vorschlag unterbreitet und die CDU hat sich dem damals angeschlossen – ich erinnere mich noch an die Rede von Frau Lochner-Borst –, übrigens mit einem konstruktiven eigenen Antrag, den wir dann weiterentwickelt haben. Die rot-rote Koalition hat Folgendes getan: Sie hat sich dazu entschlossen, das Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung aufzuwerten. Es war mal ein beratendes Gremium und es ist heute ein beschlussfassendes Gremium. Dieses Gremium wird auf Vorschlag des Parlamentes vom Minister berufen zu Beginn einer Legislaturperiode. Jede der Fraktionen, die hier anwesend sind, kann Vorschläge einreichen. Vorschläge aller Fraktionen, fast aller Fraktionen, sind auch berücksichtigt worden. Jede Fraktion hat insofern Vertreter in diesem Kuratorium, die darauf Einfluss nehmen können, wie die inhaltliche Gestaltung der Arbeit der Landeszentrale aussieht, und es sind nicht nur Abgeordnete in diesem Kuratorium.

Wir haben uns zum Beispiel als SPD-Fraktion ganz bewusst entschieden, keine Abgeordneten in dieses Gremium zu entsenden, sondern bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, des wissenschaftlichen Lebens oder auch der politischen Bildung, Herrn Professor Buchstein zum Beispiel als Inhaber des Lehrstuhls für Politische Theorie der Universität Greifswald. Und ich möchte zu diesem Zweck – mit Erlaubnis des Präsidiums – auch kurz aus dem Errichtungserlass der Landeszentrale für politische Bildung zitieren. Dort steht, Zitat:

„Das Kuratorium gewährleistet die parteipolitische Ausgewogenheit bei der Erfüllung der Aufgaben. Es beschließt die inhaltlichen Schwerpunkte der politischen Bildungsarbeit in Mecklenburg-Vorpommern, gibt Anregungen und nimmt Stellung zu Berichten und Planungen. Zu diesem Zweck legt der Direktor dem Kuratorium Vorschläge zur politischen Bildungsarbeit rechtzeitig zur Beschlussfassung vor. Die Vorschläge werden in einer gemeinsamen Tagung der Landeszentrale für politische Bildung mit den Trägern der politischen Bildung vorbereitet. Der Direktor unterrichtet das Kuratorium über alle bedeutsamen Vorhaben und leitet ihm den Jahresbericht zu.“ Zitatende.

Darauf haben wir uns in der letzten Legislatur periode parteiübergreifend geeinigt, dass also das Kuratorium plural besetzt wird und dass dieses Kuratorium die Schwerpunkte der Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung festlegt. Und wenn man in die Richtlinie der Landeszentrale schaut, wird man auch finden, der Europa gedanke ist eine Pflichtaufgabe.

Und deswegen, meine Damen und Herren, würde ich es für nicht nur inhaltlich falsch, sondern auch für mehr als fragwürdig halten, wenn wir jetzt als Parlament plötzlich einem Antrag zustimmen würden, der die Regierung auffordert, dieses austarierte System überparteilicher Arbeit wieder infrage zu stellen und quasi politisch Einfluss zu nehmen auf die unmittelbare inhaltliche Ausgestaltung der Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung. Wir waren in der letzten Legislaturperiode zwischen Rot-Rot und unter Beteiligung der CDU ein Stückchen weiter, und hinter diesen Fortschritt sollten wir nicht wieder zurückfallen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Brodkorb.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag soll das Thema Europa weiter in den Fokus der politischen Bildung und in die Arbeit der Kommunen gebracht werden. So weit, so gut. Ganz unstreitig ist die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern mit Europa ein wichtiges Thema. Mit der Aneinanderreihung von allgemeinen Feststellungen und allgemeinen, geradezu nichtssagenden Beauftragungen an die Landesregierung wird man diesem Thema aber nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Es ist ja geradezu absurd, mithilfe eines Landtagsbeschlusses Institutionen ermuntern zu wollen, Weiterbildungsveranstaltungen zu nutzen. Und eine Forderung, wie unter Punkt 2 Ihres Antrages, nach einer Bestärkung der Kommunen, Referate zur Erarbeitung von EU-Projekten einzurichten, klingt zwar gut, aber ist das auch realistisch? Und was bedeutet das im Hinblick auf bereitzustellendes Personal und die entstehenden Kosten?

Die Nummer 3 Ihres Antrages wirft die Frage auf, ob es ernsthafte Anzeichen gibt, dass die Landeszentrale für politische Bildung das Thema Europa zukünftig außer Acht lassen will. Dazu trifft der Antrag keinerlei Aussage. Und was ist damit gemeint, wenn es heißt, dass die Teilnahme von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst an Weiterbildungsmaßnahmen im öffentlichen Dienst stärker gefördert werden soll? Auch dazu trifft der Antrag keinerlei Aussage. Und spätestens, wenn die Landesregierung beauftragt werden soll, zu prüfen, wie die Europafähigkeit der Kommunen verbessert werden soll, beschleicht einen das Gefühl, dass dieser Antrag alles ist, nur eben nicht ernst gemeint. Bis wann soll denn etwas konkret geprüft werden und wann sollen Ergebnisse vorliegen?

Meine Damen und Herren, dieser Antrag ist eine Ansammlung von Allgemeinplätzen. Möglicherweise ist er gut gemeint, mehr aber auch nicht. In der Sache hilft uns der Antrag auf jeden Fall nicht weiter. Die FDP-Fraktion wird diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Danke, Herr Leonhard.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Dr. Born. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nimm mal das Ergebnis gleich vorweg!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf dem Weg hierher habe ich die Aufforderung vom Kollegen Jäger vernommen. Dr. Jäger hat gesagt, ich soll doch das Ergebnis meines Fazits vorwegnehmen – ich werde das versuchen.

Dieser Antrag, Frau Kollegin Borchardt, ist nicht das, was man mit altem Wein in neuen Schläuchen bezeichnen könnte, sondern das ist alter Wein in alten Schläuchen. Das führt zu einem firnen Wein. Aber dies ist noch mehr: Es ist schlicht Essig, was Sie uns hier präsentieren.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das ist manchmal auch notwendig.)

Und das ist bei den Vorreden eben sehr, sehr deutlich geworden.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Damit jeder, der den Antrag nicht vorliegen hat, das nachvollziehen kann, zitiere ich mal die Ziffer 1 Ihres Antrages. Da heißt es:

„Der Landtag möge beschließen:

1. Zur weiteren Stärkung der Europafähigkeit des Landes werden alle mit Angelegenheiten der Europäischen Union befassten gesellschaftlichen, staatlichen und politischen Institutionen ermutigt, die vielfältigen Angebote von Weiterbildungsveranstaltungen in der politischen Bildung intensiv zu nutzen.“

So weit das Zitat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, sollen wir so etwas hier wirklich beschließen?

(Hans Kreher, FDP: Nein. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Wollen wir uns also restlos lächerlich machen

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

und alle ermutigen, das zu tun, was sie längst tun und wovon sie viel mehr verstehen, als der Landtag mit einem solchen Beschluss hier zum Ausdruck bringen kann? Das ist alles längst überholt, was Sie hier in dieser Ziffer 1 meinen, ermutigen zu können, weil viel, viel mehr im Lande passiert.

Und insofern hat Ihr Antrag ja doch etwas Gutes, denn Sie haben dadurch dem Minister die Möglichkeit gegeben, in eindrucksvoller Weise ein europapolitisches Feuer werk hier zu veranstalten,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Rudolf Borchert, SPD: Ho, ho, ho!)

nämlich darzustellen …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Waren Sie auf einer anderen Veranstaltung? – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich habe Ihnen genau zugehört, dann habe ich dem Minister zugehört. Da habe ich gedacht: Die arme Frau Borchardt, hat sie das nicht mal erahnt, was alles hier schon passiert auf europapolitischem Gebiet in diesem Land?

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sie müssen kein Mitleid mit mir haben.)

Und dann kam auch noch der Kollege Brodkorb und hat dargelegt, was die Landeszentrale für politische Bildung alles tut und welche gesellschaftlichen Gruppen da mitwirken. Und dann habe ich mich gefragt: Was hat die Frau Kollegin Borchardt eigentlich gemacht?

Die Anhörung des Landtages, bei der ich ja noch nicht in diesem Landtag war, im Jahre 2008, hat zu einem ausführlichen Beschluss des Landtages geführt und der liegt mir hier vor, das ist diese Drucksache. Ihnen ist das eben noch schnell eingefallen, dass Sie wortwörtlich sogar zum Teil davon abgeschrieben haben. Danke schön,

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Nicht eben eingefallen.)

danke schön, dass Sie das aufgedeckt haben, denn ich …

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das haben wir ganz bewusst gemacht.)

Ja, das ist ja gut.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Na.)

Das hätten Sie gleich schon reinschreiben können in den Antrag, aber Sie haben gemerkt, irgendwie ist das mit Plagiaten so eine Sache, also lieber,