Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

sondern es ist ein grundsätzliches Thema, wie mit diesen Führerscheinen umzugehen ist. Und natürlich müssen auch die Fahrlehrerverbände dazu gefragt werden. Ich weiß nicht, wie die sich dazu verhalten, wenn wir über die Hintertür hier Lieferwagen- und Lkw-Führerscheine einführen, die an einer regulären Prüfung irgendwie vorbeigehuscht sind.

Ich sage, das Thema ist komplex genug und wichtig genug, das sollten wir anpacken. Ich glaube, der Verkehrsausschuss der nächsten Legislatur wird das als eines der ersten Themen mit aufgreifen. – Ich bedanke mich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Danke schön, Herr Stein.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Schwebs. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe lange überlegt, was ich zu diesem Antrag sagen werde, denn beim Thema Feuerwehr kann man ganz schnell im Fettnäpfchen landen.

(Egbert Liskow, CDU: Aha?!)

Dieser Antrag ist im Grunde genommen eine vorgezeichnete Rutschbahn dorthin, wenn Sie denn sagen, dass Sie ihn ernst meinen. Ich würde mich dann lieber auf den Wahlkampf zurückziehen.

Zum Punkt 2 Ihres Antrages hat der Minister etwas gesagt, der erübrigt sich eigentlich. Deswegen will ich mich auf den Punkt 1 konzentrieren. Denn mit dem Gesetz vom 17. Juli 2009 hat der Bundestag ja die Voraus setzungen für die Sonderfahrberechtigung für Einsatzfahrzeuge, und darauf hat Herr Stein hingewiesen, nicht nur der freiwilligen Feuerwehren, sondern auch der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste sowie der Technischen Hilfsdienste geschaffen. So weit, so gut, in der Theorie jedenfalls.

Die Praxis sieht hingegen komplizierter aus. Und nicht umsonst hat wohl die Mehrzahl der Bundesländer von der Möglichkeit noch keinen Gebrauch gemacht. Und der Teufel liegt in diesem Fall im Detail, beziehungsweise es gibt verschiedene Punkte, warum der Antrag der FDPFraktion abzulehnen ist:

Zum Ersten. Die bestehende Regelung für den sogenannten Feuerwehrführerschein ist bereits eine Ausnahmegenehmigung – der Minister hat darauf hingewiesen –, die darin besteht, dass Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren oder der Technischen Hilfsdienste, die den Führerschein der Klasse B besitzen, mehrere Jahre Fahrpraxis und nicht mehr als drei Punkte in Flensburg haben, Einsatzfahrzeuge mit einer Gesamtmasse von 4,75 Tonnen führen dürfen, mehr eigentlich nicht, ohne zuvor den Führerschein der Klasse C1 erworben zu haben.

In Wirklichkeit, Herr Leonhard, und das wissen die Kameraden auch sehr gut, sind die geführten Fahrzeuge aber mit gefüllten Wassertanks auch bis zu 8 Tonnen schwer.

(Michael Roolf, FDP: Sehr richtig.)

Wird diese Ausnahmegenehmigung noch auf das Führen von Fahrzeugen außerhalb von Einsätzen, sozusagen als vollwertige C1-Fahrerlaubnis übertragen, dann wird die Ausnahme in diesem Fall so noch verdoppelt und damit zum Regelfall. Das führt aber unweigerlich zur Abwertung oder zur Nivellierung der jetzigen C1-Erlaubnis beziehungsweise der Ausbildung, die dafür notwendig ist.

Der zweite Pferdefuß liegt in der Qualität der Ausbildung. Ich habe mir einmal die bayerische Landesverordnung angesehen, die liegt nämlich vor. Da besteht der Umfang der Ausbildung zum Feuerwehrführerschein aus mindestens vier Einheiten zu je 45 Minuten. Das heißt, nach 240 Minuten Theorie und Praxis plus 45 Minuten theoretischer und praktischer Prüfung dürfen die Kameraden der Feuerwehr diese Einsatzfahrzeuge fahren im öffentlichen Straßenverkehr.

(Michael Roolf, FDP: Das macht mir Angst.)

Eine durchschnittliche Ausbildung zum Lkw-Führerschein, also zum C1-Führerschein, dauert ungefähr 40 Stunden. Und wenn Sie dann noch sagen, Herr Leonhard, wenn Sie das wirklich allen Ernstes meinen, dass sich die Feuerwehrkameraden mit dem Feuerwehrführerschein sozusagen um einen Job in der Wirtschaft bewerben wollen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das glaubt doch keiner. – Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

das kann überhaupt nicht funktionieren. Das ist lebensgefährlich, was Sie da fordern.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Abenteuerlich. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das sagen Sie.)

Die Ausbildung der Kameraden für den Feuerwehrführerschein erfolgt in jedem Fall organisationsintern. Das sagt auch das Gesetz, das heißt, ohne ausgebildete Fahrlehrer und mit Fahrzeugen ohne doppelte Pedalen …

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Dazu kommen wir noch

… und ohne doppelte Außenspiegel, sodass der Ausbilder auch gar nicht direkt in die Ausbildungs- und in die Prüfungsfahrt eingreifen kann. Und die „Fahrlehrer“ der Kameraden sind selbst Kameraden, die durch den Fahrschullehrerverband fortgebildet, nicht ausgebildet, sondern fortgebildet wurden. All das geht selbstverständlich zulasten der Qualität der Ausbildung und letztlich zur Verkehrssicherheit, und zwar nicht nur der Kameraden, die diese Einsatzfahrzeuge fahren, sondern aller anderen, die am Straßenverkehr beteiligt sind. Denn die können nicht damit rechnen, dass jemand nach vier Stunden Ausbildung und einer Stunde Prüfung so ein Fahrzeug wirklich verantwortungsvoll und noch dazu mit Sondersignal führen darf.

Der Feuerwehrführerschein an sich beinhaltet auch keine Ausbildung für Fahrten mit dem Sondersignal, sondern dazu braucht es eine Extraausbildung. Von daher ist dieser Feuerwehrführerschein unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit auch sehr kritisch zu betrachten. Das muss man einfach wissen.

(Michael Roolf, FDP: Das ist aber eine Einzelmeinung. Das ist eine Einzelmeinung.)

Nein, das ist keine Einzelmeinung.

(Michael Roolf, FDP: Ja, ja.)

Sprechen Sie einmal mit dem Fahrlehrerverband.

Es gibt noch einen Grund, der uns den Antrag ablehnen lässt: Die Aufwertung des Feuerwehrführerscheins zu einer vollwertigen Fahrerlaubnis greift nämlich offensichtlich in die Wirtschaft ein, denn die Fahrschulen verlieren die Kunden und damit auch Einkommensmöglichkeiten. Sie können sich mal erkundigen, wie viel Fahrschulen an der Prüfung für einen C1-Führerschein...

(Gino Leonhard, FDP: Das ist viel zu komplex, viel zu komplex, der EU-Führerschein.)

Das mag sein, dass Sie das so sehen. Trotzdem greifen Sie damit in wirtschaftliche Zusammenhänge ein.

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, Torsten Koplin, DIE LINKE, und Udo Pastörs, NPD)

Und selbstverständlich, liebe Kollegen von der FDP, sehen wir auch das Nachwuchsproblem bei den Feuerwehren und den Technischen Hilfsdiensten. Aber dieser Feuerwehrführerschein ist wirklich nur eine Krücke, mit der das Problem nicht gelöst werden kann, das die Feuerwehren mit dem Nachwuchs haben. Und weil dieser Feuerwehrführerschein eben keine vollwertige Ausbildung ist, keine vollwertige Prüfung beinhaltet und die Verkehrssicherheit damit erheblich negativ beeinflusst werden kann, lehnen wir Ihren Antrag ab. Das sage ich jetzt noch einmal ganz deutlich: Die Anerkennung des Feuerwehrführerscheins als vollwertige C1-Erlaubnis, das lehnen wir ab, ganz klar gesagt. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke schön, Frau Schwebs.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Lieber Kollege Leonhard, Sie haben in Ihrer Einbringungsrede argumentiert, die Landesregierung möge auf der Bundesebene sensibilisieren.

(Rudolf Borchert, SPD: Schwarz-Gelb sensibilisieren.)

Das war so der Tenor Ihrer Ausführungen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, der Deutsche Bundestag hat am 17. April 2011, das heißt, vor genau sechs Wochen, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beschlossen – der Bundesregierung! –, an der bekanntlich die FDP beteiligt ist.

(Rudolf Borchert, SPD: Ach ja?! – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Mehr oder weniger.)

Dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung, eine Siebte Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, wurde im Deutschen Bundestag einstimmig beschlossen.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau.)

Der Deutsche Bundestag hat gleichzeitig einen Entwurf des Bundesrates zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes, in dem die Thematik aufgegriffen wurde und eine Sonderfahrberechtigung für schwerere Einsatzfahrzeuge gefordert worden ist, einvernehmlich für erledigt erklärt.

(Rudolf Borchert, SPD: Dann ist eigentlich alles erledigt.)

Nun sagen Sie mir bitte, wen ich jetzt hier sensibilisieren soll für diese Thematik und wem ich jetzt hier nahelegen soll, dass er sein Verhalten ändern möge.

(Rudolf Borchert, SPD: Ist das ein Antrag, eh! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ich denke, zum Thema „Risiko einer Vertragsverletzung gegenüber der Europäischen Union“ hat der Verkehrsminister hier bereits Stellung genommen. Ich kann nur feststellen, wir haben im Moment in Berlin eine Situation, wo die Dinge auf dem Weg sind, allerdings auf dem Weg im Rahmen dessen, was die Europäische Union zulässt, wo sie auf einem vernünftigen Weg sind.