Protokoll der Sitzung vom 19.05.2011

Ich denke, zum Thema „Risiko einer Vertragsverletzung gegenüber der Europäischen Union“ hat der Verkehrsminister hier bereits Stellung genommen. Ich kann nur feststellen, wir haben im Moment in Berlin eine Situation, wo die Dinge auf dem Weg sind, allerdings auf dem Weg im Rahmen dessen, was die Europäische Union zulässt, wo sie auf einem vernünftigen Weg sind.

Und wenn der Verkehrsexperte der FDP-Bundestagsfraktion Oliver Luksic aus Saarbrücken einen Tag nach der Beschlussfassung des Deutschen Bundestages, also am 08.04., eine Presseerklärung absetzt unter der Überschrift „,Feuerwehrführerschein‘ hilft Feuerwehren und stärkt Ehrenamt“ und dort die im Bundestag beschlossene Lösung als unbürokratisch und kostensparend begrüßt und preist, dann wollen wir ihm hier nicht widersprechen.

(Gino Leonhard, FDP: Das haben wir auch nicht getan.)

Wir sollten uns vielleicht dem ernsten Thema „Nachwuchsgewinnung für Feuerwehren“ mit etwas mehr Sachverstand, mit etwas mehr Ernst und etwas weniger feuilletonistisch widmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das finde ich auch.)

Danke schön, Herr Müller.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Abgeordnete Herr Müller. Bitte, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch die Einführung des EU-Führerscheins ist es mit der Klasse B nicht mehr erlaubt, Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 Tonnen zu führen. Während noch ältere Wehrkameraden von ihrem DDR-Führerschein profitieren können, der ihnen auch die Führung eines Lkw über 3,5 Tonnen erlaubt, wird ansonsten hierfür ein Führerschein mindestens der Klasse C1 benötigt. Die Einsatzfähigkeit freiwilliger Hilfsorganisationen wurde dadurch massiv eingeschränkt.

Ergebnis: Der stellvertretende Kreisführer der Kreisfeuerwehr Ostvorpommern Heiko Burgas schätzte jüngst ein, dass sich schon fünf Prozent aller Einsätze nur aufgrund der Tatsache verzögern, dass kein Fahrer für ein Einsatzfahrzeug mit einer dementsprechenden Fahrerlaubnis anwesend ist. Die vom Bundesgesetzgeber durch Änderung des Straßenverkehrsgesetzes herbeigeführte beziehungsweise geplante Vereinfachung mit dem kleinen und bald mit dem großen Feuerwehrführerschein scheinen

zwar Abhilfe zu schaffen, auch können nach Inkraft treten des Gesetzes die Landesregierungen die Ausstellung der Fahrerlaubnis, Fahrberechtigungen entsprechend ihrer regionalen Bedürfnisse selbst ausgestalten.

Doch so löblich solche Maßnahmen auch sein mögen, so untauglich erweisen sich solche Spezialführerscheine oftmals in der Praxis. Einerseits werden die Einsatzfahrzeuge immer schwerer und überschreiten leicht das Gesamtgewicht von 4,75 Tonnen beziehungsweise 7,5 Tonnen. Viele größere freiwillige Feuerwehren im Land unterhalten Einsatzfahrzeuge mit bis zu 11 Tonnen Gesamtmasse. Beispielsweise führten verschärfte Abgasvorschriften und ein verbesserter Unfallschutz dazu, dass Fahrgestelle, zum Beispiel des Tankkraftspritzenfahrzeuges, schwerer geworden sind,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Hm! – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

sodass die Einsatzwagenhersteller nur noch wenige Fahrzeugtypen mehr unter 7,5 Tonnen, Herr Müller, bauen können. Für ihre Bedingungen müssten die Fahrer auch weiterhin die erforderlichen Führerscheine der C-Klasse erwerben.

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Zumindest für solche Einsatzfahrzeuge geht daher der vorliegende Antrag ins Leere. Zudem gelten der kleine und der große Feuerwehrführerschein nur für Einsatzzwecke im Katastrophenschutz und sind als Notlösung gegenüber der EG-Führerscheinrichtlinie gedacht. Vor allem sollte mit ihnen vordergründig dem Mangel an Fahrern in Feuerwehren und bei Rettungsdiensten begegnet werden.

Die CDU-FDP-Bundesregierung hat es übrigens jüngst abgelehnt, auch den großen Feuerwehrführerschein als vollwertige Fahrerlaubnis anerkennen zu lassen. So lautete die Antwort auf eine diesbezüglich im Bundestag eingereichte Kleine Anfrage: „Warum lehnt es die Bundesregierung ab, den Ehrenamtlichen einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen, indem sie den jungen Menschen die Möglichkeit bietet, nach einer Frist von zwei Jahren bei einer Mitgliedschaft in einer Organisation ihre Sonderfahrberechtigung in einen regulären C1-Führerschein umschreiben zu lassen?“, die Antwort: „Die 2. und 3. EGFührerscheinrichtlinie legen die Ausbildungs- und Prüfinhalte für die Fahrerlaubnisklasse C1 verbindlich fest. Eine Umschreibung nach einer internen Ausbildung und Prüfung stellt nicht hinreichend sicher, dass diese Vorgaben in ausreichendem Maß berücksichtigt werden.“ Zitatende.

Somit ist klar, dass auch der Wunsch, den großen Feuerwehrführerschein nach einiger Zeit als vollwertige Fahrerlaubnis anzuerkennen, an bundes- und EU-politischen Hürden scheitern wird.

(Beifall Udo Pastörs, NPD – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Tosender Applaus!)

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Herr Leonhard. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Dann wird der Antrag ja wohl zurückgezogen, schätze ich. – Heinz Müller, SPD: Müsste er eigentlich. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Peinlich!)

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ist es nicht peinlich. Peinlich ist, wie Sie mit dem Thema hier umgehen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Nee, Herr Leonhard, peinlich ist Ihr Antrag. Peinlich ist Ihr Antrag, hier so einen schnöden Wahlkampf zu machen.)

zum einen, uns zu unterstellen, dass wir Wahlkampf machen wollen damit. Wissen Sie, ich bin selber als Behördenleiter zuständig gewesen für drei Feuerwehren und Wasserwehren auf der Insel Hiddensee. Die Kameradinnen und Kameraden können ganz allein entscheiden, wen sie als Freund ansehen und wen sie als Feind ansehen.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Feind, ja? Herr Leonhard, Sie vergreifen sich im Ton. – Michael Andrejewski, NPD: Auf in den Krieg!)

Insofern will ich...

Man hat mir nachgesagt, ich würde hier Wahlkampf machen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist doch in Ordnung, wenn es so ist.)

Ich habe ein Thema aufgegriffen, was die Kameradinnen und Kameraden mir ans Herz gelegt haben.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ich habe auch gesagt, dass wir die Beschlussfassung auf der Bundesebene ausdrücklich unterstützt haben. Sie geht uns nicht weit genug.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja, was wollen wir denn daran wohl ändern.)

Deswegen haben wir diese Initiative hier eingebracht, weil wir es nicht nachvollziehen können, im Übrigen viele Kameradinnen

(Heinz Müller, SPD: Dann sensibilisieren Sie doch mal Ihre eigene Partei!)

und Kameraden auch nicht.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Sie haben doch gerade Bundesparteitag gehabt.)

Ja, lieber Kollege, die Kollegen und die Damen und Herren dahinten verstehen das nicht, wenn Sie hier brüllen.

(Rudolf Borchert, SPD: Die Geschlossenheit der FDP, wo ist die denn?)

Wir können es nicht nachvollziehen, wenn, und das haben verschiedene hier unterstellt, den Kameraden und den

(Udo Pastörs, NPD: Kameradinnen, nicht Kameraden!)

Kameraden zugetraut wird, mit einem Sondersignal ein 7,5-Tonnen-Feuerwehrfahrzeug zu führen, sie aber privat nicht in der Lage sein sollen oder beruflich auch so einen vollwertigen Führerschein zu nutzen.

Insofern...

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Ich habe Ihnen doch die Gründe auseinanderklabüstert.)

Ja, Sie haben hier auch klar zum Ausdruck gebracht, dass Sie sich gegen den EU-Feuerwehrführerschein stellen und Sie ihn am liebsten verbieten wollen.

(Michael Andrejewski, NPD: Beim Bundes- wehrführerschein wäre das kein Problem.)

Das ist das, was Sie hier deutlich gemacht haben,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Das ist überhaupt nicht wahr. Das ist eine Unterstellung.)

also die LINKEN stellen sich gegen den Feuerwehrführerschein. Insofern will ich durchaus gerne das aufgreifen, was der Kollege Stein von der CDU hier angeboten hat, und zwar, dass wir uns im Verkehrsausschuss – da gehört es auch hin –

(Rudolf Borchert, SPD: Das auch noch!)

mit diesem Thema noch einmal intensiv beschäftigen.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Ich stelle hier für meine Fraktionen einen Antrag auf Überweisung in den Verkehrsausschuss. – Vielen Dank.