Protokoll der Sitzung vom 28.06.2011

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich begrüße Sie zur 124. Sitzung des Landtages. Ich stelle fest, dass der Landtag ordnungsgemäß einberufen wurde und beschlussfähig ist. Die Sitzung ist eröffnet.

Die vorläufige Tagesordnung der 124., 125., 126. und 127. Sitzung liegt Ihnen vor. Wird der vorläufigen Tagesordnung widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Damit gilt die Tagesordnung der 124., 125., 126. und 127. Sitzung gemäß Paragraf 73 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung als festgestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vergangene Woche, am 22. Juni, jährte sich zum 70. Mal der deutsche Angriff auf die Sowjetunion. Damit begann der wohl grausamste und blutigste Krieg der Geschichte, der darüber hinaus von Größenwahn und unbeschreiblicher Unmenschlichkeit geprägt war.

(Udo Pastörs, NPD: Der hat schon vorher angefangen in Polen, einige Wochen vorher.)

Es war ein von langer Hand geplanter, ideologisch motivierter als auch wirtschaftlichen Interessen folgender Vernichtungskrieg,

(Michael Andrejewski, NPD: Arme kleine Sowjetunion!)

der Tod und unzähliges Leid über Millionen von Menschen brachte.

(Udo Pastörs, NPD: Armer Stalin!)

Geprägt durch mörderische Unterdrückung und brutale wirtschaftliche Ausbeutung

(Udo Pastörs, NPD: In der Sowjetunion.)

blieb dieser Vernichtungskrieg im Osten nicht auf politische Gegner, Juden, Homosexuelle und Menschen mit Behinderungen beschränkt, sondern richtete sich ebenfalls gegen Kriegsgefangene, die slawische Bevölkerung sowie gegen andere Minderheiten. Die systematische Verfolgung dieser Gruppen setzte bereits in den ersten Tagen, also unmittelbar nach der Besetzung ein. Als Folge kam es zu erbarmungslosen Gewaltakten,

(Udo Pastörs, NPD: Die gab es vorher durch die Polen an Volksdeutschen.)

Deportationen und Massenerschießungen. Der für die bevorstehende Besiedlung der eroberten Gebiete ausgearbeitete Generalplan Ost beinhaltete explizit ein massives Vorgehen gegen die ansässige Zivilbevölkerung, denn die geplante „Zwangsaussiedlung“ bedeutete für mehr als 30 Millionen Menschen nichts anderes als Tod, Hunger, Gewalt, Vertreibung, Gefangenschaft oder Zwangsarbeit. Die Planer selbst gingen dabei von zig Millionen Toten aus, und zwar allein aufgrund des zu erwartenden Hungers. Der verbrecherische Versuch, Hunger für die abscheulichen und menschenverachtenden Ziele des nationalsozialistischen Regimes einzusetzen, wird ebenfalls

(Michael Andrejewski, NPD: Hungerblockade im Ersten Weltkrieg. – Udo Pastörs, NPD: Polackenvernichtung und anschließender Hunger in Sowjetrussland. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

an der neunhunderttägigen Belagerung von Leningrad sichtbar.

(Udo Pastörs, NPD: Das war so, Herr Professor. Das haben Sie verschwiegen. Das ist eine Asymmetrie der Darstellung.)

Mindestens 800.000 Kinder, Frauen und Männer …

Herr Abgeordneter Pastörs, aufgrund der massiven Störung,

(Udo Pastörs, NPD: Das ist ein Zwischenruf gewesen.)

aufgrund der Art und Weise, wie Sie sich hier während eines Gedenkens an millionenfache Opfer aufführen, sehe ich einen schweren Verstoß gegen die Würde des Hauses

(Michael Andrejewski, NPD: Das war klar.)

und ich bitte Sie, den Saal zu verlassen.

(Udo Pastörs, NPD: So kann man natürlich auch Demokratie interpretieren und absolut pervertieren.)

Herr Abgeordneter Pastörs, Sie haben nicht das Recht, das zu kommentieren.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist Präsidialdiktatur. Das sind wir gewohnt von Ihnen, gnädige Frau. Das wird aber keinen Bestand haben. – Peter Ritter, DIE LINKE: Sie haben auch keinen Bestand, Herr Pastörs. – Zurufe von Minister Dr. Till Backhaus und Wolfgang Griese, DIE LINKE)

Mindestens 800.000 Kinder, Frauen und Männer verloren hier aufgrund von Unterernährung, Erschöpfung und Bombardierung ihr Leben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch fast sieben Jahrzehnte nach dem Ende des totalitären und menschenverachtenden Naziregimes dürfen diese Opfer, das Leid und die abscheulichen Verbrechen, die im Namen Deutschlands im Zweiten Weltkrieg begangen wurden, nicht in Vergessenheit geraten. Die Erinnerungen daran, die nicht nur anlässlich solcher Jahrestage wachgehalten werden müssen, waren, sind und sollen auch weiterhin Mahnung und Antrieb sein, nie wieder eine Kultur von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Andersdenkenden oder Menschen anderer Herkunft entstehen zu lassen.

(Michael Andrejewski, NPD: Dann müssen wir die BRD abschaffen. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Herr Abgeordneter, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf.

(Zuruf von Tino Müller, NPD)

Aufgabe von Politik und Gesellschaft muss und wird es daher sein, solchen Tendenzen in unserer Gesellschaft entschieden entgegenzutreten.

Meine sehr geehrte Damen und Herren, ich bitte Sie, sich zum Gedenken an die Opfer kurz von den Plätzen zu erheben.

(Die Abgeordneten erheben sich mit Ausnahme der Abgeordneten der Fraktion der NPD von ihren Plätzen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir in die Tagesordnung eintreten können, hat die Fraktion der NPD eine Auszeit von 20 Minuten beantragt. Ich unterbreche die Sitzung. Wir setzen um 13.30 Uhr fort.

Unterbrechung: 13.11 Uhr

Wiederbeginn: 13.32Uhr

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Sitzung fort. Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich nachträglich ganz herzlich unserem Kollegen Michael Roolf zu seinem 50. Geburtstag gratulieren …

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Gratulationen)

Er kann gleich mal zu mir kommen.

… und unserem Kollegen Dr. Armin Jäger ebenfalls nachträglich zu seinem 70. Geburtstag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Gratulationen)

Ja, und es ist mir eine besondere Freude, unserem Kollegen Udo Timm ganz herzlich zu seinem heutigen 70. Geburtstag zu gratulieren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Gratulationen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 1: Zweite Lesung und Schlussabstimmung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und CDU – Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 5/4192, und hierzu die Beschlussempfehlung und den Bericht des Europa- und Rechtsausschusses auf Drucksache 5/4439.

Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU: Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Zweite Lesung und Schlussabstimmung) – Drucksache 5/4192 –

Beschlussempfehlung und Bericht des Europa- und Rechtsausschusses – Drucksache 5/4439 –

Das Wort zur Berichterstattung hat der Vorsitzende des Europa- und Rechtsausschusses Herr Detlef Müller. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Wir befinden uns ja sozusagen im Endspiel der ausklingenden 5. Wahlperiode und schon der erste Tagesordnungspunkt ist ein Höhepunkt, wie ich finde, dieses Spiels. Vor uns liegt die Beschlussempfehlung des Europa- und Rechtsausschusses zur Änderung der Verfassung unseres Landes und Sie wissen es, jede Verfassungsänderung ist etwas ganz Besonderes, denn sie muss von zwei Dritteln der Mitglieder dieses Hauses getragen werden.

Einmal schon haben wir die Verfassung in dieser Wahlperiode bereits geändert. Vor vier Jahren haben wir in 2007 den Artikel 18a eingefügt, unsere gemeinsame Absage an Extremismus und Gewalt, eine Änderung, die schon deshalb bemerkenswert war und ist, weil sie gemeinsam von den Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP getragen wurde und wird,...

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und von einer Volksinitiative!)

Und von einer Volksinitiative initiiert wurde, sehr richtig.