Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Ausschließlich schriftliche Stellungnahmen wurden vom Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und von der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eingereicht. Eine schriftliche Stellungnahme wurde des Weiteren unaufgefordert eingereicht von der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e. V. (VUMV) sowie vom Ingenieurrat MecklenburgVorpommern zu Händen der Ingenieurkammer Mecklenburg-Vorpommern.

Die Industrie- und Handelskammern zu Rostock und zu Schwerin reichten zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der Handwerkskammern in Mecklenburg-Vorpommern gleichfalls unaufgefordert eine Stellungnahme ein. Außerdem legte ein Zusammenschluss des Wirtschaftsverbandes Handwerk Mecklenburg-Vorpommern e. V., der Vereinigung der Unternehmensverbände für Mecklenburg-Vorpommern e. V., des Bundesverbandes Gerüstbau – Verbandsbereich Mecklenburg-Vorpommern, Fachverband KHK Mecklenburg-Vorpommern, der Landesinnungen des Brunnenbauerhandwerks Mecklenburg-Vorpommern,

(Zuruf von Heinz Müller, SPD)

der Gebäudereiniger Hamburg/Mecklenburg-Vorpommern, der Elektro- und Informationstechnische Handwerke Mecklenburg-Vorpommern und des Bäcker- und Konditorenhandwerks Mecklenburg-Vorpommern, der Bauverband Mecklenburg-Vorpommern e. V., der Fachverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz Mecklenburg-Vorpommern, der Metallgewerbeverband Mecklenburg-Vorpommern, die Arbeitsgemeinschaft der Kreishandwerkerschaften Mecklenburg-Vorpommern,

(Hans Kreher, FDP: Es reicht.)

der Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik Mecklenburg-Vorpommern,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

der Städte- und Gemeindetag Mecklenburg-Vorpommern e. V., die Landesinnungsverbände des Dachdeckerhandwerks Mecklenburg-Vorpommern und des Kfz-Handwerks Mecklenburg-Vorpommern sowie der Landkreistag Mecklenburg-Vorpommern e. V.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

und der Schornsteinfegerinnung Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam eine weitere Stellungnahme vor.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir an dieser Stelle, auf den Inhalt der Ausführungen in der Anhörung sowie auf die schriftlichen Stellungnahmen in dem entsprechenden Ihnen vorliegenden schriftlichen Bericht des Wirtschaftsausschusses auf der Drucksache – jetzt habe ich die Drucksachennummer hier nicht bei, doch – 5/4434 zu verweisen. Ich gehe mal davon aus, angesichts des Umfanges dieser Ausführungen würde das den zeitlichen Rahmen der Berichterstattung hier sprengen.

Zu den weiteren Beratungen:

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen der weiteren Beratungen hat die Fraktion der NPD erklärt, der Gesetzentwurf sei überflüssig. Das Spannungsverhältnis zwischen Qualität, Preis und sozialen Aspekten lasse sich damit nicht auflösen. Die Durchsetzung bestimmter Lohnstandards sei Aufgabe der Tarifparteien und nicht des Gesetzgebers.

Die Fraktion DIE LINKE hat sich gegen eine Eingrenzung des Landesvergabegesetzes auf den Öffentlichen Personennahverkehr ausgesprochen. Es müsse zumindest der Baubereich mit erfasst werden. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4076 biete ein Vergabegesetz unter Einbeziehung eines vergabespezifischen Mindestlohnes und mit sozialen und ökologischen Vergabekriterien sowie wirksamen Kontrollmechanismen.

Die Fraktion der FDP hat in Auswertung der Anhörung erklärt, der Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU werde nach Auffassung der FDP von allen Anzuhörenden und Betroffenen abgelehnt. Die Fraktion der FDP hatte deshalb beantragt, dem Landtag die Annahme folgender Entschließung zu empfehlen:

„1. Der Landtag stellt fest, dass in vielen Teilen der Wirtschaft Mecklenburg-Vorpommerns der öffentlichen Auftragsvergabe eine enorme Bedeutung zukommt. Durch ein Vergabegesetz kann dieser Bedeutung und den verschiedenen Interessen von Auftraggeber, Auftragnehmer und deren Arbeitnehmer Rechnung getragen werden. Der vorliegende Entwurf wird diesem Anspruch nicht gerecht, da ein erheblicher Teil identisch in bestehenden Gesetzen und Verordnungen ausführlich geregelt ist. Zugleich wird mittelständischen Unternehmen durch die Möglichkeit der Aufnahme vergabefremder Kriterien der Zugang zu öffentlichen Aufträgen erschwert. Durch die jetzige, in vielen Fällen unkonkrete Formulierung wird bürokratischer Mehraufwand und Intransparenz des Verfahrens bzw. der Entscheidung hervorgerufen. Die Tarifautonomie im ÖPNV bzw. SPNV wird durch die einseitige Auswahl eines repräsentativen Tarifvertrages seitens des Landes unterwandert.

2. Der Landtag fordert die Landesregierung daher auf, die Regelungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge dahingehend zu überarbeiten, dass der bürokratische Aufwand minimiert wird, die Rahmenbedingungen den Interessen der mittelständischen Wirtschaft entsprechen und ein tatsächlicher Interessenausgleich zwischen Auftraggeber und -nehmer erfolgt. Um diese Ziele zu erreichen, ist unter anderem

a) der Gesetzentwurf von bestehenden Gesetzen und Verordnungen auf Europa- und Bundesebene stärker zu differenzieren;

b) die Auftragsvergabe durch den Verzicht der Implementierung vergabefremder Kriterien zu vereinfachen und transparenter zu gestalten;

c) die körperschaftliche Selbstverwaltungseinrichtung der Wirtschaft bei der Festlegung von Anforderungen zur Eignung und deren Prüfung sowie zur Beurteilung eines angemessenen Preises einzubeziehen;

d) der Auftraggeber ebenfalls zur Zahlung von Sicher heitsleistungen beim Verzug der Auftragsbezahlung zu verpflichten;

e) auf den Verzicht der Festschreibung eines allgemeinen Vergabemindestlohnes zu achten und durch die Anerkennung aller geltenden Tarifabschlüsse im ÖPNV bzw. SPNV in MecklenburgVorpommern als repräsentative Tarifverträge die Tarifvielfalt und -autonomie zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften zu stärken.“

Der Ausschuss hat diesen Entschließungsantrag der Fraktion der FDP mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE gegen die Stimme der Fraktion der FDP abgelehnt.

Der Ausschuss hat in getrennten Abstimmungen die Paragrafen 1 und 2 sowie in einer gemeinsamen Abstimmung die Paragrafen 3 bis 14 des Gesetzentwurfes der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4190 mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und FDP angenommen.

Der Ausschuss hat des Weiteren den unveränderten Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/4190 mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE und FDP angenommen.

Der Ausschuss hat in jeweils einzelnen Abstimmungen die Paragrafen 1 bis 14 und den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4076 insgesamt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Der Ausschuss hat sodann den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/4076 insgesamt mehrheitlich mit den Stimmen der Fraktionen der SPD, CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Übrigen erlaube ich mir, noch einmal abschließend auf den schriftlichen Bericht auf Drucksache 5/4434 zu verweisen.

Sehr geehrte Damen und Herren, erlauben Sie mir an dieser Stelle zum Ende meiner Berichterstattung noch

einmal, oder geben Sie mir die Möglichkeit, mich noch einmal bei den Anzuhörenden im Rahmen der im Wirtschaftsausschuss durchgeführten Anhörung zu bedanken sowie gerade angesichts des Umfanges der Arbeiten, die hier im Zusammenhang mit diesen Gesetzentwürfen gemacht worden sind, mich bei den Mitarbeitern des Ausschusssekretariates zu bedanken, insbesondere bei der inzwischen ausgeschiedenen früheren Leiterin des Ausschusssekretariates Frau Nafe. – Vielen Dank, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Danke schön, Herr Schulte.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 150 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Herr Seidel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, diese heutige Zweite Lesung des Gesetzentwurfes der Regierungsfraktionen markiert eine –man kann wirklich sagen – Schlussetappe auf dem Weg zu einem, wie ich finde, durchaus sachgerechten und ausgewogenen Vergabegesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern.

Da ich nicht gewillt bin, über den Gesetzentwurf der LINKEN, zu dem ich meine Positionen deutlich gemacht habe, jetzt noch lange zu sprechen, will ich gleich sagen, dass ich an dieser Stelle diesen Gesetzentwurf – und das habe ich begründet – nicht für sachgerecht halte, und das nicht nur wegen der dortigen Sonderkommission, wie man sie auch immer bezeichnen will, sondern auch aufgrund vieler, vieler anderer Regelungen, die, finde ich, so ein permanentes Misstrauen demjenigen gegenüber zum Ausdruck bringen, der Auftragnehmer gegenüber öffentlichen Aufträgen sein möchte.

Meine Damen und Herren, ja, es ist wahr, dass es sich die Koalitionspartner bei diesem Thema nicht leicht gemacht haben – wohl wahr. Bekanntermaßen war ja auch kein Bestandteil oder ist kein Bestandteil der Koalitionsvereinbarung enthalten. Das deutet dann ja oftmals darauf hin, dass es da ein paar Differenzen oder ein paar unterschiedliche Positionen gibt. Die mussten besprochen werden, die mussten beurteilt werden, ausgeräumt werden, man musste sich zu Kompromissen finden. Und wie wir alle wissen, gab es seinerzeit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes, das sogenannte Rüffert-Urteil, das gegenüber dem niedersächsischen Vergabegesetz erging, was dort die Rechtskraft von bestehenden Regelungen sehr infrage gestellt hat.

Man muss klar sagen, dass die Rechtmäßigkeit von Tariftreueregelungen lange streitig war, sowohl auf der Ebene des nationalen Rechts als auch des europäischen. Ich vermute mal, dass es hier und da auch noch heute sehr streitig diskutiert wird und es unterschiedliche Positionen diesbezüglich gibt. Trotzdem geht es in der Politik immer darum, dass man am Ende überlegt, inwiefern Kompromisse möglich sind.

Meine Damen und Herren, ich glaube, man muss an dieser Stelle auch noch einmal deutlich darauf hinweisen, das spielt auch bei diesem Gesetz jetzt eine Rolle, dass die ökonomischen Rahmenbedingungen sich in Meck

lenburg-Vorpommern gerade jetzt in den letzten Jahren erheblich verändert haben. Und sie werden sich in Zukunft, das behaupte ich, erheblich verändern. Ich spreche insbesondere hier die demografische Entwicklung an.

Wir wissen, Arbeitskräfte, Fachkräfte

(Udo Pastörs, NPD: Jetzt geht das wieder los. Jetzt geht das wieder los. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Da geht überhaupt nichts los. – Udo Pastörs, NPD: Doch, dieselbe Leier.)

werden immer knapper.

(Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Das geht überhaupt nicht los, das ist so. Man muss mit dieser Tatsache sicherlich auch ganz anders umgehen – und das meine ich auch gerichtet an alle Teile unseres gesellschaftlichen Lebens, auch, wie gesagt, an die Sozialpartner –, man muss mit diesem Thema anders umgehen, als es vielleicht vor Jahren am Ende praktiziert wurde.

(Udo Pastörs, NPD: Wir reden doch über das Vergabegesetz.)

Wir wissen, wenn man Arbeitskräfte halten will, muss man ihnen etwas bieten, das ist eine einfache Logik, und wenn man sie gewinnen will, muss man dieses erst recht. Ich glaube, man muss an dieser Stelle immer noch mal sagen, dass kaum einer deshalb in MecklenburgVorpommern bleiben oder hierher kommen wird, weil die Landschaft so schön ist. Das tun Menschen, aber in der Regel nicht, um hier zu arbeiten,

(Udo Pastörs, NPD: So ist es.)

sondern da haben sie etwas anderes im Kopf, was ja auch ehrenhaft ist, wenn man zum Beispiel seinen Lebensabend hier verbringen will – keine Frage.

Insofern glaube ich, dass in der Tat dieses Gesetz, dieser Kompromiss auch ein wichtiges Signal an die Tarifpartner in diesem Lande ist. Ich erinnere daran, wir haben ein Bündnis abgeschlossen. Im Bündnis für Arbeit haben wir uns geeinigt auf ein Bündnis für Fachkräfte. Das soll letztlich, so ist es ja auch dort formuliert, die Tarifpartner in Mecklenburg-Vorpommern stärken.

Meine Damen und Herren, ich glaube, insofern ist dieses Gesetz auch der konsequenten Umsetzung dieses Bündnisses letztlich in seinen Regelungen geschuldet. Wir haben uns, das will ich betonen, auf das beschränkt, was nach meiner Auffassung wesentlich ist und was am Ende auch machbar ist. Dazu gehört die Einhaltung der Vorschriften bei der Durchführung der Vergabeverfahren. Das ist mir zum Beispiel ein besonderes Anliegen. Man muss ganz klar sagen, dass an der korrekten Anwendung der Vergaberegelungen nicht nur der Arbeitgeber ein großes Interesse hat, und der hat es, sondern auch die Beschäftigten haben hier ein sehr hohes und legitimes Interesse, wie ich finde.