Meine Damen und Herren, ich glaube, insofern ist dieses Gesetz auch der konsequenten Umsetzung dieses Bündnisses letztlich in seinen Regelungen geschuldet. Wir haben uns, das will ich betonen, auf das beschränkt, was nach meiner Auffassung wesentlich ist und was am Ende auch machbar ist. Dazu gehört die Einhaltung der Vorschriften bei der Durchführung der Vergabeverfahren. Das ist mir zum Beispiel ein besonderes Anliegen. Man muss ganz klar sagen, dass an der korrekten Anwendung der Vergaberegelungen nicht nur der Arbeitgeber ein großes Interesse hat, und der hat es, sondern auch die Beschäftigten haben hier ein sehr hohes und legitimes Interesse, wie ich finde.
Ist nämlich sichergestellt, dass die Vorschriften, zum Beispiel über die Angemessenheit der Preise, den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot, eingehalten werden, so können Unternehmen dann auch entsprechende Einnahmen erwirtschaften, die letztlich eine ordnungsgemäße Entlohnung zur Folge haben. Das ist im Sinne des Interessenausgleiches, der ja auch schon immer von den Bestimmungen des Vergaberechts verlangt wurde. So ist das Vergaberecht angelegt.
Aus diesem Grunde sollen eben fundamentale Vorschriften des Vergaberechts, die unterhalb der EU-Schwellenwerte bislang nur in den Vergabe- und Vertragsordnungen enthalten sind, Gesetzesrang erhalten. Wir folgen damit gewissermaßen auch dem Vorbild des Bundes im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen. Zu diesen fundamentalen Vorschriften, wie ich sie bezeichnet habe, zählen insbesondere das Verbot des Zuschlages auf Angebote mit unangemessenen hohen oder niedrigen Preisen oder das berühmte Gebot des Zuschlages auf das wirtschaftlichste Angebot. Ausdrücklich verboten sein soll der Zuschlag auf Unterkostenangebote, wenn es um die gezielte Verdrängung von Mitwettbewerbern vom Markt geht, wenn der geforderte Preis so niedrig ist, und das gibt es, dass der Bieter zur ordnungsgemäßen Ausführung des Auftrages wirtschaftlich selbst gar nicht mehr in der Lage sein wird. Das entspricht dem Stand der Rechtsprechung auch zu den europaweiten Vergaben.
Ich weise darauf hin, unser Gesetz enthält eine Präzisierung des Wirtschaftlichkeitsmaßstabs. Das ist ja immer das Problem, alle reden davon. Meistens muss man sie allerdings daran erinnern, dass in den Vergaberegeln nicht das billigste Angebot drinsteht, sondern das wirtschaftlichste.
Ja, dann erinnert man sich auch daran. Aber man weiß eben nicht so recht mit diesem wirtschaftlichsten Angebot umzugehen. Ich glaube, wir geben hier ganz deutliche Hilfen.
Die einschlägige Vorschrift macht nun deutlich, und das ist eine alte Forderung letztlich der Unternehmen des Landes, des Handwerks, dass Wirtschaftlichkeit eben ein Leistungs-Kosten-Verhältnis zur Grundlage hat und die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots ein Prozess ist, der sich in mehreren klar voneinander abzugrenzenden Schritten vollziehen muss.
Vorgesehen sind auch Maßgaben für die Forderung öffentlicher Auftraggeber nach Sicherheitsleistungen, Paragraf 8, die eben nur in bestimmten Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen verlangt werden, ansonsten soll darauf verzichtet werden. Ich denke, auch das liegt sehr im Interesse von kleinen und mittleren Unternehmen, die hier in, wie ich finde, ansonsten unzulässiger Weise belastet würden.
Ich verweise auch darauf, es ist ein Recht der Bieter auf Informationen über ihre eventuelle Nichtberücksichtigung im Vergabeverfahren noch vor Erteilung des Zuschlages vorgesehen, das ist der Paragraf 12, wo es heißt, dass sieben Tage vor Vertragsabschluss informiert werden muss. Auch wenn es unterhalb des Schwellenwertes keinen primären Rechtsschutz gibt, wird die Situation der Bieter dadurch verbessert, weil sie sich zu einem Zeitpunkt an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden können, wenn sie das wollen, an dem diese einen unrechtmäßigen Vertragsabschluss sogar noch verhindern kann.
Insgesamt finden in dem vorliegenden Gesetzentwurf die beiden Ansätze ihren Ausdruck, die in der gesamten Diskussion um ein Vergabegesetz am Ende auch zugrunde lagen, also zum einen die Durchsetzung angemessener Arbeitsentgelte, insbesondere Regelungen, die da notwendig sind, die haben wir eben auf der Basis von Tarifregelungen, und zum anderen, dass es darauf ankommt, die bestehenden vergaberechtlichen Bestim
mungen auch durchzusetzen. Beide Ansätze sind in diesem Gesetz nicht nur nebeneinandergestellt, sondern, wie ich finde, wirklich zu einem sinnvollen Ganzen zusammengefügt.
Meine Damen und Herren, aufgrund der Diskussion habe ich mir auch noch einmal sehr interessiert die Protokolle durchgelesen zu den Anhörungen. Ich würde gerne doch noch mal auf ein paar Punkte in verschiedenen Paragrafen eingehen, die nach meiner Auffassung nicht immer sachgerecht diskutiert werden, wo vielleicht am Ende Befürchtungen dahinterstehen, die so nicht zutreffend sind.
Lassen Sie mich aufrufen den Paragrafen 5: Der regelt die Eignung, der regelt eben auch, was für die Auftragsausführung möglicherweise an zusätzlichen Anforderungen aufgenommen werden kann. Hier gibt es die Sorge des Handwerks, auch vieler kleiner Unternehmer, so habe ich es verstanden. Die Vereinigung der Unternehmensverbände hat diesbezüglich argumentiert, solche vergaberechtlichen Regelungen darf man um Gottes willen nicht aufnehmen.
Nun will ich das Zitat aus der Regelung diesbezüglich auch noch einmal deutlich machen. Hier steht: „Für die Auftragsführung können zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen“ – und jetzt –, „wenn sie im sachlichen Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen und sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben.“ Und das ist wichtig.
Naja, jeder kann das interpretieren, wie er will. Aber es ist ganz wichtig, dass man sich den Gesetzestext anschaut,
dann muss man keine Befürchtungen haben, dass hier irgendwelche Dinge aufgeblasen werden, die am Ende nicht erfüllbar sind. Ich glaube, das ist damit geklärt.
Ich verweise auf den Paragrafen 6, wo es uns ganz besonders darum geht, die Angemessenheit der Preise letztlich näher zu erläutern, das Verbot der Unterkostenangebote, und im Paragraf 7 den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot. Hier ist ganz klar formuliert, wie man vorgehen soll, wenn man vermuten kann, dass ein Unterkostenangebot vorliegt, und auch wie das wirtschaftlichste Angebot zu bewerten ist.
Ich hatte vorhin schon gesagt, es geht um ein KostenLeistungs-Verhältnis. Man darf sich nicht nur anschauen, wie ist es jetzt bei der unmittelbaren Investition, sondern muss sich auch Folgendes angucken: Was ist im Wartungsfall? Muss ich dann vielleicht eine Firma holen, die ständig aus München kommt oder wie auch immer? Also ich will jetzt nicht alle Fälle im Einzelnen durchgehen, aber die Unterhaltungs-, Wartungs- und Betriebskosten sind definitiv auch im Paragrafen 7 genannt. Das war uns wichtig. Und insofern …
Nun gibt es den Paragrafen 9, da geht es um die Erteilung des Zuschlages nur an Unternehmen, die Beschäftigte nach Tarif entlohnen. Er ist beschränkt, jawohl, auf den Bereich SPNV und ÖPNV. Ja, und das hat eben die berühmten juristischen Gründe oder die Rechtsstreitigkeiten, die es gegeben hat, die es auch noch gibt, dass man am Ende zu der Übereinkunft gekommen ist, diesen Bereich als einen Bereich anzusehen, wo es die größte Rechtssicherheit gibt.
Nun höre ich, habe ich auch gelesen, dass dann die einen sagen, ja, aber da ist kein Mindestlohn drin, also taugt das nichts.
Also wissen Sie, mit dem Mindestlohn, das Thema ist ja nun wirklich eine lange Sache. Wenn ich wirklich sagen würde, wir nehmen einen Mindestlohn, dann frage ich mal: Welchen wollen wir denn nehmen, den gewerkschaftlichen mit 8,50 Euro oder den von den LINKEN mit 10 Euro? Jetzt habe ich neulich mal etwas gelesen von 15 Euro.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Nee, das ist nicht egal. – Minister Dr. Till Backhaus: Ich stehe dazu. – Helmut Holter, DIE LINKE: Das ist auch gut so. Das ist auch gut so.)
Ich will damit nur deutlich machen, dass eine solche politische Entscheidung zum Mindestlohn eben in die Irre führt. Das kann es nicht sein. Wir haben aus gutem Grund gesagt, wir nehmen zur Basis die Tarife,
weil die von Sozialpartnern ausgehandelt sind, die wissen, wie es in ihrer Branche zugeht, die wissen, was man zumuten kann, was machbar ist, was möglich ist und was nicht möglich ist.
Meine Damen und Herren, und nun schaue ich mir den Paragrafen 11 an, der hat ja, glaube ich, zu Aufregungen geführt. Und dieser Paragraf 11 behandelt die sogenannten ILO-Kernarbeitsnormen, also ILO ist die International Labour Organization. Ja, das sind harte Kriterien, die da zugrunde gelegt werden, da geht es nämlich um Zwangsarbeit, Kinderarbeit und all solche Dinge, dass man solche Produkte oder Dienstleistungen nicht verwenden soll.
Ja, nun will ich mir auch hier mal wieder den Luxus erlauben, den Gesetzestext zu lesen, der heißt: „Bei der Vergabe von Leistungen ist darauf hinzuwirken“, aus gutem Grund geschrieben, „dass keine Waren Gegenstand der Leistung sind, die unter Missachtung der in den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation … festgelegten Mindeststandards gewonnen oder hergestellt worden sind.“
Was heißt denn das? Wir wissen natürlich, und da nehme ich jetzt mal mein Ministerium in Anspruch, dass man für so etwas schlechterdings Zertifikate und all diese Dinge benötigt. Das würde natürlich den Prozess wahnsinnig verkomplizieren und wahrscheinlich auch unmöglich machen.
Und jetzt will ich mal fragen: Wer ist denn dagegen, dass man sich gegen Zwangsarbeit, gegen Kinderarbeit wendet? Wer ist dagegen? Der soll sich melden! Insofern würde ich sehr empfehlen, immer wieder bei der Beurteilung einer Gesetzesnorm sie sich ganz konkret anzuschauen, die Rechtsfolgen zu bedenken und sich dann von mir aus auch ganz laut in der Öffentlichkeit bemerkbar zu machen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass hier in diesem Gesetz die Regelungen sehr verantwortungsbewusst angeschaut wurden. Wenn ich mir alles in allem einmal die Reaktionen anschaue, das war auch sehr interessant, Herr Roolf war dort sehr aktiv mit den einzelnen Verbänden. Ich habe ja nichts dagegen. Das ist Demokratie und das ist völlig in Ordnung. Ich glaube nur, dass nicht jeder, der da unterschrieben hat, wirklich versucht hat, bis ins Detail sich die Formulierung, so, wie ich das eben versucht habe, deutlich anzuschauen. Das ist jetzt keine Unterstellung. Es kommt immer darauf an, wie man die Interpretation hier leistet.
Ich nehme zur Kenntnis, die Gewerkschaft sagt Ja, aber die Regelungen reichen uns nicht. Wir brauchen einen Mindestlohn. Die Arbeitgeber sagen, viel zu viele Regelungen. Die kommunalen Landesverbände sagen, wir machen eigentlich sowieso alles richtig. Nur in der Praxis höre ich es genau andersherum.
Man gesteht zumindest, auch in der Anhörung, zu, dass man offensichtlich in der Regel nach dem billigsten Angebot entscheidet. Und das alleine veranlasst mich dazu, diesbezügliche Regelungen noch einmal zu formulieren. Ich glaube, wir liegen mit diesem Gesetz durchaus richtig. Es ist ein Kompromiss, jawohl.
Ich will noch einmal daran erinnern, und jetzt richte ich mich an die Sozialpartner, die ja hinten im Zuschauerraum so wunderschön nebeneinandersitzen: Ich glaube, wenn ich jetzt das Gesetz nehmen würde, dann würde ich wahrscheinlich genau dazwischen sitzen. Aber ich will daran erinnern, wir haben in der Tat eine Unterschrift geleistet unter einer Vereinbarung, haben das in der Öffentlichkeit bekannt gegeben und haben gesagt, wir wollen die Tarifpartner stärken. Und dann, finde ich, ist es auch nur logisch und konsequent, wenn wir es da, wo der Staat, wo die Kommunen Geld herausgeben für Leistungen, am Ende auch tun. Insofern denke ich, dass dies ein ganz wichtiger Schritt in diese Richtung ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.