Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema hat uns ja schon ein wenig länger beschäftigt, auch im Wirtschafts-, im Finanz- und im Bildungsausschuss. Zur Historie möchte ich sagen, dass wir seit dem Schuljahr 1991/1992 eine Richtlinie über Zuschüsse des Landes Mecklenburg-Vorpommern für Berufsschüler bei Unterbringung in Internaten hatten. Aufgrund dieser Richtlinie konnten damals Landeszuschüsse für Berufsschüler gezahlt werden, die eine Bezirks-, so nannte man das damals noch, oder eine Landesfachklasse in anderen Bundesländern oder hier bei uns besucht hatten. Berufsschüler oder Eltern beantragten beim Schulträger, in dessen Zuständigkeitsbereich die Ausbildungsstelle lag, einen Kostenzuschuss für Unterkunft und Verpflegung. Die politisch Verantwortlichen – ich glaube, es war im Jahr 2002 damals unter Rot-Rot, also SPD und LINKE – schafften diese Regelung im Jahr 2000 ab. Ich glaube, es hatte damals mit Haushaltskonsolidierungsgründen zu tun, um das vorwegzunehmen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Vielleicht können Sie da ja nachher noch ein bisschen Licht ins Dunkel bringen.

Nichtsdestotrotz, glaube ich, ist uns allen bewusst, wir laufen auf einen Bewerbermangel hin, gerade was Ausbildung betrifft. Das führt auch dazu, dass wir immer mehr Landesfachklassen an den Berufsschulen bilden werden müssen. Das bedeutet, dass es für die Auszubildenden längere Fahrwege gibt, oft auch mit Internatsunterbringung zu tun hat. Und deshalb haben wir uns nach längerer Diskussion dafür entschieden, einen Prüfauftrag an die Landesregierung zu vergeben. Und sie möge des

halb bitte prüfen, ob es möglich ist, so eine Drittelfinanzierung zwischen Ausbildungsbetrieb, dem Auszubildenden selbst und auch dem Land einzuführen, um diese Auszubildenden dann während der Ausbildung zu unterstützen.

Und zum Schluss möchte ich sagen, ganz wichtig ist mir dabei auch ein Signal an die Unternehmer. Die müssen natürlich, wenn sie gut qualifizierten Nachwuchs finden wollen, diesen auch vernünftig bezahlen, ihm vernünftige Bedingungen anbieten. Nur wenn das greift, wenn auch die Ausbildungsvergütung konkurrenzfähig ist mit anderen Bundesländern, dann gelingt es uns hier, gemeinsam für attraktive Ausbildungsverhältnisse im Land zu sorgen. Und deshalb bitte ich Sie um Zustimmung zur Beschlussempfehlung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Danke schön, Herr Reinhardt.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

(Marc Reinhardt, CDU: Regine, erklär doch noch mal, warum das abgeschafft wurde!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was lange währt, wird doch noch gut. Meine Fraktion brachte im April letzten Jahres diesen Antrag in den Landtag ein.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Siehst du!)

Er wurde, weil auch die Koalitionsfraktionen Handlungsbedarf sahen, in die Ausschüsse überwiesen. Auch in den dort durchgeführten Beratungen wurde der Handlungsbedarf bestätigt.

Bis zum 31. Mai 2010 sollte die Landesregierung über das Prüfungsergebnis dem Landtag berichten. Nun, fast ein Jahr später, haben wir das Ergebnis. Es heißt, der Antrag wird jetzt abgelehnt. Er wird durch eine Entschließung der Koalitionsfraktionen ersetzt, die das Anliegen aufgreift, spezifiziert und vor allem die Landesregierung bittet zu prüfen, ob denn im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens ein Programm zur Übernahme der Fahrt- und Übernachtungskosten aufgelegt werden kann. Ein Termin wird nicht mehr genannt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Donnerwetter!)

Nach den Ankündigungen von Kollegen Brodkorb in der Debatte zum FDP-Antrag „Maßnahmenpaket zur Verbesserung der beruflichen Bildung in Mecklenburg-Vorpommern“ in der Sitzung im Mai hatten wir dann einen großen Wurf erwartet. Es blieb allerdings beim Prüfauftrag, nur dass jetzt die Koalitionsfraktionen das Urheberrecht für sich reklamieren können. Die betroffenen Schülerinnen und Schüler werden also bis zur Vorlage des Entwurfs des Doppelhaushaltes abwarten müssen, ob und wie die Landesregierung den Prüfauftrag umsetzen wird.

Kolleginnen und Kollegen, gerade in den letzten Tagen häuften sich die Meldungen über einen akuten Mangel an Lehrlingen. Es gelingt kaum noch, die vorhandenen Lehrstellen zu besetzen. Das gilt zunehmend auch für attraktive und für gut bezahlte Berufe. Insoweit ist es richtig und wichtig, die Lehrlinge im Land zu halten und

den Trend der Abwanderung in die alten Bundesländer weiter zu verringern. Dazu kann die Unterstützung des Landes durch eine teilweise Übernahme von Fahrt- und Übernachtungskosten natürlich auch ein kleiner Beitrag sein.

Ich möchte ausdrücklich betonen, dass wir die Beteiligung der Ausbildungsbetriebe an dieser Maßnahme für richtig halten, denn in der sozialen Marktwirtschaft sind zunächst die Unternehmen in der Pflicht, für ihren eigenen Nachwuchs zu sorgen. Sie müssen die Bedingungen, beispielsweise bei den Ausbildungsvergütungen schaffen, die für die Bewerberinnen und Bewerber attraktiv sind, und sie zur Aufnahme eines Ausbildungsverhältnisses motivieren.

Ich will daran erinnern, dass das Land über viele Jahre in Zeiten knapper Lehrstellen mit vielen Millionen Euro die Wirtschaft bei der Schaffung zusätzlicher Lehrlingsstellen unterstützt hat. Dies war eine großzügige finanzielle bildungspolitische Leistung, die wir auch in Zeiten knapper Kassen umgesetzt haben. Wenn wir uns jetzt, trotz des sich weiter verschärfenden Mangels an Lehrlingen, bei der Finanzierung der Fahrt- und Unterbringungskosten beteiligen sollten, so ist dies vor allem ein Beitrag zur Sicherung der Chancengleichheit beim Zugang zu einer beruflichen Ausbildung für die Jugendlichen in unserem Land.

Die demografische Entwicklung und der damit verbundene Rückgang der Schülerzahlen hat jetzt die Berufsschulen erreicht. Wir wissen aus den Erfahrungen mit den allgemeinbildenden Schulen, dass damit natürlich schmerzliche Konzentrationsprozesse verbunden sind, die jetzt die Beruflichen Schulen und auch die anderen Ausbildungsstätten erreichen werden.

Das Land muss dafür Sorge tragen, dass dennoch möglichst viele wohnortnahe Angebote erhalten werden. Trotzdem werden Landesfachklassen oder sogar länderübergreifende Angebote zunehmen. Damit werden die Wege für die Auszubildenden weiter und eine auswärtige Unterbringung immer häufiger. Für das Land wird die Absicherung der Angebote und des Unterrichts erhöhte Kosten nach sich ziehen.

Die Wirtschaft ist ebenso in der Verantwortung – das haben Sie ja auch gesagt –, denn die Gestaltung attraktiver Rahmenbedingungen im Ausbildungsbereich liegt bei den Unternehmen. Sie führt dazu, dass junge Menschen im Land bleiben. Der Rückgang der Schülerzahlen trifft dann die Berufsschulen vielleicht nicht ganz so hart wie erwartet.

Unternehmen und Land befinden sich hier in einer sogenannten Schicksalsgemeinschaft. Die Lösung kann nur in einer fairen Zusammenarbeit liegen und diese faire Zusammenarbeit tragen wir ausdrücklich mit. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke schön, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende und Abgeordnete der Fraktion der FDP Herr Roolf.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Anliegen, was die Kollegen der LINKEN am 14.04.2010 hier in das Parlament eingebracht haben, ist ein sehr wichtiges Anliegen. Und ich denke mal, es ist eine gute Initiative von Ihnen gewe

sen, dass Sie sich dieses Themas angenommen haben. Das sollte man dann auch so deutlich sagen.

Frau Kollegin Lück, was ich jetzt nicht verstehe, ist Ihre Unzufriedenheit mit der Beschlussempfehlung. Sie haben angeprangert, dass es keinen Termin gibt, doch den Termin gibt es. An dem Tag, an dem der Haushalt 2012/2013 verabschiedet wird, muss das Problem gelöst sein,

(Regine Lück, DIE LINKE: Bisschen spät. – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

weil es muss im Haushalt drin sein. Das heißt, eine Terminkette ist festgelegt mit der Haushaltsdebatte.

Das, was mir aber viel, viel größere Sorgen macht, ist, ob wir überhaupt in der Lage sind, uns in dieser kurzen Zeit des gesamten Spektrums des Problems im Prinzip auch anzunehmen. Wir reden ja in der Gesamtheit über berufliche Bildung und da gibt es unterschiedliche Facetten: Da gibt es die überbetriebliche Ausbildung, da gibt es die duale Ausbildung. Also es gibt verschiedene Facetten in der beruflichen Ausbildung. Alle Facetten sind an Berufsschulstandorten zusammengebunden. Und da gibt es dann eben auch die Fachklassen und die gymnasiale Ausbildung. Also es gibt ganz verschiedene Bereiche. Und in diesen Bereichen, bezogen auf ganz bestimmte Berufsbilder, gibt es dann eben auch den Bedarf, jungen Menschen eine Unterstützung für die Mobilität und für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen.

Da kommen wir, denke ich mal, zu einem ganz entscheidenden Problem, nämlich im Verhältnis zu dem, was das Land lobenswerterweise früher einmal gemacht hat, und zu dem, was wir heute haben, leben wir unter völlig neuen steuerlichen Rahmenbedingungen. Das heißt, all das, was womöglich für einen Auszubildenden gut gemeint ist, ist am Ende des Tages noch lange nicht gut gemacht, weil es nämlich den steuerlichen Rahmenbedingungen und auch gerade den Rahmenbedingungen für Hartz-IV-Empfänger komplett zuwiderläuft. Das heißt, die Aufgabe der Landesregierung geht eigentlich über diese Beschlussempfehlung.

In dieser Beschlussempfehlung finde ich dann auch ein klares Bekenntnis zur Verantwortung von Unternehmerinnen und Unternehmern wieder, dass man nicht sagt, wir geben pauschal für alles hundert Prozent, sondern Sie sagen, nein, das Land ein Drittel, der Unternehmer ein Drittel und der Auszubildende ein Drittel. Das ist doch eine faire Verteilung der Lasten. Aber das Land hat jetzt zu überprüfen, wie dieses Geld überhaupt dann zur Verfügung gestellt werden kann, wie es ankommt, wie die Bedarfe sind.

Ich habe 15 Berufsschulstandorte hier im Land besucht. Die Bedarfe sind völlig unterschiedlich, die Probleme sind völlig unterschiedlich. Das, was ich nicht erreichen möchte – und das ist unser großes Problem –, ist, dass wir einem jungen Menschen die Ausbildung fördern, unterstützen, wir ihn begleiten und am Ende dieses Vorganges kommt es dann zu der Situation, dass den Eltern für diese Leistung des Landes Geld abgezogen wird aus der Hartz-IV-Zuweisung. Dann erreichen wir nämlich genau das Gegenteil, dass sie nichts bekommen, sondern wir haben es nur vorwegfinanziert. Aber am Ende des Tages haben die Eltern es wieder bezahlt, dass Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich dafür engagieren und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt haben, nicht das Problem des sogenannten geldwerten Vorteils gegenüber Arbeitnehmern bekommen, sondern

dass wir wirklich erreichen, dass das, was wir materiell einsetzen, auch wirklich materiell bei den jungen Auszubildenden bleibt.

Deshalb kann ich die Landesregierung wirklich nur auffordern, sich des gesamten Problems anzunehmen. Es reicht nicht aus, einfach eine Zahl, wie groß sie auch immer ist, in den Haushalt als Posten einzustellen. Es muss parallel geprüft werden, welche Auswirkungen hat das auf welche Gehaltsgruppen, auf welche Sozialtransferempfänger, auf welche finanzielle Leistung in einem Unternehmen, damit wir nicht am Ende des Tages hier alle sitzen und sagen, mein Gott, sind wir damals blöd gewesen, es ist nichts von dem angekommen, was wir eigentlich erreichen wollten, es ist genau das Gegenteil von dem passiert.

Ich denke, dadurch, dass ich das jetzt mündlich vorgetragen habe, wird sich die jetzige und die zukünftige Landesregierung genau an diesen Vortrag erinnern. Ich wünsche mir, dass sie bitte genau diese Aspekte in ihre Überlegung mit einbezieht.

Wir denken, es ist konsequent, den Antrag der LINKEN an dieser Stelle erst einmal abzulehnen, weil es ein fiskalischer Ansatz ist, der umgesetzt werden muss. Mit dieser Entschließung ist der völlig richtige Weg gewählt worden. Wir unterstützen die Beschlussempfehlung so, wie sie hier in dieser Art und Weise vorliegt. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP)

Danke schön, Herr Roolf.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

In Ziffer 1 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Bildungsausschuss, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/3394 abzulehnen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP, Gegenstimmen der Fraktion DIE LINKE und Stimmenthaltung der Fraktion der NPD ist die Ziffer 1 der Beschlussempfehlung angenommen.

In Ziffer 2 seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Bildungsausschuss, einer Entschließung zuzustimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltung? – Danke. Damit ist die Ziffer 2 der Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses auf Drucksache 5/4418 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der FDP bei Stimmenthaltung der Fraktion der NPD angenommen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 31: a) Beratung des Zwischenberichtes der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ – Feststellungen und Empfehlungen zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen in MecklenburgVorpommern und zu Möglichkeiten der Beförderung von Gemeindezusammenschlüssen gemäß Beschluss des Landtages vom 6. Dezember 2006 (Drucksache 5/82), Drucksache 5/4400, in Verbindung mit b) Beratung des Abschlussberichtes der Enquete-Kommission „Stärkung

der kommunalen Selbstverwaltung“, Drucksache 5/4410, in Verbindung mit c) Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Umsetzung der Empfehlung der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ aus dem vierten Zwischenbericht – Drucksache 5/4400 – und Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ – Drucksache 5/4410 –, auf Drucksache 5/4403.

Zwischenbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ Feststellungen und Empfehlungen zur Ausgestaltung dauerhaft leistungsfähiger Gemeindestrukturen in MecklenburgVorpommern und zu Möglichkeiten der Beförderung von Gemeindezusammenschlüssen gemäß Beschluss des Landtages vom 6. Dezember 2006 (Drucksache 5/82) – Drucksache 5/4400 –

Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“ – Drucksache 5/4410 –