Protokoll der Sitzung vom 30.06.2011

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Richtig.)

Teilweise waren sie gar nicht da, teilweise hatte man den Eindruck, dass Sie die Kommissionssitzungen als Wärmestube benutzen. Dann allerdings kamen sie auch zu zweit oder zu dritt, amüsierten sich und haben in fünf Jahren Enquetekommissionssitzungen nicht einen Wortbeitrag geleistet.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Auch so, meine Damen und Herren, kann man Steuergelder verschwenden. Und wenn das der Abgeordnete Borrmann getan hat, den „vermisse“ ich auch in diesem Landtag seit einiger Zeit, aber seine Diäten streicht er ganz sicher noch ein und freut sich seines Lebens.

(Zurufe von Dr. Margret Seemann, SPD, und Michael Andrejewski, NPD)

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte hier nicht zur NPD und über die NPD reden, sondern über die Arbeit in der Enquetekommission und über den Antrag, den die vier demokratischen Fraktionen Ihnen hier vorlegen.

Wie Sie sehen, gliedert sich der Antrag in drei Punkte. Sie gestatten mir, dass ich hinten mit dem Punkt 3 anfange. Das, was die Kommissionsvorsitzende hier als Vorsitzende getan hat, so ist unsere Meinung, sollten wir als Landtag tun, nämlich den Mitgliedern der Enquetekommission und insbesondere den nicht parlamentarischen Mitgliedern dieser Kommission für ihre sehr, sehr konstruktive und für ihre ausdauernde Mitarbeit danken und dabei auch nicht vergessen, den Gästen von Städte- und Gemeindetag und Landkreistag sowie den Beratern aus den Ministerien und dem Landesrechnungshof ebenfalls unseren Dank auszusprechen.

Rein technisch, meine sehr verehrten Damen und Herren, und dies ist Ziffer 2 des gemeinsamen Antrages, müssen wir mit den Berichten, das heißt im Moment konkret mit dem vierten Zwischenbericht und mit dem Abschlussbericht, verfahrensmäßig umgehen. Unser Vorschlag ist, dass wir diese Berichte zur Kenntnis nehmen und sie verfahrensmäßig für erledigt erklären.

Der entscheidende Punkt aber ist der Punkt 1. Ich erlaube mir, hierauf Ihre Aufmerksamkeit besonders zu richten. Wir haben nämlich Handlungsempfehlungen in dieser Enquetekommission erarbeitet. Das war ein schwieriger Prozess, aber wir haben es am Ende geschafft, dass es bei diesen Handlungsempfehlungen einen Konsens aller demokratischen Kräfte in dieser Kommission gegeben hat.

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, empfehlen wir Ihnen, diesen Teil der Berichterstattung der Enquetekommission nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern wir bitten Sie, dass dieser Landtag sich diese Handlungsempfehlungen zu eigen macht, Handlungsempfehlungen, auf die die Vorsitzende bereits in ihrem Bericht eingegangen ist, die sicherlich im Laufe der Diskussion von den einzelnen Rednerinnen und Rednern noch mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung hier angesprochen werden.

Wichtig dabei ist, wir befinden uns am Ende einer Legislaturperiode. Eine gesetzgeberische Umsetzung dieser Handlungsempfehlungen wird also in dieser Legislaturperiode nicht mehr stattfinden, aber wir hoffen und erwarten, dass sich – wie bei der Enquetekommission 2000 bis 2002 – das Ergebnis in die nächste Wahlperiode dieses Hohen Hauses fortpflanzt und wir dann in der nächsten Wahlperiode diese Handlungsempfehlungen auch gesetzgeberisch umsetzen. Deshalb unsere Bitte, sich diesen Teil des Papiers zu eigen zu machen. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Müller.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Měšťan von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Aussprache und Abstimmung beenden wir die Tätigkeit der Enquetekommission „Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung“. Der Arbeitsauftrag dieser Kommission wird aktuell bleiben, auch dann noch, wenn diese Kommission längst Geschichte ist.

Meine Damen und Herren, „Kommission“ und „Geschichte“, diese Worte provozieren förmlich die wortspielerische Frage, schreibt diese Kommission Geschichte oder wird man schreiben: „Diese Kommission, das war schon so eine Geschichte.“ Mögen die Antworten auch unterschiedlich ausfallen, eines war diese Enquetekommission sicherlich nicht, nämlich eine Erfolgsgeschichte.

Zur Umsetzung beziehungsweise zu den Empfehlungen des vierten Zwischenberichtes wird mein Kollege Professor Dr. Methling die Position unserer Fraktion vortragen. Gestatten Sie mir an dieser Stelle, vor dem Hintergrund des Gesamt- beziehungsweise Abschlussberichtes der Kommission, zwei zusammenfassende Anmerkungen auch im Vergleich zu meinen Erfahrungen aus der Arbeit der Enquetekommission in der 3. Wahlperiode.

Die erste Anmerkung betrifft den Komplex Enquetekommission und Gesetzgebung. Unser Landesgesetz über Enquetekommissionen weist diesen in Paragraf 1 unter anderem die Aufgabe zu, zur Vorbereitung gesetzlicher Regelungen Sachverhalte zu klären und dem Landtag darüber Bericht zu erstatten. Sie arbeitet also zur Vorbereitung gesetzlicher Regelungen. Genauso ist es 2002 und 2004 beispielgebend geschehen. Die weitgehend einvernehmlichen Empfehlungen der Enquetekom

mission von 2002, etwa zu Gemeinden, Ortsteilen und Ämtern, hat der Landtag mit der Änderung der Kommunalverfassung Anfang 2004 umgesetzt.

(Heinz Müller, SPD: Richtig.)

Anschließend wurde gern fraktionsübergreifend von einer Erfolgsgeschichte gesprochen. Völlig anders die jetzige Kommission. Mit ihren ersten beiden Berichten ist unsere Enquetekommission der Gesetzgebung förmlich hinterhergelaufen. Sie musste diesen Wettlauf verlieren und hat somit weitgehend für den Papierkorb gearbeitet. Zu hoffen bleibt, dass diese Einschätzung auch von unserem Landesverfassungsgericht geteilt wird. Sollte nämlich das Gericht in Greifswald diesen Berichten irgendeine ernsthafte Bedeutung für die Gesetzgebung zur Landkreisneuordnung beimessen, dann würde die Kommission tatsächlich als Sargnagel der Kreisgebietsreform in die Geschichte eingehen. Die Begründungen hierfür finden Sie im Einzelnen in unserem Sondervotum.

Meine Damen und Herren, auch in anderen Bereichen ist in dieser und mit dieser Enquetekommission einiges durcheinandergeraten. Ihr rechtlicher Auftrag, zur Vorbereitung gesetzlicher Regelungen beizutragen, wurde mehrfach ad absurdum geführt. Das war keine Vorbereitung von Gesetzen, das war zum Teil hochtrabende Lobhudelei.

Der Landtag beschließt am 21. Oktober 2009 eine FAGNovelle. Diese spielt in der Enquetekommission selbst keine Rolle. Elf Monate später begrüßt die Enquetekommission in ihrem dritten Zwischenbericht diese Neuregelung des FAG. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen: Eine Kommission, die sich mit zukunftsfähigen Gemeindestrukturen befassen soll, begrüßt es nachträglich, dass hinter ihrem Rücken längst Fakten geschaffen wurden! Zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen formuliert die Enquetekommission einen Prüfauftrag, zum gleichen Zeitpunkt ist diese Problematik im Gesetzentwurf der Landesregierung schon längst geklärt. Das hat mit konzeptioneller Arbeit wenig zu tun.

Andererseits, muss auch gesagt werden, zeigte die Koalition wenig Interesse, tatsächliche Empfehlungen der Kommission, etwa zur kommunalen Zusammenarbeit oder zu einer Experimentierklausel zur Verbandsgemeinde, rechtskonform in das Ablösegesetz zur Kommunalverfassung einzuarbeiten.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das kann man so nicht sagen.)

Ich habe am Dienstag dazu bereits gesprochen.

Meine Damen und Herren, an dieser Stelle muss in der Tat den nicht parlamentarischen Mitgliedern und Gästen unserer Enquetekommission ausdrücklich Danke gesagt werden, Danke dafür, dass sie ihre Teilnahme nicht eingestellt haben, so, wie es Landrat Molkentin a. D. bereits in einer Sitzung angekündigt hatte.

(Zurufe von Hans Kreher, FDP, und Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, die zweite Anmerkung betrifft den Komplex „Enquetekommission und parlamentarische Willensbildung“. In seiner Rechtsprechung hat das Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern herausgestrichen, dass sich die Tätigkeit von Enquetekommissionen im Vorfeld parlamentarischer Willensbil

dung bewegt. Das hat die Kommission in der 3. Legislatur beispielgebend praktiziert. Es wurden Arbeitsgruppen gebildet, die sich völlig unabhängig von Fraktionen oder Koalitionen konkreten Teilaspekten des Einsetzungsauftrages gewidmet haben. Das hieß damals fruchtbringende, streitbare Debatten, Abwägen von Für und Wider, Gespräche mit Betroffenen und Experten, Zugehörigkeit zu Fraktionen völlig im Hintergrund. Damals war es selbstverständlich, dass auch aus den Reihen der Koalition, nämlich von mir und meiner Kollegin Karin Schmidt, ein Sondervotum abgegeben wurde. Das betraf etwa die vorgeschlagene Regeleinwohnergröße von 500 für amtsangehörige Gemeinden.

Meine Damen und Herren, das heutige Urteil des Landesverfassungsgerichtes zum FAG bestätigt mein damaliges Sondervotum. Ich betrachte es als schönes Geschenk, nicht nur für die kleinen Kommunen, sondern auch für das, was wir damals schon im Sondervotum formuliert haben, denn, so das Gericht heute, die 500er-Regel ist bisher empirisch nicht belegt und hat auch den Kern des Urteils, nämlich die Aufgaben zum Ausgangspunkt der Finanzausstattung zu machen, dass das von erheblicher Bedeutung ist mit dem Gesetz, so, wie es hier gefasst worden ist, ausgehebelt. Klartext, die 95-Prozent-Regelung zu Schlüsselzuweisungen ist gekippt

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

und der Landtag muss sich wohl schnellstens damit beschäftigen, wie er dieses Problem heilt.

Meine Damen und Herren, diese Enquetekommission hat sich über weite Strecken gerade nicht im Vorfeld parlamentarischer Willensbildung bewegt, sie wurde vom Gegensatz Koalition und Opposition geprägt. Das hat der Kommission und letztlich auch dem Landtag selbst politisch geschadet. Oder, wie mein geschätzter Kollege Ringguth es formulierte, das Ansehen der Kommission wurde beschädigt.

(Vizepräsident Hans Kreher übernimmt den Vorsitz.)

Der Städte- und Gemeindetag als ständiger Gast der Enquetekommission sah sich in dieser Situation genötigt, eine Erklärung am Ende des zweiten Zwischenberichtes abzugeben, die an der Arbeit der Kommission scharfe Kritik übte. Ich zitiere sinngemäß: „Eine ergebnisoffene, nicht von Parteizwängen bestimmte Arbeit hat nicht stattgefunden.“

Meine Damen und Herren, für die Zukunft muss ausgeschlossen werden, dass Verfahren und Arbeitsweise von Enquetekommissionen den Zwängen von Koalitionsvereinbarungen unterworfen werden. Koalitionsdisziplin oder Koalitionszwang mögen in ordentlichen Ausschüssen dieses Hohen Hauses ihre Berechtigung haben, im Vorfeld parlamentarischer Willensbildung aber führen sie möglicherweise zur Verschwendung öffentlicher Gelder, zur Vergeudung von Zeit und zu Enttäuschungen bei den Beteiligten, vor allem bei denen aus der nicht parlamentarischen Ebene. Das möchte ich insbesondere den Abgeordneten und künftigen Koalitionären, die die 6. Legislatur erreichen, mit auf den Weg geben.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Herr Präsident, gestatten Sie an dieser Stelle noch einige Bemerkungen außerhalb meiner Redezeit. Wie Sie wissen, beende ich mit der 5. Legislatur meine 13-jährige Arbeit als kommunalpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag Mecklenburg-Vorpommern. Dies

ist meine letzte Rede. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt für mich südlicher in Europa, in Südböhmen.

Ich will mich an dieser Stelle bei allen Mitgliedern des Landtages der demokratischen Fraktionen für die Zusammenarbeit, soweit sie konstruktiv, streitbar und respektvoll war, besonders bei den Kommunalpolitikern unter uns, das möchte ich auch betonen,

(Harry Glawe, CDU: Das ist nett.)

denen, die mit mir im Innenausschuss, der Enquetekommission oder im Ältestenrat, auch seitens der Landesregierung oder der Landtagsverwaltung tätig waren, herzlich bedanken. Oder ich will es kurz in meiner neuen Heimatsprache oder Muttersprache sagen: Srdeãne dekuju, všechno nejlepši a na schledanou!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das muss noch flüssiger werden. Das muss noch flüssiger werden. – Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Torsten Koplin, DIE LINKE)

Herzlichen Dank, Ihnen alles Gute und vielleicht auf ein Wiedersehen in Südböhmen in âeské Budûjovice! Sie wissen ja, es gibt dort gutes Bier.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Danke, Frau Měšťan.

Ich glaube, auch im Namen der Abgeordneten der vier Fraktionen, DIE LINKE, der SPD, der CDU und der FDP, sagen zu können, Frau Měšťan, dass wir mit Hochachtung Ihrer Arbeit gegenüberstehen, dass wir gemerkt haben, es gibt ein großes Engagement in den Bereichen, in denen Sie gearbeitet haben. Wir wünschen Ihnen auch vor allem Gesundheit und alles Gute in Ihrer neuen Heimat. Ich glaube, wir werden allerdings trotzdem, auch wenn das weit weg ist, ab und zu von Ihnen hören. Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Ringguth von der Fraktion der CDU.