Meine Damen und Herren, wir können uns auch heute fragen, warum ist es gelungen, dass nur 12 von 18 Grundsicherungsstellen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern dieses Thema in Anspruch nehmen. Das ist leider Geschichte, daran können wir jetzt nichts mehr ändern. Aber wir können uns vielleicht damit in gewisser Weise trösten: Es ist ein Modellversuch und wir haben es auch alle in der Hand, dafür zu sorgen, dass aus diesem Modellversuch am Ende eine praktikable Maßnahme wird.
Jetzt will ich noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der ist, glaube ich, wirklich wichtig, und zwar auf die Tatsache, dass wir inzwischen konstatieren können, seit April dieses Jahres konstatieren können, dass die Antragstellung insofern erleichtert wurde, als dass Zuwendungsempfänger und ausführende Stelle nicht mehr identisch sein müssen. Das heißt zum Beispiel, dass sowohl eine Beschäftigungsgesellschaft Arbeitgeber sein kann und der Arbeitsplatz bei einem Verein eingerichtet wird. Das war bisher nicht so
und das hat auch zu vielen Irritationen geführt. Also zu mir kamen Leute und sagten: „Ja, im Verein können wir das ja nicht machen.“ Das ist jetzt ausgeräumt. Das heißt, es geht jetzt auch, dass Plätze im Sportverein oder Kulturverein oder wo auch immer diesbezüglich besetzt werden können. Da will ich wirklich deutlich den jeweiligen Trägern, möglichen Trägern zurufen, dass man sich da noch mal die Dinge anschauen soll. Und deswegen werben wir auch, dass eben im Rahmen dieser 1.661 die Zahl von 531, die wir heute haben, ansteigen soll, dass wir die Möglichkeiten nutzen in Mecklenburg-Vorpommern.
Ich will auch sagen, wir haben zur Unterstützung der Umsetzung der Bürgerarbeit für die teilnehmenden Grundsicherungsträger insgesamt 24,5 Stellen im Rahmen der vom Sozialministerium verantworteten Integrationsprojekte für das sogenannte begleitende Coaching bewilligt. Also wir befördern auch diesen Prozess und insofern unterstreiche ich sehr die Intention dieses Antrages und bitte Sie alle, in Ihren jeweiligen Wahlkreisen oder ansonsten in Ihren Vereinen, wo Sie tätig sind, dazu beizutragen, dass wir diese Möglichkeiten nutzen. Ich möchte gern, dass dieses Modellprojekt zu einem tragfähigen Instrument am Ende wird. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Seit der Einführung von Hartz IV hat es ja zahlreiche Bundesprogramme gegeben – und ich sage ganz bewusst: angeblich zur Beseitigung der Arbeitslosigkeit.
Unter mehr oder weniger wohlklingenden Titeln sind immer neue Modellprojekte entwickelt worden, die verschiedene Gruppen Erwerbsloser ins Visier genommen haben – an Transit 50Plus möchte ich erinnern, ich möchte erinnern an Kommunal-Kombi.
Das sind nur zwei davon. Allen gemeinsam war natürlich auch die Verschönerung der Statistik. Aber die soziale Situation der einbezogenen Menschen hat sich nicht wesentlich verbessert.
Jetzt nun Bürgerarbeit. Worum geht es? Das Konzept beruht auf dem Prinzip „Keine staatliche Leistung ohne Gegenleistung“. Dahinter steht die politische Grundannahme, dass Arbeitslosigkeit nicht nur deshalb zustande kommt, weil nicht genügend Arbeitsplätze vorhanden sind, sondern weil es den Betroffenen auch an Motivation mangelt, eine Arbeit aufzunehmen. Dafür seien sogenannte Anreize nötig. Erst recht müsse das jetzt so sein, da ja die Wirtschaft boomt.
Zwölf Träger, das hat der Minister schon gesagt, der Hartz-IV-Grundsicherung aus Mecklenburg-Vorpommern haben Konzepte erarbeitet und eingereicht. Insgesamt sollen ja die 1.600 Stellen entstehen und zusätzliche und im öffentlichen Interesse liegende Arbeitsplätze
sollen es ja auch sein. Nach der halbjährigen Aktivierungsphase beginnt die eigentliche Bürgerarbeit.
Pro Bürgerarbeitsplatz, das wissen ja fast alle hier im Saal, gibt es entweder 900 Euro beziehungsweise 600 Euro für 30- oder 20-Stunden-Stellen, zusätzlich werden 180 Euro beziehungsweise 120 Euro Sozialversicherungsaufwand für die Dauer von maximal drei Jahren bereitgestellt. Das war der Plan. Aber wie sieht die Realität aus? Der Minister hat es schon gesagt – statt 1.600, also wenn ich mir die Statistik von April ansehe, da waren es nur 51,
vielleicht sind es jetzt ja auch schon ein paar mehr geworden, mehr Stellen haben wir zurzeit nicht.
Kaum ein Arbeitsvertrag in der Bürgerarbeit wird für drei Jahre abgeschlossen – ich rede jetzt immer über die 51, die in der Statistik sind –, die meisten sind befristet für ein halbes Jahr, das möchte ich Ihnen auch noch einmal zur Kenntnis geben, denn ein Wechsel der Personen ist durch das Gesetz nicht ausgeschlossen. Der Arbeitslohn aus der Bürgerarbeit erreicht in den seltensten Fällen 900 Euro, weil die wenigsten Stellen über 30 Stunden gehen. Zuzahlungen durch die Träger sind gesetzlich nicht ausgeschlossen, aber allerdings auch nicht vorgeschrieben, und kommen deshalb so gut wie überhaupt nicht vor. Für die Betroffenen endet aufgrund des geringen Entgeltes die Hilfebedürftigkeit nicht. Sie verbleiben also im System Hartz IV und müssen sich trotzdem Aufstockergeld holen.
Und genau das ist der Punkt. Bürgerarbeit hört sich zunächst für Sie positiv an, nach freiwilligem Engagement, sinnstiftender Tätigkeit und einem Ausweg aus dem Hartz-IV-System. Die Praxis sagt uns aber zurzeit etwas völlig anderes.
Die Realität sieht anders aus. Hinzu kommt, dass das Kriterium Zusätzlichkeit inzwischen so stringent ausgelegt wird, dass kaum ein Arbeitsfeld übrig bleibt, außer, der Minister hat ja jetzt die Zusage gemacht, dass man großzügiger sein will, was Vereine und Verbände angeht.
Auch deshalb gibt es so wenig Stellen – bisher. Ein vollwertiger, sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplatz liegt nicht vor,
da keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt werden, somit also auch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben wird. Die Bundestagsfraktion DIE LINKE hat die Bundesregierung gefragt, warum die Bürgerinnen- und Bürgerarbeit keine Arbeitslosenversicherungsbeiträge zahlt. Die Antwort war, weil damit falsche Anreize gesetzt werden. Das ist doch aber unserer Meinung nach völlig absurd. Von einem Arbeitnehmerbrutto von 900 Euro kann man mit Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung wahrlich ein dickes und beruhigendes Polster schaffen – sage ich jetzt mal wirklich ironisch.
(Harry Glawe, CDU: Es geht doch um die Chance, wieder in Arbeit und Leistung zu kommen, Frau Kollegin.)
Ja, Kolleginnen und Kollegen, mit Bürgerarbeit betreibt der Staat – auf den Punkt gebracht – nämlich Lohndrückerei. Und der nächste Hammer ist, dass für Bürgerarbeit auch Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter herangezogen werden dürfen.
(Harry Glawe, CDU: Die sollen eine Chance bekommen, wieder ins Leben zurückzukehren. Da kann auch DIE LINKE nichts dagegen haben.)
Was sagen Sie denn zu dem Fakt? Das ist neu und ich frage mich, was das mit Abschaffung von Langzeitarbeitslosigkeit zu tun hat. Leiharbeiter sind so oder so schon in einer unwürdigen Lage. Wir lehnen das ab! Aber sie, die Leiharbeiter, sind nicht arbeitslos. Bürgerarbeit ist ein weiteres Zwangsinstrument
gegenüber Erwerbslosen, denn sie haben nicht die Möglichkeit, Nein zu sagen. Im Wort „Freiwilligkeit“ steckt natürlich auch der Begriff „Freiheit“. Für Hartz-IV-Betroffene gibt es diese nicht. Wir meinen, das Netz der sozialen Sicherung darf nicht an Bedingungen geknüpft werden, die die betroffenen Menschen zum Spielball arbeitsmarktpolitischer Experimente machen, die in erster Linie einer für Politiker leichter zu ertragenden Statistik dienen. Wir werden also Ihren Antrag ablehnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Lück! Ich will mich jetzt kurzfassen, weil das Wesentliche zum Thema Bürgerarbeit haben sowohl der Fraktionsvorsitzende der CDU als auch der Wirtschaftsminister gesagt. Bloß, Frau Kollegin Lück, eines muss ich natürlich an dieser Stelle auch mal sagen: Ich kann mich daran erinnern, dass wir bei uns im Wirtschaftsausschuss auch mit Ihnen gemeinsam lange über die Sinnhaftigkeit und die Chancen des sogenannten Bad Schmiedeberger Modells diskutiert haben. Und wenn ich mich nicht falsch erinnere, sind es auch die Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE gewesen, die durchaus das als …