Protokoll der Sitzung vom 28.03.2007

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Das alles, meine Damen und Herren, ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nee.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU und von der SPD, gerade deshalb habe ich bislang allerdings Zweifel, ob Sie in der Lage sind, die erforderlichen konsequenten Schritte zu gehen, denn nach der bekannten Losung „Wenn ich nicht weiterweiß, gründe ich einen Arbeitskreis.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Oh!)

soll jetzt erst einmal eine Arbeitsgruppe über eine differenzierte Lösung nachdenken.

Die Landesregierung ist zwar ohne Probleme in der Lage, den G8-Gipfel mit bisher geschätzten 70 Millionen Euro zu fi nanzieren, aber wenn es um das Wohl und die berechtigten Interessen unserer Kinder geht, ist angeblich kein Geld da, ob für ein kostenfreies Mittagessen für Grundschüler oder den qualitativen Ausbau der Kinderbetreuung.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Koalition, ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Sorgen Sie für mehr Chancengleichheit in einer verbesserten frühkindlichen Bildung! Ich bin gespannt auf Ihre Antworten beziehungsweise Ankündigungen, insbesondere auf Ihre, Herr Kollege Glawe, denn ich erinnere mich an Ihren Einwurf in der letzten Landtagssitzung dazu.

(Harry Glawe, CDU: Lassen Sie sich mal überraschen!)

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender Methling.

Ums Wort gebeten hat jetzt der Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bitte um Entschuldigung, wenn ich wegen meiner Erkältung nicht ganz so gut verständlich bin.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS, ich freue mich sehr, dass Sie als Opposition mit der Wahl des Themas zur Aktuellen Stunde eines der wichtigsten Vorhaben der Landesregierung inhaltlich unterstützen. Das kann in der Sache nur gut sein. Und ich meine, um die Sache geht es uns allen. Das hoffe ich jedenfalls. Die Familien im Land und auch die Frauen und Männer, die erst noch eine Familie gründen wollen, haben jede politische Unterstützung verdient, umso besser, wenn das hier im Parlament auf einer breiten Basis steht. Darüber freue ich mich. Es geht darum, durch gute Kitas den erziehenden Vätern und Müttern zu helfen, damit ihre Kinder zusätzlich zur liebevollen Betreuung durch die Eltern im

Kreise von Gleichaltrigen lernen, sich entwickeln. Es geht auch darum, Berufstätigkeit zu ermöglichen. Dazu brauchen wir eine qualitativ gute Betreuung, wir brauchen fl exible Öffnungszeiten, da ist sicherlich noch etwas zu tun, und wir brauchen bezahlbare Einrichtungen.

Mecklenburg-Vorpommern ist bereits sehr gut. Uns wird im deutschen Vergleich ein Spitzenplatz bescheinigt. Ich nenne hier zum Beispiel ein Ranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft. Das gilt einmal qualitativ, das gilt aber vor allem für die Zahl der Plätze. Circa 40 Prozent der Bisdreijährigen fi nden bei uns einen Platz in der Krippe. In Westdeutschland sind das 7 Prozent. Also bei uns sind es 40, in Westdeutschland 7. Circa 97 Prozent der Drei- bis Sechsjährigen fi nden bei uns einen Platz in der Kita, in Westdeutschland sind das etwa 40 Prozent. Bei der bundesweiten Diskussion, die Sie auch angesprochen haben, brauchen wir deshalb nicht wie im Westen diese Anstrengungen, um ausreichend Plätze zu schaffen,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja.)

sondern bei uns geht es um die Bezahlbarkeit, denn die Einkommen in Mecklenburg-Vorpommern sind einfach nicht so,

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig.)

dass man mal eben 100 Euro für den Kindergarten bezahlen kann, und vor allem nicht direkt nach der Elternzeit mehr als 200 Euro für einen Krippenplatz.

(Beifall Hans Kreher, FDP)

Das ist ein wirkliches Problem. Deshalb müssen und wollen wir da helfen. Das ist auch eine Frage der Chancengleichheit, eine Frage der Gerechtigkeit. Aber ganz klar, da geht es um Geld, da geht es um viel Geld. Schon jetzt zahlen wir pro Jahr im Kita-Bereich 90 Millionen Euro. Das ist sehr viel. Gemessen am Landeshaushalt, wenn wir das mit anderen Ländern vergleichen, ist das sehr viel.

(Beifall Heike Polzin, SPD)

Und man muss, glaube ich, ganz klar sagen, eine wirkliche völlige Entlastung für alle können wir uns allein aus Landesmitteln einfach nicht leisten, sondern wenn überhaupt können wir nur mithilfe des Bundes weiterkommen. Dabei wird eine der Aufgaben sein, dass wir klarmachen müssen, dass die versprochenen Bundesgelder für die Kitas, die jetzt in Berlin in der Diskussion sind, nicht alle nach Westdeutschland fl ießen dürfen, um dort neue Plätze zu bauen, sondern dass wir ebenfalls einen Anteil pro Kopf brauchen, um unsere Väter und Mütter von den Gebühren zu entlasten, die deutlich geringere Einkommen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr richtig.)

Also das ist klar, das werden wir nicht allein schaffen. Die Koalition hat aber entschieden, wir wollen nicht auf den Bund warten. Wir wollen auch selbst schon mit Landesmitteln den Einstieg, das steht so im Koalitionsvertrag. Das wird umgesetzt und eine Arbeitsgruppe, über die Sie sich gerade ein bisschen lustig gemacht haben, wird die Grundlagen erarbeiten.

(Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Schau’n wir mal!)

Ich glaube, dass es nicht ganz falsch ist in einem so wichtigen Bereich, wo wir an viele Gruppen denken können, die Entlastung und Unterstützung brauchen, dass man sehr sorgfältig mit den Koalitionspartnern diskutiert und analysiert, welche Auswirkung die Entlastung hat, in welcher Höhe sie bei der einen Gruppe, in welcher bei der anderen ist. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir da noch im Gespräch sind,

(Zuruf von Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)

und ich denke, zwischen uns gilt der Koalitionsvertrag. Aber zwischen uns gilt auch eine konstruktive Zusammenarbeit und wenn wir uns gemeinschaftlich zu einer Lösung verständigen können, ist immer alles möglich. Und darüber werden wir in der Arbeitsgruppe reden. Ich bin sicher, dass wir auf einem guten Wege sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU, Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin der Landesregierung Frau Dr. Margret Seemann.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Lebensentwürfe der jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern und nicht nur in unserem Bundesland sehen sowohl Erwerbstätigkeit als auch das Zusammenleben mit Kindern vor. Sowohl junge Frauen als auch junge Männer wollen ihren Beruf mit einer Familie verbinden und auch Männer wollen sich nicht mehr nur auf ihre Ernährerrolle fi xieren lassen. Sie möchten genauso Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Das haben auch Studien ergeben wie zum Beispiel die Shell-Studien in der Vergangenheit. So weit der Wunsch.

Wenn es um die Umsetzung geht, sind jedoch ganz viele Aspekte zu beachten, ein existenzsicherndes Einkommen, ein entsprechendes Arbeitsplatzangebot, Flexibilität im Beruf und natürlich auch die Möglichkeit, Kinder betreuen zu lassen, ohne für längere Zeit aus dem Erwerbsleben ausscheiden zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Dies ist umso wichtiger geworden, als wir die neue bundesgesetzliche Regelung zu den Elternzeiten haben. Das heißt, wir haben in der Regel zwar eine Erhöhung in der Unterstützung für die Eltern, aber eine Verkürzung der Inanspruchnahme der Erziehungszeiten, sodass es dadurch natürlich notwendig wird, dass Eltern auch früher ihre Kinder wieder in die Einrichtung bringen können.

Hinsichtlich der Quantität und der Qualität der Kindertagesbetreuung, denke ich, kann sich – das wurde hier auch schon deutlich – unser Bundesland durchaus sehen lassen. Das letzte Kindergartenjahr wird von 97 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe in Anspruch genommen. Und auch die Motivation der Eltern in Mecklenburg-Vor

pommern, ihre Kinder auf die Schule vorbereiten zu lassen, ist, denke ich, nicht zuletzt aufgrund der guten qualitativen Angebote sehr hoch.

An dieser Stelle möchte ich natürlich auch den Trägern von Einrichtungen und den Erzieherinnen und Erziehern für die Arbeit in den Einrichtungen, die nicht immer so ganz einfach ist, sehr herzlich danken.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Rudolf Borchert, SPD)

Uns geht es also in erster Linie darum, die Kindertagesbetreuung qualitativ weiterzuentwickeln, und dazu muss meines Erachtens über mindestens vier Aspekte gesprochen werden, zum einen – das kam hier heute schon zum Tragen – über die Gebühren, zum Zweiten die Qualität der Betreuung, zum Dritten die Weiterentwicklung des Rahmenplanes für die frühkindliche Bildung von Mädchen und Jungen und viertens, denke ich, auch über die Öffnungszeiten.

Zu den Gebühren: Natürlich sollte es unser gemeinsames Interesse sein, die Eltern möglichst bald von Krippen- und Kita-Gebühren zu entlasten. Gebührenfreie Kitas kann das Land allerdings nicht ohne entsprechende Regelungen und Leistungen des Bundes gewährleisten. Deshalb trete ich zum Beispiel auf Bundesebene dafür ein, bei den Plänen der SPD-Bundestagsfraktion zu den Kosten für beitragsfreie Kita-Plätze auch durch Umschichtung der Gesamtausgaben zur Familienförderung beizutragen,

(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist falsch. Das ist wirklich falsch.)

zum Beispiel durch eine Reform des Ehegattensplittings.

Darüber können wir uns nachher noch unterhalten, Frau Gramkow.

Ich bin der festen Überzeugung, dass hierdurch den Eltern nichts weggenommen werden soll, aber Deutschland gehört zum Beispiel neben Luxemburg im europäischen Maßstab zu den Ländern, die neben direkten Zuwendungsansprüchen unter anderem auch über ein sehr hohes Kindergeld Familien fördern. Die Frage ist doch, ob dieses Geld, was der Staat zielgerichtet für die Kinder ausgeben will, auch wirklich immer bei den Kindern, bei dem einzelnen Kind landet. Von einer höheren indirekten Förderung wie in Frankreich oder den skandinavischen Ländern, über die Betreuungsinfrastruktur, profi tieren die Kinder und letztendlich auch die Familien offenbar mehr.

Interessant sind in diesem Zusammenhang meines Erachtens auch die Ergebnisse einer Elternbefragung der Fachhochschule Wismar. Die Elternbefragung ergab, dass Eltern grundsätzlich durchaus bereit sind, Beiträge für die Betreuung zu bezahlen. Allerdings sollten entsprechend den Ergebnissen dieser Befragung diese stärker vereinheitlicht, gegebenenfalls gesenkt und nach sozialen Kriterien stärker gestaffelt werden. Sozial beziehungsweise fi nanziell schwache Familien werden durch die ganze oder teilweise Übernahme des Elternbeitrages bereits jetzt deutlich entlastet. In manchen Regionen wird diese Entlastung zu 30 Prozent von den Eltern in Anspruch genommen. Das heißt, die Eltern sind – das ist eigentlich ein trauriges Signal – darauf angewiesen.